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Der kreischende Wind, der durch die Nacht peitschte. Das schwache Lampenlicht. Ein graues Auge, ein braunes Auge, das graue irgendwie falsch.

Der Atem des Fremden roch grauenhaft. Seine Zähne waren fleckig. Von seinen gesprungenen Lippen schälte sich die Haut, als hätte er auf ihnen herumgekaut.

Mit einem Finger strich der Kerl über Woodys rechte Wange, über die Seite seiner Nase. Es war, als würde er von etwas berührt, das in einer Gruselgeschichte aus dem Schrank oder unter dem Bett hervorgekrochen war. Sein pochendes Herz fühlte sich an, als wollte es ihm in die Kehle steigen. Er wollte schreien und schreien, konnte aber keinen Laut von sich geben und sich auch nicht bewegen, sondern nur gelähmt vor Angst daliegen, in die wilden Augen des Einbrechers starren und seinen stinkenden Atem riechen. Und sich fragen: Was jetzt? Was kommt als Nächstes?

»Du siehst genauso aus wie dein verräterischer Vater«, flüsterte der Fremde. »Gut, dass du ein Schwachsinniger bist. Noch so ein heimtückisches, egoistisches Stück Scheiße wie Jason kann die Welt nicht gebrauchen.«

Es musste jemand aus dem Dark Web sein, von der Tragedy-Seite. Wer sollte er sonst sein? Aber wie schnell sie ihn aufgespürt hatten! Er hätte den Computer nicht wieder anschließen sollen.

»Bist du wirklich ein Blödmann? Siehst gar nicht so blöd aus. Vielleicht tust du nur so, als wenn du’s wärst.«

Mit dem Finger zog der Mann Kreise um Woodys Kinnspitze, herum und wieder herum.

»In der Welt, die entsteht, wird es keinen Platz für Blödmänner geben. Nicht für Blödmänner, nicht für Krüppel und Leute, die die falschen Vorstellungen haben.«

Er fuhr mit dem Finger über Woodys Unterlippe, die Oberlippe, wieder die Unterlippe. Woody wollte ihn beißen, und zwar fest.

»Sehr zart«, stellte der Einbrecher fest.

Als der Mann schnell nacheinander mehrmals mit dem rechten Auge blinzelte, fiel die gefärbte Kontaktlinse heraus und blieb in seinen Wimpern hängen. Er pflückte sie mit Daumen und Zeigefinger und starrte sie verwirrt an, als hätte er keine Ahnung, was sie war. Dann schnippte er sie beiseite.

Jetzt waren beide Augen grau, und beide waren falsch. Als der Mann den Blick wieder auf Woody richtete, war ein Leuchten in ihnen, das keine Reflexion des Lampenscheins war. Sie waren graue Tümpel wie Regenwasserpfützen auf verwittertem Holz. Die Tümpel waren tief und kalt, und aus ihren Tiefen drang ein phosphoreszierender Glanz hervor.

Woody hatte den verzweifelten Wunsch, sich auf Schloss Wyvern zurückzuziehen, die Turmtreppe hinaufzusteigen, die massiven Riegel vorzuschieben und sich auf seinem Schilfbett zusammenzurollen, bis dieser Mann nicht mehr da war. Er wollte zu den unverglasten Fenstern hinaufblicken und zusehen, wie die Drachen durch den mit dunklen Wolken verhangenen Himmel flogen, in dem Blitze zuckten, aber nie Donner grollte. Aber wenn er nach Wyvern floh, würde er seine Mutter mit diesem Mann allein lassen, mit diesem Ding.