Palo Alto in den 1990ern
Justine, Elon und Maye (oben); die ganze Familie, mit Errol und Maye 2. bzw. 3. v. r. (unten)
© Mit freundlicher Genehmigung von Maye Musk
Als sich Musk entspannt auf dem Fahrersitz seines neuen McLaren niederließ, sagte er zu dem CNN -Reporter, der die Szene filmte: »Der eigentliche Lohn ist dieses Gefühl von Befriedigung, eine Firma gegründet zu haben.« Da legte seine Freundin, eine schöne, gertenschlanke junge Frau, den Arm um ihn. »Ja, ja, ja, aber das Auto doch genauso«, gurrte sie. »Das Auto. Seien wir ehrlich.« Musk wirkte etwas verlegen und schaute auf sein Handy, um seine Nachrichten durchzugehen.
Der Name der jungen Frau war Justine Wilson . Bei ihrer ersten Begegnung an der Queen’s University hatte sie noch den schlichteren Namen Jennifer benutzt. Wie Musk war sie als Kind ein Bücherwurm gewesen, auch wenn ihre Vorliebe eher düsteren Fantasyromanen galt und weniger Science-Fiction. Sie war in einer kleinen, an einem Fluss gelegenen Stadt nordöstlich von Toronto aufgewachsen und träumte davon, Schriftstellerin zu werden. Mit ihrem wallenden Haar und dem geheimnisvollen Lächeln wirkte sie strahlend und sinnlich zugleich, als wäre sie selbst einem dieser Liebesromane entstiegen, die sie eines Tages schreiben wollte.
Die beiden hatten sich kennengelernt, als sie im ersten und er im dritten Semester war. Nachdem er sie auf einer Party gesehen hatte, lud er sie auf ein Eis ein. Sie verabredeten sich für den folgenden Dienstag. Doch als er in ihr Zimmer kam, war sie nicht da. »Was ist ihr Lieblingseis?«, fragte er eine ihrer Freundinnen. Vanille mit Schokochips. Er kaufte ihr eine Kugel und lief über den Campus, bis er sie über einen spanischen Text gebeugt im Studienzentrum entdeckte. »Ich glaube, das ist dein Lieblingseis«, sagte er und reichte ihr die tropfende Kugel.
»Er ist kein Mann, der ein Nein akzeptiert«, erklärt sie.
Justine war gerade im Begriff, sich von einem Mann zu trennen, der deutlich cooler zu sein schien – ein Schriftsteller mit Soul Patch, diesem hippen Unterlippenbart. »Ich fand, der Soul Patch war ein eindeutiges Zeichen, dass der Typ ein Idiot war«, meint Musk. »Also überredete ich sie, mit mir auszugehen.« Zu ihr sagte er: »In deiner Seele brennt ein Feuer. Ich erkenne mich in dir wieder.«
Sie war beeindruckt von seinen Ambitionen. »Anders als andere ehrgeizige Leute sprach er nie davon, dass er Geld machen wollte«, so Justine. »Er ging davon aus, dass er entweder wohlhabend sein würde oder pleite, aber nichts dazwischen. Was ihn interessierte, waren die Probleme, die er lösen wollte.« Sein unbezwingbarer Wille – egal, ob es um ein Date mit ihr oder um die Herstellung von Elektroautos ging – faszinierte sie. »Selbst wenn er Unsinn zu reden schien, glaubte man ihm, weil er daran glaubte.«
Sie gingen nur gelegentlich miteinander aus, bevor er die Queen’s in Richtung Penn verließ, blieben aber in Kontakt, und manchmal schickte er ihr Rosen. Sie verbrachte ein Jahr als Lehrerin in Japan und legte ihren Namen Jennifer ab, »weil er allzu gewöhnlich war und der Name vieler Cheerleaderinnen«. Als sie nach Kanada zurückkam, sagte sie zu ihrer Schwester: »Sollte Elon je wieder anrufen, versuche ich es mit ihm. Vielleicht habe ich da etwas übersehen.« Der Anruf kam, als er in New York ein Gespräch mit der Times wegen Zip2 hatte. Er bat sie, nach New York zu kommen. Das Wochenende verlief so gut, dass er sie einlud, mit ihm nach Kalifornien zurückzufliegen. Und das tat sie auch.
Zip2 war zu jener Zeit noch nicht verkauft, und so lebten sie in seiner Wohnung mit zwei Mitbewohnern und einem nicht stubenreinen Dackel namens Bowie, nach David. Die meiste Zeit verkroch sie sich in ihrem Zimmer, sie schrieb und schottete sich ab. »Meine Freunde wollten nicht bleiben, weil Justine so mies gelaunt war«, behauptet er. Kimbal konnte sie nicht leiden. Und als Musk von seiner Mutter wissen wollte, was sie von Justine hielt, antwortete sie in ihrer typischen Unverblümtheit: »Sie hat keine positiven Eigenschaften.«
Doch Musk war begeistert. Einmal, erinnert sich Justine , fragte er sie beim Abendessen, wie viele Kinder sie wolle. »Eins oder zwei«, antwortete sie, »und wenn ich mir Kindermädchen leisten kann, hätte ich gern vier.«
»Das ist der Unterschied zwischen dir und mir«, sagte er. »Ich gehe davon aus, Kindermädchen zu beschäftigen.« Dann wiegte er seine Arme und sagte: »Baby.« Er glaubte bereits fest daran, eines Tages Kinder zu haben.
Kurze Zeit später verkaufte er Zip2 und erstand den McLaren. Plötzlich hatten sie Geld für Kindermädchen. Sie witzelte nervös, er werde sie doch jetzt nicht für ein hübsches Model sitzen lassen. Stattdessen fiel er auf dem Gehsteig vor ihrem Haus auf die Knie, zog einen Ring aus der Tasche und machte ihr einen Heiratsantrag wie aus einem Liebesroman.
Beide liebten das Drama und blühten regelrecht auf in Auseinandersetzungen. »Obwohl er so verliebt in mich war, hat er sich nie zurückgehalten, mir zu sagen, wenn ich mich geirrt hatte«, sagt sie. »Und ich habe zurückgeschlagen. Ich merkte, dass ich alles zu ihm sagen konnte, ohne dass es ihn aus der Fassung brachte.« Eines Tages waren sie mit einer Freundin unterwegs und fingen in einem McDonald’s-Lokal laut an zu streiten. »Meine Freundin war bestürzt, aber Elon und ich fochten oft in aller Öffentlichkeit heftige Kontroversen aus. Er kann sehr konfliktfreudig sein. Ich glaube nicht, dass man mit Elon eine Beziehung ohne Streit führen kann.«
Bei einer Reise nach Paris schauten sie sich im Musée de Cluny Wandteppiche aus der Reihe »Die Dame mit dem Einhorn« an. Justine schilderte, was sie an den sechs Tapisserien bewegte, und interpretierte sie religiös: mit dem Einhorn als Christusfigur. Musk nannte das »dumm«. Sie fingen einen wütenden Streit über christliche Symbolik an. »Er war so unerbittlich und wütend, dass ich am Ende gar nicht mehr wusste, welche meiner Aussagen er eigentlich für so dumm und verrückt hielt«, sagt sie. »Da fielen Sätze, die ihm sein Vater früher an den Kopf geworfen hat.«
»Als Elon mir eröffnete, dass er sie heiraten würde, stellte ich mich dagegen«, berichtet Kimbal . »Ich sagte so was wie: ›Tu’s nicht, das darfst du nicht, sie ist nicht die Richtige für dich.‹« Auch Navaid Farooq , der mit Musk auf der Party gewesen war, auf der er Justine zum ersten Mal begegnete, versuchte, ihn davon abzubringen. Doch Musk liebte beides, Justine und den Aufruhr. Die Hochzeit wurde auf ein Wochenende im Januar 2000 gelegt und sollte auf der Karibikinsel St. Martin stattfinden.
Musk flog am Tag vor der Hochzeit ein, im Gepäck einen Ehevertrag, den seine Anwälte verfasst hatten. Justine und er fuhren die ganze Insel auf der Suche nach einem Notar ab, der den Vertrag an einem Freitagabend beglaubigen würde. Doch sie fanden keinen. Sie versprach, den Vertrag bei der Rückkehr zu unterschreiben (was sie zwei Wochen später schließlich auch tat), aber allein das Gespräch darüber löste jede Menge Spannungen aus, die in einen Streit mündeten. Am Ende forderte Justine Musk auf, sofort anzuhalten, und stieg aus dem Auto. »Ich glaube, er war sehr nervös zu heiraten, ohne dass dieses Ding unterzeichnet war«, sagt sie rückblickend.
Als sie am späten Abend in ihrer Ferienvilla wieder aufeinandertrafen, ging der Streit weiter. »Alle hörten den Radau«, erinnert sich Farooq an die Szene, »aber wir wussten nicht, was wir tun sollten.« Irgendwann schlich sich Musk davon und sagte seiner Mutter , die Hochzeit falle ins Wasser. Sie war erleichtert. »Dann wirst du nicht unglücklich«, sagte sie. Doch Musk revidierte seinen Entschluss und kehrte zu Justine zurück.
Die Spannungen waren auch am nächsten Tag nicht verschwunden. Kimbal und Farooq versuchten, Musk zu überreden, sich zum Flughafen bringen zu lassen, damit er sich davonmachen könnte. Aber je stärker sie ihn drängten, desto unnachgiebiger wurde er. »Nein, ich werde sie heiraten«, verkündete er.
Oberflächlich betrachtet schien die Zeremonie am Swimmingpool des Hotels fröhlich. Justine sah blendend aus in ihrem ärmellosen weißen Kleid und mit einem Kranz aus weißen Blumen im Haar, und Musk war sehr elegant in einem maßgeschneiderten Smoking. Maye und Errol waren beide zugegen und posierten sogar gemeinsam für Fotos. Nach dem Abendessen schlossen sich alle zu einer Polonaise zusammen, dann tanzten Elon und Justine ihren ersten Tanz. Er legte beide Hände um ihre Taille, sie schlang ihre Arme um seinen Nacken. Sie lachten und küssten sich. Während ihres Tanzes flüsterte er ihr eine Mahnung zu: »In unserer Beziehung bin ich das Alphatier.«
© Mit freundlicher Genehmigung von Maye Musk