Kapitel 9

Hangardeck der QBS G’laxix Sphaea,
namenloses System

K ael-ven stand mit verschränkten Armen neben der Luftschleuse des Transferpods und wartete darauf, dass Mellor und Robinson die drei Antigrav-Paletten mit ihren persönlichen Gegenständen, ihrer Arbeitsausrüstung und dem Kern der Loreley über die Ladefläche zu ihm steuerten.

»Habt ihr alles, was ihr benötigt?«, fragte er die Techniker, als die Paletten ruckartig zum Stillstand kamen.

Mellor ging um die Paletten herum und überprüfte ein letztes Mal die Gurte, die alles festhielten, während seine Kollegin die Frachttüren des Laderaums öffnete. »Wir sind bereit.«

Loreley schnaubte empört. »Das wären wir, wenn du mich nicht auf dieser verdammten Palette in Stücke schütteln würdest. Ich meine, hätte es dich etwa wirklich umgebracht, ein paar polsternde Schichten mehr zu verwenden?« Das ihre Schimpftirade begleitende Blinken der Lichter an ihrem EI-Gehäuse schimmerte durch die halbtransparente Isolierung, in die sie zum Schutz eingewickelt war. »Mein Inneres ist lockerer als der Beckenboden eines Pornostars.«

»Nur die Ruhe, Loreley .« Robinson stupste die dicke Polsterung gut gelaunt an. »Du bist so sicher wie im Raumschiff.«

Mellor nickte zu der Rampe hinüber, die von den offenen Türen herabführte. »Der Transportpod ist bereit und wartet. Wir werden zurück im Stützpunkt sein und dich in einer neuen Halterung haben, ehe du dich versiehst.« Er drückte eine Taste und die Paletten erwachten wackelnd zum Leben.

Robinson tätschelte die Oberseite von Loreleys Gehäuse und drehte sich dann zu Kael-ven um, als die Paletten von Mellor gelenkt die Rampe hinauf rumpelten. »Danke fürs Mitnehmen, Captain!«

Kael-ven neigte seinen Kopf. »Ihr beide seid uns jederzeit herzlich willkommen.« Er wich zurück, als die Techniker auf die Einfahrrampe sprangen, die langsam eingezogen wurde. »Ich freue mich auch schon sehr auf die Logbücher der SSE-Flotte, die du mir versprochen hast, Mellor.«

Der Mann hob zum Abschied grüßend eine Hand, sah aber nicht von der Palettenkontrolle auf, als sich die Frachttür zischend schloss. »Ich habe sie bereits geschickt, Captain. Wirf mal einen Blick in deinen Nachrichteneingang.«

Kael-ven verließ mit leicht federndem Schritt den Hangar. Er ließ sich Zeit auf dem Weg zurück zur Brücke und träumte davon, wie er am besten die Anspannung abbauen konnte, die sich seit der Entdeckung, dass sich andere in diesem System aufhielten, in ihnen allen aufgebaut hatte.

Kael-ven stieg in den Lift und fasste den Entschluss, Kiel davon überzeugen, dass ein paar Nächte auf Devon genau das war, was sie beide nach einer so nervenaufreibenden Situation brauchten. Der Gedanke, sich nette weibliche Gesellschaft zu suchen, kam ihm für den Bruchteil einer Sekunde in den Sinn, wurde aber ebenso schnell wieder von der Erinnerung an seine Ex-Frau verdrängt.

Unverplante Freizeit war selten genug, sodass es Kael-ven in diesem Fall nicht schwerfiel, auf die Idee zu verzichten und lieber etwas ebenso Gefährliches, aber weitaus weniger Kompliziertes zu tun, als sich in der weiblichen Psyche zurechtzufinden. Ihm schoss auch kurz der Gedanke durch den Kopf, dass ein Yollin in seinem Alter eigentlich nicht mehr auf der Suche nach Kämpfen sein sollte, aber auch den verwarf er wieder.

Er wurde abrupt aus seiner Träumerei gerissen, als das Schiff plötzlich roten Alarm auslöste.

Die Beleuchtung wurde schwächer und ArchAngels Gesicht erschien auf dem Monitor neben der Aufzugtür. Als sich die Tür öffnete, war auch der dahinter liegende Gang abgedunkelt. ArchAngels Kriegsgesicht schaute von jedem Bildschirm entlang des zur Brücke führenden Gangs.

Kael-ven schüttelte den Kopf und konnte sich ein Lachen nicht verkneifen. Er winkte mit der Hand und wies auf ihr schwebendes Haar und das sich von ihren Augen ausbreitende Netz tiefroter Äderchen. »Muss das wirklich sein, ArchAngel ? Das ist ein bisschen dramatisch, wenn man bedenkt, dass sich augenblicklich nur Kiel und ich an Bord befinden.«

ArchAngel hob ihr Kinn an und verdrehte die Augen. »Ja, das muss es absolut, Captain. Der Ernst der Lage erforderte es. Wir haben nämlich Gesellschaft. Eine unbekannte Flotte ist gerade in das System eingedrungen und hat sofort das Feuer auf die Atalanta eröffnet.«

Kael-ven beschleunigte sein Tempo. »Haben Mellor und Robinson es hinüber geschafft, bevor der Angriff losging?«

ArchAngel legte den Kopf schief, während sie es überprüfte. »Bedauerlicherweise nicht, Captain. Das Shuttle treibt steuerlos auf etwa halber Strecke zwischen der Atalanta und uns. Sie reagieren nicht auf meine Rufe.«

Kael-ven zischte wütend und rannte so schnell los, wie er konnte. »Wende sofort das Schiff. Wir müssen sie da rausholen, ehe sie in die Luft gejagt werden.«

ArchAngel zog skeptisch eine Augenbraue hoch. »Was ist mit der Atalanta und ihrer Flottille Geleitschiffe? Sie könnten unsere Hilfe gebrauchen.«

»Wir werden zu ihnen stoßen, nachdem wir das Technikerteam gerettet haben.« Kael-ven knurrte frustriert, als er auf die Brücke stürmte und Kiel so erschreckte, dass dieser fast von seinem Sitz fiel.

Der Yollin sprang auf und schüttelte sich. »Kael-ven, dem Universum sei Dank, dass du hier bist!« Er wies mit dem Arm wedelnd auf den Bildschirm, wo die Schlacht zwischen den beiden gigantischen Schiffen im Gange war, während um sie herum der Kampf zwischen den kleineren Schiffen tobte. »Sie sind einfach aus dem Nichts ins System gesprungen und haben sofort angefangen, unsere Schiffe zu beschießen.«

Die Atalanta feuerte ununterbrochen auf die feindlichen Schiffe und gab den kleineren Geleitschiffen Deckung, damit sie sich in Sicherheit bringen konnten.

Kael-ven betrat die Brücke und nahm seinen Platz ein. »ArchAngel , hol mir jemanden von der Atalanta an die Strippe. Ist mir egal wer, Hauptsache, er kann im Augenblick reden.«

»Das wird einen Moment warten müssen«, erwiderte ArchAngel . »Gerade kommt eine an dich gerichtete Nachricht von dem Transportshuttle herein. Es ist nur Audio.«

Ungeduldig schlug Kael-ven mit der Hand auf die Armlehne seines Stuhls. »Dann leg es schon auf die Lautsprecher.«

Die raue Stimme, die aus dem Lautsprecher erklang, war unerwartet. »Oh, gottverdammt, endlich! «

Kael-ven tauschte einen verwunderten Blick mit Kiel. »Loreley

»Zehn Gummipunkte für den Yollin mit dem Gehirn in seinem Kopf. Ich stecke tief in der Scheiße. Wir wurden getroffen. Tim und Tessa … Sie sind tot.« Es gab eine Pause. »Und ich bin mir ziemlich sicher, dass ich Besuch bekommen werde, wenn ich weiter hier herumlungere.«

Eine Reihe von gewaltigen Explosionen erhellte das Kampfgebiet.

Das grelle Licht überlastete den Bildschirm für ein paar Sekunden. Als der Blitz verblasste, wurde Kael-vens Aufmerksamkeit ganz von den tiefen Rissen entlang der Flanke des feindlichen Schiffes gefangen genommen … und auf die fehlende Heckflosse der Atalanta . »Unsere Leute stecken bis Unterkante Oberlippe in der Scheiße.«

Der Ton knisterte, als Loreley dramatisch seufzte. »Dann verschwende deine Zeit nicht damit, mit mir zu reden. Zieh schon los und rette den Tag. Ich habe ArchAngel gerade meine Sicherheitskopie geschickt und darin sind auch alle Informationen enthalten, die ich über das Schiff herausfinden konnte, das mich angegriffen hat. Sorg unbedingt dafür, dass sie Bethany Anne erreichen, ganz egal was passiert.«

Kael-ven fühlte sich hin- und hergerissen. Einerseits wollte er die Leichen von Mellor und Robinson bergen und verhindern, dass die EI gezwungen war, sich ein zweites Mal selbst zu vernichten.

Doch andererseits standen Tausende von Leben auf dem Spiel. Offenbar konnte keiner der beiden Seiten den Konflikt siegreich beenden. Daher würde das Eingreifen der G’laxix Sphaea den Unterschied zwischen einer einfachen oder völligen Niederlage ihrer Seite ausmachen. »Dann ist die Entscheidung gefallen. ArchAngel , wir sind auf Gefechtsstation. Nimm Kurs auf Atalantas Position, sobald du die Informationen von Loreley hast, damit wir alles tun können, was nötig ist, um sicherzustellen, dass unsere Leute hier rauskommen.«

ArchAngels Gesicht auf dem Bildschirm nahm einen feierlichen Ausdruck an. »Ich habe die Daten erhalten. Ich danke dir für dein Opfer, Loreley . Ich weiß, dass Mutter dasselbe sagen würde, wenn sie hier wäre. Mach jedem, der versucht, dich zu holen, die Hölle heiß.«

Die EI lachte hämisch auf. »Macht euch darüber keine Sorgen. Ohne eine Halterung, die die Explosion unterdrückt, wird meine Selbstzerstörung den Transporter und jeden, der sich auf der Suche nach netten Mitbringseln an Bord wagt, auslöschen.«

Immersives Erholungs- und Trainingsszenario:
Fantasy-Kriege

Bethany Anne kehrte mit den Kindern zum Flussufer zurück. Die riesige Menge der auf Ebene zuvor versammelten Kämpfer hatte sich während der kurzen Zeit, als sie auf dem Rücken gelegen hatte, irgendwie verstreut. Beide Armeen saßen nun in gestuft ansteigenden Logen auf gegenüberliegenden Seiten eines großen abgesperrten Bereichs, wo zuvor die Zelte gestanden hatten. Damit wurde für das Duell zwischen Bethany Anne und dem Dunklen Lord ein freies, weites Feld geschaffen.

Als sie die Seilabsperrung erreichten, ließ Bethany Anne die Hände ihrer Kinder los. Sie kniete sich dann hin und streckte ihnen ihre kleinen Finger entgegen. »Vergesst nicht unseren Plan, in Ordnung? Greift nicht ein, bevor ihr das Signal seht.«

Die Zwillinge verschränkten jeweils ihren kleinen Finger mit Bethany Annes und nickten ernst.

Gabriel hielt noch einen Augenblick länger fest. »Wie sieht das Signal denn aus, Mami?«

Bethany Anne zwinkerte ihm verschmitzt zu. »Das wirst du wissen, wenn es soweit ist.« Sie drehte sich um und duckte sich unter dem Seil hindurch, um den Duellplatz zu betreten. Nicht weit entfernt wartete ihr Gegner in einer Stille auf sie, die man mit dem Messer schneiden konnte.

Der Dunkle Lord hob einen Arm und richtete sein Schwert auf sie. »Ich habe dich bereits besiegt, denn ich bin der Herr des Todes. Alle, die sich mir widersetzen, verlassen dieses Leben, während sie verzweifelt um Gnade schreien. Geh jetzt, du törichte Herausforderin.«

Bethany Anne grinste höhnisch. »Ich werde dir gleich zeigen, wie eine Niederlage aussieht.« Sie verzog das Gesicht angesichts des kitschigen Wortwechsels und kam sich ein wenig albern vor, weil sie mit einer Videospielfigur Beleidigungen austauschte. Alexis und Gabriel fanden es dagegen urkomisch. Sie hörte sie von ihrem Platz am Rande des Duellfelds kichern.

Der Dunkle Lord gab weiterhin Versprechen eines schmerzhaften Todes für alle seine Gegner von sich, während Bethany Anne absichtlich lässig über das Gras auf ihn zuschlenderte.

Sie blieb ein paar Meter von ihm entfernt stehen und sah ihn mit zusammengekniffenen Augen an, ihre Katanas für einen schnellen Schlag bereithaltend. »Hey, du großer, dunkler und zu viel quatschender Typ, wurde dein Drehbuch eigentlich von einem krankhaft in Monologe verliebten Ghostwriter geschrieben? Haben deine Feinde deshalb Angst vor dir? Weil du sie so lange warten lässt, bis sie an Altersschwäche sterben?«

Der Dunkle Lord blickte Bethany Anne verächtlich an und hob arrogant das Kinn. »Du einfältige Kriegerin. Wenn du so begierig bist, diese Rolle zu verlassen, dann soll es so sein. Bereite dich auf den Tod vor!« Er schwang sein Schwert im beidhändigen Griff hoch und attackierte sie.

Bethany Anne blockte seinen Abwärtshieb mit einem ihrer beiden Katana ab und täuschte mit dem anderen einen Angriff vor, um sich selbst etwas Spielraum zu verschaffen. »Du ziehst diesen ganzen Diktatur-Mist nicht besonders clever durch. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das für dich gut ausgehen wird.« Sie drehte sich, um seiner Klinge auszuweichen und nutzte den Schwung, um mit einem Bein rückwärts zuzutreten.

Der Dunkle Lord taumelte zurück, sein raues Gelächter wurde unterbrochen, als ihr Stiefel seinen Magen traf und ihm die Luft aus dem Körper trieb. Die in zwei Fraktionen gespaltene Menge auf den Tribünen brüllte auf, ihr Gejubel und die Beschimpfungen teilten sich in etwa gleichmäßig auf die beiden Kämpfer auf.

Bethany Anne blendete den Lärm aus und hackte unermüdlich weiter auf den Dunklen Lord ein, der sich geschmeidig verteidigte. Aber jeder ihrer Angriffe kostete ihn ein wenig mehr seiner Energie.

Sie blockte seinen nächsten Schlag ab und rammte den Griff ihres Schwertes in das Kettengewebe, das seine Kehle bedeckte, während sie ihr anderes Katana herumriss, um ihn an seinen Oberschenkel zu treffen. Der Schlag in die Kehle war effektiv. Aber bedauerlicherweise erntete sie für ihre Bemühungen, das Bein des Dunklen Lords zu entfernen, nur stechende Schmerzen in ihrem Handgelenk, als ihr Schwert an seiner Rüstung abprallte.

Der Dunkle Lord umklammerte seine Kehle und würgte. Bethany Anne steckte ihre Schwerter in die Scheide und nutzte seine augenblickliche Verwundbarkeit aus, um seinen Kopf mit beiden Händen zu packen und ihn kraftvoll mit den spitzen Stollen an der Knieplatte ihrer Rüstung näher bekannt zu machen.

Der Kopf des dunklen Lords flog bei dem heftigen Aufprall nach hinten. Er wand sich aus Bethany Annes Griff und musste dabei allerdings seinen Helm in ihren Händen lassen.

Wütend warf sie ihm den Helm hinterher und stürmte nach vorne. »Verdammt! Bleib stehen, damit ich dich endlich besiegen kann!«

Der Dunkle Lord sprang zurück und hob eine Hand. »Das bezweifle ich stark.« Er gestikulierte und aus seiner Hand brachen plötzlich Flammen hervor.

Noch während Bethany Annes Mund die Worte »Wage es nicht!« formte, schleuderte der Dunkle Lord den Flammenball nach ihr. Bethany Anne spürte, wie ihr intensive Hitze in die Brust fuhr und sie flog wieder in hohem Bogen durch die Luft. Diesmal landete sie ganz in der Nähe der Kinder und schnitt eine tiefe Furche in die Grasfläche, als sie die letzten paar Meter auf ihrem Hintern rutschte.

Gabriel neigte fragend seinen Kopf in Richtung seiner Schwester. War das das Signal?

Alexis schüttelte den Kopf. Nein, warte ab.

Die Kinder hielten sich an den Händen, als ihre Mutter aufstand und ihre Schultern rollend bewegte. Sie drehte sich zu der Stelle um, an der sie vor den Seilen standen und hielt einen Finger hoch. Lasst Mami nur eine Minute Zeit, ich mache ihn jetzt nur mürbe.

Alexis streckte Bethany Anne ihren hochgereckten Daumen entgegen. Du machst das ganz großartig!

So weit sind wir noch nie gekommen , erklärte Gabriel aufgeregt.

Bethany Anne grinste breit. Ihr werdet schon sehr bald an die Reihe kommen. Denkt daran, ihr zwei seid die Geheimwaffen.

Ich bin mir immer noch nicht sicher, was jetzt das Signal ist , wandte sich Gabriel klagend an seine Schwester.

Sie verdrehte die Augen. Warte einfach nur ab, du wirst es schon wissen, wann es so weit ist.

Genau das hat Mami auch gesagt. Du bist mir echt keine Hilfe, Alexis.

Bethany Anne nahm über das Gras Anlauf und ließ sich in eine Grätsche fallen mit der sie ihren Gegner an den Knöcheln erwischte. Sie rollte sich auf die Füße und sprang auf die Brust des dunklen Lords, als dieser fiel.

Die beiden landeten hart auf dem Boden, wobei es Bethany Anne gelang, sich rittlings auf die Brust des Dunklen Lords zu setzen. Sie drückte seine Arme mit den Knien an seine Seiten und begann, ihm seine Rüstung eine Platte nach der anderen vom Leib zu reißen.

Alexis und Gabriel bemühten sich, etwas zu sehen, aber ihre Sicht wurde durch Bethany Annes Rücken behindert. Sie sahen nur, wie ihre Mutter Teile der Rüstung des Dunklen Lords wegwarf, während er bockend versuchte sie loszuwerden.

Bethany Anne schien zu gewinnen.

Bis es ihm gelang, den Spieß umzudrehen.

Sie riss abwechselnd Teile der Rüstung des Dunklen Lords ab und hämmerte ihm die Faust ins Gesicht, um ihn so weit zu überwältigen, dass sie die erste Aufgabe erfüllen konnte. Doch plötzlich begann er am ganzen Körper zu glühen.

Bethany Anne versuchte, sich von ihm zu lösen, aber es blieb ihr keine Zeit, dem Impuls des dunklen Zaubers zu entkommen, den der Dunkle Lord aussandte.

Alexis ließ die Hand ihres Bruders los, als ihre Mutter von der magischen Schockwelle zurückgeschleudert wurde. Aber sofort griff sie erneut nach ihm und zog ihn zur Seilabsperrung. Komm schon, Gabriel. Das war das Signal.

Bethany Anne musste die Flüche unterdrücken, die ihr über die Lippen zu kommen drohten, als sie erneut durch die Luft flog. Aber es war ihr gelungen, dem Dunklen Lord seine körperlichen Kampffähigkeiten zu nehmen. Jetzt musste nur noch seine Magie besiegt werden und sie würden das Szenario gewinnen.

Ein kurzer Blick zu ihren Kindern versicherte Bethany Anne, dass die beiden ihr Stichwort verstanden hatten. Sie rappelte sich noch einmal auf, schwang ihre Katanas und stürzte sich mit einem Kampfschrei auf den Dunklen Lord, um seine Aufmerksamkeit auf sich zu lenken und von den Zwillingen fernzuhalten.

Alexis führte Gabriel gerade unter die Tribüne zu Bethany Annes Linken, als der Dunkle Lord seinen nächsten Zug machte.

AI-Kern, Großkampfschiff Atalanta,
Namenloses System

Peter wartete in der Kammer mit dem AI-Kern geduldig auf die Ankunft des Feindes. Er war ein paar Decks entfernt auf dem Weg zu den SSE-Technikern gewesen, die zu ihnen hinüberkamen, als die erste Welle von Drohnen angriff.

Atalanta hatte ihn zusammen mit Jian, Shun und Zhu in die Kernkammer geschickt. Auf dem Weg dorthin hatten sie noch ein paar weitere Teams der Guardian Marines aufgesammelt und nun war die Gruppe von gut zwanzig Leuten alles, was zwischen dem Kern und Atalantas völliger Zerstörung stand.

Die nachhallenden, heftigen Erschütterungen durch die Einschläge auf das Schiff ließen den oberen Laufsteg erbeben, auf dem Peter die Guardian Marines stationiert hatte, um einen Rundumblick auf die Kammer darunter zu haben.

Das von allen Seiten zu hörende Surren und Klirren wurde von Atalantas sachlicher Stimme begleitet, die über das Lautsprechersystem des Schiffes ständig Anweisungen im Namen des Captains gab.

Sie verkündete einen Enterangriff des Feindes auf dem Deck direkt über ihnen.

»Waffen bereit machen«, befahl Peter knapp. »Wenn diese Wichser zu uns durchbrechen, werden sie schnell sein und es werden höllisch viele sein.«

Einer der Männer meldete sich zu Wort, ohne vom Zielfernrohr des Gewehrs aufzusehen, das er auf die Quelle des Klirrens gerichtet hielt. »Sind sie wirklich halb organisch und halb Maschine?«

Peter musterte den nervösen Marine von oben bis unten. »Hast du dir das Video von der Begegnung der Königin mit diesen Soldaten angesehen?«

Der junge Mann schüttelte den Kopf. »Nein, Commander. Ich bin von einem Einsatz zurückgekehrt und habe gehört, was passiert ist. Meine Cousine gehört zum SSE-Team und sie befindet sich auf der G’laxix Sphaea

Peter verzog das Gesicht. »Dann mach dich bereit, Robinson. Wir sind diesen verdammten Drohnen schon einmal begegnet. Sie sehen ein bisschen aus wie Larven mit Metallgliedern. Wir glauben, dass sie unter Gedankenkontrolle stehen und wir wissen , dass sie nur eine Anweisung haben … nämlich alles zu töten, was nicht zu ihnen gehört.«

Die Marines hingen an jedem einzelnen von Peters Worten. »Geistige Kontrolle?«, hakte Robinson verblüfft nach.

»Ja, oder zumindest war es beim letzten Zusammentreffen so«, erklärte Peter ihm. Er grinste und klopfte dem aschfahlen Marine auf die Schulter. »Reg dich nicht auf. Diese Dinger sehen zwar wie die reinsten Albträume aus, aber sie sind leicht zu töten. Du kannst dich allerdings darauf gefasst machen, einen verdammten Scheißhaufen davon zu Gesicht zu bekommen.«

Jian sah von seinem Platz am Geländer des Stegs hinüber, das er nutzte, um sich zu strecken. »Wir wollen aber doch, dass sie in das Schiff gelangen. Wenigstens einige. Diese Möglichkeit ist der andere Grund, warum wir neben der Verteidigung des Kerns hier sind … um sie gefangen zu nehmen.«

Peter wies auf Jian. »Ganz genau. Sonst haben die Typen, die mit den Knöpfen spielen, den ganzen Spaß und wir sitzen hier mit dem Daumen im Arsch, bis es Zeit ist, nach Hause zu gehen.«

Er schritt auf dem Stahlgitterboden umher, während um sie herum die Geräusche des herannahenden Feindes lauter wurden. »Sollen die Hurensöhne doch kommen. Vielleicht wissen sie etwas über diejenigen, die sie kontrollieren und wir können immer Informationen über einen unbekannten Feind gebrauchen.«

Das Schiff bebte um sie herum, als der Feind einen weiteren Treffer landete und die Deckenplatte über ihnen wurde plötzlich von hinten eingedrückt. Neue Erschütterungen durchfuhren das Schiff und Atalanta meldete einen weiteren Hüllenbruch, der diesmal in der Nähe des Hecks erfolgte.

Auf der ganzen Atalanta bereiteten sich die Besatzung und die für den Einsatz abgestellten Hilfskräfte auf die unvermeidliche Enteraktion vor. Die Verteidigungskräfte gingen schnell und entschlossen vor, um die gefährdeten Bereiche des Schiffes zu schützen, während die Reparaturmannschaften sich für Einsätze bei laufendem Betrieb bereitmachten. Auch die medizinischen Teams bereiteten sich darauf vor, ihre Pflicht zu erfüllen, wenn sie von Leuten mit Kampfwunden überschwemmt wurden.

In der Kernkammer blickte Peter abschätzend hoch, als eine weitere Delle in der Decke erschien. »Sieht ganz danach aus, als wären wir gleich dran.« Routiniert veranlasste er seinen Körper sich zu verwandeln und im nächsten Moment streckte er schon probeweise seine Pricolici-Klauen. Von ihm aus konnte die von der Decke aus drohende Invasion ruhig beginnen.

Jian und die anderen Guardians schritten in ihren vierfüßigen Gestalten umher und warteten ungeduldig auf den Beginn des Kampfes.

Die sich immer weiter vertiefende Delle in der Deckenplatte wurde schließlich zu einem Riss, der sich kurz darauf zu einem Loch entwickelte, durch das ein Paar spindeldürre Beine mit den hakenförmigen Anhängseln erschien, die sie anstelle von Händen oder Füßen hatten. Sie wurden aber rasch wieder zurückgezogen.

Peter hob eine Hand, als die weniger erfahrenen unter ihnen sich zum Feuern bereit machten. »Warrrtet«, rief er leise. »Macht es ihnen nicht leichterrr, indem ihrr ihrrre Arrrbeit erledigt.«

Dann ragten weitere Haken durch das Loch und rissen das Paneel heraus, sodass die vielgliedrigen Drohnen zum Vorschein kamen, die offenbar jeden Zentimeter des Raums darüber ausfüllten.

Die gedankengesteuerten Feinde fielen in rauen Mengen von der Decke und Peter ließ seine Hand sinken. »Feuerrr! «

Die Marines feuerten ihre Waffen auf den Drohnenregen ab. Sie töteten zahlreiche von ihnen, ehe sie landeten, aber das bewirkte ungefähr genauso viel, als ob man einen Eimer Wasser aus dem Meer schöpfen würde, um es zu leeren.

Die Larven, die den Hagel von kinetischem, Laser- und Disruptorbeschuss überlebten, streckten sich im Fallen aus ihrer eingerollten Haltung und landeten unsicher auf ihren dünnen mechanischen Beinen. Ohne zu zögern schwärmten sie dann auf die viel breitere Permacrete-Plattform unterhalb des Laufstegs zu, von der man die Ausgänge der Kammer erreichen konnte.

Peter knurrte wild und sprang über das Geländer. Als er landete, rief er seinen Leuten zu: »Marrrrines, schützt ihrrr den Kerrrn. Wirrr halten die Ausgänge!« Ihm folgten Jian und die anderen sieben Guardians, die sich umgehend auf die Türen verteilten, um zu verhindern, dass die Drohnen in das Schiff entkamen.

Die Marines hatten den Vorteil der erhöhten Position. Sie arbeiteten jeweils paarweise zusammen, um den Raum um den Kern herum freizuhalten, während die Guardians wie besessen auf der Plattform darunter wüteten.

In der ganzen Kernkammer starben die Drohnen zu Hunderten. Die Leichen stapelten sich um die Türen und bildeten eine Barriere, die den Guardians etwas Spielraum ließ.

Als die Werwesen in einem losen Kreis vorrückten, verlagerten die Marines den Schwerpunkt ihrer Feuerlinie.

Robinson hielt inne, um sein Magazin auszuwechseln. »Wie zum Teufel sollen wir gegen eine solche Überzahl gewinnen?«, murmelte er vor sich hin, hob dann sein Gewehr wieder an die Schulter und zielte erneut, während seine Partnerin zurücktrat, um ihr leeres Magazin zu wechseln.

»Dies ist eine Schlacht der reinen Anzahl gegen den Intellekt.« Shun kicherte und feuerte, ohne eine Pause zu machen. Mit seinen Schüssen erwischte er drei der Außerirdischen und setzte einen vierten außer Gefecht. »Wir haben eine bewährte Methode, um mit dieser Art von Gefecht umzugehen.«

Zhu, der etwas weiter entfernt auf dem Steg stand, rief zustimmend: »Ich könnte glatt Mitleid mit diesen Dingern haben, wenn sie denn einen eigenen Willen hätten. Man könnte es sogar als unfair ansehen«, er unterbrach sich kurz, um drei Drohnen an Jians Flanke zu erledigen, »einen wütenden Pricolici in eine Umgebung mit so vielen Zielen fallen zu lassen.«

Wie zum Beweis für Zhus Argument ertönte ein frustriertes Brüllen von unten und ein Schauer mechanischer Körperteile flog über ihre Köpfe hinweg. Sie blickten über das Geländer und sahen, wie Peter durch die Menge der Feinde pflügte und eine Handvoll nach der anderen zerfetzte, um die Überreste in hohen Bogen wegzuschleudern.

Er warf die beiden Hälften der Drohne weg, die er gerade von ihren Beinen getrennt hatte, und schleuderte ein halbes Dutzend weiterer Larven mit einem Schwung seines pelzigen Unterarms in die Luft. »Das dauerrrt viel zu laaaange! «

Die sechs Wölfe schnappten nach allen Seiten und warfen die Drohnen, die sie erwischten wie Stoffpuppen durch die Gegend. Jian wählte eine andere Taktik. Er tanzte elegante Kreise und schredderte die organischen Teile der Drohnen um ihn herum mit seinen Krallen.

Atalanta kündigte einen weiteren Durchbruch an, der jedoch nicht von einem kinetischen Einschlag begleitet wurde. Die Drohnen schwärmten hartnäckig massenweise um den Kern, egal wie schnell die Guardian Marines es schafften, mit ihren Schüssen den Raum um ihn herum freizuräumen.

Dann wurde Jian plötzlich von seinen Gegnern überrannt und ging in einer Flut von sondierenden, mechanischen Beinen unter. Seine Marines feuerten unablässig in den ihn umgebenden Bereich, um ihm eine Chance zu geben, aber es war zu spät für die Katze. Die Drohnen hatten ihn fest im Griff.

Trotzdem wehrte er sich weiter. Aber als er seinen Kampf verlor, bei Bewusstsein zu bleiben, wurde sein Körper wieder menschlich. Seine Partner-Marines auf dem Laufsteg brüllten ihm verzweifelt zu, damit er wieder aufwachte.

Keiner der anderen konnte etwas tun, um ihm zu helfen. Sie versuchten verzweifelt, den Schwarm in Schach zu halten. Aber währenddessen wurde er über der brodelnden Masse von einem zu anderen gereicht und schließlich die Wand hinauf geschleust. Es glich einer abartige Parodie eines von der Bühne in die Menge seiner Fans getauchten Stars, der von ihr getragen wird.

Peter sah mit Entsetzen, wie die Drohnen den Guardian durch das Loch in der Decke schoben.

Dann verschwand Jian.

Der Pricolici sah rot. Er pflügte rücksichtslos durch das Gedränge, um zu seinem Freund zu gelangen, ohne auf die Drohnen zu achten, die seine Ablenkung ausnutzten, um ihn von allen Seiten anzugreifen.

Plötzlich spürte er einen scharfen Stich in seinem Oberschenkel und schaute nach unten. Aus dem Muskel ragte ein kleiner Pfeil. Er zog ihn verächtlich heraus und stieß ihn mit einem heiseren Lachen in das Gehirn der nächstbesten Drohne.

Unbeirrt kämpfte er gegen das Brennen in seinen Muskeln an und spürte, wie seine Nanozyten daran arbeiteten, die Substanz zu beseitigen, die sie ihm injiziert hatten. »Eure verdammten Drogen haben keine Auswirkung auf m…«