»Ich denke, das hat uns am härtesten getroffen – dass die beiden tot waren. Dass das Boot nicht kam, war dagegen nicht so schlimm. Am Anfang hatten wir so viele Theorien und Ideen, warum es sich verspätet haben könnte. Und hofften natürlich, dass es jeden Moment eintreffen würde. Aber die Leichen … die konnten wir uns nicht erklären«, sage ich und knete meine Hände auf dem Schoß, spüre, wie die schwieligen Stellen übereinanderreiben, hart wie Fels.
»Als Sie mit dem Tod der beiden konfrontiert wurden, muss Ihnen bewusst geworden sein, wie ernst die Lage war, in der Sie sich befanden«, sagt Rosie, die mich weiter interviewt.
»Seltsamerweise nicht«, antworte ich und achte nicht weiter darauf, wie sie den Mund zuklappt, als ärgere sie sich, dass ich sie verbesserte. »Wir waren ja schon so lange dort, hatten uns eingelebt … Da waren die beiden eher wie eine andere Spezies, auf jeden Fall eine eigene Gemeinschaft. Ihr Tod beunruhigte uns, aber nur auf uns bezogen. Auf unsere Situation bezogen, meine ich. Ich glaube nicht, dass wir uns großartig Gedanken um diese beiden als Menschen gemacht haben, auch wenn das jetzt vielleicht furchtbar klingt. In unseren Köpfen war kein Platz dafür, um Menschen zu trauern, die wir nicht kannten. Das war fast wie ein Luxus. Nein … ich denke, das Schlimmste war für uns, dass es keinerlei Kontaktmöglichkeiten mehr gab – keine Vertreter der Welt dort draußen.« Ich zwinge mich, meine Hände im Schoß ruhig zu halten, um nicht so nervös zu wirken. »Von da an konnten wir uns an niemanden mehr wenden. Es gab keinen Schlichter mehr, der uns zur Rechenschaft hätte ziehen können … Jetzt gab es nur noch uns oder besser gesagt: nur noch sie … und mich.«