Kapitel 35
Hochzeit mit Talulah

September 2010

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Mit Talulah Riley beim Kentucky Derby

© Mit freundlicher Genehmigung von Talulah Riley

»Ich bin hart im Nehmen«

Nur Wochen nach dem Kennenlernen im Sommer 2008 hatte Musk Talulah Riley einen Antrag gemacht. Doch die beiden waren übereingekommen, dass sie mit der Hochzeit noch etwa zwei Jahre warten sollten.

Musks emotionale Verfassung changiert zwischen hartherzig, bedürftig und überschwänglich. Letzteres vor allem, wenn er verliebt ist. Im Juli 2009 war Riley nach England zurückgekehrt, um eine Hauptrolle in Die Girls von St. Trinian 2 Die Schatzsuche zu übernehmen. Es handelte sich um die Fortsetzung jener Komödie in einem Mädcheninternat, die sie zwei Jahre zuvor gedreht hatte. Am ersten Drehtag in einem Herrenhaus im Norden Londons – ganz in der Nähe war sie aufgewachsen – bekam sie 500 Rosen von Musk geschickt. »Wenn er wütend ist, dann ist er wütend, und wenn er froh ist, dann ist er froh. Seine Begeisterung hat etwas beinah Kindliches«, erklärt sie. »Er kann sehr kalt sein, aber er empfindet Dinge auf eine sehr reine Weise, mit einer Tiefe, die die meisten nicht nachfühlen können.«

Am besten gefiel Riley, was sie »das Kind im Manne« nennt. Wenn er glücklich sei, könne sich dieses kindliche Ich auf manische Weise manifestieren: »Wenn wir ins Kino gingen, ließ er sich dermaßen in einen albernen Film reinziehen, dass er ganz verzückt auf die Leinwand starrte, den Mund lachend leicht geöffnet. Am Ende kugelte er sich wirklich auf dem Boden und hielt sich den Bauch vor Lachen.«

Sie bemerkte allerdings auch, dass das Kind im Manne auf eine düstere Weise zum Ausdruck kommen konnte. Schon früh in ihrer Beziehung blieb er bis spätabends auf und erzählte Riley von seinem Vater. »Ich erinnere mich an eine dieser Nächte, da fing er an zu weinen, und es war wirklich schrecklich für ihn«, sagt sie. Bei diesen Gesprächen geriet Musk manchmal in eine Art Trance und gab Dinge wieder, die sein Vater gesagt hatte. »Er war beinah nicht bei sich, nicht im Raum mit mir, wenn er mir diese Sachen erzählte«, erinnert sie sich. Die Sätze zu hören, mit denen Errol Elon beschimpft hatte, schockierte sie nicht nur, weil sie brutal waren, sondern weil sie Elon einige dieser Sätze hatte sagen hören, wenn er wütend war.

Als ruhiges und höfliches Mädchen aus einem idyllischen englischen Dorf ahnte sie, dass eine Ehe mit Musk herausfordernd sein würde. Er war spannend und faszinierend, aber auch grüblerisch und auf vielschichtige Weise kompliziert. »Mit mir zusammen zu sein, kann schwierig werden«, hatte er ihr einmal erklärt. »Das wird kein leichter Weg.« Sie beschloss, diesen Weg trotzdem mitzugehen: »Okay, ich bin hart im Nehmen.«

Sie heirateten im September 2010 in der Dornoch Cathedral , einer Kirche aus dem 13. Jahrhundert in den schottischen Highlands. »Ich bin Christin, und Elon ist ohne Bekenntnis, aber er war freundlicherweise einverstanden damit, in einer Kathedrale zu heiraten«, sagt Riley . Sie trug ein »absolutes Prinzessinnenkleid von Vera Wang « und stattete Musk mit Zylinder und Spazierstock aus, damit er herumtanzen konnte wie Fred Astaire . Für dessen Filme hatte sie ihn begeistern können. Musks fünf Söhne, alle in maßgeschneiderten Smokings, sollten sich die Aufgaben von Ringträger und Pagen teilen, doch sein autistischer Sohn Saxon machte einen Rückzieher. Die anderen Jungs begannen zu zanken, und nur Griffin schaffte es schließlich bis nach vorne zum Altar. Riley erinnert sich, dass das Drama trotzdem den Spaß vergrößert habe.

Die anschließende Party fand im nahe gelegenen Skibo Castle statt, das ebenfalls aus dem 13. Jahrhundert stammt. Als Riley Musk fragte, was er sich für die Feier wünsche, hatte er erwidert: »Es soll ein Luftkissenboot und Aale geben« – eine Anspielung auf einen Monty-Python-Sketch . Darin spielt John Cleese einen Ungarn, der versucht, mit einem Buch, das fehlerhafte Redewendungen enthält, Englisch zu sprechen. Zu einem Ladenbesitzer sagt er: »Mein Luftkissenboot ist voller Aale.« (Das ist tatsächlich witziger, als ich es hier wiedergeben kann.) »Das war ziemlich schwierig«, sagt Riley, »weil man eine Genehmigung braucht, um Aale von England nach Schottland zu transportieren. Aber am Ende hatten wir ein kleines amphibisches Luftkissenboot und Aale.« Es gab auch noch einen Panzer, mit dem Musk und seine Freunde drei schrottreife Autos plattmachten. »Wir waren alle noch mal kleine Jungs«, sagt Navaid Farooq .

Im Orientexpress

Riley liebte es, kreative Partys zu veranstalten, und Musk hegte, obwohl er sozial ziemlich unbeholfen war (oder gerade deshalb), eine eigenartige Begeisterung dafür. Bei solchen Gelegenheiten konnte er sich locker machen, vor allem in Zeiten der Anspannung, die bei ihm ja meistens herrschte. »Also schmiss ich immer wieder Partys für ihn, die an Theateraufführungen erinnerten, einfach, um ihn bei Laune zu halten«, erzählt sie.

Die aufwendigste fand zu seinem vierzigsten Geburtstag im Juni 2011 statt, kaum ein Jahr nach ihrer Hochzeit. Für drei Dutzend Freunde reservierte Talulah Waggons des Orientexpress von Paris nach Venedig. Man traf sich im opulenten Hôtel Costes nahe der Place Vendôme. Angeführt von Elon und Kimbal besuchten ein paar aus der Gruppe ein edles Restaurant. Auf dem Rückweg zum Hotel kam ihnen spontan die Idee, Fahrräder zu mieten. Damit flitzten sie bis nachts um zwei durch die Stadt. Anschließend bestachen sie die Bartender, damit diese die Hotelbar noch etwas länger geöffnet ließen. Nachdem sie eine Stunde lang getrunken hatten, schwangen sie sich wieder auf die Räder und landeten schließlich in der Bar Le Magnifique, wo sie bis 5 Uhr blieben.

Am nächsten Tag standen sie erst um 15 Uhr auf, gerade noch rechtzeitig, um den Zug zu erwischen. In Smoking-Garderobe nahm man ein gesetztes Dinner mit Kaviar und Champagner ein, gefolgt von einem privaten Entertainment durch Lucent Dossier Experience . Diese Steampunk-Performance-Truppe präsentierte avantgardistische Musik, Luftakrobatik und Feuer. Ein bisschen wie Cirque du Soleil, aber mit mehr Erotik. »Leute hingen von der Decke«, erinnert sich Kimbal , »was in einem sehr traditionellen Eisenbahnwaggon des Orientexpress schon ein bizarrer Anblick ist.« Wenn sie unter sich waren, sang Riley Elon manchmal den Song »My Name Is Tallulah« aus dem Film Bugsy Malone vor. Er meinte, sein einziger Geburtstagswunsch sei, dass sie dieses Lied der ganzen Geburtstagsgesellschaft vortrage. »Ich singe eigentlich nicht, von daher war es traumatisch für mich, aber ich hab’s für ihn getan«, sagt sie.

Musk hatte bis dahin weder viele stabile und geerdete Beziehungen noch viele stabile und geerdete Phasen in seinem Leben. Beides hing zweifellos zusammen. Eine seiner wenigen Beziehungen, auf die das zutraf, war die mit Riley . Die Jahre, die er mit ihr verbrachte – von ihrem Kennenlernen 2008 bis zur zweiten Scheidung 2016 –, sollten die bislang längste Periode relativer Stabilität in seinem Leben sein. Hätte er Stabilität mehr geschätzt als Sturm und Drama, dann wäre sie die perfekte Partnerin für ihn gewesen.