War ja abzusehen.
Hätte mich gewundert, wenn nicht. Wenn er nicht einhaken würde bei der Sache mit der Schuld.
»Die Sache mit der Schuld«, sagt Doktor Klupp, »interessant.«
»Finden Sie?«, sage ich und gähne.
»Ja! Ein starkes Bild! Der gefrorene See, der Raureif in Ihren Wimpern, Gott auf Schlittschuhen – wirklich stark!«
»Finden Sie?«, sage ich und gähne, bis mein Kiefer knackt. Gleich wird er sagen, dass er mit mir über das starke Bild sprechen möchte. Nur kurz. Und nur, wenn ich mag.
»Ich möchte mit Ihnen kurz über dieses wirklich starke Bild sprechen, bevor Sie weitererzählen.«
Ich halte das Gähnen.
»Es scheint mir viel zu sagen über Ihre Schlaflosigkeit, die ich nach wie vor für das Primärsymptom einer chronifizierten posttraumatischen Belastungsstörung halte.«
Ich halte das Gähnen.
»Die assoziative Verknüpfung von Schuld, Erlösung und Schlaf ist sehr interessant, und wenn Sie mögen, dann …«
»Nein«, sage ich.
Doktor Klupp glotzt mich an. Die Hand, mit der er gerade noch Ornamente der Begeisterung in die Luft gemalt hat, hängt für einen Moment hilflos in der Schwebe, dann stürzt sie ab.
Wenn Doktor Klupps Hände keine Hände wären, sondern Flugzeuge, dann wären sie diese eleganten weißen Segelflugzeuge am zartblauen Himmel, denen die Leute immer mit so einem seltsam verschleierten Blick nachsehen. Ich hebe einen meiner schrottreifen Kampfbomber und ziehe an der Zigarette.
»Nein«, sage ich noch einmal.
Ich mag nicht.
Und warum nicht?
Genau. Weil ich nicht mag. Außerdem ist das Bild mit den Schlittschuhen gar nicht so stark. Schwach auch nicht, solider Durchschnitt würde ich sagen, auf jeden Fall kein Grund, mich zu unterbrechen, und wenn Doktor Klupp auch nur einen Hauch von Ahnung hätte, was ein wirklich gutes Bild ist, dann hätte er mich schon viel früher unterbrochen. Zum Beispiel bei den gekochten Weißwürsten kurz vorm Platzen als Bild für Suzannas Unterschenkel. Das war stark!
»Frau Block«, sagt er mit einer Stimme, die ein bisschen streng klingen soll, »Sie blockieren schon wieder!«
»Tu ich nicht.« Stimme einer Fünfjährigen, die gerade beim Verzehr von Sandkuchen erwischt worden ist oder beim Foltern ihres Hamsters.
Er seufzt. Der abgestürzte Segelflieger liegt erschöpft auf dem Notizbuch, der andere parkt daneben.
»Nun gut«, sagt er und seufzt wieder. »Erzählen Sie weiter. Aber wenn ich Sie das nächste Mal bitte, auf ein bestimmtes Thema näher einzugehen, dann bitte keine Blockaden, Frau Block!«
»Versprochen.« Stimme einer Fünfjährigen.