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Molti che vogliono l’albero fingono di rifiutare il frutto.

Viele, die vorgeben, die Früchte abzulehnen, verlangen nach dem Baum.

Tage bis Divorando: 15

Dante und Alessa ignorierten einander so gut, wie es zwei Menschen vermochten, die in räumlicher Nähe miteinander ausharren mussten, aber die morgendliche Atmosphäre war so angespannt, dass sie sich danach sehnte, mit dem Training beginnen zu können. Um die Gedanken eines Mädchens von der schmerzhaften Zurückweisung abzulenken, eignete sich nichts besser als ein Tag, an dem man Freunde quälen konnte.

Am letzten Trainingstag vor Carnevale segnete Crollo Saverio jedoch mit einer glühenden Hitzewelle. Die Temperaturen und der drohend näher rückende Fristablauf führten dazu, dass alle gereizt waren, als sie den Übungsraum betrat.

Mit jeder verstreichenden Minute stieg die Temperatur, und im Raum wurde es stickig. Alessa und Josef taten sich zusammen, um Kühle zu erzeugen, aber er konnte ihren Bemühungen nicht lange genug standhalten, um für nennenswerte Erleichterung zu sorgen. Saidas Versuch, sie alle abzukühlen, schleuderte ihnen lediglich eine so dicke Luft entgegen, dass es sich anfühlte, als würden sie mit heißen Decken zugedeckt werden.

»Das halte ich keinen ganzen Tag lang aus«, stöhnte Kaleb. »Es ist, als würde man versuchen, kochendes Wasser zu atmen.«

»Wir können nirgendwohin gehen«, meinte Kamaria. »Die ganze Insel kocht.«

»Es gibt noch das Meer «, warf Kaleb ein.

»Wir können nicht zum Strand«, sagte Alessa. »Wir müssen üben, und an den Stränden sind überall Leute.«

»Nicht an jedem Strand«, antwortete Dante. Er zuckte mit den Schultern. »Ich kenne einen Ort.«

Alessa hätte Einwände erheben sollen, oder zumindest hätte sie zögern sollen, bevor sie sich einverstanden erklärte. Die Vorstellung, ihre letzte Trainingseinheit zusammen an einem Strand zu verbringen, statt in einem stickigen Übungsraum, war jedoch zu verführerisch.

Eine Stunde später hüpften in einem Tunnel, der immer staubiger wurde, je weiter sie gingen, Laternen auf und ab.

Als sie sich dem anderen Ende der Insel näherten und zum ersten Mal frische Luft rochen, blieb Kamaria mit Alessa ein bisschen zurück. »Also, ist dieser Ringkampf gestern Nacht in deinem Zimmer noch weitergegangen? Erzähl mir alles.«

Alessa lachte nervös.

»Nicht alles . Ich frage dich nicht, warum er anders ist. Doch da er es ist  … hat er dich geküsst?«

Alessa biss sich auf die Innenseite ihrer Wange. »Nein.«

»Aber er will es.« Kamaria senkte die Stimme, als sie zu den anderen aufschlossen.

»Das ist das Problem. Er tut es nicht.«

»Oh, bitte«, sagte Kamaria. »Dieser Junge will dich so sehr, dass seine Hose Feuer fangen könnte.«

Alessa schützte das Gesicht vor dem plötzlich aufflackernden Sonnenlicht, als Kaleb und Dante das verrostete Tor am Ende des Tunnels aufzerrten. »Na ja, wenn das die einzige Möglichkeit ist, dass er sie auszieht.«

Kamaria lachte schallend, und Dante drehte sich um und sah sie finster an.

Alessa errötete, als Kamaria sich so dicht zu ihr beugte, dass ihre Lippen beinahe ihr Ohr berührten. »Und so sieht Eifersucht aus, Mädchen.«

Alessa gab sich Mühe, nicht zu lachen. Sie hoffte, dass die plötzliche Lichtveränderung ausreichte, um ihre Verwirrung zu verbergen.

»Passt auf, wo Ihr hintretet«, rief Dante nach hinten. Er verkeilte das Tor mit einem Stein, damit es offen blieb, dann schob er noch einen weiteren nach.

Als Alessa und Kamaria auf den schmalen Absatz auf der anderen Seite des Tors traten, eilte Kaleb bereits halb laufend, halb stolpernd die engen Stufen hinunter, die in die Klippe gehauen waren, schickte dabei Steine klappernd nach unten. Josef, Nina und Saida folgten ihm vorsichtiger.

Von dieser Stelle hatte Dante erzählt, als sie ihn nach seinem schönsten Ort gefragt hatte. Jetzt war es auch ihr schönster. Der Strand unter ihnen war ein natürlicher Hafen, ein dreieckiger Einschnitt in der Küstenlinie, eingefasst von hohen Klippen. Unterhalb von ein paar hartnäckigen Bäumen und Büschen, die sich an die Felsflanke klammerten, schwappte himmelblaues Wasser in einem Sprühregen aus Wellen, die wie Proseccoblasen aussahen, gegen weißen Sand. Dort, wo sich in den Klippen ein Einschnitt befand, bedeckte Gras eine kleine Lichtung. Der perfekte Ort für ein gemütliches Strandhäuschen, wo ein Mädchen Ausschau nach einem Ruderboot halten mochte, dessen Silhouette sich vor dem Sonnenuntergang abzeichnete.

Dante warf einen Blick zurück zu Alessa, die neben Kamaria ging. »Braucht Ihr Hilfe?«

»Wir kommen zurecht«, sagte Alessa. »Hilf Saida.«

Saidas durchscheinende Röcke verfingen sich immer wieder an den Felsen, und ihre Bemühungen, sie vor Schaden zu bewahren, brachten sie ein bisschen zu nah an die Kante. Dante reichte Saida einen Arm, um ihr den Rest des Wegs nach unten zu helfen.

»Wenn Dante eifersüchtig ist«, wandte Alessa sich an Kamaria, sobald er außer Hörweite war, »warum ist er dann gestern Nacht vom Sofa aufgesprungen, als wir endlich ein bisschen zur Sache gekommen sind?«

»Oho«, gluckste Kamaria. »Jetzt kommen wir zur Sache. Details? Nein? Ach, du verdirbst einem den ganzen Spaß.«

Alessa zog sich die Schuhe aus, als sie den Sand erreichten, und setzte sich in ein bisschen Schatten unter einem verkümmerten Zitronenbaum, während Kaleb vollständig bekleidet mit viel Geplansche direkt ins Meer lief. Nina zog Josef fröhlich mit sich zum Wasser; er hüpfte auf einem Bein, denn er versuchte, gleichzeitig seine Hose hochzukrempeln.

Kamaria ließ sich Zeit; sie zog sich ohne jede Befangenheit aus, während sie das Gespräch weiterführten.

»Kaputt und aufgebracht ist nicht für jeden was«, sagte sie und zog sich das Hemd über den Kopf. Alessa versuchte sich auf das Gesicht des Mädchens zu konzentrieren, sich nur zu bewusst, dass ihres sich rötete. »Für den Fall, dass du nicht bereit bist, darauf zu warten, dass er seinen Mist klar kriegt« – ihr Gürtel landete im Sand – »gibt es für jemanden, die so süß und unschuldig ist wie du, auch leichtere Beziehungen.«

Alessa rümpfte die Nase. »Es hat weniger was mit unschuldig sein zu tun als mit mangelnder Gelegenheit.«

Kamaria wand sich aus ihrer Hose. »Na ja, wenn’s mit dem jungen Griesgram nicht funktioniert –«

»Hey«, brüllte Dante. »Kommt Ihr beiden mit rein?«

Alessa hob das Kinn. »Eine Finestra kann nicht einfach halb nackt herumlaufen.«

»Wie Ihr wollt.« Er zog sich sein Hemd über den Kopf, und seine Rückenmuskeln bewegten sich geschmeidig, als er sich bückte, um die Schuhe auszuziehen.

Alessa klappte den Mund zu, als sie begriff, dass er offen gestanden hatte.

Kamaria atmete geräuschvoll aus. »Ist es hier gerade heißer geworden?«

»Ich weiß es nicht.« Alessa ließ den Kopf auf die Knie sinken. »Ich habe meinen Schmelzpunkt schon vor einer Weile erreicht.«

»Darauf wette ich.« Kamarias bronzefarbene Hüften wiegten sich bei jedem Schritt, den sie auf die Wellen zumarschierte. Sie warf einen Blick über die Schulter und rief: »In einem Monat sind wir vielleicht nicht mehr am Leben, also, was immer du haben willst, hol es dir jetzt.«

Alessa saß allein im Sand. Schweiß lief ihr den Rücken hinunter, während sie zusah, wie die anderen fröhlich herumtollten.

Saida hob die Röcke bis zu den Knien, geriet aber ins Kreuzfeuer eines wilden Kampfes zwischen Kamaria und Kaleb, die versuchten, sich gegenseitig nass zu spritzen.

Während Saida sie durch das flache Wasser jagte, schälte sich Alessa aus ihren Leggings. Sie hatte den größten Teil ihrer Röcke geändert, sodass sie sich vorne etwas höher überkreuzten, denn sie sah mit der Strumpfhose unattraktiv aus, während alle anderen mit nackten Beinen herumliefen. Ohne Strumpfhose war ihr Rock fast schon skandalös. Oder wäre es in der Stadt gewesen. Hier, wo Kamaria in Unterwäsche von Felsen sprang, und Nina in einem Unterhemd herumtollte, fühlte Alessa sich prüder als alle anderen.

Es war bereits der heißeste, unbehaglichste Tag ihres Lebens, daher zog sie mit einem Schulterzucken ihren Rock aus und benutzte ihn als Tasche für ihre Leggings, ihre Bluse und die Handschuhe. Nur mit einem Seidenslip bekleidet stand sie da und badete im Sonnenlicht. Ihre Haut kribbelte mit dem Versprechen eines bevorstehenden Sonnenbrands, und sie spürte, wie der heiße Sand sich unter ihren zarten Fußsohlen verlagerte.

Wie alle Kinder auf Saverio war Alessa in ihrer Kindheit häufig mit nacktem Hintern, salzverkrusteten Haaren und Sand in jeder Ritze am Ufer herumgelaufen. An diesem speziellen Strand war sie zwar nie gewesen, aber es fühlte sich trotzdem so an, als wäre sie nach Hause gekommen.

Dante sah rasch zur Seite und tauchte unter, als sie sich in seine Richtung wandte. Er schwamm mit kräftigen Zügen auf einen gewaltigen Felsblock zu, der in der Mitte der kleinen Bucht aufragte.

Alessa nahm ihren Mut zusammen, paddelte hinaus zu Dante und zog sich auf den Fels. »Wie lange wollen wir uns gegenseitig anschweigen?«

Er hielt den Blick auf den Horizont gerichtet. »Ich denke, ich schaffe es noch zwei weitere Tage.«

»Ich bin mir sicher, dass du das kannst.« Sie schlang die Arme um ihre Beine und zog sie an die Brust. »Ich kann erkennen, dass du aufgebracht bist.«

»Ja. Das bin ich.«

Ausgezeichnet. Wie gut, dass sie das Thema angeschnitten hatte. »Nun, es tut mir leid. Ich bin mir sicher, dass es enttäuschend für dich war, aufzuwachen und mich vor dir zu haben, wo du wahrscheinlich auf das Mädchen mit den magischen Händen gehofft hast.«

»Was?« Er fuhr sich mit einer Hand durch die Haare. »Ich habe nie gesagt, dass ich enttäuscht war. Ihr habt geglaubt, ich hätte an jemand anderen gedacht?«

Moment mal. »Du hast von mir geträumt?« Er leugnete es nicht. »Und du hast diesen Traum genossen?« Sie erinnerte sich schlagartig daran, wie es sich angefühlt hatte, als sein Körper sich an ihren gepresst hatte.

Seine Wangenknochen wurden dunkler. »Ich denke, der Beweis war ziemlich eindeutig.«

»Warum bist du dann ausgerastet, als ich dir gesagt habe, dass ich dich will?«

»Weil Ihr es nicht wirklich wollt. Ihr seid verzweifelt, und ich bin Eure einzige Option. Das habt Ihr gesagt, erinnert Ihr Euch?«

»Dante, das war ein Scherz

»Was nicht heißt, dass es nicht wahr ist. Schon bald werdet Ihr der am meisten geliebte Mensch auf Saverio sein, und ich werde wieder am Hafen sein mit dem übrigen Gesindel. Ich weiß, dass altbackenes Brot besser ist als gar keins, wenn man am Verhungern ist, aber Ihr werdet glücklicher sein, wenn Ihr auf die richtige Mahlzeit wartet.«

»Du bist kein altbackenes Brot«, entgegnete sie. »Und ich kann meine Entscheidungen selbst treffen.«

»Na ja, Ihr habt mich angeheuert, damit ich mich um Euch kümmere, bis Ihr einen oder eine Fonte habt. Ich werde nicht zulassen, dass Ihr etwas tut, das Ihr bedauern werdet.«

»Du herablassender Mistkerl … Steh auf«, sagte sie mit zusammengebissenen Zähnen.

Dante stand auf und verschränkte die Arme, starrte von oben herab auf sie herunter.

»Habe ich die Erlaubnis, deine Brust zu berühren?«, fragte sie.

Er runzelte die Stirn. »Warum?«

»Damit ich deinen störrischen Arsch ins Meer stoßen kann.«

»Ihr fragt mich um Erlaubnis, ob Ihr mich ertränken dürft?«

»Nein. Ich frage um Erlaubnis, ob ich dich anfassen darf. Wenn ich dich töte, wird das ganz ohne deine Zustimmung passieren.«

»Wirklich«, sagte Dante im Tonfall eines geduldigen Lehrers, »eines Tages werdet Ihr mir dankbar sein –«

Das Platschen, mit dem er im Wasser aufkam, ließ sie hoffen, dass sein Rücken noch stundenlang brennen würde.

Als die glühende Sonne unterging und die Temperatur erträglich wurde, setzten sie sich im Kreis um ein Feuer herum, das Kamaria mit Treibholz gemacht hatte. Mithilfe ihrer Gabe brachte sie die Lavendelflammen zum Tanzen, während Saida eine gezielte Brise dazu nutzte, dem Feuer Luft zuzufächeln. Nina verteilte etwas zu essen.

Kaleb machte eine ruckartige Bewegung mit dem Kinn in Dantes Richtung. »Was passiert, wenn du uns berührst, während du ihn berührst?«

Kamaria kicherte. »Für solche Sachen habe ich mich nicht gemeldet, aber hey, zwei für den Preis von einem.«

Kaleb sah Kamaria an, als würde er mit einem Würgereiz kämpfen, bevor er sich wieder an Alessa wandte. »Du hast gesagt, dass er so was wie ein Messgerät ist. Also, pack zu und benutze deinen hilfreichen Detektor, um deine Macht zu dämpfen, während wir üben. Das ergibt mehr Sinn, als wenn ihr es alleine tut.«

»Kommt drauf an, was man im Sinn hat«, murmelte Kamaria.

Alessa kickte ihr Sand auf den Fuß.

An jedem anderen Tag hätte sie diesen Vorwand, Dantes Hand zu halten, begeistert genutzt, aber er schaffte es kaum, sie anzusehen.

»Schon möglich«, sagte Saida. »Es lohnt sich, alles auszuprobieren, was helfen könnte, richtig?«

Nina umschlang ihre Knie. »Ich werde alles tun, das die Wahrscheinlichkeit mindert, dass Leute sterben.«

»Dante?«, fragte Alessa mit gepresster Stimme.

Grummelnd begab er sich in ihre Mitte.

Er sah Alessa nicht direkt an, sondern starrte an ihrer Schulter vorbei, streckte eine Hand nach ihr aus und hob die andere mit dem Daumen zur Seite gedreht. Sein Zähler, vermutete sie.

Ihr Herz machte einen Satz, als seine Handfläche über ihre glitt, und sein Daumen daraufhin zur Decke zeigte.

Saida kicherte, und Alessa musste wider Willen lächeln.

Dantes Daumen ging nach unten.

»Ich schätze, es tut gut zu lachen«, meinte Josef. »Und es ist irgendwie witzig.«

Auf eine tragische Weise.

Alessa tat so, als gehörten beide Hände, die sie hielt, Josef, nicht nur eine, und sie konzentrierte sich darauf, ihre Macht zu spüren. Dante war ein Messgerät, weiter nichts. Eine Wetterfahne mit langen Wimpern. Ein Niederschlagsmesser mit einem dunklen Haarschopf über schokoladenbraunen Augen mit winzigen Goldsprenkeln um die Iriden. Ein Thermometer, mit –

Ihr Thermometer zischte. »Verdammt, ist das kalt.«

»Es geht mir gut«, warf Josef ein bisschen angespannt ein.

Alessa griff nach den Fäden der Macht und richtete ihren Blick auf die Wellen, die ans Ufer schwappten. Sie wartete, während sich die Macht aufbaute, dann ließ sie los.

Nina kreischte vor Freude, als die Wellen, die dem Strand am nächsten waren, zu einer kristallinen Skulptur erstarrten.

»Das war gut!« Kamaria sah die anderen an. »Oder? Das hat gut ausgesehen.«

Als die Nacht anbrach, war Alessa bereit, zur Cittadella zurückzukehren, aber die anderen wollten noch eine letzte Runde schwimmen. Daher betraten sie und Dante den Tunnel allein.

Sie wollte nicht wütend auf ihn sein. Sie wollte ihn in sich einsaugen, sich sein Gesicht einprägen.

Aber es war dunkel, und sie konnte ihn sowieso kaum sehen.

Dante starrte auf das Tor, das die Fortezza von der Cittadella trennte. »Wenn wir es hinter uns abschließen, kommen sie nicht mehr rein.«

»Dann schließ es nicht ab«, sagte Alessa.

»Ich werde kein Tor zur Cittadella offen lassen. Eine Art Nummer eins der Leibwächter-Regeln.« Er sah sie durch ein paar Locken mürrisch an.

»In Ordnung, dann bleiben wir in der Nähe und lassen sie rein, wenn sie zurückkehren.« Sie musterte ihn. »Ich könnte dir die Haare schneiden, während wir warten. Ich habe meinem Bruder immer die Haare geschnitten und tue es seit Jahren bei mir. Du willst doch auf meiner Hochzeit nett aussehen, oder?«

Seine Lippen zuckten. »Nur zu, Finestra. Versucht , mich vorzeigbar zu machen.«

Alessa führte Dante in die leere Küche, wo sie eine Schere fand, und befahl ihm, sich hinzusetzen. Sie stellte sich hinter ihn und dachte, dass sie unter dem Vorwand, die Struktur seiner Haare kennenlernen zu müssen, mit den Fingern durch sie hindurchfahren könnte. Das reine maßlose Vergnügen traf sie mit der Wucht eines doppelten Espresso, der in ihre Blutbahn gelangte.

Dichte, zerzauste Haare kringelten sich um ihre Finger, als wollten sie sich daran festhalten. Mit einer langsamen Bewegung zog sie die Nägel sanft zu seinem Nacken hinunter, und er zitterte.

»Ich habe es immer geliebt, wenn jemand mit meinen Haaren gespielt hat.« Sie ließ zu, dass das Lächeln in ihrer Stimme zu hören war. »Findest du es nicht entspannend?«

Dante räusperte sich und sagte mit rauer Stimme: »Klar. Es ist entspannend.«

Sie ließ sich Zeit, begann am Hinterkopf und arbeitete sich nach vorne, wo er sehen konnte, wie sie die langen Locken gerade zog, um sich zu vergewissern, dass sie gleich lang waren. Ihr Handballen lag an seiner Wange, als sie sich näher beugte, um es besser sehen zu können.

Seine Augenlider flatterten kurz, als er auf ihren Ausschnitt starrte. Er schluckte. Angesichts der lockeren Bluse, für die sie sich entschieden hatte, hatte er vermutlich freie Sicht bis hinunter zu ihrem Nabel. Er mochte darauf bestehen, sie beide zu bestrafen, indem er seine Hände bei sich behielt, aber sie musste es ihm nicht gerade leicht machen.

Sie schürzte die Lippen und beugte sich vor, um wieder zu schneiden. Wenn sie nichts anderes von ihm beanspruchen konnte als seine Aufmerksamkeit, dann würde sie dafür sorgen, dass sie diese auch behielt.

Er verlagerte sich auf seinem Platz. »Seid Ihr fertig?«

»Noch nicht ganz«, antwortete sie. »Ich genieße es, dass du mir ausgeliefert bist.«

In seinen Augen blitzte Verzweiflung auf. »Müsst Ihr das hier unbedingt so schwer machen?«

Sie biss sich auf die Lippe. »Ich bemühe mich, es schwer zu machen.«

Ein Muskel zuckte an seinem Kinn. »Ich kann mich nie ganz entscheiden, ob Ihr mit Absicht versucht, grob zu klingen, oder es unbeabsichtigt passiert.«

»Oh, es ist immer beabsichtigt. Das ist das Einzige, was ich aus all diesen romantischen Romanen gelernt habe und tatsächlich in die Praxis umsetzen kann.« Sie legte die Schere weg. »So. Du siehst umwerfend aus, du verdammter Kerl.«

Goldbraune Augen suchten ihre, aber sie sah nicht weg.

»Weißt du«, sagte sie und wählte ihre Worte vorsichtig. »Als ich dich das erste Mal in diesem Kampfring gesehen habe, dachte ich, mir wäre noch nie ein Mensch begegnet, der so schrecklich schön aussieht. Dabei habe ich dich damals noch nicht einmal gemocht . Ich wollte dich, lange bevor ich wusste, dass du eine Option warst, und ich weiß, dies ist nicht der richtige Moment, doch nach Divorando –«

»Nach Divorando werdet Ihr wählen können.« Er wirkte unglücklich, aber ergeben.

»Und was, wenn ich dich wählen würde?« Sie hielt die Luft an.

»Das werdet Ihr nicht tun. Ihr findet jemanden wie Euren ersten Fonte, und so bin ich nicht.«

»Nein. Du bist absolut nicht wie Emer. Er war süß und freundlich und sanft, und das Mädchen, das ihn erwählt hat, wollte all diese Dinge. Sie hätte nie gedacht, dass sie so etwas würde durchmachen müssen wie das, was ich durchgemacht habe, aber dieses Mädchen hatte keine Chance zu überleben. Sie hätte sich vielleicht nie in jemanden wie dich verliebt, doch ich bin nicht mehr sie  –«

Wumm.

Dante stand auf. »Was war das?«

Alessa steckte die Schere in ihre Tasche. »Ich weiß nicht, aber es klang nicht gut.«

Dante hielt den ersten Soldaten an, der an ihnen vorbeilief. »Was ist passiert?«

Der Soldat schluckte; sein Adamsapfel hüpfte.

»Ein Mob … draußen, vor den Toren. Sie verlangen, die Finestra zu sehen.«