Kapitel 45
Abstieg ins Dunkle

2017

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Mit Omead Afshar (ganz links ) beim Prüfen eines Batteriesatzes

© Mit freundlicher Genehmigung von Omead Afshar

Bipolar?

Niedergeschmettert durch die Trennung von Amber Heard und die Nachricht, dass sein Vater ein Kind mit der Frau hatte, die er als Stieftochter großgezogen hatte, machte Musk Phasen durch, in denen er zwischen Depression, Erstarrung, Albernheit und manischen Energieausbrüchen schwankte. Er geriet in üble Stimmungen, die zu beinahe katatonischen Zuständen und depressiver Lähmung führten. Dann, als hätte jemand einen Schalter umgelegt, wurde er albern und sah sich alte Monty-Python-Sketch e mit närrischen Gehweisen und irrwitzigen Dialogen an, wobei er in sein stotterndes Lachen ausbrach. In beruflicher wie emotionaler Hinsicht wurde die Zeit vom Sommer 2017 bis zum Herbst 2018 zur höllischsten Phase seines Lebens, schlimmer noch als die Krisen von 2008. »Das war die Zeit des stärksten Schmerzes, den ich je verspürt habe«, erklärt er, »18 Monate unablässiger Wahnsinn. Es war atemberaubend schmerzhaft.«

An einem Tag Ende 2017 war ein Termin mit Wall-Street-Analysten angesetzt. Jon McNeill fand Musk bei ausgeschalteter Beleuchtung auf dem Boden des Konferenzraums liegend. Er ging zu ihm und legte sich neben ihn in die Ecke. »Hey, Kumpel«, sprach er ihn an, »wir haben eine Gewinnmitteilung zu machen.«

»Ich kann das nicht«, erklärte Musk.

»Du musst«, antwortete McNeill .

McNeill brauchte eine halbe Stunde, um ihn in Bewegung zu setzen. »Er gelangte aus einem schier komatösen Zustand in eine Verfassung, in der wir ihn tatsächlich in einen Stuhl bekamen, andere Menschen mit in den Raum holten, ihn durch sein Eingangsstatement brachten und dann für ihn einsprangen«, erinnert sich McNeill. Sobald es vorbei war, sagte Musk: »Ich muss mich hinlegen. Ich muss die Lampen ausmachen. Ich brauche ein bisschen Zeit für mich.« McNeill beschreibt, dass sich dieselbe Szene fünf oder sechs Male abspielte, wobei er sich einmal neben Musk auf den Boden des Konferenzraums legen musste, um die Freigabe für das neue Design einer Website zu erhalten.

Ein Twitter-User wollte damals von Musk wissen, ob er bipolar, also manisch-depressiv sei. »Yeah«, antwortete Musk, fügte aber hinzu, dass er bisher keine ärztliche Diagnose habe. »Üble Gefühle korrelieren mit üblen Ereignissen. Vielleicht besteht das eigentliche Problem also darin, dass ich mich von Sachen mitreißen lasse, denen ich mich verschrieben habe.«

Als beide eines Tages nach einem von Musks Anfällen im Tesla-Konferenzraum saßen, fragte McNeill ihn geradeheraus, ob er bipolar sei. Nachdem Musk dies bejaht hatte, schob McNeill seinen Stuhl zurück und wandte sich Musk zu, um Aug in Aug mit ihm zu sprechen. »Schau mal, ich habe einen Verwandten, der manisch-depressiv ist«, sagte McNeill , »ich habe das also aus nächster Nähe miterlebt. Wenn man eine gute Behandlung bekommt und medikamentös richtig eingestellt ist, kann man wieder zu der Person werden, die man ist. Die Welt braucht dich.« – »Es war ein offenes und ehrliches Gespräch«, beschreibt es McNeill, und Musk schien eindeutig das Verlangen zu haben, den verwirrten Zustand seines Hirnkastens zu überwinden.

Doch es geschah nicht. Seinen Umgang mit psychischen Problemen schildert Musk so: »Nimm den Schmerz einfach hin und sorge dafür, dass dir wirklich an dem liegt, was du tust.«

»Willkommen in der Produktionshölle!«

Als die Produktion des Model 3 im Juli 2017 erfolgreich angelaufen war – und damit wie durch ein Wunder die von Musk gesetzte wahnwitzige Deadline eingehalten wurde –, veranstaltete Tesla eine rauschende Feier in der Fremont er Fabrik. Bevor Musk die Bühne betrat, sollte er sich in einem Nebenraum den Fragen einer kleinen Gruppe von Journalisten stellen. Aber irgendetwas stimmte nicht. Er war schon den ganzen Tag in einer düsteren Stimmung gewesen, hatte einige Red Bulls gekippt, um sich auf den Beinen zu halten, und versuchte sogar zu meditieren – etwas, das er noch nie ernsthaft getan hatte.

Franz von Holzhausen und JB Straubel versuchten, ihn mit aufmunternden Worten aus seiner Erstarrung zu reißen. Doch Musk verzog keine Miene, wirkte teilnahmslos und deprimiert. »Ich habe in den letzten Wochen heftige emotionale Schmerzen gehabt«, sagte er später. »Heftige. Es hat mich jeden Funken Willenskraft gekostet, den Model-3-Abend durchzuziehen und nicht wie der deprimierteste Kerl der Welt auszusehen.« Schließlich fasste er sich doch ein Herz und ging zur Pressekonferenz. Er wirkte erst irritiert, dann zerfahren. »Tut mir leid, dass ich ein bisschen langweilig bin«, sagte er zu den Reportern. »Hab gerade viel um die Ohren.«

Dann war es an der Zeit, vor zweihundert schreienden Fans und Mitarbeitern aufzutreten. Musk bemühte sich, zumindest anfangs, eine gute Show abzuziehen. Er fuhr in einem neuen Model 3 auf die Bühne, sprang aus dem Wagen und riss die Arme in die Luft. »Der ganze Zweck dieses Unternehmens bestand darin, ein wirklich großartiges, erschwingliches Elektroauto zu bauen«, rief er, »und das haben wir endlich geschafft.«

Aber bald schon bekam seine Rede einen unheimlichen Klang. Selbst die Zuhörer konnten erkennen, dass er trotz seiner Versuche, fröhlich zu wirken, in einer sehr finsteren Stimmung war. Anstatt zu feiern, warnte er vor schweren Zeiten, die bevorstanden. »Die größte Herausforderung, die sich uns in den nächsten sechs bis neun Monaten stellt, ist die Frage, wie wir eine große Anzahl von Autos bauen können«, sagte er stockend. »Offen gesagt: Wir werden in der Produktionshölle stecken.« Dann begann er, wie irre zu kichern. »Willkommen, willkommen, willkommen in der Produktionshölle! Dort werden wir uns für mindestens sechs Monate befinden.«

Diese Aussicht schien ihn – wie alle höllischen Dramen – mit einer Art dunkler Energie zu erfüllen. »Ich freue mich darauf, mit euch gemeinsam durch die Hölle zu gehen«, erklärte er seinem verblüfften Publikum. »Wie man so sagt: ›Wenn du durch die Hölle gehst, mach einfach weiter.‹«

Er ging durch die Hölle. Und machte einfach weiter.

Die Giga-Nevada-Hölle

In Phasen emotionaler Düsternis stürzt sich Musk wie besessen in die Arbeit. So auch nach der Veranstaltung im Juli 2017 nach dem Beginn der Model-3-Produktion. Sein Hauptaugenmerk lag darauf, diese so weit hochzufahren, dass 5000 Exemplare des Model 3 pro Woche vom Band liefen. Wenn sie diese Menge erreichten, würde Tesla überleben. Wenn nicht, würde dem Unternehmen das Geld ausgehen, daran ließen seine Berechnungen zu Stückkosten, Gemeinkosten und Cashflow keinen Zweifel. Wie ein Mantra wiederholte er das gegenüber jeder Führungskraft und ließ in der Fabrik Monitore einbauen, die deren Ausstoß an Autos und Komponenten minutengenau anzeigten.

Eine Stückzahl von 5000 Autos pro Woche war eine große Herausforderung, zumal, da Tesla Ende 2017 gerade halb so viele produzierte. Musk beschloss, in die Fabrikhallen überzusiedeln, um den Kraftakt, der von allen gefordert war, anzuführen. Diese Taktik – persönlich rund um die Uhr bei Alle-Mann-an-Deck-Manövern mit einem Kader gleichgesinnter Fanatiker in die Bresche zu springen – diente fortan als Blaupause für die irrsinnige Intensität, die Musk in seinen Unternehmen verlangte. Es ging um alles oder nicht, um das Auslösen eines regelrechten Produktionsfiebers.

Er begann mit der Gigafactory in Nevada, wo Tesla Batterien herstellte. Der Mann, der die dortige Fertigungslinie entworfen hatte, nannte die Herstellung von 5000 Akkus pro Woche verrückt. Sie könnten maximal 1800 schaffen. »Wenn Sie recht haben, ist Tesla tot«, erklärte Musk. »Wir bekommen entweder 5000 Autos pro Woche, oder wir können unsere Kosten nicht decken.« Die Einrichtung weiterer Linien, wandte der Mann ein, würde ein weiteres Jahr dauern. Kurzerhand setzte Musk als neuen Kapitän Brian Dow ein, der die von Musk geschätzte wilde Entschlossenheit besaß.

Musk übernahm das Kommando in der Fabrikhalle wie ein Feldmarschall im Fieberwahn. »Es war ein Rausch des Wahnsinns«, sagt er. »Wir bekamen vier oder fünf Stunden Schlaf, meist irgendwo auf dem Boden. Ich erinnere mich, dass ich dachte: ›Ich stehe direkt an der Klippe zum Wahnsinn.‹« Seine Mitarbeiter sahen das genauso.

Musk ließ Verstärkung antreten, darunter seine loyalsten Offiziere: Mark Juncosa , sein engster Mitarbeiter bei SpaceX, und Steve Davis , der The Boring Company leitete. Zum Dienst verpflichtete Elon sogar seinen jungen Cousin James Musk . Der Sohn von Errols jüngerem Bruder hatte gerade seinen Abschluss in Berkeley gemacht und sich dem Autopilot-Team von Tesla als Programmierer angeschlossen. »Elon rief an und befahl mir, in einer Stunde am Flughafen Van Nuys zu sein«, erzählt er. »Wir flogen nach Reno, und dort blieb ich schließlich vier Monate.«

»Es gab eine Milliarde Probleme«, berichtet Juncosa , »ein Drittel der Batteriezellen war hinüber, und ein Drittel der Arbeitsstationen war hinüber.« Sie schwärmten aus, um an verschiedenen Abschnitten der Batteriefertigung zu arbeiten, von Station zu Station zu gehen und alle fehlerhaften Prozesse zu verbessern, die die Abläufe verlangsamten. »Wenn wir zu kaputt waren, hauten wir uns im Motel für vier Stunden in die Falle und rasten dann wieder zurück«, erinnert sich Juncosa.

Omead Afshar , ein biomedizinischer Ingenieur mit Dichtkunst im Nebenfach, war gerade eingestellt worden, um bei Sam Teller als Musks Verbindungsoffizier zu fungieren. Er war in Los Angeles aufgewachsen und hatte die Grundschule mit einer Aktentasche besucht, weil er seinem Vater nacheiferte, einem in Iran geborenen Ingenieur. Afshar hatte einige Jahre Anlagen für einen Medizingerätehersteller errichtet und nach seinem Einstieg bei Tesla rasch einen guten Draht zu Musk bekommen. Beide sprachen mit einem leichten Stottern, hinter dem sich die Denkweise eines Ingenieurs verbarg. Gleich an seinem ersten Arbeitstag – er hatte gerade eine Wohnung in der Nähe des Tesla-Hauptsitzes im Silicon Valley gemietet – riss ihn die Woge mit: Die nächsten drei Monate arbeitete er in der Gigafactory in Nevada und übernachtete dort für 20 Dollar die Nacht in einem nahe gelegenen Motel. Sieben Tage die Woche stand er morgens um fünf auf, trank einen Kaffee mit dem Fertigungsguru Tim Watkins , arbeitete bis 22 Uhr in der Batteriefabrik und genehmigte sich dann noch ein Glas Wein mit Watkins, bevor er ins Bett kippte.

Einmal bemerkte Musk, dass sich die Fertigung an einer Station verlangsamte. Dort klebte ein teurer, aber langsamer Roboter Glasfaserstreifen an die Batteriesätze. Die Streifen fielen ihm immer wieder herunter, außerdem trug der Roboter zu viel Kleber auf. »Ich begriff, dass der erste Fehler der Versuch gewesen war, den Vorgang zu automatisieren. Das wiederum war mein Fehler, weil ich auf viel Automatisierung gedrängt hatte«, räumt Musk ein.

Ernsthaft frustriert stellte Musk schließlich die grundsätzliche Frage: »Wofür zum Teufel sind diese Streifen überhaupt da?« Das Ingenieurteam erklärte ihm, die habe das Team für Geräuschreduzierung verlangt, um Vibrationen zu verringern. Also rief er das Geräuschreduzierungsteam an, das ihm mitteilte, die Vorgabe käme – zwecks Verringerung der Brandgefahr – vom Ingenieurteam. »Man kam sich vor wie in einem ›Dilbert‹-Cartoon«, spottet Musk. Er erteilte den Auftrag, die Geräusche in einem Auto ohne und mit Glasfaserstreifen zwischen Batterie und Bodenblech aufzuzeichnen: »Und dann prüft, ob sich die Geräusche unterscheiden.« Das taten sie nicht.

»Der erste Schritt sollte darin bestehen, die Anforderungen zu hinterfragen«, erklärt Musk. »Sie sollten weniger falsch und dumm sein, denn alle Anforderungen sind irgendwie falsch und dumm. Und dann: streichen, weglassen!«

Derselbe Ansatz funktionierte auch bei den kleinsten Details. So wurden etwa in Nevada bei der Fertigstellung der Batteriesätze die Stifte, mit denen sie in die Autos eingesteckt würden, mit kleinen Plastikkappen abgedeckt. Wenn die Batterien dann in der Fremont er Autofabrik ankamen, wurden die Kappen entfernt und entsorgt. Gelegentlich gingen in Nevada die Plastikkappen aus, und der Versand der Batterien musste warten. Als Musk sich erkundigte, warum es diese Kappen gab, hieß es, durch sie solle sichergestellt werden, dass sich die Stifte nicht verbogen. »Von wem stammt diese Anforderung?«, hakte er nach. Das Werksteam bemühte sich, das herauszufinden, konnte aber keinen Namen nennen. »Also streichen!«, sagte Musk. Das geschah, und tatsächlich gab es nie ein Problem mit verbogenen Stiften.

In Musks engerem Zirkel herrschte zwar ein gewisser Korpsgeist, doch anderen gegenüber konnte er kalt und grob sein. Eines samstags um 22 Uhr ärgerte er sich über einen Roboterarm, der ein Kühlrohr in eine Batterie einbaute. Die Ausrichtung des Roboter s war falsch, was den Prozess verzögerte. Ein junger Fertigungsingenieur namens Gage Coffin wurde herbeigerufen. Er freute sich über die Gelegenheit, Musk zu begegnen. Coffin war seit zwei Jahren bei Tesla und hatte die letzten elf Monate aus dem Koffer gelebt und sieben Tage die Woche in der Fabrik gearbeitet. Es war sein erster Vollzeitjob, und er liebte ihn. Als er ankam, blaffte Musk: »Hey, das passt nicht zusammen. Hast du das gemacht?« Coffin antwortete zögerlich und fragte Musk, worauf er sich bezog. Auf die Programmierung? Auf den Entwurf? Auf die Werkzeugbestückung? Musk bohrte weiter: »Hast, verdammt noch mal, du das gemacht?« Der verwirrte und verängstigte Coffin rang weiter nach Worten, um die Frage zu beantworten. Das machte Musk noch aggressiver. »Du bist ein Idiot!«, schimpfte er. »Verschwinde und komm nicht wieder!« Sein Projektleiter nahm Coffin einige Minuten später beiseite und teilte ihm mit, Musk habe seine Entlassung angeordnet. Am Montag darauf erhielt er seine Arbeitspapiere. »Mein Vorgesetzter wurde eine Woche nach mir gefeuert und sein Vorgesetzter in der Woche danach«, schildert Coffin. »Zumindest kannte Elon ihre Namen.«

»Wenn Elon sich aufregt, teilt er aus, oft gegenüber jüngeren Leuten«, erklärt Jon McNeill . »Die Geschichte von Gage war recht typisch für Musks Verhalten, wenn er seinen Frust nicht wirklich konstruktiv verarbeiten konnte.« JB Straubel , Musks freundlicher und sanfter Mitgründer, erinnert sich mit Schaudern an Musks Verhalten: »Was im Nachhinein wie eine großartige Schlachtengeschichte klingen mag, war mittendrin absolut entsetzlich. Er zwang uns, Leute zu entlassen, mit denen wir seit Langem privat befreundet waren, was immens schmerzhaft war.«

Musk entgegnet, Menschen wie Straubel und McNeill scheuten sich eben zu sehr, Leute zu entlassen. In diesem Bereich des Werks liefen die Dinge nicht gut. An den Arbeitsplätzen stapelten sich Teile, und das Band kam nicht voran. »Versucht man, nett zu den Leuten zu sein«, sagt Musk, »ist man in Wirklichkeit gar nicht nett zu den Dutzenden anderen, die ihre Arbeit gut machen und die es abbekommen, wenn ich die Problemstellen nicht behebe.«

Thanksgiving verbrachte Musk in jenem Jahr in der Fabrik – mit einigen seiner Söhne –, weil er die Arbeiter aufgefordert hatte, ebenfalls zu kommen. Jeder Tag, an dem die Fabrik keine Batterien herstellte, würde Tesla bei der Zahl produzierter Autos zurückwerfen.

Deautomatisierung

Seit der Entwicklung von Fließbändern in den frühen 1900er-Jahren wurden die meisten Fabriken in zwei Schritten aufgebaut. Zuerst wird das Fließband eingerichtet, an dem Arbeitskräfte an verschiedenen Stationen bestimmte Tätigkeiten verrichten. Wenn dann alle Probleme behoben sind, werden nach und nach Roboter und andere Maschinen eingesetzt, die einen Teil der Arbeit übernehmen. Musk schlug den umgekehrten Weg ein. In seiner Vision einer modernen Fabrik, die er als »alien dreadnought« (fremdartiges Schlachtschiff) bezeichnete, begann er damit, jede mögliche Aufgabe zu automatisieren. »Wir hatten diese enorm automatisierte Fertigungslinie, in der tonnenweise Roboter eingesetzt wurden«, erzählt Straubel . »Es gab nur ein Problem: Es funktionierte nicht.«

Als Musk und sein engster Kreis – Omead Afshar , Antonio Gracias und Tim Watkins – eines Abends durch die Batteriefabrik in Nevada gingen, bemerkten sie eine Verzögerung an einer Arbeitsstation, wo ein Roboterarm Batteriezellen an ein Rohr klebte. Die Maschine hatte Probleme, das Material zu greifen und auszurichten. Watkins und Gracias gingen zu einem Tisch hinüber und versuchten, den Vorgang händisch auszuführen, was ihnen zuverlässiger gelang. Sie riefen Musk herbei und berechneten, wie viele Menschen benötigt würden, um die Maschine zu ersetzen. Der Roboter wurde aussortiert, Arbeitskräfte wurden eingestellt – und das Fließband lief schneller.

Musk schwenkte vom Apostel der Automatisierung zu einer neuen Mission über, die er mit demselben Eifer verfolgte: Er suchte jedes Element der Fertigungsstrecke auf, an dem es einen Stillstand gab, und prüfte, ob eine Deautomatisierung die Produktion beschleunigen würde. »Wir begannen, Roboter aus der Fertigungslinie herauszusägen und auf den Parkplatz zu werfen«, berichtet Straubel. An einem Wochenende marschierten sie durch das Werk und malten Markierungen auf die Maschinen, die ausrangiert werden sollten. »Wir brachen ein Loch in die Seite des Gebäudes, nur um all diese Geräte zu entfernen!«, erklärt Musk.

Diese Erfahrung wurde zu einer Lektion, die Eingang in Musks Produktionsalgorithmus finden sollte: Warte vor Einführung einer Automatisierung stets das Ende der Prozessentwicklung ab – bis alle Anforderungen hinterfragt und sämtliche unnötigen Teile gestrichen wurden –, bevor eine Automatisierung vorgenommen wird.

Im April 2018 funktionierte die Fabrik in Nevada besser. Es war etwas wärmer geworden, daher beschloss Musk, auf dem Fabrikdach zu schlafen, statt zu einem Motel zu fahren. Seine Assistentin kaufte ein paar Zelte, und sein Freund Bill Lee sowie Sam Teller gesellten sich zu ihm. Nachdem sie eines Nachts bis kurz vor eins die Fließbänder für die Module und Akkupacks inspiziert hatten, stiegen sie mit einer Feuerschale aufs Dach, blickten in die Flammen und sprachen über die nächste Herausforderung. Musk war bereit, seine Aufmerksamkeit auf Fremont zu richten.

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2008 im Jupiter-Konferenzraum in Fremont: Musk hat den Raketenstart und gleichzeitig die Produktionszahlen von Tesla im Blick

© Mit freundlicher Genehmigung von Sam Teller