Hey, Hübsche, hey, sagte Marina, als ich aus dem Badezimmer kam, und blickte mit einem schwachen Lächeln von ihrem Laptop auf. Ihre Ohren waren von Kopfhörern bedeckt: zwei geschwollene Pilzkörper.
Tja, also … Deine Brüste sehen gerade echt fantastisch aus, sagte sie. Ich würde ihnen am liebsten stehenden Beifall geben.
Ich lächelte. Ich trug ein ganz weiches T-Shirt von ihr. Blassrosa, leicht feucht von meiner Haut. Im Zimmer war es kühl bis kalt. Es war also keine Absicht, bildete aber womöglich einen attraktiven Anblick.
Wann gehst du zur Arbeit?, fragte ich.
Wahrscheinlich so gegen vier. Etwa um neun bin ich wieder zurück. Die nächsten drei Stunden gehöre ich dir. Hast du Hunger?
Ich schüttelte den Kopf und schlüpfte unter ihre Decke, während mein nasses Haar sich auf ihrem Kissen ausbreitete. Marina stellte ihren Laptop beiseite und legte sich neben mich. Ihre Augen wirkten in diesem Licht brauner, groß und ein wenig besorgt.
Alles in Ordnung?
Ich nickte und stellte mir eine Tür vor, die in meiner Brust zuging und zur Sicherheit abgeschlossen wurde.
Ich habe etwas von deiner Feuchtigkeitscreme benutzt, sagte ich, weil es mir wichtig erschien, zumindest in einer Sache die Wahrheit zu sagen. Was hast du gerade gemacht?
Du kannst alles von mir benutzen, was du möchtest. Mmm, riecht gut an dir, Hübsche. Ich habe an einem Mix für eine neue Choreo gearbeitet, aber, weißt du, das kann warten.
Warten worauf?
Das liegt wohl an dir.
Ich zeigte ihr ein kleines, angespanntes Lächeln.
Dann griff ich ihr an die Hüften und zog sie an meine. Sie trug kurze rote Nylonshorts, und ihre schlanken, gebräunten Beine lagen ausgestreckt auf den cremefarbenen Laken. Mit einer Hand griff ich ihr an den unteren Rücken, mit der anderen ins Haar. Ihr Haar fühlte sich knisternd und trocken an und hatte die Farbe von verblühtem Jasmin in Tempelkränzen.
Ich verhakte die Hand in der feinen blassen Masse und zog heftig daran.
Marinas Lider flatterten erschrocken und schlossen sich dann. Ihre Lippen teilten sich vor Lust. In diesem Augenblick sah sie aus wie ein Vogelbaby, mit ihrer langen Nase und den großen geschlossenen Augen mit den schweren Lidern. In diesem Augenblick glaubte ich, ich würde den Verstand verlieren.
Ich zog ihr die Kleider vom Leib, und mein Atem schoss durch meine Nasenlöcher, während ich die dünnen Shorts herunterzerrte, die Knöchelsöckchen. Das lose Wickeloberteil, das sie trug. Kein BH darunter. Ihre Brüste winzig. Hier war sie: nackt und glatt, roch nach Seife und Wein, die Augen wie vor Angst fest verschlossen, das Gesicht vor Verlangen verzerrt.
Küss mich, sagte ich und riss noch heftiger an dem Haarbüschel in meiner Hand. Ihr Mund war so weich, als würde man die Lippen in eine Schüssel Honig tauchen.
Ihre Zunge war pelzig, sauer wie Essig, der Geschmack unangenehm. Ich griff ihr mit der Hand zwischen die Beine.
Tut mir leid, sagte sie mit ihrem leisen kleinen Krächzen, ich bin so feucht geworden.
Es war das zweite Mal, dass sie sich auf diese Weise entschuldigte, wenn wir gemeinsam im Bett waren. Und es stimmte, sie war nass, saftig.
Ich sagte nichts. Drehte sie auf die Seite. Löffelte sie von hinten, zog sie an mich.
Ich drückte ihre Beine auseinander und rieb sie ganz sanft. Maßvoll und so gleichmäßig wie Atemzüge.
Marina war zuerst ruhig, dann nicht mehr. Mit der freien Hand kniff ich ihr in eine Brustwarze. Ihr entfuhr ein erstickter Schrei. Eine lange Zeit hörte ich in der beinahe vollkommenen Stille nicht auf, ihre Klit zu reiben, die angeschwollen war wie eine Rosine in Payasam. Ihre Hüften begannen an meinen zu zucken und zu beben. Mit Marina fühlte sich alles instinktiv an. Schon damals, ganz am Anfang. Ich wusste, was zu tun war. Wie ich es noch nie zuvor gewusst hatte. Ich vergrub meine Zähne in der Haut ihres Nackens. In diesem Augenblick wollte ich sie verschlingen. Wollte sie eine dumme Schlampe nennen und ihr ins Gesicht schlagen, auf ihre winzigen Titten spucken, während sie keuchte, drei Finger in ihr verhaken, während sie auf alle viere kam, mit ihr machen, wonach mir war, ohne jede Gnade. Ich wollte sie an die Bettkante legen und mit einem harten, langen Gegenstand ficken. Ihre Beine in einem breiten V nach oben halten, während ich ihr das Hirn herausvögelte, und an ihren weichen Zehen saugen, wenn sie kurz vor dem Kommen war.
Aber das war zu viel. Das wusste ich. Also hielt ich sie wie eine Geliebte, hielt sie vorsichtig in meinen Armen, während meine Hände sie bearbeiteten. Es wäre zu viel.
Marina stöhnte: das köstlichste Geräusch. Ich wünschte, ich hätte etwas Hartes, Pochendes, das ich ihr in den Mund schieben konnte. Mittlerweile rann mir meine eigene Feuchtigkeit die Schenkel hinunter.
Ich will dich zerstören, flüsterte ich ihr ins Ohr, verrückt vor Verlangen, und genau in diesem Augenblick kreischte sie auf eine Weise, dass ich glaubte, ihre Fensterscheiben könnten davon zerspringen. Ihre Hüften zitterten heftig, unter meinen Fingerspitzen spürte ich ihre Klit beben, als wäre sie gerade einen Marathon gelaufen. Sie schrie erneut, diesmal meinen Namen. Wieder und wieder, meinen Namen, dessen beide Silben mich hilflos und beschämt fühlen ließen. Ich legte ihr die Hand auf den Mund und drückte zu.
Sie schlug die Augen auf. Sie sahen feucht aus, wie von Tränen überzogen, und benommen und sehr glücklich.
Das war wunderschön, flüsterte Marina. Sie übersäte meinen Hals und mein Gesicht mit winzigen sanften Küssen. O mein Gott, ich war so laut, oder? Das war wunderschön und perfekt, du bist so gut, du bist so gut und sexy, gib mir ungefähr fünf Minuten zum Erholen, dann will ich mich um dich kümmern, ich will dafür sorgen, dass du dich gut fühlst.
Wir verbrachten die nächsten zehn Tage gemeinsam. Ich schlief jede Nacht in ihrer Wohnung. Ich schwänzte Taco Tuesdays, verschob meine Verabredung zum Biertrinken mit Thom. Ich kochte für Marina, wir fuhren ziellos durch die Gegend, während sie am Steuer saß. Es war seltsam, wie es einen Menschen offenbarte, wenn man einen längeren Zeitraum mit ihm verbrachte. Als würde man einen Scheck gegen das Licht halten.
Marina bestellte in Restaurants wie eine reiche Dame, ernährte sich zu Hause aber furchtbar. Eine Gurke und eine halbe Packung Eis zum Mittagessen. Paprika mit in Kikkoman getränktem Reis und mehrere Gläser Weißwein zum Abendessen. Sie sagte, sie vermisse Los Angeles, die Schönheit der Stadt, ihren Sonnenschein, ihre Gay-Szene, ihre wehenden Palmen und ihren Sand. Ihr Essen. Sie bestellte Sushi und beschwerte sich darüber, fuhr uns zu einem Lokal, wo wir gekräuselte Nudeln in einer trüben Schweinefleischbrühe bekamen, bat mich, ein gutes indisches Restaurant in Milwaukee ausfindig zu machen, das wir ausprobieren könnten. Marina verbrachte eine angemessene Zeit mit den anderen Lehrer* innen von Strive Dance oder den Tänzer* innen von Shamar, aber sie schienen ihr nicht besonders wichtig zu sein, und ich lehnte ihre Einladungen ab, sie zu ihren endlosen Happy Hours zu begleiten. Sie schien mehr an ihren Freundinnen Alice und India in L. A. zu hängen, erzählte mir, wie cool und nett und lustig diese seien, wie rätselhaft sie es fänden, dass Marina ausgerechnet nach Wisconsin gezogen sei, und wie sehr sie die beiden vermisste. Marina sagte, sie sei nicht religiös, auch wenn sie auf ihre Weise genauso religiös wirkte wie die Leute in meiner Heimat. Sie glaubte an gute Energie, an karmisches Gleichgewicht, an eine positive Einstellung. Sie sammelte Kristalle und kleine süß duftende Holzstücke, von denen sie behauptete, sie seien heilig. Mir kamen diese Dinge albern und charmant zugleich vor. Frauen! , dachte ich manchmal, wenn ich zusah, wie Marina Palo Santo verbrannte und den weißen Rauch durch die Luft wehen ließ.
Sie sagte, in Milwaukee komme sie sich reich vor. In unserer neuen Stadt bekam man viel für sein Geld. Ihr Gehalt vom Tanzstudio betrug fünfzigtausend Dollar im Jahr. Mich erstaunte diese Offenherzigkeit, dass sie mir die Zahl zuwarf wie einen Ball. Zum ersten Mal überhaupt habe ich ein verdammtes Sparkonto, sagte sie. Das Wohngebäude, in dem sie lebte, bestand ausschließlich aus Luxus-Mietwohnungen mit weißen Trockenbauwänden, offener Küche mit Arbeitsflächen aus Granit und deckenhohen Fenstern mit Rahmen aus gebürstetem Stahl. Ich lernte etwas Neues – je niedriger deine Decke, desto beschränkter deine Stellung im Leben. Hohe Decken, lichtdurchflutet, waren den Menschen mit Geld vorbehalten, den Aufstrebenden.
Allerdings hatte Marina Kreditkartenschulden. Und das Tanzstudio zahlte ihr keine Krankenversicherung. Das erzählte sie mir, als ich mich über ihre aufwendige zwanzigminütige Zahnpflegeroutine lustig machte. Sie benutzte dafür Zahnseide und ein Gerät, das durch eine winzige Düse einen Wasserstrahl in ihre Zahnzwischenräume schoss. Marina stellte sich einen Timer zum Zähneputzen und schabte ihre Zunge.
Ich kann es mir nicht leisten, dass mit diesen Beißerchen irgendetwas schiefgeht, erklärte sie. Dann wär ich pleite.
Oh, ich bin Vertragsarbeiterin, ich habe auch keine Versicherung, sagte ich achselzuckend, gegen den Türrahmen ihres Badezimmers gelehnt. Ehrlich gesagt war ich in Amerika noch nie bei einem Zahnarzt. Zu Hause benutzt noch nicht mal irgendjemand Zahnseide. Und alles ist okay. Amerikanische Ärzte verdienen einfach nur gern Geld.
Ja, aber du solltest aufpassen, erwiderte sie, während die Glide-Zahnseide neben ihrem Eckzahn herunterhing. Du könntest eine Strafsteuer zahlen müssen, weil du nicht versichert bist. Das ist etwas Neues. Steht im Kleingedruckten von Obamacare. Danke auch, Obama!
Die Regierung nimmt jetzt schon so viel Geld von mir, sagte ich. Das Schicksal einer Vertragsarbeiterin.
Marina runzelte die Stirn. Ich wusste nicht, dass du selbstständig bist, sagte sie. Du arbeitest so viele Stunden. Ich hatte wohl einfach angenommen …
Ich änderte die Kontaktnamen meiner Eltern in meinem Telefon von Mummy und Papa zu ihren Vornamen, bei denen ich sie niemals genannt hatte und auch niemals nennen würde. Marina fuhr mich morgens zur Arbeit. Ich lieh mir Blusen von ihr aus und trug ihren Lippenstift und Mascara auf, um Peters Auflagen für seine weiblichen Arbeitskräfte zu erfüllen. Thom musste aufgefallen sein, dass ich wieder ganz frisch bei der Arbeit erschien und ohne die zermürbte Miene jener Morgen, die ich mit Warten auf den Bus verbracht hatte. Aber er schien keine Lust zu haben, mich nach Details zu fragen. Oder überhaupt mit mir zu reden.
Ich brachte genügend Mut auf, um Marina ganz unschuldig nach der Ex zu fragen, mit der sie nach Milwaukee gezogen war. Ihre Antwort war knapp und verstörend.
Sie hatte Jenny Shin, die als Cutterin in der Postproduktion arbeitete und College-Basketball für Nevada gespielt hatte, durch gemeinsame Freundinnen in L. A. kennengelernt. Sie waren drei Jahre zusammen gewesen. Marina war Jenny Shins zweite Freundin überhaupt. Jenny outete sich aus einem Impuls heraus vor ihren Eltern, als Marina diese zum ersten Mal traf, woraufhin ihre Eltern ihr mitteilten, sie sei nicht mehr ihre Tochter. Von diesem Zeitpunkt an wich Jenny Marina kaum mehr von der Seite.
Sie hatte darauf bestanden, mit nach Milwaukee zu kommen, als Marina die Stelle im Tanzstudio bekam.
Ich habe sie nie darum gebeten, betonte Marina mehr als einmal. Sie kündigte ihren Job, zog hierher, brach sich den Knöchel, wurde immer depressiver, und nach ein paar Monaten war es vorbei. Sie ist jetzt wieder zurück in L. A.
Als sie fertig erzählt hatte, schaute ich sie minutenlang nicht an. Ich sagte nichts, stellte keine Anschlussfrage.
Eines Abends verließen wir gemeinsam die Wohnung, um Pflanzen zu kaufen. Wir liefen in der Kälte die Brady Street hinunter, warfen einen Blick in Geschäfte, die Mandala-Wandteppiche und Gebetsfahnen verkauften, und durchstöberten Vintage-Läden. Ich machte mich über beide lustig.
Nur in Amerika …, sagte ich und fuhr mit dem Finger über einen Ventilator aus Metall, dessen scharfe Rotorblätter mit Rost überzogen waren und der für siebenundfünfzig Dollar angeboten wurde. Ich wohnte zwar nicht in der Nähe von auch nur einem echten Supermarkt oder Kaufhaus, aber ich wusste, dass man bei Target einen Ventilator für zwölf Dollar bekam. Nur in diesem Land, fügte ich hinzu, zahlen die Leute mehr Geld für etwas, was alt und ramponiert ist.
Mein Spott schien Marina vor den Kopf zu stoßen. Es erinnert die Leute an einfachere Zeiten, sagte sie mit einem Achselzucken.
Einfacher für wen?, fragte ich sie nicht. Sie zog den Reißverschluss ihrer Jacke zu. Sie hatte sich einen Kupferkessel gekauft und ein gerahmtes Plakat mit einer Fünfzigerjahre-Frau in einer Schürze, das Haar noch gelber als ihr eigenes, die über einer Teetasse grinst. Ein unebener Schriftzug verkündete: Das Geheimnis des Glücks ist Wodka im Kaffee.
In all diesen Tagen schwirrten düstere Gedanken fledermausartig außerhalb der Schindelmauern meines Geistes, erfolgreich ausgeschlossen, aber vor dem Eingang kreisend. Thom war bei der Arbeit frostig und förmlich. In meiner Wohnung funktionierte die Heizung noch immer nicht, ich konnte also nirgendwohin zurückkehren, wenn etwas schiefging. Ich hatte Amy mit schmerzhafter Höflichkeit geschrieben und keine Antwort bekommen. Mein Herz begann jedes Mal zu rasen, wenn ich darüber nachdachte, es erneut bei ihr zu probieren. Susan und Peter forderten mich auf, tägliche Zusammenfassungen dessen abzuliefern, was ich in dem Projekt erreicht hatte, was man nur schwer anders deuten konnte, als dass ich näher an den Rand einer Klippe geschoben wurde, von der man mich bald schon stürzen würde.
Und zu groß, zu überwältigend, um es mir richtig vorzustellen: Was würden meine Mutter und mein Vater denken, wenn sie mich und Marina sehen könnten, Händchen haltend, in Supermarktgängen küssend, zusammengekuschelt auf dem Sofa sitzend?
Meine Gelegenheitseskapaden mit Personen egal welchen Genders waren für mich verständlich gewesen und bereiteten mir keine größeren Probleme. Sie existierten in der Dunkelheit und befriedigten ein körperliches Grundbedürfnis. Niemand brauchte darüber mehr zu erfahren als über meinen Stuhlgang. Eher würde ich beide Hände in geschmolzenen Teer stecken, als mit den beiden Menschen, von denen ich abstammte, über die private Angelegenheit von Sex zu sprechen.
Ich wusste, dass das völlig normal war. Alle anständigen Familien lebten in diesem Schweigen. In der Vergangenheit war ich knallrot angelaufen, wenn amerikanische Teenager* innen auf dem Fernsehbildschirm mit ihren Eltern offen, bockig und görenhaft über die Pille und Intimität und Trennungen sprachen. Schamlos und peinlich. Es spielte keine Rolle, dass meine Eltern lange arbeiteten und daher nicht mit mir im Zimmer waren, um schockiert darüber zu sein. Meine Scham lebte unabhängig von ihnen fort. Eine angeborene Eigenschaft, wie gerade Wimpern oder dicke Lippen. Lesbisch zu sein, zu tun, was Marina und ich taten, war vollkommen inakzeptabel, unsagbar.
Wenn ich an diese Dinge dachte, starrte ich düster vorbei an den neuen Zimmerpflanzen in ihren gestrickten cremefarbenen Halterungen.
Geht es dir gut, Baby?, fragte Marina mich gelegentlich, und ich drehte den Schlüssel in meiner Brust herum, lächelte sie an und sagte: Ja, natürlich.
Am elften Tag stellte sie mir ihre Frage.