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Im Frühjahr 1925 beeilte sich Helstedt von einem Besuch bei seinem Freund Sörensen nach Hause zu kommen. Es war spät und kühl geworden. Der Nebel trieb vom Meer herein, die Straßenlaternen warfen trübe Lichtkreise auf den Weg, und der bejahrte Herr mit Hut und in Mantel ahnte nicht, dass er eingangs des Faelledparken von einem jungen Deutschen beobachtet wurde. Dieser war Privatdozent und Gast am Kopenhagener Physik-Institut und hatte sich nach Stunden anstrengender Diskussionen um das Atommodell seines Mentors auf eine Bank hinter das Institut gesetzt. Noch immer kreisten Fetzen der Gespräche in seinem Gehirn, als der ihm unbekannte Helstedt im Lichtkreis der Straßenlaterne auftauchte. Die besprochenen physikalischen Fragen bewirkten, dass der junge Wissenschaftler das kurze Wegstück, das Helstedt von der Straße zum Faelledparken ging, nicht als ein alltägliches Geschehen sah. Vielmehr verfolgte er fasziniert, wie die undeutliche, etwas schattenhafte Gestalt den Lichtkreis betrat, nach wenigen Schritten im Dunkel verschwand, um im nächsten Lichtkreis erneut aufzutauchen. Während Helstedt einzig bestrebt war, möglichst rasch nach Hause zu gehen, dachte der junge Wissenschaftler an die Wahrscheinlichkeit, mit der Mantel und Hut im folgenden Lichtkreis wieder sichtbar würden. Einen Moment lang war es ungewiss, ob der Unbekannte tatsächlich wieder erschiene, da er eingetaucht in die Dunkelheit nicht zu sehen war, vielleicht den Weg verließ oder umkehrte, weil er etwas vergessen hatte. Würde andererseits er als Beobachter nur dann hingeblickt haben, wenn der Unbekannte sich im Dunkel befunden hätte, wäre dieser für ihn inexistent gewesen, denn ohne sein Beobachten gab es den Unbekannten nicht.

Der junge Wissenschaftler spürte, dass diese konkrete und anschauliche Beobachtung in einer Verbindung zu den besprochenen theoretischen Problemen stand. Von welcher Art diese war, blieb ihm unklar, und er war auch zu müde, um weiter darüber nachzudenken. Er brauchte Ruhe und dringend etwas Erholung, atmete tief die frische Luft ein, und was er eben noch beobachtet hatte, sank aus dem Bewusstsein, verlor sich in der dichter werdenden Trübung seines Denkens. Dennoch merkte der junge Wissenschaftler und Beobachter, dass etwas Unbestimmtes, Unscharfes sein Denken berührt hatte, das irritierte. Es fühlte sich wie ein plötzlich angeworfenes Fieber an, das ihn leicht schwindlig machte, und das er später für ein erstes Anzeichen eines heftig ausbrechenden Heuschnupfens hielt.