»Und? Wie ist deine kleine japanische Rakete?«, wollte Teeth in der Personalkantine wissen. In dem fensterlosen Raum im Zwischengeschoss der Marina-Heights-Anlage gab es zwar ein paar Tische und Stühle, einen Kühlschrank, ein Waschbecken und eine Kaffeemaschine, aber an warmen Tagen zog es in der Pause alle nach draußen.
»Bin noch nicht damit gefahren«, antwortete James. »Im Augenblick wird noch die Drosselung eingebaut.«
»Hoffentlich schlecht«, lächelte Teeth.
»Klar«, grinste James.
»Dein Grundgehalt sind fünf Pfund die Stunde«, erklärte Teeth. »Nach acht Uhr sind es sieben und wenn du nach Mitternacht arbeitest, acht. Wenn du mal ein Problem mit deiner Schicht hast, dann warte nicht bis zur letzten Sekunde, um uns Bescheid zu geben. Wie wäre es mit einem ganzen Samstag und ein paar Abenden nach der Schule?«
»Klingt gut«, fand James. »Und was soll ich tun?«
»Alle fangen mit Putzen und Gelegenheitsjobs an: Toiletten, Mülleimer, Kehren. Danach kann man in einem der Imbisse bedienen. Den besten Job gibt′s im Diner oder als Manager eines Imbisstandes. Dafür bekommt man zwei fünfzig die Stunde extra.«
»Cool«, fand James. »Ich hab früher schon mal in einem Deluxe Chicken gearbeitet und etwas Erfahrung in Sachen Kundenservice und so.«
»Ich werd′s mir merken«, meinte Teeth. »Man weiß ja nie.«
James erinnerte sich an ein paar Einzelheiten aus Teeth′ Vergangenheit und beschloss, seinem neuen Boss ein wenig zu schmeicheln. »Sie kommen mir irgendwie bekannt vor. Waren Sie nicht früher einmal Wrestler?«
Teeth grinste breit. »Woher weißt du denn das?«
»Als ich noch klein war, da waren Sie Gumdrop McGlone, in einer dieser Wrestling-Morgenshows auf dem Sportkanal. Das habe ich immer wie gebannt geschaut.«
»Ich bin nur drei Mal im Fernsehen aufgetreten«, lächelte Teeth. »Du hast aber ein gutes Gedächtnis.«
»Machen Sie immer noch Wrestling?«
»Nee«, antwortete Teeth. »Früher habe ich Feriencamps organisiert, aber jetzt betreibe ich diese Anlage hier, und da kann man nicht einfach im Sommer für ein paar Wochen verschwinden. Außerdem liegt meine beste Zeit schon ein paar Jahre hinter mir. Eine Weile hab ich einen Club geleitet, um den Jüngeren Boxen und Wrestling beizubringen, aber das habe ich aufgegeben. Ein Kerl hat versucht, mich zu verklagen, weil sein Sohn sich den Arm gebrochen hat. Außerdem haben sie alle möglichen neuen Bestimmungen und Vorstrafenüberprüfungen eingeführt, wenn man mit Kindern arbeitet. Und ich hab eine ziemlich raue Vergangenheit.«
»Schade«, fand James.
»Für heute habe ich eigentlich schon genug Leute«, sagte Teeth, »aber wenn du gleich anfangen willst, kann ich dir einen Spezialjob anbieten.«
Eigentlich wollte James sein neues Bike ausprobieren, sobald es fertig war, aber sein neuer Boss war wahrscheinlich eher zu beeindrucken, wenn er ein paar Stunden arbeitete.
»Ich mache alles«, behauptete James. »Ich kann hart arbeiten.«
Teeth händigte ihm einen Sicherheitsausweis, ein Funkgerät und einen blauen Overall aus, bevor er einen Dampfstrahler holte. Er brachte James in die Tiefgarage unter den Marina-View-Appartements und führte ihn zwischen den teuren Autos hindurch zu einer Wandfläche, auf der das teilweise ausgefüllte Graffiti-Tag Eklipz 08 prangte.
»Den Kerl mit der Sprühdose haben wir erwischt und ihm eine ordentliche Tracht Prügel verpasst«, sagte Teeth. »Aber das da kriegt man nur mit einem Hochdruckstrahler weg.«
Er zeigte James, wo er den Schlauch anschließen konnte und wie er die Farbe von der Wand bekam.
»Die Farbe geht zwar ab, aber der Beton ist so porös, dass es ewig dauert«, erklärte er. »Du wirst gut vier oder fünf Stunden dazu brauchen. Wenn du die Hälfte hast, kannst du eine Pause machen, und wenn du fertig bist, kommst du wieder zu mir.«
James nahm die Schutzbrille, die Teeth ihm reichte, und begann, die Wand zu bearbeiten. Plötzlich knisterte das Funkgerät, das er sich um die Hüfte geschnallt hatte.
»Putzkolonne eins an Donut Shack«, erklang es. »Ein Kind hat auf die Promenade gekotzt. Wir machen sauber, bevor die Leute das Zeug breit treten.«
Um halb drei war James fertig. Das Managerbüro lag hinter den Restaurants. Teeth saß an einem übervollen Schreibtisch, und als James eintrat, erkannte er Martin, den sechzehnjährigen Sohn des Commanders.
»Das ist der Junge, von dem ich dir erzählt habe«, erklärte er Martin.
Martin war größer als James, aber schlanker. Er trug eng anliegende schwarze Jeans, ein kurzärmeliges blaues Hemd mit einer dünnen, lose umgebundenen Lederkrawatte und hatte strubbeliges, kurzes Haar. James schüttelte die magere Hand, die Martin ihm hinstreckte.
»Hi«, begrüßte ihn Martin. »Hattest du Spaß?«
»Klar, wieso nicht? Ich hab gerade viereinhalb Stunden lang ein Graffiti mit einem Dampfstrahler bearbeitet«, grinste James.
Auf einer der Überwachungskameras hinter ihm betrachtete Teeth den Bereich, den James geputzt hatte.
»Sieht so aus, als hättest du das gut gemacht.«
»Ich habe gehört, du hast ein neues Bike. Wie ist es denn?«, fragte Martin.
»Ich weiß es noch nicht«, antwortete James. »Ich brenne schon darauf, es endlich auszuprobieren.«
»Gerade hat Martins Assistentin angerufen und sich für heute Abend krank gemeldet«, sagte Teeth. »Samstags ist immer ziemlich viel Betrieb, und heute besonders, weil die Bandits am Abend ihr Clubhaus öffnen. Martin braucht jemanden, der ihm zwischen sechs und Mitternacht am Crêpestand hilft. Hast du schon irgendwas vor?«
James zuckte mit den Achseln. »Ich wollte meine Freundin Ashley anrufen, aber wir haben nichts ausgemacht, also könnte ich.«
»Es wäre gut, wenn du schon früher kommen kannst«, sagte Martin. »Dann kann ich dir zeigen, wie alles läuft, und du kannst üben, wie man Crêpes macht, bevor zu viel Betrieb herrscht.«
»Null Problem«, grinste James. »Aber wenn ich heute Abend mit Essen und Bedienen beschäftigt bin, dann sollte ich jetzt nach Hause, um mich zu waschen und so.«
»Viel Spaß mit dem Bike«, wünschte ihm Teeth, als James und Martin zusammen hinausgingen.
James warf seinen nassen Overall in ein Schließfach im Personalraum und rannte die Treppe hinunter zur Werkstatt von Leather & Chrome. Der Mechaniker erkannte ihn wieder und hielt ihm den Schlüssel unter die Nase.
»Alles fertig«, grinste er. »Deine Mutter hat den ganzen Papierkrieg mit nach Hause genommen. Aber sei vorsichtig. Wenn du dich auf dem Heimweg um einen Baum wickelst, hab ich ein schlechtes Gewissen, dass ich die Drosselung deaktiviert habe.«
James zog sich die Lederkleidung über Shorts und T-Shirt und startete das Motorrad. Alles daran, vom Gewicht bis zum Motorgeräusch, schien größer als bei der Honda, mit der er am Morgen gekommen war. Erwartungsvoll gab er Gas und fuhr los.
Schnurrend zog die Kawasaki an der Autoschlange vorbei und aus der Marina-Heights-Anlage hinaus. Die Straßen waren verstopft, weil am Samstagnachmittag viele Leute zum Einkaufen fuhren, und James musste auf der Hauptstraße mehrere Minuten lang hinter einem weißen Lieferwagen herzockeln. Doch sobald es nach dem Kreisel, an dem er nach Hause abbog, etwas flüssiger lief, entdeckte er eine Lücke im Gegenverkehr, zog auf die andere Fahrbahn und beschleunigte.
Das Grollen des Auspuffs klang einfach wunderbar in James′ Ohren. In null Komma nichts fuhr er fast hundert Sachen und musste abbremsen, um wieder auf seine eigene Fahrbahn einzulenken. Am liebsten hätte er weiterhin richtig Gas gegeben, um auszuprobieren, wie schnell er fahren konnte. Aber er wollte erst ein Gefühl für die Maschine bekommen und gab sich deshalb zufrieden, mit siebzig dahinzurollen, den Fahrtwind im Nacken und die Sonne auf dem Rücken.
»Ich glaube, Teeth mag dich«, meinte Martin, als James sich in Jeans, einem weißen Poloshirt und einer Marina-Heights-Schürze beim Crêpe-Stand eingefunden hatte.
»Ich hab ihn aus seinen Wrestling-Tagen wiedererkannt«, erklärte James und sah Martin zu, wie er etwas Teig auf eine der drei runden französischen Crêpe-Platten gab.
»Das hat ihm bestimmt ziemlich gefallen«, sagte Martin, während er jetzt das Teighäufchen mit einem breiten Plastikschaber zu einer dünnen, runden Schicht verstrich. »Der Trick an der Sache ist, dass man die Platten gut genug einfettet, damit der Teig nicht daran haften bleibt. Dann wartet man, bis die Teigoberfläche etwas fester wird, und dreht das Ganze dann mit dem Pfannenwender um, damit die andere Seite auch schön goldbraun werden kann.«
»Hier drin ist es ja glühend heiß«, stellte James fest und wischte sich die Schweißperlen von der Stirn, während er sich umsah. Unter einem Glastresen befanden sich die verschiedensten Crêpe-Füllungen von Bananeneis bis zu Chili-Fleisch-Soße. Dahinter standen eine Kaffee- und Teemaschine und ein Kühlschrank mit kalten Getränken.
»Daran gewöhnt man sich«, meinte Martin und balancierte seine dampfende Crêpe auf eine Plastikanrichte, wo Saucen und andere Zutaten hinzugegeben werden konnten. »Okay, nimm dir den Schaber und versuch′s mal. Ich will ja keinen Druck machen, aber das Mädchen, das sich heute Abend krankgemeldet hat, ist ein echt hoffnungsloser Fall. Also, wenn du das hier gut hinkriegst, könnte eine Daueranstellung rausspringen, und du musst nicht mit Gummihandschuhen in irgendeine verstopfte Toilette greifen.«
James sprühte etwas Öl auf die Platte und goss vorsichtig ein wenig Teig darauf. Als er ihn verteilte, rannen ein paar Tropfen an der Seite herunter.
»Du hast etwas zu viel genommen«, stellte Martin fest. »Aber es ist gut verteilt. Jetzt musst du aufpassen und die Crêpe rechtzeitig umdrehen, bevor sie anbrennt. Siehst du, wie der Teig glänzt, wenn er nass ist. Sobald der Glanz verschwindet, ist es Zeit zum Wenden.«
»A-ha! Sieh mal einer an, ein fleißiger Arbeiter!« Julian lachte James hämisch von der anderen Seite der Theke ins Gesicht.
»Hi Saftsack«, antwortete James und schickte einen bösen Blick über den Tresen.
»Achte auf die Platte«, warnte Martin. »Jetzt schieb den Wender darunter und dreh die Crêpe um, bevor sie anbrennt.«
»Ich hab dich vorhin beim Putzen beobachtet«, fuhr Julian überheblich fort, während James die Crêpe umdrehte. »Ich muss nicht arbeiten, weil meine Familie nicht arm ist.«
»Verzieh dich, Julian«, empfahl ihm Martin.
Julian grinste. »Wie war das gleich, mein kleiner schwuler Freund? Hast du deinem Daddy schon von deinem Coming-out erzählt?«
»Ich schäme mich nicht für meine Sexualität, Julian«, erwiderte Martin.
»Ach ja, James«, wandte sich Julian wieder an seinen Rivalen. »Ich hab dein neues Motorrad gesehen. Vielleicht kaufe ich mir ein Eis und gehe nachher mal rüber, um es mir noch genauer anzuschauen.«
James war fest entschlossen, seine erste Crêpe richtig gut hinzubekommen, aber sobald er sie auf die Anrichte fallen lassen konnte, griff er so schnell über die Theke, dass Julian keine Zeit hatte, auszuweichen. Er packte ihn am Kragen und zerrte ihn so dicht heran, dass sein Gesicht gegen die Scheibe der Auslage gepresst wurde.
»Fass mein neues Bike an und ich zieh dich über den Tresen und drück dir den Kopf auf die Herdplatte!«, drohte James, bevor er ihn wieder losließ.
Julian zupfte sich das Hemd zurecht und versuchte, nicht allzu verdutzt auszusehen, als er zurückwich.
»Schönen Abend noch«, grinste er.
»Werd ich haben«, gab James zurück. »Besonders nach meiner Schicht, wenn ich deine Ex poppe!«
Als Julian abzog, fing Martin breit zu grinsen an. »Julian ist ein echtes Arschloch. Wenn er noch mal dein Bike anfasst, sag es Teeth. Es gibt auf dem ganzen Parkplatz Überwachungskameras, und die Bandits kennen kein Pardon für Leute, die Motorräder beschädigen.«
»Ich werde daran denken«, nickte James und wandte sich dann wieder seiner Crêpe zu. »Und? Wie hab ich mich gemacht?«
»Gut«, urteilte Martin. »Sie ist nur ein bisschen weich in der Mitte, weil du zu viel Teig genommen hast. Und wenn wir richtige Kunden haben, dann empfehle ich dir ein wenig mehr Bitte und Danke und etwas weniger Drohungen, ihnen das Gesicht auf die Platte zu drücken und ihre Ex zu poppen.«
An jedem dritten Samstag im Monat veranstalteten die Bandits einen Tag der Offenen Tür. Die ärmeren Clubs nutzten diese Gelegenheit, um Leute in ihre Pubs zu bekommen und sich mit dem Verkauf von Essen, Alkohol und Drogen etwas dazuzuverdienen. Für die South-Devon-Bandits jedoch waren diese Aktionen eine ideale Gelegenheit, um ihr gesellschaftliches Ansehen aufzubessern.
Die meisten Leute hatten Angst vor ihnen angesichts des mit Überwachungskameras gespickten Clubhauses und der lärmenden Motorräder, zumal die Polizei von Devon ständig vor den Bandits warnte. Doch wenn sie ihre Türen zu einer Partynacht öffneten, konnten Einheimische wie Touristen die Gangmitglieder von ihrer besten Seite kennenlernen.
Es gab reichlich Drinks und Essen, und auf dem Außengelände hinter dem Clubhaus konnten die Kids und Teenager ihre eigene Party feiern. Um Mitternacht endete alles mit einem riesigen Feuerwerk, und das Clubhaus schloss seine Türen wieder.
Um 21:30 Uhr war es bereits dunkel und die Marina-Heights- Anlage pulsierte schwach von der Rockmusik, die vom Gelände der Bandits herübertönte. Lauren spazierte mit Joe, Dante, Anna und ein paar weiteren neuen Freunden über die Promenade. Vom Paddeln am Strand hatte sie noch Sand in den Schuhen, und in ihrer Hand lag eine duftende Crêpe mit Schokolade, Banane und Nüssen.
»Hm, lecker«, grinste Lauren. »Ich mache zwar bessere Pfannkuchen als den hier, aber wenn man bedenkt, dass mein Bruder ihn gebacken hat …«
»Der war allerdings ganz schön angepisst, dass du ihn immer Boy genannt und mit den Fingern geschnippt hast«, grinste Joe.
Da sie im Clubhaus der Bandits nur Softdrinks bekommen würden, hatte die Clique der Dreizehn- bis Fünfzehnjährigen bereits am Strand vorgeglüht. Lauren hatte eine Dose Bier und ein paar Schlucke aus Joes Wodkaflasche getrunken. Joe und Dante waren weniger bescheiden gewesen, benahmen sich jedoch immer noch ordentlich und kauten Pfefferminzbonbons, um nicht zu betrunken zu wirken und das Risiko einzugehen, nicht ins Clubhaus gelassen zu werden.
Doch darüber hätten sie sich keine Sorgen machen müssen. Sobald Joe zum Clubhaus kam, wurde er von einem ziemlich übel aussehenden Bandits-Anwärter namens Fluffy umarmt und mit einem Schlag auf die Schulter begrüßt.
»Dein Dad hat angeordnet, ich soll dich rüberschicken, wenn du kommst«, sagte er. »Er ist an seinem üblichen Platz.«
Joe war ein wenig beunruhigt und fragte sich, ob das wohl etwas mit dem blauen Brief zu tun haben konnte, der bei ihm zu Hause angekommen war, weil er zu Beginn der Woche einen Lehrer angeflucht hatte.
Außer Lauren und Dante waren alle seine Freunde schon mal im Clubhaus der Bandits gewesen. Im Inneren sah es ebenso nüchtern aus, wie es die Ziegelsteinfassade von außen verhieß. Die Haupthalle war mit einem polierten Holzfußboden ausgestattet, auf dem Klapptische voller Essen standen, an den Wänden gab es Sitzmöglichkeiten, und auf einer kleinen Bühne tummelten sich ein paar jüngere Kids, die unter den Discolichtern um einen DJ herumhüpften. Mit ein paar Basketballkörben und Handballtoren hätte es sich genauso gut um eine Schulsporthalle handeln können.
An der Bar gab es kostenlose Getränke. Allerdings waren die Schilder kaum zu übersehen, die einen dazu aufforderten, die Bandits mit dem Kauf von Lotterielosen zu unterstützen, und auch wenn die Biker ihr bestes Benehmen an den Tag legten, konnte man schlecht einen Drink annehmen, ohne seinen Beitrag zu leisten.
Überrascht entdeckte Lauren eine Gruppe gebrechlicher alter Leute auf Plastikstühlen oder in Rollstühlen, die den Takt der Musik mit ihren Krücken mitschlugen oder rhythmisch mit den Füßen wippten. Die jüngsten Mitglieder des Monster Bunch und der Dogs of War kümmerten sich um sie – wenn auch nicht ganz freiwillig, sondern auf Anordnung des Commanders, schließlich waren lächelnde Biker, die Omis umarmten, eine hervorragende Publicity in der Lokalpresse.
Joe war verschwunden, um seinen Dad zu suchen. Doch noch bevor seine Freunde sich zu den anderen Kids draußen gesellen konnten, kam er wieder zurückgerannt. Er sah Lauren verlegen an. »Mein Dad will dich kennenlernen«, erklärte er.
Lauren hob die Augenbrauen. »Warum denn?«
»Keine Ahnung, aber da er hier der große Boss ist, tut man besser, was er sagt.«
Joe nahm Laurens Hand und zog sie zwischen den Leuten hindurch, die tanzten oder an den Tischen standen und etwas aßen, als Lauren Chloe entdeckte. Sie saß auf einer der Lederbänke an der Wand und unterhielt sich angeregt mit Rhino.
Schließlich stand Lauren vor dem Commander.
»Das ist sie«, stellte Joe sie vor.
Lauren fühlte sich ein wenig unwohl. Der lange Ledermantel des Commanders lag ausgebreitet über seiner Sessellehne. Der Mann mit dem Hitlerbärtchen war relativ klein. Aber daran, wie die anderen Biker ihre Ledersessel zu ihm hin ausgerichtet hatten, sah man, dass er der Boss war.
Sie erkannte einige Vollmitglieder der South-Devon-Bandits und des Londoner Clubs sowie höhere Mitglieder der Dogs of War und ein paar exotische Gäste aus Australien und Südafrika, die das Bandits-Abzeichen trugen.
»Mein Sohn hat seine erste Freundin«, dröhnte der Commander stolz. »Wurde aber auch Zeit.«
Teeth lachte laut. »Dein Sohn Martin hat ja nicht ohne Grund keine Freundin, was?«
»Diese Tunte ist nicht mein Sohn«, grollte der Commander. »Ich vermute ja, dass Marlene mit dem Milchmann gebumst hat, bevor er geboren wurde.«
Lauren und Joe erröteten verlegen. Der Commander deutete ungerührt auf den dicken Mann neben ihm. »Joe, du erinnerst dich doch bestimmt noch an diesen Mann, oder? Sealclubber, der Präsident des Londoner Clubs?«
»Klar«, antwortete Joe. »Schön, Sie wiederzusehen.«
»Wir haben gerade darüber diskutiert, wer das schönere Clubhaus hat«, erklärte Sealclubber. »Unsere fünfunddreißigjährige Geschichte gegen eure sterile Ziegelsteinbox.«
»Aber eines muss man South Devon lassen«, meinte ein anderer der Londoner Bandits. »Wir fahren Ford und diese Jungs hier Mercedes, und sie parken auch noch in Garagen, die größer sind als meine Wohnung.«
»Seht euch nur meinen Jungen an«, tönte der Commander, woraufhin die anderen lachten. »Ich hab Joe noch nie so ruhig erlebt. Warum so schüchtern, Junge? Sag dem Mädel, sie soll herkommen und ihrem künftigen Schwiegervater einen Kuss geben.«
Nervös trat Lauren vor und gab dem Commander einen Kuss auf die Wange. Er roch nach einem seltsamen Aftershave, das gegen Sealclubbers Gestank allerdings kaum eine Chance hatte.
Generös zückte der Commander seine Brieftasche und drückte Joe zwei Zwanziger in die Hand. »Macht euch einen schönen Abend«, grinste er. »Du bist wunderschön, Lauren, war nett, dich kennenzulernen.«
Beim Weggehen wandte sich Joe verlegen an Lauren. »Tut mir leid«, flüsterte er ihr zerknirscht zu. »Ich hatte keine Ahnung, was mein Dad vorhat.«
»Hab schon Schlimmeres überlebt«, beruhigte ihn Lauren achselzuckend.
Als wollte er den Beweis dafür antreten, erhob sich der Commander und rief so laut, dass die halbe Halle es hören konnte: »Los, mein Junge, verpass ihr einen von mir!«
Die Bandits brüllten vor Lachen, während Lauren und Joe erneut knallrot anliefen und so schnell wie möglich nach draußen zu ihren Freunden rannten.