Die nächsten zwei Wochen vergingen wie im Flug. Kerry war Denovan unendlich dankbar für seine Hilfe, denn das Wartezimmer war jeden Tag bis auf den letzten Platz besetzt. Allein hätte sie es nicht geschafft, diesen Patientenansturm zu bewältigen. Wegen der Überschwemmung waren viele Bewohner des kleinen Städtchens angeschlagen – sowohl physisch als auch psychisch. Es war erstaunlich, wie viele kleinere Unfälle bei den Bergungsarbeiten passiert waren. Fast jeden Tag waren sie, Liz Ferris und Denovan damit beschäftigt gewesen, Platzwunden zu nähen, Verstauchungen zu versorgen und andere Verletzungen zu behandeln.
Aber zum Glück war heute Freitag. Kerry hatte sich fest vorgenommen, am Wochenende gründlich auszuspannen, auch wenn die Aussicht, ab der folgenden Woche ohne Denovan auskommen zu müssen, sie ängstigte.
Während sie ihr Sandwich verspeiste, musterte sie ihn unmerklich. Er saß über den Schreibtisch gebeugt da und checkte seine E-Mails. Sein dunkles Haar war zerzaust wie immer. Mit leisem Bedauern überlegte Kerry, dass es während der letzten zwei Wochen keine einzige Gelegenheit mehr gegeben hatte, mit ihm allein zu sein.
Sie war sehr streng mit sich selbst gewesen und hatte alles darangesetzt, ihm aus dem Weg zu gehen und ihre Beziehung rein geschäftlich zu halten. Fast jeden Abend hatte sie Überstunden gemacht, um ihm nicht zu Hause begegnen zu müssen. Sie würde ihn nicht noch einmal in Verlegenheit bringen.
Denn das hatte sie getan, als sie an dem Abend vor zwei Wochen so vollkommen unangemessen auf seine tröstende Geste reagiert hatte. Am nächsten Morgen wäre sie vor Scham am liebsten im Boden versunken, als sie ihm in der Küche begegnet war. Bestimmt hatte er geglaubt, sie sei völlig ausgehungert nach Sex. Was genau genommen auch stimmte …
Kerry erinnerte sich, dass Archie gerade vor einer Schüssel mit Cornflakes gesessen hatte, als sie die Treppe heruntergekommen war. Denovan hatte ebenfalls am Tisch gesessen, eine Tasse dampfenden Kaffees vor sich.
„Ich bin berühmt für meinen großartigen Kaffee. Möchtest du auch eine Tasse?“, hatte er lächelnd gefragt, und seine blauen Augen hatten ihren Blick wie ein Magnet gefangen gehalten. „Ich hoffe, du hast dich von dem aufregenden Tag gestern gut erholt.“
Kerry, die sich nicht sicher war, ob das eine Anspielung darauf sein sollte, dass sie sich ihm förmlich an den Hals geworfen hatte, verzichtete lieber auf eine Antwort. Ihr war klar, dass sie ihm nichts bedeutete, und sie hatte nicht vor, sich noch einmal lächerlich zu machen.
„Schon gut, danke. Für Kaffee bleibt mir keine Zeit, ich muss gleich in die Praxis. Papierkram und so. Wenn du nachher kommst, werde ich bestimmt schon unterwegs zu meinen Hausbesuchen sein. Daphne gibt dir dann eine Liste mit deinen Patienten.“
Mehr oder weniger fluchtartig hatte Kerry das Haus verlassen.
Seit diesem Morgen waren sie nicht mehr unter sich gewesen. Archie hatte ständig irgendwelche neuen Freunde zu Besuch, Denovan war mehrmals abends zu seinem Bruder in die Klinik gefahren, und zwei- oder dreimal mussten sie abwechselnd nachts zu einem Notfall.
Ab und zu war Kerry Denovans nachdenklichem Blick begegnet, und einmal hatte er ihr die Hand auf die Schulter gelegt, als er ihr etwas am Computer erklärte – woraufhin sie sich wie elektrisiert gefühlt hatte. Doch im Großen und Ganzen war es ihr sehr gut gelungen, ihn auf Abstand zu halten.
Seufzend warf Kerry ihr angebissenes Sandwich in den Mülleimer. Nächste Woche würde Denovan fort sein, und sie konnte sich wieder entspannen. Müde blätterte sie in einer der zahllosen Fachzeitschriften, die jede Woche in der Post waren.
Denovan stand auf, streckte sich, um seine verspannten Muskeln zu lockern. Unauffällig warf er Kerry einen Blick zu und ballte unbewusst die Fäuste. Sie sah einfach unglaublich kompetent und gleichzeitig sehr sexy aus in ihrer weißen Bluse und mit dem strengen Haarknoten. Wieso zum Teufel hatte er nicht versucht, sie besser kennenzulernen oder öfter mit ihr allein zu sein? Und das, wo sie doch sogar unter demselben Dach wohnten. Trotzdem hatte es irgendwie nie einen passenden Moment gegeben.
Wahrscheinlich war sie ganz einfach nicht an ihm interessiert. Auch wenn es an dem Abend vor zwei Wochen anders ausgesehen hatte.
Als die Mittagspause zu Ende war, ging Kerry zu Daphne und Freda an die Rezeption, um das Nachmittagsprogramm zu besprechen. Da die Telefonleitungen noch nicht einwandfrei funktionierten, mussten sie nach wie vor ohne den Computer auskommen.
„Liz hat vorhin angerufen. Sie ist krank. Magen-Darm-Grippe“, verkündete Daphne mit einem mitleidigen Blick in Kerrys Richtung. „Hoffentlich ist sie bis Montag wieder gesund. Es wird schwierig genug, ohne Denovan auszukommen.“
„Ja, wir werden ihn furchtbar vermissen“, jammerte Freda. „Er ist soooo cool! In dem Magazin hier steht ein langer Artikel über ihn. Anscheinend lässt er in London nichts anbrennen.“ Sie kicherte.
„Dummes Geschwätz“, murmelte Kerry.
„Nein, es stimmt. Lesen Sie doch selbst!“
„Ich habe keine Zeit, in schwachsinnigen Promi-Magazinen zu lesen“, wehrte Kerry ab. „Ruf bitte den ersten Patienten herein, Daphne.“
Doch auf dem Weg in ihr Behandlungszimmer nahm Kerry unauffällig die Illustrierte mit. Vielleicht würde sie später einen Blick hineinwerfen …
Kerry erkannte den Abgeordneten Sir Vernon Hood sofort, als er das Behandlungszimmer betrat. Wieder fand sie, dass er während der letzten Wochen sehr alt geworden war. Er hatte nicht nur stark abgenommen, sondern auch dunkle Ringe unter den Augen und machte insgesamt einen kränklichen Eindruck. Was mochte geschehen sein? Er hatte kaum noch Ähnlichkeit mit dem weltmännischen, charismatischen Mann, der so gern in der Öffentlichkeit stand.
„Guten Tag, Sir Vernon. Was kann ich für Sie tun?“
Ihr Patient rieb sich müde das Gesicht. „Ich weiß nicht … Ich weiß einfach nicht, wie ich anfangen soll.“
„Wenn Sie mir sagen, was Ihnen fehlt, kann ich Ihnen vielleicht helfen“, ermunterte Kerry ihn.
Bedrückt sah er sie an. „Es ist … nun ja … es ist sehr persönlich.“
„Aber dafür bin ich doch da! Ich helfe Ihnen bei Ihren Problemen – egal, ob sie körperlicher oder psychischer Art sind. Sie haben doch bereits den ersten Schritt gemacht und sind zu mir gekommen. Jetzt sollten Sie auch den Mut aufbringen, offen zu reden. Sind Sie krank?“
Sir Vernon schüttelte den Kopf. „Höchstens geisteskrank. Ich bin ein verdammter Idiot. Habe mein Leben und meine Familie zerstört. Einfach alles.“
Kerry wartete schweigend darauf, dass er fortfuhr. Was für eine Katastrophe mochte diesen ehemals so selbstbewussten Mann ereilt haben? Sie wusste, dass er eine beeindruckend schöne, sozial sehr aktive Frau und drei entzückende Kinder hatte. Ein perfektes Leben also.
Endlich hob er den Kopf und begann: „Ich war für einige Zeit in London. Wegen der Überschwemmung bin ich vorzeitig zurückgekommen. Leider habe ich erst viel zu spät von dem Unwetter gehört.“
Erstaunt sah Kerry ihn an. „Wirklich? Es ging doch durch sämtliche Nachrichten.“
Beschämt wich er ihrem Blick aus. „Nun, ich war nicht im Parlament. Ich war … ähm … anderweitig beschäftigt. Mein Sekretär hat versucht, mich zu erreichen, aber ich hatte mein Handy verloren. Und so war ich zwei Tage lang nicht informiert.“
Ungläubig runzelte Kerry die Stirn.
„Ach was, Sie können es genauso gut erfahren. Ich habe von all dem nichts mitbekommen, weil ich völlig zugedröhnt war.“
Es entstand eine kurze Pause, denn Kerry überlegte, ob sie gerade richtig gehört hatte. Sir Vernon Hood, ein respektables Mitglied der Regierung, der alle möglichen Ehrenämter innehatte, war ein Junkie?
Niedergeschlagen sah er sie an. „Es ist wahr. Ich bin drogensüchtig. Statt im Parlament meine Pflichten zu erfüllen, saß ich in einem Hotel und habe Kokain geschnupft. Ich gehöre zum Abschaum der Gesellschaft.“
Kerry holte tief Luft, gab sich Mühe, professionell zu klingen, als sie fragte: „Wie sind Sie in die Szene hineingerutscht?“
Ein bitteres Lachen. „Die alte Geschichte. Ich verliebte mich in eine sehr viel jüngere Frau. Es hat mir geschmeichelt, dass sie sich für mich interessierte. In London kann es ziemlich langweilig sein, wenn man abends immer allein ist, Dr. Latimer. Durch sie bin ich in Kontakt mit den Drogen gekommen. Am Anfang war es aufregend. Meine Müdigkeit und meine Langeweile waren wie weggeblasen. Doch schon nach kurzer Zeit war ich abhängig – und nun erpresst sie mich.“
Aus seinen Worten klang Selbstmitleid, sodass Kerrys Mitgefühl sich in Grenzen hielt. Wieso sollte sie einen Mann bedauern, der ein wundervolles, von Anfang an privilegiertes Leben einfach weggeworfen hatte? Der seine Frau betrogen und das Glück seiner Kinder leichtfertig aufs Spiel gesetzt hatte, nur weil ihm ein bisschen langweilig gewesen war! Und nun, da ihm die Felle davon schwammen, geriet er in Panik.
Offenbar ahnte Sir Vernon, was sie dachte. „Bestimmt möchten Sie wissen, weshalb ich Sie aufgesucht habe.“ Eindringlich richtete er den Blick auf sie. „Sie müssen mir helfen, von den Drogen loszukommen. Wenn Madeleine meine Sucht an die Öffentlichkeit bringt, wird die Presse mir das Leben zur Hölle machen. Zu diesem Zeitpunkt muss ich unbedingt wieder clean sein, damit ich sagen kann, dass ich die Krise überwunden habe. Ich muss wieder das Gefühl haben, mein Leben zu kontrollieren.“
„Es wird nicht einfach werden. Sie müssen es wirklich wollen und brauchen die Unterstützung Ihrer Familie und Ihrer Freunde. Ihre Motivation ist der entscheidende Erfolgsfaktor. Haben Sie Ihrer Frau alles gebeichtet?“
„Ich … ich habe ihr gestern Abend alles erzählt. Die Gefahr, dass sie es aus der Presse erfahren würde, war einfach zu groß.“ Er schien sich ehrlich zu schämen. „Sie ist eine gute Frau, sagte, sie würde zu mir halten – was auch immer geschehen mag.“
„Sie können sich sehr glücklich schätzen, so unterstützt zu werden.“
„Die Presseleute werden sich wie die Geier auf diese Story stürzen.“ Sir Vernon stöhnte gequält. „Ein Mitglied des Parlaments drogensüchtig! Meine Karriere wäre ruiniert.“ Herausfordernd sah er Kerry an. „Also, wie können Sie mir helfen?“
„Ich kann Sie in die Entzugsklinik nach Laystone überweisen. Dort wird man Sie sowohl medikamentös als auch psychologisch bei Ihrem Entzug unterstützen.“
„Warum können Sie diese Behandlung nicht hier durchführen? Sie sind doch meine Hausärztin. Ich möchte nicht in diese Klinik – man könnte mich erkennen. Lieber Himmel! Wenn mein Aufenthalt in einer Drogenklinik bekannt wird, wird es am nächsten Tag das ganze Land wissen.“
„Meine Praxis ist für einen Drogenentzug nicht ausgestattet, Sir Vernon. Die Klinik in Laystone ist spezialisiert auf Drogensüchtige, sodass die Erfolgsaussichten dort sehr viel besser sind als in einem allgemeinen Krankenhaus.“
„Sie weigern sich also, mir zu helfen?“
„Soll ich Sie nun überweisen oder nicht? Glauben Sie mir, Sie sind dort am besten aufgehoben. Sie werden ein paar schreckliche Tage haben, bis Ihr Körper entgiftet ist, und dort ist man darauf spezialisiert, Sie dabei zu unterstützen.“
Der Politiker seufzte. „Dann schreiben Sie schon diese Überweisung. Falls das rauskommt, werde ich einfach behaupten, ich sei in meiner Funktion als Abgeordneter da.“
Kerry druckte das Formular aus und reichte es ihm. „Viel Glück, Sir Vernon.“
Nachdem Sir Vernon gegangen war, brach in der Praxis die Hölle los. Ein Patient gab dem nächsten die Klinke in die Hand. Noch nie war Kerry so froh gewesen, einen Arbeitstag hinter sich gebracht zu haben, wie an diesem Abend.
Erleichtert seufzend verabschiedete sie den letzten Patienten, stand auf, reckte sich und griff nach ihrer Tasche. Darunter lag die Illustrierte, die sie Freda am Nachmittag stibitzt hatte.
Neugierig blätterte Kerry bis zu dem Artikel über Denovan. Mehrere Fotos zeigten ihn bei den verschiedensten Anlässen – bei Dreharbeiten, in einem Nachtklub, bei einem Konzert und auf einer Theaterpremiere. Immer in Begleitung einer schönen Frau. Auf einem Foto hing eine hinreißende Blondine an seinem Arm, deren kurzes Kleid schon fast unanständig tief ausgeschnitten war. Denovan wirkte sehr zufrieden und entspannt. Die Überschrift lautete: Die heißeste Nachricht der Woche.
Einer der begehrtesten Junggesellen Londons, sexy Denovan O’Mara alias Dr. Medic, wurde mehrfach mit der berühmten Fernsehmoderatorin Suzy de Forno gesehen. Obwohl Dr. Medic standhaft behauptet, er sei nicht für die Ehe geschaffen, strafen ihn die romantischen Fotos der beiden Lügen. Wird es bald eine Hochzeit geben?
Verärgert warf Kerry die Zeitschrift in eine Schublade. Wie hatte sie nur von einem Flirt mit Denovan O’Mara träumen können? Er spielte ganz offensichtlich in einer völlig anderen Liga. Und das war nicht der einzige Grund, der dagegensprach, sich in diesen Mann zu verlieben! Vielleicht lag Frank doch richtig, und sein Bruder war ein rücksichtsloser Frauenheld.
Kerry trat ans Fenster und sah bedrückt nach draußen. Es fühlte sich schrecklich an, nur eine von unzähligen Frauen zu sein, die für Denovan schwärmten. Er führte ein Leben, von dem sie keine Ahnung hatte. Was sollte ein Mann wie er mit einer langweiligen Landärztin?
Das beste Mittel, um den Kopf freizubekommen, war frische Luft. Entschlossen räumte Kerry ihren Schreibtisch auf und verabschiedete sich dann von Daphne und Freda.
Draußen atmete sie genüsslich die kalte, klare Luft ein und machte sich auf den Weg. Sie würde nicht direkt nach Hause gehen, sondern einen kleinen Umweg über die Hügel machen. Die Felder weiter unten im Tal standen noch immer unter Wasser, doch der orangefarbene Himmel über den grünen Hügeln war atemberaubend schön. Allmählich ließ ihre Anspannung nach, und selbst der Gedanke an Denovan, der nach London zurückkehren würde, machte sie nicht mehr traurig. Sie würde sich schon daran gewöhnen.
Ihre Schritte wurden immer leichter, als sie das kleine Wäldchen oberhalb von Braxton erreichte. Die Eichen und Eschen waren durch den Regen aufgesprossen und leuchteten hellgrün, die Hecken waren wieder dichter geworden, alles roch nach Frühling. Kerry malte sich aus, was sie im Sommer unternehmen würde – Tennis spielen, reiten, ins Schwimmbad gehen. Es würde wundervoll werden.
Plötzlich hörte sie Schritte hinter sich. Als sie sich umdrehte, entdeckte sie zu ihrem Erstaunen Denovan, der Archie hinter sich herzog.
Mist, dachte sie. Gerade hab ich ihn aus meinen Gedanken verbannt, und schon taucht er wieder auf!
Atemlos blieb er neben ihr stehen. Kerry gab sich betont gleichgültig. Warum war er bloß so unverschämt attraktiv? Leider waren Männer wie Denovan in Braxton Falls dünn gesät.
„He, bist du schnell!“ Denovan keuchte. „Wir haben dich schon unten gesehen, als wir gerade aus dem Kindergarten kamen, und dann versucht, dich einzuholen, denn wir wollten auch einen kleinen Abendspaziergang unternehmen.“
„Na, dann lasst euch nicht aufhalten“, erwiderte Kerry höflich, wobei sie das Kribbeln in ihrem Bauch ignorierte, ausgelöst durch Denovans unverhohlen bewundernden Blick.
Denovan grinste. „Stört es dich, wenn wir dich begleiten?“
Am liebsten hätte sie Ja gesagt, denn schließlich wollte sie den Kopf freibekommen und gerade nicht mehr an Denovan und seine verstörende Wirkung auf sie denken.
„Natürlich nicht.“ Sie sah Archie an. „Wie war dein letzter Tag im Kindergarten? Habt ihr eine Abschiedsparty gefeiert?“
Der kleine Junge zog die Stirn kraus. „Es war schön, aber ich musste neben einem Mädchen sitzen, das mir immer die Buntstifte weggenommen hat. Ich kann sie nicht leiden.“ Verstimmt blickte er zu Boden. „Luca ist mein Freund – in London. Ich vermisse ihn.“
Denovan klopfte Archie beschwichtigend auf die Schulter. „Du siehst ihn ja nächste Woche wieder.“
„Warum kann Luca nicht herkommen? Hier ist es schön. Larry kriegt bald ein Hundebaby, und er hat gesagt, dass ich es ansehen und mit ihm spielen darf.“
„Wir können nicht für immer hierbleiben. Unser Zuhause ist doch in London.“
Noch bevor Archie etwas erwidern konnte, entdeckte er zwei kleine Kaninchen, die über den Weg hoppelten. Sofort rannte er hinter ihnen her.
Mit väterlichem Stolz sah Denovan ihm nach. „Archie gefällt es sehr gut hier. Ich habe mir vorgenommen, ihm dieses Wochenende ein paar meiner Lieblingsplätze aus meiner Kindheit zu zeigen. Zum Beispiel eine Höhle hinter dem Wasserfall oben im Wald. Außerdem hat die große Modelleisenbahnausstellung in Laystone wieder geöffnet. Bestimmt gefällt ihm das.“ Einladend fügte er hinzu: „Hättest du vielleicht Lust mitzukommen?“
„Danke, aber ich fürchte, ich habe keine Zeit“, erwiderte Kerry schnell. „Ich habe noch schrecklich viel zu tun …“
Sie musste diesem Mann und seiner verflixten Anziehungskraft so weit wie möglich aus dem Weg gehen. Je öfter sie ihn sah, desto attraktiver fand sie ihn, und sie hatte nicht vor, sich zum Gespött der Leute zu machen, indem sie sich in die endlos lange Reihe von Verehrerinnen des TV-Stars Dr. Medic einreihte.
Unauffällig musterte sie ihn in seinem legeren Outfit, das seinen athletischen Körperbau noch betonte.
„Ach, komm schon! Es wäre doch nur für einen Nachmittag. Du kannst abends noch arbeiten. Findest du nicht, dass du einen freien Tag verdient hast – nach all der Anstrengung der letzten zwei Wochen?“ Denovan legte ihr die Hände auf ihre Schultern und drehte sie sanft zu sich um, damit sie ihn ansah. „Außerdem ist es unser letztes Wochenende hier.“
Kerry zögerte, versuchte erfolglos, seinem bittenden Blick auszuweichen. Seine Berührung ließ sie heiß erschauern. Wieso musste er ihr bloß immer so nah kommen? Merkte er denn gar nicht, dass sie in seiner Gegenwart keinen klaren Gedanken mehr fassen konnte?
Entschlossen trat sie einen Schritt zurück. „Ich weiß nicht …“
Denovan sah sie verschmitzt an. „Bitte …“
Nun ja, warum eigentlich nicht? Es war schließlich nur ein harmloser Wochenendausflug. Sie hatte sich wirklich eine kleine Auszeit verdient.
„Na gut. Wahrscheinlich hast du recht. Etwas Abwechslung würde mir guttun.“
„Großartig! Wir werden bestimmt viel Spaß haben! Vergiss nicht, deine Wanderstiefel anzuziehen. Von der Modelleisenbahnausstellung zum Wasserfall ist es ein ganz schönes Stück zu laufen. Ich werde uns etwas zu trinken mitbringen.“
„Gut. Dann kümmere ich mich um den Proviant. Ich weiß ja schon, was Archie am liebsten isst: Kekse und Chips.“
Denovan lachte. „Stimmt. Du kannst nichts falsch machen, solange viel Fett, Zucker und Salz enthalten sind.“