Wiese. Lucie.
Wiese. Meine holde Braut –
Lucie. Ist's denn wirklich?
Wiese. Bald meine liebe Frau.
Lucie. Haben Sie denn nachgedacht?
Wiese. Worüber?
Lucie. Ueber meine Zweifel.
Wiese. Sie sagen, daß Sie mir gut sind –
Luise. Wahrhaftig, das bin ich.
Wiese. Wahrhaftig, ich bin's Ihnen auch.
Lucie. Das ist etwas für den Anfang.
Wiese. Es ist auch genug bis zum Ende.
Lucie. Meinen Sie?
Wiese. Gewiß. Besonders wenn Sie so sind, wie Sie scheinen.
Lucie. Wie schein' ich denn?
Wiese. Sehr aufrichtig.
Lucie. Ja, das bin ich.
Wiese. Wollen Sie es bleiben?
Lucie. Ich versprech' es.
Wiese. Immer, in jedem Fall?
Lucie. In jedem – was soll's denn für Fälle geben?
Wiese. Ich meine, Sie sollen mir in Zukunft nichts verbergen, was in Ihrem Herzen vorgeht. Versprechen Sie das?
Lucie. Ich verspreche – aber es wird nichts vorgehen.
Wiese. Wenn aber doch der Fall eintritt –
Lucie. Schon wieder der Fall? Geben Sie mir ein Beispiel.
Wiese. Es ist nicht nöthig. Der Zustand, den ich meine, verkündigt sich durch eine gewisse Bangigkeit – durch Unruhe im Gemüth – Herzklopfen – wenn Sie diese Symptome spüren, dann ist es die höchste Zeit –
Lucie. Zu einem Arzt zu gehen.
Wiese. Allerdings. Nämlich zu mir.
Lucie. Zu Ihnen?
Wiese. Mir Alles offen zu bekennen –
Lucie. Alles, Alles. Aber sorgen Sie nicht! Der Fall wird niemals kommen. Ich habe keine Anlage zu solchen Krankheiten.
Wiese. Ich seh' es mit Entzücken. Wir werden recht zufrieden sein.
Lucie. Ich bin es schon.
Wiese. Bald fehlt nichts zu unserm Glück.
Lucie. Es fehlt doch etwas.
Wiese. Was denn?
Lucie. Wir sind nicht so recht in einander verliebt.
Wiese. Wo Knospen sind, werden Blüten.
Lucie. Sehen Sie Knospen?
Wiese. Ich fühle sie keimen.
Lucie. Mir kommt es auch so vor.
Wiese. Ich glaub', es blüht schon.
Lucie. Das geht schnell.
Wiese. Das Herz treibt mächtig –
Lucie. Wie Unkraut.
Wiese. Wie Frühlingsveilchen, die über Mittag aufschießen.
Lucie. Das thut der Salat auch.
Wiese. Salat! Nicht doch! Wer wird das Herz mit einem Küchengewächs vergleichen!
Lucie. Küche! Ach Gott!
Wiese. Was haben Sie?
Lucie. Ich muß in die Küche.
Wiese. Jetzt, wo wir von unserer Liebe sprechen?
Lucie. Eben darum. Sie speisen hier. Heute darf nichts fehlen. Wenn ein Gericht verdirbt!
Wiese. Was liegt daran?
Lucie. Daran liegt Alles. Die Suppe verbrannt, der Braten verdorben – und die unglückliche Ehe ist fertig.
Wiese. Was fällt Ihnen ein!
Lucie. Sie glauben's nicht? Da hilft keine Freigeisterei. Ich weiß Beispiele. Einer Braut, der am Verlobungstage eine Speise mißlang, wurde ihr Mann in den ersten acht Tagen ihrer Ehe sterbens krank.
Wiese. Darauf lass' ich's ankommen.
Lucie. Und die Frau wurde ihm untreu.
Wiese. Wenn es sein muß, so gehen Sie in die Küche.
Lucie. Nicht wahr? Nun, Sie sollen meine Liebe in jedem Bissen spüren.
Wiese. Daß nur die Suppe nicht verbrennt! Daß keine Speise mißlingt! Das entgeht mir nicht. Ich hab' einen feinen Geschmack.
Lucie. Ohne Sorge. Sie sollen mit mir zufrieden sein. An meiner Kochkunst soll's nicht liegen, wenn irgend ein gefährliches Ereigniß das Glück unserer Ehe stört. (Ab.)
Wiese (allein). Ihre Naivetät entzückt mich. Es ist sogar etwas Geistreiches darin. Sie ist in mich verliebt. Soll sie vergebens schmachten? – Schloß meiner Väter! Du blickst so schwärmerisch-feudalistisch von Deinem waldigen Hügel herab! Dort oben hausten meine Aelter-Mütter und lächelten hold und kochten, wie meine Lucie, und meine Aelter-Väter waren glücklich, obwohl sie was Weniges dabei gähnten. Süßes Glück der Beschränkung! Ich will Dich auch einmal verkosten. Die Welt ist weit, aber das Herz ist eng – es verlangt ein Stück Welt für sich. Lenkt, Ihr guten Väter, einen Strahl Eurer Genügsamkeit in das Herz Eures Enkels, und er wird glücklich sein, und ein bischen gähnen wie Ihr!