Frau Brettschneider wartet auch

Weil Egon nicht rechtzeitig aus dem Keller gekommen war, hatte Albi auf ihn gewartet. Also musste Frau Artich auf Albi warten. Und Lulu wartete auf Albi und Frau Artich, die sie ja zur Schule mitnehmen sollten. Am Ende der ganzen Warterei standen Frau Brettschneider, ihre Praktikantin Paula und 22 Schüler am Fenster des Klassenzimmers und hielten Ausschau nach Albi und Lulu. Vom ersten Stock aus hatten sie einen guten Überblick über die Straße und den Eingangsbereich vor der Schule.

„Wo bleiben Luise und Albert nur? Es dämmert schon“, überlegte Frau Brettschneider laut. „Wenn sie nicht bald eintreffen, kommt mein Zeitplan völlig durcheinander.“

„Haben wir denn nicht die ganze Nacht Zeit, um uns gegenseitig vorzulesen?“, fragte Anna mit den lockigen Haaren.

„Natürlich, aber wir wollen nicht nur vorlesen, sondern auch miteinander zu Abend essen.“

Frau Brettschneider zeigte auf den großen Tisch, den sie mit Paulas Hilfe aus den Tischen der Schüler zusammengeschoben und liebevoll gedeckt hatte. Sie lächelte geheimnisvoll.

„Außerdem habe ich mir noch eine besondere Überraschung für euch ausgedacht!“ Besorgt schaute sie auf ihre Armbanduhr.

„Dann fangen wir eben ohne Streber-Albert an“, schlug Götz vor. „Ich kann gut auf ihn verzichten.“ Eigentlich hatten seine Eltern Götz auf den Namen Gottlieb getauft. Aber weil er fand, dass er seinem Lieblingsfußballer Mario Götze ähnlich sah, mussten ihn alle Klassenkameraden Götz nennen. Frau Brettschneider ließ sich allerdings von ihm nicht vorschreiben, wie sie ihn nennen sollte.

„Auf wen oder was wir bei unserer Lesenacht verzichten können, entscheide ich, Gottlieb Kurz!“, tadelte sie Götz.

„Na endlich, da kommt Herr Vogelsang angeradelt!“, rief die Locken-Anna. „Aber Lulu ist gar nicht dabei. Und warum hat Herr Vogelsang denn so viel weißen Stoff auf dem Gepäckträger?“

Frau Brettschneider wurde nervös. „Herr Vogelsang? Weißer Stoff?“ Sie klatschte in die Hände. „Husch, husch, Kinder, weg vom Fenster. Es ist Zeit, dass ihr eure Betten macht! Paula zeigt euch, wo ihr eure Schlafsäcke hinlegen könnt. Unsere Nachzügler kommen sicherlich jeden Moment. Ich gehe ihnen am besten entgegen und warte am Schultor auf sie.“

Sie schob Johanna, die immer etwas langsamer als die anderen Kinder war, vom Fenster weg. Dann griff sie nach ihrem großen Schlüsselbund und verließ auffallend eilig das Klassenzimmer.