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Diese Grizzly-Skulptur war dämlich. In den kalifornischen Bergen konnte man vielleicht Braunbären und Schwarzbären finden, aber keine Grizzlys. Wozu hatten sie sie überhaupt aufgestellt?

Um die Camper zu verstören und sie als Kunden zu verlieren?

Obwohl Hunde schon seit Jahrtausenden mit Menschen zusammenlebten, verwirrte Kipp immer noch einiges von dem, was diese taten und produzierten – dazu zählten riesige Grizzlybären aus Holz ebenso wie abstrakte, impressionistische Kunst und Nasenringe.

Aber etwas Schlimmeres als ein Grizzlybär war jetzt auf dem Weg hierher: Fred, der Bruder des Hassers Frank, der wahrscheinlich ebenfalls ein Hasser war.

Sogar einem Hund mit stark verbesserter Intelligenz würde es schwerfallen, sich aus dem Käfig eines Massenzüchters zu befreien und seine Ketten loszuwerden.

Die Leine, mit der Kipp an der Bärenskulptur angebunden war, war etwa drei Meter lang. Es gelang ihm, sich umzudrehen und sie ins Maul zu nehmen.

Das Material war zäh, aber seine Zähne waren der Aufgabe gewachsen. Er kaute und zog mit aller Kraft.

Von seinem Bürostuhl aus fragte Frank der Hasser: »Was zum Teufel machst du da?«

Selbst wenn Kipp fähig gewesen wäre zu sprechen, hätte er sicher nicht aufgehört zu kauen, um seine Fluchtabsicht zu erklären.

Wenn es keine rhetorische Frage gewesen war, musste dieser Frank noch dümmer sein, als er aussah.

»Deine Art kenne ich, Hund. Ich weiß, wie man mit solchen wie dir umgehen muss.«

Seine grünen Augen blitzten unter den Schnurrbart-Augenbrauen, und der Hasser kam hinter dem Schreibtisch hervor.

Kipp knurrte, kaute jedoch weiter an der Leine.

Als der Hasser versuchte, sein Halsband im Nacken zu fassen, drehte Kipp sich zu ihm um und knurrte noch wilder zwischen den zusammengebissenen Zähnen hindurch.

»Ich sperr dich besser im Bad ein, bis Fred hier ist.«

Frank der Hasser band seinen Gefangenen von einer der Stahlstangen zwischen dem Bären und der Wand los.

Kipp ließ die Leine los und schnappte nach seinem Kidnapper. Er hatte nicht vor, ihn zu beißen, wollte ihn nur verjagen.

Frank wich ein paar Schritte zurück. Er roch jetzt nicht mehr nur nach Hass, sondern auch nach Wut.

Er nahm seinen Gürtel ab, griff ihn mit der rechten Faust. Die Gürtelschnalle baumelte am anderen Ende.

»Dir bring ich Manieren bei«, sagte Frank, der wütende Hasser.

Er schlug mit dem Gürtel zu, aber die Schnalle verfehlte Kipp und krachte gegen den hölzernen Bären.

»Platz!«, befahl der Mann.

Kipp legte sich nicht hin. Er knurrte und fletschte die Zähne.

»Platz! Platz, verdammt noch mal!«, kommandierte der Hasser.

Er hob die rechte Hand hoch in die Luft, um dieses Mal härter zuzuschlagen, präziser, vielleicht mehr als nur einmal.

Genau in diesem Augenblick wurde die Tür geöffnet und ein Fremder kam herein. Er rief: »Hey, hey, hey! Was machen Sie da?«

»Bleiben Sie, wo Sie sind!«, forderte Frank ihn auf. »Ich hab hier ’nen verdammten bissigen Hund. Ein halb verwilderter Streuner.«

Kipp wedelte mit dem Schwanz, jaulte so kläglich, wie er konnte, und duckte sich vor der erhobenen Faust des Hassers.

»Man soll Hunde nicht schlagen«, sagte der Neuankömmling.

Der Gestank von Franks Hass verstärkte sich. Jetzt war er nicht mehr nur auf Kipp, sondern auch auf den Fremden wütend.

»Sehen Sie zu, dass Sie rauskommen, bevor Sie gebissen werden«, entgegnete er. »Und überlassen Sie das hier mir.«

»Ich gehe, sobald ich meinen Hund habe«, erklärte der Mann und stellte sich zwischen Kipp und den Hasser.

»Ihr Hund? Das ist ein verdammter Streuner. Hat keine Hundemarke am Halsband.«

Der Neuankömmling löste die Leine von der Stahlstange und sagte: »Er gehört mir.«

»Von wegen.«

»Wenn Sie ihn noch einmal schlagen, dann schnall ich Ihnen den Gürtel da so fest um den Hals, dass Sie blau anlaufen, das schwör ich Ihnen.«

Zusätzlich zu Knoblauch, Verbenen-Aftershave, Handdesinfektionsmittel mit Kokosnussduft, Deodorant und ChapStick-Lippenbalsam, vollgepinkelten Schuhen, Wut und Hass roch Frank auch noch nach dieser bestimmten Art von Furcht, die ein säuerliches Aroma hatte und Feigheit genannt wurde.

»Das ist ein hundefreier Campingplatz«, schimpfte er. »Der war schon immer hundefrei, und ich werd dafür sorgen, dass er das auch bleibt. Ich kann Sie hier nicht mit ’nem Hund rumlaufen lassen.«

Der Fremde las den aufgedruckten Namen von seinem Kakihemd ab und erwiderte: »Ich checke nicht ein, Frank. Löschen Sie die Reservierung für Hawkins.«

»Wenn Sie noch gar nicht eingecheckt haben, kann das auch nicht Ihr Hund sein.«

Der Neuankömmling beachtete den Hasser nicht und lächelte zu Kipp hinab. »Komm mit, Kleiner, wir hauen ab aus diesem Saftladen.«

Als Kipps Retter die Tür öffnete, unternahm der Hasser einen letzten Versuch, seine Autorität geltend zu machen. »Er kann nicht Ihr Hund sein.«

»Schnallen Sie sich den Gürtel wieder um, bevor Sie die Hose verlieren, Frank. Ich hab noch nichts gegessen, also verderben Sie mir nicht den Appetit.«