An meinem Geburtstag fiel meine Heizung erneut aus. Die Wohnung war wie das Innere eines Kühlschranks. Ich kauerte mich in Decken gewickelt vor den Heizlüfter und rief bei Yellow Cab an. Ging mit einer Schachtel Streichhölzer hinunter in den Keller und versuchte nachzusehen, ob es die Zündflamme war. Es schien nicht so zu sein. Meine Fingerspitzen brannten. Schnee auf dem Boden. Der Taxifahrer fragte mich, wo ich herkomme, also ursprünglich. Mein Inneres fühlte sich sauer und wund an. Bei der Arbeit tauchte ich im Kopierraum ab, als ich Susan den Flur hinunterschreiten sah.
Meine Eltern schickten mir Glückwünsche.
Du warst so wunderschön bei deiner Geburt, schrieb meine Mutter auf WhatsApp und hängte ein Bild von mir an, auf dem ich am ehesten einem großen Nacktmull ähnelte.
So süß und rein, ging die Nachricht weiter. Wir gaben dir den Namen wegen deiner Augen. So weit geöffnet, voller Liebe.
Ich starrte lange darauf. Verschob die Nachricht dann in den Papierkorb.
Was hast du für Pläne, Birthday Bitch?, schrieb Tig mir, und ich antwortete mit einem Bild eines achselzuckenden Kanye. Thom hatte mir nicht gratuliert. Er ignorierte nach wie vor meine Nachrichten. Er hatte nach wie vor keinen Job gefunden.
Lass uns treffen und auf das nächste Jahr anstoßen. Von Trier, gegen neun.
Okay. Hab dich lieb.
Hab dich lieb.
Als ich gerade dabei war, meine Arbeit für den Tag abzuschließen, fragte Marina, ob sie mich anrufen könne.
Was geht, hübsche Lady?, fragte ich und hüpfte in eine der schallisolierten Bürozellen, wo ich die kühle Metallkachel an mein Ohr presste.
Marinas Stimme: flüssiger Rauch und Babynahrung. Hallo, hallo, alles Gute zum Geburtstag, meine Schöne, Überraschung, ich stehe auf dem Parkplatz. Will dich zum Abendessen ausführen.
O mein Gott. Was? Danke. Das ist so lieb von dir –
Aber?
Oh, äh, eigentlich gibt es kein Aber.
Irgendetwas ist doch! Sag mir nicht, du musst lange arbeiten.
Nein, nein, das muss ich nicht. Ich habe bloß Antigone zugesagt, sie, äh, them zu Drinks im Von Trier zu treffen. Um neun. Ich wusste nicht, dass du etwas für mich geplant hattest –
Am anderen Ende der Leitung war es still.
Verstehe. Nun ja, ich kann dich gern hinbringen. Oder ich könnte mitkommen.
Ach ja?
Außer, du möchtest nicht, dass ich deine Freundin kennenlerne –
Nein! Ich weiß nicht, wieso ich nicht selbst darauf gekommen bin, sagte ich und fuhr nervös über den Rahmen aus gebürstetem Stahl, der die Glastür umgab. Das wäre schön. Ich sage bloß Tig Bescheid. Aber es wird schon in Ordnung sein. Es wird schon gut sein. Okay! Ich schnappe mir jetzt meinen Mantel und renne raus zu dir! Ahhhh!
Marina hatte sich die Haare gefärbt. Ein blasses, glasiges Grün. Ein Grün, vermischt mit Blau, also möglicherweise mit sich selbst. Ich stutzte bei dem Anblick. Überraschung, sagte sie lachend. Du bist heiß, sagte ich. Sie führte mich ins Buckley’s aus. Wir waren schon viele Male daran vorbeigefahren. Du wirst die Agnolotti bestellen, und damit basta, erklärte Marina. Die sind göttlich .
Ihre Augen glitzerten, und sie versprühte Energie.
Das Buckley’s war wunderschön. Blaugraue Wandfarbe, überall Spiegel, Palmwedel und weißer Marmor. Alle Anwesenden waren unverhältnismäßig attraktiv. Ich hatte für die Arbeit einen pechschwarzen Blazer angezogen, unter dem ich eine fliederfarbene Oxfordbluse trug. Marina verschränkte ihre Finger mit meinen. Drückte sie.
Geh ins Badezimmer, sagte sie, und zieh deine Bluse aus.
Mein Atem ging schneller.
Wie meinst du das?, fragte ich.
Zieh deine Bluse aus und steck sie in deine Tasche. Hör auf ein L. A.-Girl, okay? Okay, super, du trägst deinen schwarzen BH . Das ist so gut. Der und dein Blazer. Mehr brauchst du nicht. Dein Geburtstagslook. Mach es.
Ich mag es, wenn du mich herumkommandierst, sagte ich. Mein Puls hämmerte. Folgsam stand ich auf, die Finger bereits an den Knöpfen meiner Bluse: rund und perlmuttartig, klein und hart.
Wir mussten Zeit totschlagen und beschlossen, es in ihrem Wagen zu tun. Auf einem leeren Parkplatz bei der Brauerei auf der Commerce Street. Der Beifahrersitz des Kia Soul so weit zurückgelehnt, wie es möglich war. Marina auf den Knien, mich leckend. Ihre Finger wanderten nach oben und kniffen meine Brustwarzen unter der Spitze des BH s.
Komm hoch, sagte ich und zog sie auf meinen Schoß. Ihr Atem roch nach süßem Wein. Das grau melierte T-Shirt, das sie unter der Bomberjacke von Zara trug, war dünn und weich, und ich riss es ihr rasch vom Leib. Marina schnurrte vor Behagen, als ich mich an ihre schmale Brust schmiegte. Ihre Haut fühlte sich an wie ihre Lederjacke – eingeölt und weich und heiß.
Machst du alles, was ich brauche?, fragte ich, sie an den Hüften haltend und zu ihr aufblickend.
Ja.
Ich griff nach dem Schaltknüppel des Kia Soul. Zieh dich aus, sagte ich. Und dann nimm den in den Mund.
Ein Ausdruck der Unsicherheit huschte über Marinas Gesicht. Dennoch fügte sie sich. Verrenkte ihren Oberkörper, um weiterhin auf mir zu hocken. Ihre üppige Unterlippe und deren schmales, zitterndes Gegenstück, Pink durchmischt mit Braun. Ihr Mund, der sich öffnete.
Befriedige ihn, sagte ich und nahm ihren verwirrten Blick wahr, spürte die vage aufziehenden Nebel der Albernheit – und selbstverständlich ist echtes, wildes Verlangen eng mit Albernheit verflochten, mit allem, was unbeholfen und gestelzt ist. Ich musste dagegen ankämpfen. Musste diesen Augenblick beschützen, der noch zu retten schien, der sich angeschwollen mit Blut und Hitze anfühlte.
Befriedige ihn, sagte ich, als wäre er mein Schwanz.
Marina schloss die Augen. Luft pfiff durch ihre Nasenlöcher.
Wenn sie sich bewegte wie in diesem Augenblick, konnte man die Intelligenz sehen, die in ihrem Körper straff komprimiert war, ihre Fähigkeit, Linien zu formen und Muskeln zu aktivieren, von denen ich kaum wusste, dass sie existierten, um sich aufrecht zu halten. Mit einer großen, sanften Entschlossenheit verhakte ich meine Finger in ihr. Erst zwei, dann drei. Ihre Schultern bebten. Es war, als hätte sich die gesamte Luft im Wagen in Öl verwandelt.
Das Geräusch ihres Saugens. Es ließ mich zu einem Tier werden. Aggressiv und unerbittlich begann ich meine Hand vor- und zurückzuschieben, machte mit meinen Fingern eine Bewegung, als wollte ich sagen: Komm her, komm her. Minuten über Minuten, in denen wir beide im Winter von Milwaukee schwitzten, ihr Kopf sich in perfektem Gehorsam auf und ab bewegte. In diesem Augenblick wünschte ich mir, ich könnte meine gesamte Hand in ihre seidenglatte Fotze schieben. Ich wollte ihr nicht wehtun. Mit dem Daumen drückte ich gegen ihr kleines, sauberes Arschloch, ohne hineinzufahren, nur sanft vibrierend, und das richtete sie schließlich zugrunde. Marina kam. Mit einem langen Schaudern und Aufheulen, einem Schrei, der immer lauter wurde, bis ich ihr meine verschwitzte Hand auf den Mund legte.
Sie lachte keuchend.
Klammerte sich zitternd an mich. Schmiegte sich an meinen Hals. Ihr Körper bebte. In diesem Augenblick verspürte ich den ersten Stoß eines namenlosen Gefühls: warm, rötlich dunkel, so flüssig wie Blut selbst.
Marina küsste mich mit geschlossenem Mund. Sie zog sich zurück. Starrte mir in die Augen.
Ich mache alles, was du brauchst, sagte sie, und ich verspürte erneut diesen Stoß.
Während sie mich bearbeitete, bemerkte ich die Weinflasche.
Sie war von der Marke Barefoot, das Etikett weiß und grün. Halb voll. Verkorkt. Neben die Bremse geschoben. Ich war zu abgelenkt von Marinas Zunge, so weich wie Wackelpudding, vorschnellend wie die einer Echse. Ich schloss die Augen und gab mich diesem Gefühl hin. Erst später klemmte sich dieses Bild in meinen Gedanken fest, wie Papier, das falsch in den Drucker geschoben wurde, und lenkte die Aufmerksamkeit auf sich.