VERDAMMT NACHSITZEN IN ALLE EWIGKEIT

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Dirk warf einen Blick auf die Wanduhr. Diese Runde Nachsitzen würde er bald hinter sich haben. Er bückte sich und kratzte seinen Knöchel, an dem die Fußfessel scheuerte, dann beschäftigte er sich wieder mit dem Plan, der vor ihm auf dem Tisch lag. Er hatte den »Sklavenaufseher« Grottich, den alten Geschichtslehrer (selbst eine Art historisches Relikt, wie ein Lehrer aus einem Internat der Fünfzigerjahre), davon überzeugen können, dass er während der Nachsitzzeit dringend an einer zusätzlichen Hausaufgabe für den Informatikunterricht arbeiten müsse. Aber in Wahrheit war dieser Plan viel interessanter als der ganze unwichtige, langweilige Lernstoff, mit dem sich die Menschlingskinder täglich herumschlagen mussten.

Dirk warf einen Blick zu Phil Miller hinüber, dem anderen Nachsitzer. Phil war der typische Schulhofschläger, aber jetzt wich er Dirks Blicken geflissentlich aus. Schon seit einiger Zeit ging er ihm so gut es ging aus dem Weg, nachdem er sich ein paarmal mit ihm angelegt und zu seiner Schande stets den Kürzeren gezogen hatte. Bei der Erinnerung daran erschien ein kleines, bösartiges Grinsen auf Dirks Gesicht. Da ertönte endlich der Gong.

»Das war's. Ich hoffe, ihr habt eure Lektion gelernt, Jungs«, sagte Grottich.

»Jaja, klar«, murrte Phil Miller, der sofort aufsprang und zur Tür hastete – offensichtlich wollte er so schnell wie möglich aus Dirks Nähe verschwinden. Dirk grinste noch breiter. Der alte Grottich zuckte zurück, als er ihn ansah – sein unheimliches, fratzenartiges Grinsen löste bei anderen Leuten immer Entsetzen aus.

»Äh … von dir, Dirk, darf ich vermutlich nicht annehmen, dass du deine Lektion gelernt hast, oder?«, fragte er und näherte sich unauffällig der Tür, als wollte er gleich die Flucht ergreifen.

»Natürlich nicht, Grottich. Und jetzt aus dem Weg, Mann, ich habe heute noch was Wichtigeres zu tun«, herrschte Dirk den Lehrer im Befehlston an.

Zornesröte stieg Grottich ins Gesicht; einen Moment lang überlegte er, ob er Dirk noch eine weitere Stunde Arrest aufbrummen sollte – schließlich hätte der Junge ihn mit Mister Grottich ansprechen müssen, ganz abgesehen von den restlichen Frechheiten, die er danach noch gesagt hatte. Andererseits … dieser Junge war Dirk Lloyd, der schwierigste, cleverste, brillanteste, düsterste, der am meisten verschlagene und am wenigsten erziehbare Junge, den zu unterrichten Grottich jemals das Unglück gehabt hatte. Er ließ die Schultern sinken. »Ja, Dirk, dann geh mal«, sagte er schicksalsergeben.

Eine Lektion habe ich aber gelernt, dachte Dirk, während er darauf wartete, dass Grottich endlich aus dem Weg schlurfte, und zwar schon vor langer Zeit: Wer Macht hat, wird sie irgendwann unweigerlich missbrauchen.

Wer wusste das besser als er selbst? Zum Beispiel war schon das Nachsitzen heute total ungerecht gewesen. Und nicht nur deshalb, weil er, Dirk, hoch über allen kleinlichen Regeln stand und daher niemals irgendeiner Strafe oder Kontrolle unterworfen werden durfte (schließlich war er ein mächtiger Dunkler Lord), sondern, weil er tatsächlich völlig zu Unrecht zum Nachsitzen verdonnert worden war. Dieses Mal hatte er nämlich gar nichts Verbotenes angestellt (was nicht heißen soll, dass er es nicht versucht hätte). Nein, er war nicht schuld; schuld war der Schulleiter. Der hatte nämlich einen wahren Feldzug gegen ihn gestartet, um ihn zu schikanieren, so gut und oft er nur konnte.

Zwar ging es nicht um »töten, verstümmeln, köpfen, verbrennen, verprügeln und restlos fertigmachen«, dachte Dirk mit wissendem Grinsen, aber der Weiße Zauberer hat mich seit einer Woche an jedem einzelnen Tag nachsitzen lassen.

Außerdem hatte ihm der Weiße Schuft zusätzliche Hausaufgaben aufgebrummt, ihn zu einer speziellen Beratung geschickt, ihn gezwungen, zusätzlichen Sport zu treiben und Förderkurse zu besuchen – und überhaupt jede nur denkbare Strafe auf ihn abgefeuert. Und was die Sache noch schlimmer machte: Dirks spezielle Berater waren diese beiden schwachsinnigen Idioten, Wings und Randle! Hasdrubans Feldzug gegen Dirk verfolgte nur den Zweck, ihn ständig beschäftigt zu halten und auf diese Weise vollständig von allem anderen abzulenken, sodass Dirk gar keine Zeit fand, irgendeinen Plan zu entwickeln oder eines seiner berüchtigten, komplizierten, bösartigen Vorhaben in die Tat umzusetzen. Aber vielleicht sollte die Kampagne auch einfach nur dafür sorgen, dass Dirk sich unendlich langweilte, bis er einknickte und sich dem Willen des Zauberers unterwarf.

Aber das wird nicht funktionieren, oh nein, dachte Dirk, denn ich werde es überleben und einen Plan entwickeln, denn eines Tages werde ich zurückschlagen!

Als Dirk aus dem Arrestzimmer in den Flur trat, blieb er wie angewurzelt stehen. Dort, am anderen Ende des Korridors, stand er höchstpersönlich, sein Erzfeind: Dr. Hasdruban! Und neben ihm stand die Konrektorin: die Weiße Hexe der Heiligen Rache!

Sie standen nur einfach da und starrten zu ihm herüber. Dirk verschränkte die Arme, hob das Kinn ein wenig höher und starrte herausfordernd zurück. Die Zunge der Weißen Hexe zuckte nervös zwischen ihren blassen Lippen hervor, wie die eines Raubtiers, das einem verlockenden Geruch in der Luft nachschmeckte. Dirk setzte sein bösestes Grinsen auf. Hexe und Zauberer schauten sich vielsagend an, dann hob Hasdruban den Stab und richtete ihn drohend auf Dirk. Der runzelte die Stirn.

Genau in diesem Augenblick kam Grottich aus dem Arrestzimmer geschlurft. Hasdruban und die Weiße Hexe wandten sich ab, als seien sie gerade rein zufällig vorbeigekommen.

Hätte auch nicht gut ausgesehen, wenn der Rektor einen Schüler mit einem magischen Blitz im Schulgebäude pulverisiert hätte?, dachte Dirk und kicherte in sich hinein.

Grottich schlurfte weiter zum Ausgang. Dirk hielt es für ratsam, so dicht wie möglich hinter ihm herzuschleichen, nur für den Fall, dass der Schulleiter und seine Stellvertreterin noch einmal umkehrten. Dass ihm Dirk so dicht auf den Fersen folgte, machte Grottich natürlich ein bisschen nervös, weshalb er sich immer wieder nach ihm umblickte. Er bemerkte, dass auch Dirk sich immer wieder umblickte. Dirk wollte sich eigentlich nur vergewissern, dass er nicht von der Hexe und dem Zauberer verfolgt wurde, aber Grottich glaubte, er wolle bloß sicher sein, dass niemand in der Nähe war, um ihm, Grottich, ungestört irgendetwas Ruchloses anzutun, beispielsweise ihm einen Zettel mit der Aufschrift »Ich bin gaga« auf den Rücken zu kleben oder einen langen Affenschwanz ans Jackett zu heften. Deshalb schlurfte Grottich nun etwas schneller. Dirk achtete darauf, weiterhin dicht hinter dem Geschichtslehrer zu bleiben, damit ihn Hasdruban nicht allein erwischte, und beschleunigte daher ebenfalls ein wenig. Grottich erhöhte das Tempo erneut, Dirk zog mit, und so weiter, bis die beiden schließlich in vollem Karacho aus dem Schultor rasten, als sei der Teufel persönlich hinter ihnen her.

Was genau das war, was beide dachten, nur hatten sie verschiedene Teufel im Sinn.

Vor dem Schultor warteten Suus (natürlich ganz in Schwarz gekleidet, mit Silberschmuck überall, dazu trug sie ihre üblichen klobigen Goth-Stiefel) und der engelhafte Christopher, der immer noch in seiner Schuluniform steckte. Beide beobachteten völlig verblüfft, wie Grottich offenbar von Dirk aus der Schule gejagt wurde.

Grottich und Dirk blieben stehen, als sie Suus und Chris mit offenen Mündern herüberstarren sahen. Sie hüstelten verlegen und gaben sich Mühe, so normal wie möglich auszusehen, als sei nichts Ungewöhnliches oder Seltsames los. Grottich zog sogar das Jackett aus, um die Rückseite zu überprüfen. Er fand nichts Außergewöhnliches, und als er sah, dass Dirk lässig zu Suus und Chris hinüberschlenderte, wandte er sich um und eilte davon, sodass die Kinder nun ungestört ihre Pläne aushecken konnten.

»Was war denn da los?«, fragte Suus und wies mit einer Kopfbewegung hinter dem Lehrer her.

»Grottich? Ach, der … äh, nichts Besonderes, gar nichts!«, versuchte Dirk, das Thema beiseitezufegen. Niemals hätte er zugegeben, dass er Grottich als Deckung benutzt hatte, um sich gegen Hasdruban zu schützen. Für einen Dunklen Lord wäre das schließlich megapeinlich gewesen.

»Nichts Besonderes? Mir kam es so vor, als hättest du ihn aus der Schule gejagt, wie eine Fledermaus aus der Hölle!«, sagte Chris. »Echt cool!«

»In der Tat habe ich den gebrechlichen Grottich verfolgt«, sagte Dirk, dem diese Erklärung recht gut gefiel. Sie klang schließlich entschieden besser als die Wahrheit – dass er Grottich als Schutzschild genommen hatte.

»Echt? Warum hat er dir dann nicht einfach Arrest aufgebrummt?«, wollte Suus wissen.

»Weil, äh … Genug davon! Es gibt Wichtigeres zu besprechen«, sagte Dirk mit seiner besten Dark-Lord-Stimme, um von dem unangenehmen Thema abzulenken. »Nun denn: Wie stehen die Dinge im ›Wald der Dämonen‹?«

Als Dirk, Suus und Christopher auf die Erde zurückgekehrt waren, hatten sie Rufino und Gargon mitgebracht. Rufino war ein menschlicher Ritter, der eine mittelalterliche Rüstung trug und ein Schwert mit sich führte, und Gargon war ein weit über zwei Meter großes, geflügeltes dämonenartiges Ungeheuer und diente dem Dark Lord als Kommandant der Heerscharen des Grauens. Die beiden Darkländer hielten sich nun in einem nahe gelegenen Wald verborgen, der eigentlich »Weidenwald« hieß, den Dirk jedoch wegen Gargons Anwesenheit spaßeshalber »Wald der Dämonen« nannte.

»Alles bestens, aber Rufino wird langsam unruhig«, sagte Chris.

»Ich denke, wir müssen ihm irgendetwas zu tun geben, sonst läuft er uns noch davon«, sagte Dirk. »Und was ist mit Gargon?«

»Dem geht's gut«, antwortete Suus. »Es macht ihm mächtig Spaß, nur herumzusitzen und nichts zu tun, außer sich zu verstecken. Wenn er gerade mal nicht schläft, hängt er einfach nur ab.«

»Typisch! Er war schon immer ein fauler Kommandant«, sagte Dirk.

»Wann kannst du sie besuchen? Wir müssen uns unbedingt einen Plan ausdenken, was wir mit ihnen machen, bevor man sie entdeckt«, meinte Chris.

»Ich weiß, ich weiß, aber zuerst muss ich mich um diese idiotische Fußfessel kümmern«, sagte Dirk. »Ich muss sie neutralisieren, damit ich mich wieder überall frei bewegen kann statt nur nach Hause oder zur Schule.«

»Klar, aber wie willst du das machen?«, fragte Chris.

»Gehen wir in mein Zimmer, dann zeige ich es euch«, sagte Dirk.

Währenddessen waren sie um die Schule herumgegangen und an der Rückseite des Geländes in eine kleine Straße eingebogen. Sie gingen an der Hecke einer Schrebergartenkolonie entlang. Es war ein grauer Novembertag, noch nicht sehr kalt, aber ruhig; feuchter nebelartiger Dunst hing in der Luft. Niemand war zu sehen – oder jedenfalls glaubten sie das. Doch plötzlich tauchte wie aus dem Nichts ein weißer Transporter auf. Mit quietschenden Reifen kam er um die Ecke und auf sie zugerast. Auf den Seiten stand in blauer Schrift »Wir säubern die Welt!«. Die Reifen jaulten schrill, als der Wagen direkt vor ihnen eine Vollbremsung hinlegte. Die Beifahrertür wurde aufgestoßen und heraus sprang – Dr. Hasdruban!

Die Kinder waren erschrocken stehen geblieben. Hasdruban kam heran und richtete seinen Stab auf sie. Mit der anderen Hand, die wie eine Klaue halb geöffnet war, vollführte er eine seltsame, weit ausholende Geste, das Gesicht zu einer Maske des Wahnsinns verzerrt.

»Stirb, Dunkler Lord, stirb!«, schrie er mit sich überschlagender Stimme, wobei ihm der Speichel aus dem Mund sprühte und durch seinen langen weißen Bart rann. »Und auch du, böse Mondkönigin, und euer Lakai, der Verräter und Nichtsnutz Christopher!« Dabei zielte er mit dem Stab auf sie wie mit einem Gewehr.

Instinktiv hob Dirk die Ringhand, an der der Große Ring der Macht glitzerte, obwohl er hier auf der Erde keinerlei Zauberkraft besaß, und ging sofort in Deckung.

Hinter Suus …

»Afflictus annihilatus!«,kreischte Dr. Hasdruban und schüttelte den Stab heftig in ihre Richtung.

Suus prallte förmlich zurück. Dirk biss die Zähne zusammen und machte sich hinter ihr noch ein bisschen kleiner, während Christopher … Nun, Christopher warf Dirk einen verächtlichen Blick zu und sprang mit einem Satz vor Suus, um sie vor dem Zauberfluch zu schützen.

Und dann – passierte gar nichts.

Hasdruban starrte verblüfft seinen Stab an. Er schüttelte ihn noch einmal. »Sterbt, ihr höllischen Ausgeburten des Bösen, sterbt!«, schrie er.

Und wieder geschah nichts. Kein blauer Lichtblitz, keine heiligen Stichflammen. Nichts. Dann ging die Fahrertür auf und die Weiße Hexe stieg aus dem Transporter. Dr. Hasdruban schaute ihr völlig verwirrt entgegen, als sie zu ihm rannte und ihm einen Zettel reichte. Er las ihn.

Dirk lächelte, richtete sich auf und trat hinter Suus' Rücken hervor.

»Was soll das heißen, es funktioniert hier nicht?«, schrie Hasdruban die Weiße Hexe an. »Wieso nicht?«

»Armer alter Narr«, murmelte Dirk und winkte seinen Freunden, ihm zu folgen. Sie schlichen sich davon und machten vorsichtshalber einen großen Bogen um den Lieferwagen.

»Wirklich? Nur ein paar kleinere Zaubersprüche? Bist du sicher?«, hörten sie Hasdruban erstaunt fragen. Die Weiße Hexe nickte heftig und kritzelte aufgeregt ein paar Worte auf einen neuen Zettel.

»Könnte tatsächlich ein normaler Menschlingsjunge sein? Nein, das glaube ich niemals! Er ist der Dark Lord, sage ich dir!«, brüllte Hasdruban voller Wut.

Währenddessen stahlen sich die drei Freunde unbemerkt davon.

»Was willst du damit sagen?«, hörten sie den Zauberer weiter schimpfen. »Natürlich hat er den Tod verdient!« Aber je weiter sie sich entfernten, desto leiser wurde seine Stimme.

Als sie endlich außer Sicht- und Hörweite waren, lachte Dirk auf und rief: »Ha! Dieser Einfaltspinsel von einem Hexenmeister! Ich kann es kaum glauben, dass ihm erst jetzt klar wird, dass seine Zaubersprüche hier nicht funktionieren!«

Aber Suus blieb stehen und baute sich direkt vor Dirk auf. »Dirk, du hast mich als Schild benutzt! Du hast dich hinter mir versteckt! Du bist so was von feige!«, schrie sie, den Tränen nahe.

Dirk blinzelte verblüfft. Chris verschränkte die Arme und starrte ihn herausfordernd an.

»Ähhh … mmmh … nein!«, stotterte er hastig. »Ich … ich wusste doch, dass seine Magie nicht funktioniert, natürlich war mir das vollkommen klar! Es bestand also überhaupt keine Gefahr – ein so starker Zauber funktioniert einfach nicht auf der Erde!«

»Ach wirklich? Und warum hast du dich dann hinter mir versteckt, wenn doch überhaupt keine Gefahr bestand?«, wollte Suus wissen und wischte sich eine kleine Träne von der Wange.

»Ja, aaalsooo … ich musste etwas verstecken! Hasdruban durfte es auf keinen Fall sehen!«, log Dirk munter.

»Ha, und das soll ich dir abkaufen?«, zischte Suus, jetzt noch wütender als zuvor. »Los, zeig's mir, was war es denn?«

»Was …? Es … es … war kein Gegenstand, es war … war … äh, ein … ein Spruch. Ja, genau! Ein Zauberspruch! Ich wollte mich gerade darauf vorbereiten, ihm einen Gegenzauber entgegenzuschleudern, aber das durfte er natürlich nicht merken, und deshalb …«, brachte Dirk seine Ausrede ziemlich lahm zu Ende. Er wand sich vor Verlegenheit, was selten vorkam.

»Wie jetzt?«, schrie Suus. »Gerade eben hast du doch behauptet, dass starke Zaubersprüche hier auf der Erde nicht funktionieren!«

Weiter hinten in der Straße waren zwei weitere Gestalten, Hasdruban und die Weiße Hexe, offenbar in einen ähnlich heftigen Streit verwickelt, denn sie fuchtelten und gestikulierten wild mit den Armen.

Dirk plusterte sich auf und donnerte in seiner bedrohlichsten Dark-Lord-Stimme: »Du wagst es, mein Wort in Zweifel zu ziehen, du winziges Menschlingskind? Weißt du denn nicht, wer ich bin? Ich bin dir keine Rechenschaft schuldig!«

»Versuche bloß nicht, mir Angst einzujagen, Dirk Lloyd! Ich bin kein kleines Schulmädchen mehr, wie dir inzwischen klar sein sollte, und ich habe schon viel schlimmere Typen als dich fertiggemacht!«, schrie Suus zurück und stampfte wütend mit dem Fuß auf.

»Und was ist mit mir?«, mischte sich Christopher ein, dem die ganze Sache immer mehr auf die Nerven ging.

»Was meinst du – was soll mit dir schon sein?«, fragten Suus und Dirk wie aus einem Mund.

»Hört mal, ich hab mich eingemischt, oder nicht? Ich habe mich vor Suus gestellt und habe sie beschützt. Ich jedenfalls habe mich nicht hinter ihr versteckt wie der da!«, sagte Christopher wütend und wies mit einer verächtlichen Handbewegung auf Dirk. Dann deutete er mit dem Daumen auf die eigene Brust. »Wie ein Held – wie ein richtiger Held!«, fügte er laut hinzu.

»Ach ja, stimmt, das hast du getan, das war lieb von dir«, sagte Suus und streichelte ihm kurz die Narbe auf der Wange, bevor sie sich wieder zu Dirk umwandte.

»Siehst du? Warum kannst du nicht ein bisschen mehr wie Christopher sein?«, fragte sie und richtete einen anklagenden Zeigefinger direkt auf Dirks Stirn.

»Ach so, jetzt kapiere ich es endlich!«, erwiderte Dirk. »Du willst mich zu einem genauso nutzlosen Lakaien machen, wie er ist, damit du selbst die Macht übernehmen kannst!«

Christopher seufzte, während sich die beiden weiterstritten. Ein nutzloser Lakai – dafür hielt ihn Hasdruban und Suus und Dirk ebenfalls. Für sie spielte es überhaupt keine Rolle, ob er hier war oder nicht. Er drehte sich abrupt um, marschierte davon und ließ die beiden Streithammel hinter sich. Sie bemerkten es nicht einmal, als er in der Ferne verschwand.

19. November Herzausreißer

Suus ist ziemlich sauer auf mich. Hätte mich nicht hinter ihr verstecken dürfen, ich weiß, aber alte Gewohnheiten wird man eben nur schwer los. Ich meine, wozu hat man denn seine Lakaien? Jedenfalls fühlte ich mich ein bisschen … wie heißt das noch mal, woran die Menschlinge ständig leiden? Was dich schwach und wehleidig und geschwätzig und so weiter macht … ja, genau … ›schuldbewusst‹. Stimmt, ich fühlte mich tatsächlich ein bisschen schuldig. Und deshalb kaufte ich ihr eine Schachtel »Dark Magic«­Pralinen. Kam mir ziemlich passend vor. Darüber musste sie lachen, aber trotzdem glaube ich nicht, dass sie mir schon völlig verziehen hat.

19. November Herzausreißer

Diesen Bericht hab ich gerade in der Zeitung entdeckt … Muss dringend etwas unternehmen, bevor die Sache aus dem Ruder läuft! Was würde passieren, wenn sie Gargon tatsächlich gefangen nähmen? Wofür würden sie ihn halten? Würden sie ihn am Ende sogar in einen Zoo sperren?

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