England hatte im Wechsel der Zeiten seine isolierte kunstgeschichtliche Stellung behauptet und dem romanisch-katholischen Barockgeist keinen Einlass gewährt. Umso stolzer war aber die Architektur, die sich immer noch streng an Andrea Palladio anlehnte und bis zu Jaques-Germain Soufflots (1713 bis 1780) Panthéon in Paris oder zu Carl von Gontards Türme am Gendarmenmarkt in Berlin ausstrahlte. Eine eigene Malerei und Bildhauerei besaß England bis weit in das 18. Jahrhundert hinein nicht. Vor allem Niederländer, aber auch Deutsche und Italiener bestritten traditionell den Bedarf an Werken der bildenden Kunst.
Einer der großen Architekten Englands war Christopher Wren (1632 bis 1723), der bis 1667 eine Professur der Astronomie innehatte, sich dann der Architektur zuwandte und von 1669 bis 1718 königlicher Hofarchitekt war. Er begann 1675 mit dem Bau der St. Pauls Cathedral (1675/1703), dem bedeutendsten Baudenkmals Englands seit der Glanzzeit der Königin Elizabeth I., der ‘jungfräulichen Königin’ (1533 bis 1603). Die planerischen Vorbereitungen zu diesem Bau hatte Wren schon in Frankreich begonnen. Genau wie die Franzosen zu dieser Zeit, suchte auch er klassizistische Strenge mit der monumentalen Wucht des Barocks zu verbinden, und das ist ihm offensichtlich mit dieser Kathedrale, neben der Peterskirche in Rom das größte Gotteshaus der Christenheit, vortrefflich gelungen.
Da die Fertigstellung der Kathedrale in die Regierungszeit der Nachfolgerin Wilhelms III., der als Wilhelm II. (1650 bis 1702) auch König von England und Schottland war, der Königin Anna (1665 bis 1714) fiel, hat man diese noch mit nationalen Elementen durchsetzte Richtung des englischen Barockstils den Königin-Anna-Stil genannt. Neben Wren, dem nach dem verheerenden Brand Londons (1666) eine umfassende Bautätigkeit, davon allein 51 Kirchen, von denen immerhin 15 erhalten geblieben sind, und von anderen öffentlichen Gebäuden zufiel, kam noch John Vanbrugh (1666 bis 1726) zur Geltung, der sich insbesondere auf dem Gebiet der Errichtung von Schlössern (seine Hauptarbeit war das Schloss Blenheim) profilierte.