Die Malerei

Die spanische Malerei nahm gegen Ende des 18. Jahrhunderts einen neuen Aufschwung durch den Maler, Zeichner, Radierer und Lithographen Francisco de Goya y Lucientes (1746 bis 1828), der sich als äußerst vielseitiger Künstler auf allen Gebieten der Malerei, in Fresken, Altarbildern und Bildnissen großen Stils, tummelte. Aber auch in Entwürfen für Wandteppiche und in Sittenbildern aus dem Volksleben betätigte er sich und hielt in satirischen, einerseits die Hofgesellschaft und andererseits religiöse Heuchelei und gewisse Dogmen der Kirche scharf geißelnden Radierungen mit seiner Meinung nicht zurück. Wirklich Großes und Bleibendes hat er aber vor allem in diesen Sittenbildern, etwa wie in Milchmädchen von Bordeaux, in Bildnissen und Radierungen wie in seinen aus achtzig Blättern bestehenden Caprichos (1797/1799) geleistet, von denen insbesondere Letztere weit über Spaniens Grenzen hinaus verbreitet worden sind.

 

Goya bezeichnete sich selbst als Schüler von Rembrandt und Velázquez, dessen Kolorit er auch mit Erfolg nacheiferte, während die nur flüchtig andeutende, aber höchst geistreiche Technik seiner Radierungen überwiegend auf das Studium der Blätter Rembrandts zurück geht. In Spanien hatte er keinen Nachfolger; seine Bedeutung ist erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts durch französische Schriftsteller ins rechte Licht gerückt worden. Die hatten ihn sogar als einen der Ihrigen betrachtet, weil Goya ab 1824 bis zu seinem Tod in Bordeaux gelebt hatte. Schließlich war er hier vor den Nachstellungen der Inquisition sicherer als am spanischen Hof, obwohl er dort höchste Ehren – er war ja ganz nebenbei auch Direktor der Akademie – und als Hofmaler sogar den Schutz des Königs genossen hatte.

 

Für die Entwicklung des Impressionismus war Goyas Kunst von größter Bedeutung. Ein so außergewöhnlicher Maler wie Edouard Manet (1832 bis 1883) fußt geradezu auf ihm. Dessen Olympia (1863), sein Balkon (um 1868) oder auch sein Stierkampf (1865/1866) sind ohne Goya gar nicht denkbar, denn sie sind im unmittelbaren Anschluss an ähnliche Bilder Goyas entstanden. Aber auch sein gesunder Realismus und seine Bemühungen, das Leben der Atmosphäre malerisch zu erfassen, zeigen Goya als einen Wegbereiter auf den Wegen, den die Kunst des 19. Jahrhunderts gegangen ist. Und wenn man etwas genauer hinschaut, kann man auch feststellen, dass Goya einer der Ahnherren des Expressionismus war – schließlich hat kein anderer Maler seine Empfindungen, seine inneren Erlebnisse so rücksichtslos zum Ausdruck gebracht.