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Weshalb hatte sich ein so gewöhnliches Ereignis, wie der Mann auf seinem Weg durch die Lichtkreise, in sein Erinnern eingeprägt? Was genau hatte er gesehen?

Der junge Wissenschaftler ging die nächtliche Szene nochmals durch.

Er hatte sich hinter dem Institut, wo der Weg in den Faelledparken führt, auf die Bank gesetzt, um sich auszuruhen und sich von den Gesprächen, was an dem jetzigen Atommodell unvollständig war, zu erholen. Dann sah er diesen Mann, der den Spazierweg entlangging, dabei sichtbar und gegenwärtig war, solange er sich im Lichtkreis der Straßenleuchte bewegte, danach sich jedoch im nebligen Dunkel verlor. Er konnte erst im nächsten Lichtkreis wieder beobachtet werden. Wo aber war er in der Zeit, da er ihn nicht sah? Gab es ihn noch, existierte er tatsächlich, und weshalb war er sich als Beobachter sicher, dass der Fremde auch wieder auftauchte? Und falls er dies tat, wo genau würde der Mann wieder erscheinen? Zwar war er mit einiger Wahrscheinlichkeit im nächsten Lichtkreis zu erwarten. Doch vielleicht änderte er die Richtung, kehrte wieder um, erschien im vorherigen Lichtkreis, den er eben verlassen hatte. Und was geschah mit dem Fremden, sollte er überhaupt nicht mehr auftauchen?

Die beobachtete Szene, während er sie vor sich ablaufen sah, verwandelte sich, regte Überlegungen an, die in die Tiefe kleinster Teile führten, zu Fragen, an denen er die letzten Tage gearbeitet hatte. Was bedeutete die Beobachtung des Mannes, der auftauchte und verschwand, für das Atommodell? Existierten Elektronen nur als solche, wenn sie beobachtet wurden, nicht aber, wenn sie nicht beobachtet wurden? Gäbe es folglich auch keine Bahnen, auf denen Elektronen um den Atomkern kreisten? Konnte man überhaupt voraussagen, wann und an welchem Ort sich ein Elektron befinden würde? Wäre es nicht wie bei dem Fremden, dass es nur eine Wahrscheinlichkeit gab, die stets vom momentanen Kenntnisstand unseres Wissens beeinflusst war? Durch das Gehirn des Beobachters liefen Gedankenwellen, die mit ihren Kämmen und Tälern zwischen der Sprache und der Mathematik schwangen, die sich überlagerten, verstärkten und in Zweifeln wieder aufhoben, doch immer neu ausgesandt wurden durch eine Erregung, er sei auf etwas noch Unformuliertes, doch Richtungsweisendes gestoßen. Die Erregung übertrug sich auf seinen Körper, durchrann ihn als ein süßliches Sirren, wie er es jeweils verspürt hatte, wenn er als Kind die beiden Pole einer Batterie an seine Zunge gehalten hatte.

Er beugte sich über die leere weiße Seite seines Schreibblocks, sah durch sie hinab auf einen Zeichen- und Zahlenraum, aus dem herauf Formeln drängten. Verkapselt in eine Konzentration, in die nichts Äußeres mehr eindrang, begann er zu schreiben.