28. KAPITEL
Elodie
Ich fühlte noch immer unseren heimlichen Kuss auf meinen Lippen. Ich fand Hollis an diesem Abend wahnsinnig heiß – es machte mich total verrückt.
»Können wir Popcorn machen?«, fragte Hailey.
»Was wäre ein Film ohne Popcorn?« Ich lächelte. »Ich kümmere mich darum.«
Kurz darauf schaltete Hailey das Licht im Wohnzimmer aus. Ich setzte mich auf die Couch und stellte die große Popcornschüssel auf meinen Schoß. Hailey ließ sich neben mich plumpsen. Zu meiner Überraschung setzte sich Hollis auf meine andere Seite statt neben Hailey. War das nicht ein bisschen verdächtig? Aber egal, ich war froh, dass er das Risiko einging. Wenn ich ihn schon nicht anfassen und küssen konnte, wollte ich ihm wenigstens nahe sein.
Unsere Beine berührten sich. Hollis’ Körperwärme drang durch meine Kleidung. Ich spürte sein Verlangen, ohne dass er etwas sagen oder tun musste. Der leichte Kontakt genügte.
Ich starb innerlich vor Sehnsucht und wünschte, er könnte mich einfach in sein Zimmer schleppen und vögeln. Ich versuchte, mich auf den Film zu konzentrieren, aber es fiel mir schwer, weil ich nur daran dachte, wann ich Hollis das nächste Mal küssen konnte.
Unsere Hände streiften sich, wenn wir in die Popcornschüssel griffen. Ich ertappte Hollis mehrmals, dass er nicht zum Fernseher schaute, sondern zu mir. Und ich merkte, wie er unauffällig immer näher an mich heranrückte, wenn das überhaupt möglich war. Es war offensichtlich, dass er sich ebenso wenig auf den Film konzentrieren konnte wie ich.
Plötzlich stand Hailey auf. »Kannst du auf Pause drücken? Ich muss mal.«
»Klar.« Hollis griff zu der Fernbedienung und sah Hailey nach.
Kaum war die Badezimmertür zu, zog er mich an sich und küsste mich. Er stöhnte zufrieden in meinen Mund, als sich unsere Zungen
berührten, und die Muskeln zwischen meinen Beinen zogen sich zusammen.
Als wir die Toilettenspülung hörten, riss Hollis sich von mir los, schnappte sich ein Kissen und legte es auf seine Leistengegend. Dann lehnte er sich zurück, als hätte er sich nicht vom Fleck gerührt.
Hailey kam zurück und setzte sich auf die Couch. »Okay, weiter geht’s«, sagte sie.
Hollis drückte auf Play. Wir schauten den Film weiter, als hätte er nicht erst vor wenigen Sekunden mit seinem stürmischen Kuss meine Welt auf den Kopf gestellt. Wie gern wäre ich kurz ins Bad geflitzt, um meine Lust zu befriedigen! Anders würde mein Verlangen heute nicht mehr gestillt werden, denn sobald der Film vorbei war, musste Hollis mich nach Hause fahren. Ich überlegte, ob die Batterien in meinem Vibrator überhaupt noch funktionierten. Ich hatte meinen kleinen Freund eine Zeit lang nicht benutzt, aber heute Abend brauchte ich ihn vielleicht noch.
Als der Film zu Ende war, meinte Hailey: »Eigentlich ist es Blödsinn, dich nach Hause zu fahren, wenn du morgen früh sowieso wieder hier sein musst. Willst du nicht bei uns übernachten?«
Ich sah Hollis an. »Ich weiß nicht, ob dein Onkel damit einverstanden ist.«
»Ich fahre dich gern nach Hause, wenn du lieber in deinem eigenen Bett schlafen willst, aber wir haben ja ein Gästezimmer. Du bist herzlich eingeladen.«
Hailey stand auf, um sich etwas zu trinken zu holen.
»Sag Ja!«, raunte Hollis mir zu.
Ich schmunzelte.
Als Hailey zurückkam, sagte ich: »Weißt du was? Es ist schon spät. Ich glaube, ich nehme das Angebot an. Dann muss ich morgen halt wieder dasselbe anziehen.«
»Onkel Hollis hat bestimmt ein T-Shirt, in dem du schlafen kannst.« Hailey hüpfte vor Begeisterung auf und ab. »Das ist so cool! Wir machen eine Pyjamaparty mit Elodie!«
Hollis warf mir ein verschmitztes Lächeln zu.
Aufgedreht, wie sie war, wollte Hailey, dass wir uns vor dem Schlafengehen noch die Nägel lackierten. Außerdem fragte sie Hollis noch einmal nach einem T-Shirt für mich. Als ich es angezogen hatte,
reichte es mir bis zur Hälfte der Oberschenkel. Es war praktisch ein Kleid.
Damit sie nicht misstrauisch wurde und etwas ahnte – nämlich dass ich darauf brannte, zu Hollis zurückzukehren –, nahm ich mir Zeit für sie und blieb recht lange bei ihr. Ich verhielt mich so normal wie möglich. Irgendwann gähnte sie schließlich und wollte ins Bett.
Ich umarmte sie. »Dann bis morgen, Liebes.«
Hailey dachte sicher, ich würde ins Gästezimmer gehen. Doch ich tappte in meinem langen T-Shirt barfuß durch die Wohnung und suchte Hollis. Die Küche war leer, und im Wohnzimmer war er auch nicht.
Als ich in sein Schlafzimmer schaute, kam er gerade aus dem Bad. Er hatte ein enges weißes T-Shirt und eine Schlafhose an. Seine Füße waren nackt.
Er rubbelte sich die Haare trocken und sah mich in der Tür stehen.
»Komm her, du!«
Er nahm mich in die Arme, und ich verlor mich vollkommen in ihm. Frisch aus der Dusche und mit neu aufgelegtem Aftershave roch er unheimlich gut – wie zu erwarten war. Nicht erwartet hatte ich hingegen, wie schnell sein Herz schlug.
Ich war mir immer noch nicht so sicher, was Hollis von mir wollte und welche Absichten er hatte. Aber sein Herzschlag war der erste echte Hinweis darauf, dass die Sache mit uns kein Spiel mehr für ihn war.
»Warum hast du geduscht? Jetzt komme ich mir ganz schmutzig vor.«
»Ich musste … etwas Spannung abbauen. Aber ehrlich gesagt habe ich nicht das Gefühl, dass es viel gebracht hat.«
Hollis machte tatsächlich einen angespannten Eindruck. Auf körperlicher Ebene wollten wir beide ganz offensichtlich das Gleiche, aber wir konnten es in dieser Nacht nicht bekommen. Deshalb wussten wir nicht so recht, was wir nun miteinander anfangen sollten.
»Ich finde dich toll in meinem Shirt«, sagte er.
Ich rieb mir die Arme. »Danke, dass du es mir geliehen hast. Es ist so schön weich.«
Er ließ mich los. »Apropos weich … Ich habe etwas für dich gekauft.«
Meine Augenbrauen gingen nach oben. »Ja?«
Er holte eine pinkfarbene Tasche unter dem Bett hervor, und ich erkannte, dass sie von La Vivienne war, einem sehr exklusiven Wäschegeschäft. Hollis wirkte ungewohnt verlegen, als er mir zusah, wie ich sie öffnete.
Die Tasche enthielt Seidentangas in allen Regenbogenfarben!
»Hollis, die sind unglaublich … teuer.«
»Die Verkäuferin hat geschworen, dass es die weichsten sind, die sie haben.«
»Ja, aber du hast bestimmt dreihundert Dollar für Unterwäsche ausgegeben, die du bloß ruinieren wirst.«
»Das ist es mir wert.« Er zwinkerte mir zu.
»Soll ich einen anprobieren?«
»Du musst nicht.«
»Aber hättest du es gern?«
»Ja, natürlich«, entgegnete er wie aus der Pistole geschossen.
Ich zog den roten Spitzentanga aus, den ich anhatte, und ließ ihn zu Boden fallen. Hollis’ Blick folgte ihm.
Dann machte ich vorsichtig das Preisschild von einem cremefarbenen Tanga ab und zog ihn an.
»Er fühlt sich fantastisch an!«
Seine Pupillen weiteten sich. Er wollte natürlich wissen, wie der Tanga an mir aussah, aber das lange T-Shirt verdeckte ihn.
»Willst du mal sehen?«
Seine Brust hob und senkte sich. »Ja.«
Ich zog langsam das T-Shirt hoch und wendete ihm meine Kehrseite zu. »Und? Was meinst du?«
Er sagte nichts. Ich konnte sein Gesicht zwar nicht sehen, aber ich hörte, wie schwer er atmete.
Dann räusperte er sich. »Jeden Cent wert.«
»Gefällt’s dir?«
»Gefallen? Gefallen ist gar kein Ausdruck, Elodie.«
Als ich mich wieder zu ihm umdrehte, sah ich, dass er eine Erektion hatte. Ich schlang die Arme um ihn und presste meinen Unterleib an die heiße Beule in seiner Hose.
»Du bist ein wunderschöner Mann«, sagte ich und ließ meine Finger durch sein feucht glänzendes Haar gleiten.
»Freut mich, dass du das so siehst.«
»Das habe ich schon immer so gesehen.«
Es war wunderbar, ihn endlich berühren zu können. Mir war bewusst, dass seine Schönheit nicht alles war und so viel mehr in ihm steckte. Er war tiefgründig. Ich wollte so gern mehr über seine Vergangenheit erfahren, aber aus Angst, ihn zu verärgern, hatte ich mich bislang immer gescheut, das Thema anzuschneiden.
Ein großer Teil von mir fürchtete sich davor, den nächsten Schritt zu machen, ohne zu wissen, warum er in Sachen Liebe so vorsichtig geworden war. In diesem Moment schien es mir sehr wichtig zu sein, es herauszufinden.
Also riskierte ich es und fragte: »Möchtest du mir erzählen, was mit Anna passiert ist?«
Hollis schob den Unterkiefer vor. Unsere Blicke kreuzten sich, und er wirkte hin- und hergerissen.
Schließlich nickte er. »Lass uns ins Wohnzimmer gehen. Wenn wir hierbleiben, kann ich an nichts anderes als an deinen Hintern und den hübschen Tanga denken.«
»Okay«, sagte ich lächelnd.