Wie ruhig es auf einmal im Haus war! Nirgendwo lagen Spielzeugautos herum, im Badezimmer hingen keine dreckigen T-Shirts mehr über dem Wannenrand, und in der Küche stand nur noch eine einsame Tasse auf dem Abtropfbrett. Deprimiert sah Kerry sich um. Seitdem Denovan und Archie am Tag zuvor nach London aufgebrochen waren, fühlte sie sich schrecklich einsam.
Erst vor zwei Tagen hatte Denovan ihr die Tragödie der Familie O’Mara erzählt. Die Unterhaltung war ein denkbar schlechter Start für den Abend gewesen, auf den sie sich so gefreut hatte. Dennoch war letzten Endes alles gut geworden. Unvorstellbar gut! Immer wieder musste Kerry daran denken, wie Denovan sie im Restaurant angesehen, wie er sie beim Tanzen im Arm gehalten hatte, und natürlich, wie sie sich geliebt hatten – wild und leidenschaftlich.
Hatte sie den größten Fehler ihres Lebens gemacht, mit einem Mann ins Bett zu gehen, der eine feste Beziehung für sich ausschloss? Nun, für solche Überlegungen war es zu spät.
Denovan hatte sie aus London angerufen, um ihr von dem fantastischen Angebot für eine tägliche Fernsehshow zu erzählen. Er hatte Kerry gebeten, ihn am folgenden Wochenende in London zu besuchen.
„Tut mir leid, Denovan, aber da habe ich keine Zeit. Meine Mutter kommt Sonntag. Sie möchte mir die Fotos von der Hochzeit meiner Cousine zeigen.“
„Wie schade! Ich hatte mich so darauf gefreut, meinen neuen Job mit dir zu feiern. Falls ich das Angebot annehme.“
Niedergeschlagen hatte Kerry sich gefragt, ob sie etwas feiern sollte, das ihn für weitere fünf oder gar zehn Jahre an London band. Zu allem Überfluss hatte sie am Samstag auch noch Geburtstag, und die Aussicht, an diesem Tag allein zu sein, trug nicht gerade zu einer Verbesserung ihrer Laune bei.
Nachdenklich nippte sie an ihrem kalt gewordenen Kaffee und ließ den Blick durch die viel zu aufgeräumte Küche wandern – bis zur Wanduhr. Erschrocken stellte sie die Tasse ab. Fast acht! Ihr erster Patient würde in wenigen Minuten da sein. Schnell griff sie nach Jacke und Tasche und rannte aus dem Haus.
„Na, hast du dich im Farmer’s Plough gut mit Denovan amüsiert?“ Frank O’Mara kam in ihr Behandlungszimmer, während Kerry ihre E-Mails las.
„Es war sehr schön. Danke.“ Kerry gab sich Mühe, gelassen zu wirken, auch wenn schon die Erwähnung von Denovans Namen ihr Herz schneller schlagen ließ.
Frank hockte sich auf die Schreibtischkante. „Die Damenwelt zu unterhalten, gehört zu Denovans herausragenden Talenten“, erklärte er ein wenig boshaft. „Ich nehme an, ihr seht euch wieder?“
„Keine Ahnung.“ Kerry konnte ihre Verärgerung nicht verbergen. Die Anspielungen auf Denovans vermeintliche Frauengeschichten nervten sie.
Frank hatte verstanden. „Alles klar. Dann zurück an die Arbeit. Können wir vielleicht für Ende der Woche eine Dienstbesprechung ansetzen? Es gibt einiges zu klären.“
„Gern. Sag einfach Bescheid, wann es dir und Daphne passt.“ Kerry war froh, dass er das Thema gewechselt hatte. Frank war ein guter Praxispartner, doch mehr als Kollegen waren sie nie gewesen. Ihre privaten Treffen hatten sich auf Weihnachtsfeiern und Betriebsausflüge beschränkt. Da Frank deutlich älter als Kerry war, hatte es nie besonders viele Gemeinsamkeiten zwischen ihnen gegeben.
An der Tür drehte Frank sich noch einmal um. „Übrigens“, meinte er beiläufig. „Falls du an diesem Wochenende noch nichts vorhast, würde ich dich gern zum Essen ausführen. Sozusagen als Entschädigung für all die Unannehmlichkeiten, die du wegen meines Unfalls hattest.“
Verblüfft sah Kerry ihn an. Sie wusste nicht so recht, was sie antworten sollte. Irgendwie fühlte es sich falsch an, mit Frank auszugehen – auch wenn die Sache zwischen ihm und Denovan schon so viele Jahre zurücklag.
„Wirklich, Frank, das ist nicht nötig. Hauptsache, es geht dir besser. Außerdem kommt meine Mutter am Sonntag zu Besuch.“
„Wie wäre es dann mit Samstag?“, beharrte Frank. „Es würde mich wirklich sehr freuen, die ganze Mehrarbeit, die du durch meinen Leichtsinn hattest, ein klein wenig wiedergutmachen zu können.“
Kerry unterdrückte ein Seufzen. Was sollte sie dazu sagen?
„Es liegt doch nicht an Denovan, oder? Egal, was er behauptet hat: Ich verführe keine jungen Frauen! Er hat eine ziemlich verzerrte Wahrnehmung von den Ereignissen damals.“
Kerrys Wangen brannten. „Denovan hat nichts damit zu tun“, log sie.
„Also?“
Sie dachte an die vielen einsamen Wochenenden, die vor ihr lagen. Vielleicht war es gar keine so schlechte Idee, mit Frank essen zu gehen. Schließlich wollte er sich nur erkenntlich zeigen.
„Also gut. Danke für die Einladung, Frank. Ich freue mich.“
Er nickte zufrieden und ging hinaus.
Ihre erste Patientin war schlank, elegant gekleidet und sehr attraktiv. Genau der Typ Frau, der mit Haltung und unerschütterlichem Selbstvertrauen durchs Leben ging und in keinem Komitee und auf keiner Wohltätigkeitsveranstaltung fehlte. Im Augenblick war sie jedoch weit davon entfernt, gelassen und selbstbewusst zu wirken. Ihre Augen waren rot geweint, und sie rang nervös ihre Hände.
Kerry konnte sich denken, weshalb Lady Bethany Hood so aufgelöst war. Schließlich war es erst wenige Tage her, seit ihr Mann Sir Vernon in die Sprechstunde gekommen war, um Kerry seine Drogensucht zu beichten.
„Wie kann ich Ihnen helfen, Lady Hood?“, fragte sie freundlich.
„Bitte nennen Sie mich Bethany.“ Die Frau strich sich müde eine Haarsträhne aus dem Gesicht. „Ach, eigentlich weiß ich gar nicht genau, weshalb ich hier bin. Ich fürchte, Sie können nichts für mich tun …“
„Versuchen wir es doch einfach“, schlug Kerry vor und schob eine Box mit Taschentüchern zu der Frau hinüber, die inzwischen leise weinte.
Schließlich holte Bethany tief Luft. „Es geht um meinen Mann. Sie wissen bestimmt, dass er der Abgeordnete für diesen Wahlkreis ist. In letzter Zeit scheint er sich immer mehr zu verändern. Während er früher meist gut gelaunt und optimistisch war, wirkt er nun trübsinnig und mutlos. Zuerst dachte ich, es sei der Wahlkampfdruck. Doch dann gestand er mir plötzlich, dass er drogensüchtig ist!“
Bethany wischte sich die Augen. „Ich war völlig fassungslos und fühlte mich, als würde mir der Boden unter den Füßen weggezogen …“ Zögernd fügte sie hinzu: „Er war deshalb schon bei Ihnen, nicht wahr? Zumindest hat er erkannt, dass er professionelle Hilfe braucht.“
„Immerhin hat er es Ihnen freiwillig erzählt. Das muss ihn eine Menge Mut gekostet haben.“
Bethanys Blick blieb skeptisch. „Na, ich weiß nicht. Ich schätze, er hatte einfach Angst, dass ich es von jemand anderem erfahre. Zum Beispiel aus der Zeitung. Wissen Sie, Frau Doktor …“ Sie sah Kerry in die Augen. „Ich habe während der letzten Jahre einiges mitgemacht, aber Drogensucht? Wie konnte er sich nur auf so etwas einlassen? Doch ich liebe ihn. Fragen Sie mich nicht, warum. Und ich werde nicht erlauben, dass unsere Ehe daran zerbricht. Deshalb möchte ich von Ihnen wissen, was ich tun soll und wie ich meinem Mann am besten helfen kann.“
Vernon Hood hat keine Ahnung, was für ein Glück er mit seiner Frau hat, überlegte Kerry. „Mit Ihrer Unterstützung wird er es schon schaffen. Natürlich wird es auch schlimme Tage geben, aber gemeinsam können Sie sie durchstehen. Achten Sie darauf, dass er alle Termine in der Entzugsklinik wahrnimmt und regelmäßig die Blutkontrollen machen lässt. Er braucht diesen Druck, um nicht rückfällig zu werden.“
Bethany lächelte bitter. „Ich verstehe ihn einfach nicht. Er hat so ein privilegiertes Leben. Wie konnte er nur so leichtsinnig sein? Offenbar ist er schwächer, als ich dachte. Hoffentlich hält er den Entzug durch.“
Kerry lehnte sich in ihrem Stuhl zurück. „Wissen Sie, Bethany, ich glaube, es wäre gut für Ihren Mann, wenn er hier irgendeine Aufgabe übernähme. Etwas, das ihn beschäftigt und ablenkt. Als Folge der Überschwemmung sind viele Menschen in Not geraten. Wie wäre es, wenn Sie zusammen mit Ihrem Mann eine Wohltätigkeitsveranstaltung organisieren?“
„Das ist wirklich eine gute Idee. Sie denken an eine Gartenparty oder eine Spendengala, nicht? Ich schätze, unser Garten wäre groß genug dafür.“
„Ganz genau. Es würde den Leuten von Braxton das Gefühl geben, dass es jetzt wieder aufwärtsgeht, und natürlich das Gemeinschaftsgefühl stärken.“
Bethany lächelte zufrieden. „Ein großartiger Plan. Genau das Richtige für Vernon. Vielen Dank, Dr. Latimer! Es geht mir schon viel besser.“
„Gern geschehen. Kommen Sie ruhig wieder zu mir, wenn Sie sich aussprechen möchten.“
Als Bethany sich verabschiedete, wirkte sie wie ausgewechselt. Kerry sah ihr förmlich an, dass sie sich mit Elan in das neue Projekt stürzen würde. Hoffentlich ging der Plan auf und Sir Vernon schaffte es, durchzuhalten.
Das Pear and Partridge war eine gemütliche Kneipe, die schon bald nach der Überschwemmung wiedereröffnet hatte. Wie jeden Abend waren fast alle Tische besetzt, sodass Kerry und Frank eine Weile warten mussten, bis sie einen Platz fanden.
„Tut mir leid, dass ich dich in kein besseres Restaurant ausführen kann, aber das Farmer’s Plough war ausgebucht, und ich darf noch nicht wieder Auto fahren.“
„Kein Problem, Frank. Es ist doch sehr nett hier.“
Als sie sich setzten, lächelte Frank entschuldigend. „Ich hätte dir wirklich gern etwas Besonderes geboten. Schließlich ist heute dein Geburtstag.“ Er griff in seine Tasche und zog ein schmales, in Geschenkpapier gewickeltes Päckchen hervor, das er ihr feierlich überreichte. „Hier – ein kleines Dankeschön für all die Arbeit, die ich dir gemacht habe.“
Überrascht blickte Kerry auf das Päckchen. „Das wäre doch nicht nötig gewesen, Frank!“
Gespannt sah er ihr beim Auspacken zu. Ein elegantes blaues Seidentuch kam zum Vorschein, das perfekt zu Kerrys Augenfarbe passte.
„Oh, Frank! Es ist wunderschön. Vielen Dank …“ Verlegen sah sie ihn an.
Er beugte sich vertraulich vor. „Ich fand, dass es dir gut stehen würde. Danke noch mal, dass du heute Abend mitgekommen bist. Endlich eine Möglichkeit, uns ein bisschen besser kennenzulernen.“
„Ja“, stimmte Kerry leicht beklommen zu. Schnell wechselte sie das Thema. „Wir sollten wirklich einmal in Ruhe über die Praxis reden. Ich fände es gut, eine weitere Gemeindeschwester einzustellen.“
„Oh nein, heute Abend wollen wir nicht über die Arbeit sprechen“, protestierte Frank. Er trank einen Schluck Wein. „Als Erstes bestellen wir uns mal was Leckeres zu essen. Hast du dich schon entschieden?“
„Ja. Ich hätte gern ein Steak mit Salat.“
Nachdem Frank die Bestellung aufgegeben hatte, wandte er sich wieder an Kerry. „Hast du in der letzten Zeit etwas von Denovan gehört?“, erkundigte er sich beiläufig.
„Oh ja. Er hat gerade ein großartiges Jobangebot bekommen.“
Frank lächelte säuerlich. „Denovan war schon immer sehr erfolgreich.“
Sie sah Frank über den Rand ihres Weinglases an. Sollte sie es wagen und ihn direkt auf den Konflikt ansprechen? Warum eigentlich nicht!
„Es war bestimmt nicht einfach für dich, so kurz nach dem Tod deiner Mutter eine Stiefmutter und dann noch einen kleinen Bruder zu bekommen, oder? Bestimmt hast du dich sehr verloren gefühlt.“
„Allerdings. Leider haben Denovan und ich uns von Anfang an nicht gut verstanden. Ich wünschte, es wäre anders gewesen. Deshalb hat es mich auch so erstaunt, dass er mich im Krankenhaus besucht hat.“ Schuldbewusst fügte er hinzu: „Wir haben uns bei dir zu Hause neulich unmöglich benommen. Leider schaffen wir es auch heute noch nicht, halbwegs zivilisiert miteinander umzugehen.“
„Tatsächlich? Ist mir gar nicht aufgefallen“, erwiderte Kerry ironisch.
Ihre Bemerkung heiterte die Atmosphäre sichtlich auf.
„Warst du schon einmal in der Oper in Buxton?“, fragte Frank. „Das Sommerprogramm ist wirklich sehr gut. Vielleicht können wir irgendwann einmal gemeinsam hinfahren.“
Versuchte er gerade, sie zu einer weiteren Verabredung zu überreden? Verwundert sah Kerry ihn an – und sah einen einsamen, nicht mehr ganz jungen Mann, der von seinem Unfall geschwächt und vom Leben enttäuscht war. Wenn sie öfter mit ihm ausging, würde er sich Hoffnungen machen, die sie nicht erfüllen konnte.
„Ja, vielleicht“, antwortete sie ausweichend und wechselte rasch das Thema. „Ich freue mich schon sehr auf den Besuch meiner Mutter morgen. Wir haben uns seit Ewigkeiten nicht gesehen. Vielleicht fahre ich mit ihr nach Dovedale. Im Stadtpark gibt es dort morgen Nachmittag ein Konzert.“
Zu ihrer Erleichterung ging er auf den Themenwechsel ein, und sie unterhielten sich während des Essens angeregt über die Vorzüge des Landlebens in Derbyshire.
Er hatte es geschafft! Ein wahrer Albtraum war es gewesen, sich an einem Samstagabend durch den dichten Verkehr Londons zu schlängeln, doch sobald er die Autobahn erreicht hatte, ging es zügig voran. Denovan summte zufrieden vor sich hin, als er seinen Wagen vor Kerrys Cottage parkte. Im Wohnzimmer brannte Licht – sie musste also zu Hause sein.
Bestimmt würde sie sich über seinen Überraschungsbesuch freuen. Gut, dass Freda so eine Quasselstrippe war und den Geburtstag erwähnt hatte.
Wie sehr hatte Kerry sein Leben doch verändert! Früher war er überzeugt gewesen, niemals wieder lieben zu können. Alle seine Beziehungen waren gescheitert, und Archie zuliebe stellte er inzwischen so hohe Ansprüche an eine potenzielle Partnerin, dass er kaum noch eine in Betracht gezogen hatte.
Doch dann hatte er Kerry kennengelernt. Während der wenigen Tage, die er von ihr getrennt gewesen war, hatte er erkannt, dass sie die Richtige für ihn war. Er lächelte glücklich. Kerry war einfach perfekt – sie besaß Humor, war nett und klug, und der Sex mit ihr war einfach unbeschreiblich toll gewesen. Von ihrer Schönheit einmal ganz zu schweigen.
Hatte sie ihn wohl auch vermisst? Er konnte es kaum erwarten, sie zu sehen. Und ihr zu sagen, dass er sie liebte und den Vertrag in London nicht unterschreiben würde. Er würde sich mit ihr hier in Braxton Falls ein neues Leben aufbauen.
Denovan löste den Sicherheitsgurt und wollte gerade die Wagentür öffnen, als er bemerkte, wie zwei Gestalten sich der Eingangstür näherten. Im schwachen Licht der Flurbeleuchtung konnte er erkennen, dass die eine Gestalt Kerry war. Und die andere – wie war das möglich? – sein Bruder Frank!
Was zum Teufel ging hier vor?
Bestimmt hatte es irgendetwas mit der Praxis zu tun. Er würde einfach warten, bis Frank fort war, denn nach ihrem unerfreulichen letzten Zusammentreffen hatte er wenig Lust, mit ihm zu sprechen.
Leise ließ er seine Fensterscheibe herunter, um die beiden deutlicher sehen zu können. Auch ihre Unterhaltung konnte er nun recht gut hören.
„Es war ein wundervoller Abend. Vielen Dank noch einmal für das Geschenk. Auch wenn es wirklich nicht nötig gewesen wäre.“
„Gern geschehen“, erwiderte Frank. „Ich habe jeden Augenblick des Abends genossen und hoffe, dass wir es bald einmal wiederholen. Vielleicht klappt es ja mit dem Opernbesuch in Buxton.“
Er neigte den Kopf, um Kerry einen Kuss auf die Wange zu geben. Fassungslos sah Denovan die beiden an. Offenbar war es alles andere als eine berufliche Verabredung gewesen. Kerry war mit Frank ausgegangen!
Zorn durchflutete ihn. Sie wusste doch, was zwischen ihm und Frank vorgefallen war. Wie konnte sie sich da von Frank küssen lassen und Pläne für künftige gemeinsame Abende schmieden? Noch vor zwei Tagen hatte sie mit ihm, Denovan, eine leidenschaftliche Nacht verbracht. Wusste sie denn nicht, dass sie etwas ganz Besonderes für ihn war? Hatte er sich in ihr geirrt, und sie betrachtete ihn nur als flüchtiges Abenteuer?
Während er die beiden beobachtete – Frank, der Kerry liebevoll die Wange streichelte, und Kerry, die Frank zum Abschied kurz in den Arm nahm –, spürte Denovan, wie eine Welle der Enttäuschung ihn erfasste. Für ihn war alles klar gewesen: Er und Kerry waren füreinander bestimmt. Wie selbstverständlich war er davon ausgegangen, dass es in ihrem Leben keinen anderen Mann gab. Denovan fühlte sich bitter betrogen.
Kein Wunder, dass sie an diesem Wochenende keine Zeit gehabt hatte, zu ihm nach London zu kommen. Sie war mit seinem Bruder verabredet gewesen! Als Denovan genauer darüber nachdachte, fielen ihm viele Begebenheiten ein, bei denen Kerry Frank in Schutz genommen hatte. Vielleicht lief da schon länger etwas zwischen den beiden.
Frank war inzwischen gegangen, und Denovan starrte auf die nun geschlossene Cottagetür. Nein, er würde sich nicht einfach abservieren lassen. Nicht ohne eine Erklärung! Er war nicht den ganzen Weg von London hergekommen, um sich jetzt still zurückzuziehen.
Er stieg aus und schlug wütend die Wagentür zu. Nur wenige Schritte, dann stand er vor ihrer Haustür und klopfte energisch.
Sekunden später öffnete Kerry. Freudig überrascht strahlte sie ihn an. „Denovan! Was um alles in der Welt machst du hier?“
Eine Sekunde zögerte er – wieder einmal überwältigt von ihrer Schönheit und ihrem offenen Lächeln. Doch dann zog er sie entschlossen ins Haus. „Jetzt weiß ich, weshalb du nicht nach London kommen wolltest!“, beschuldigte er sie grimmig. „Warum hast du mir verschwiegen, dass zwischen dir und Frank was läuft? Du und Frank! Wie konntest du mir das antun?“