Kapitel 47
Open-Loop-Warnung

2018

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Musk und der thailändische Premierminister prüfen das Mini-U-Boot (oben ); bei den Vorbereitungen für den Weg in die Höhle mit den eingeschlossenen Jungen (unten)

© Mit freundlicher Genehmigung von Sam Teller

»Pedo Guy«

Als Kimbal Musk Anfang Juli 2018 in den Flitterwochen war, erhielt er eine E-Mail von Antonio Gracias , Elons langjährigem Freund und Mitglied des Verwaltungsrats. »Sorry, Kumpel, ich weiß, du möchtest gerade Zeit mit deiner Frau verbringen, aber du musst sofort zurückkommen«, schrieb Gracias. »Elon hat einen Meltdown.«

Der Erfolg des Produktionsschubs bei Tesla hätte Musk eigentlich glücklich machen sollen. Das Unternehmen hatte sein Ziel, 5000 Stück des Model 3 pro Woche zu produzieren, erreicht und steuerte auf ein gewinnträchtiges Quartal zu. SpaceX hatte 56 erfolgreiche Starts bei nur einem Fehlschlag hingelegt; die Startraketen landeten jetzt regelmäßig sicher auf der Erde und ließen sich wiederverwenden. SpaceX schickte inzwischen mehr Nutzlast in den Orbit als jedes andere Unternehmen und als jedes andere Land, inklusive China und den USA .

Wäre Musk der Typ, der innehalten und Erfolg genießen kann, dann wäre ihm bewusst geworden, dass er soeben die Welt ins Zeitalter der Elektrofahrzeuge , der kommerziellen Raumfahrt und der wiederverwendbaren Raketen gebracht hatte. Jede Errungenschaft für sich war schon eine große Leistung. Doch Musk empfindet gute Zeiten als beunruhigend. Er begann, sich in Sachen hineinzusteigern, die Kleinigkeiten hätten sein sollen. Etwa dass ein Angestellter der Batteriefabrik in Nevada ausplauderte, wie viel Ausschuss produziert wurde. Es war der Beginn eines psychischen Kontrollverlusts, der von Juli bis Oktober 2018 andauerte. In dieser Zeit ließ Musk sich von seinen heftigen Impulsen und seinem Drang, schwere Stürme auszulösen, beuteln. »Es war wieder mal ein Beispiel dafür, dass er Dramen magnetisch anzieht«, sagt Kimbal .

Die neuen Dramen gingen los, gleich nachdem Tesla die 5000er-Marke geknackt hatte. Musk scrollte durch Twitter und stieß auf die Nachricht eines unbekannten Nutzers mit sehr wenigen Followern: »Hi Sir, könnten Sie, wenn möglich, irgendwie helfen, die zwölf thailändischen Jungs und ihren Trainer aus der Höhle zu befreien?« Der Tweet bezog sich auf ein Dutzend junger Fußballspieler, die bei der Erkundung einer Höhle von einer Flut überrascht und eingeschlossen worden waren.

»Ich schätze, die Thai-Regierung hat das unter Kontrolle, aber ich helfe gern, wenn’s die Möglichkeit gibt«, twitterte Musk. Dann setzte sein Actionheld-Impuls ein: Zusammen mit Ingenieuren von SpaceX und The Boring Company begann er mit dem Bau eines kapselartigen Mini-U-Boots, von dem er meinte, man könne es zur Rettung der jungen Kicker in die überflutete Höhle schicken. Sam Teller sorgte über einen Freund dafür, dass sie am Wochenende ein Schulschwimmbad zum Testen nutzen konnten. Musk postete Fotos von dem Gerät auf Twitter , und so ging die Geschichte als Nachricht um die Welt, wobei manche Musk als Angeber kritisierten.

Früh am Morgen des 8. Juli, ein Sonntag, nahm er Kontakt zu einem Leiter der Rettungsmannschaft in Thailand auf: »Ich habe eines der weltbesten Ingenieurteams weltweit, das normalerweise Raumschiffe und Raumanzüge designt und jetzt 24 Stunden täglich an diesem Ding arbeitet«, mailte er. »Wenn es nicht gebraucht wird oder nichts nützen würde, wäre es toll, das zu erfahren.« Der Leiter der Rettungsmannschaft antwortete: »Es lohnt sich absolut weiterzumachen.«

Später am selben Tag quetschten sich Musk und sieben Ingenieure zusammen mit dem Mini-U-Boot und einem Haufen Ausrüstung in seinen Jet. Sie landeten eine halbe Stunde vor Mitternacht im Norden Thailands und wurden dort vom Premierminister begrüßt. Der setzte sich sogleich eine SpaceX-Mütze auf und brachte sie durch einen Wald zur Höhle. Kurz nach zwei wateten Musk, seine Bodyguards und Ingenieure mit Stirnlampen durch hüfthohes Wasser in die dunkle Höhle.

Nachdem er das Mini-U-Boot vor Ort abgeliefert hatte, flog Musk nach Shanghai, wo er einen Deal zur Eröffnung einer weiteren Tesla-Gigafactory unterzeichnete. Zu diesem Zeitpunkt war bereits eine Rettungsoperation mit Tauchern unterwegs zu den Eingeschlossenen, Musks U-Boot wurde nicht mehr benötigt. Wenig später waren die Jungs und ihr Trainer in Sicherheit. Die Geschichte wäre an dieser Stelle zu Ende gewesen, hätte nicht ein 63-jähriger englischer Höhlenforscher namens Vernon Unsworth , der die thailändischen Rettungskräfte vor Ort beraten hatte, CNN ein Interview gegeben. Darin geißelte er Musks Bemühungen als »bloßen PR -Gag«, der »absolut keine Chance hatte zu funktionieren«. Feixend schlug Unsworth vor, Musk solle sich »sein U-Boot dahin stecken, wo’s wehtut«.

Trolle und Kritiker bombardierten Musk daraufhin stündlich mit Beleidigungen, die seine Stimmung irgendwann zum Überkochen brachten. Er reagierte mit einer Flut von Tweets, in denen er Unsworth attackierte. In einem hieß es am Ende, »sorry pedo guy, du hast es echt drauf angelegt«. Als ein anderer User Musk daraufhin fragte, ob er Unsworth damit der Pädophilie bezichtige, antwortete er: »Wette mit dir um einen signierten Dollar, dass das stimmt.«

Daraufhin gab der Tesla-Aktienk urs um 3,5 Prozent nach.

Musk hatte keinen Beweis für seine Anschuldigungen. Teller , Gracias und der Chefjustiziar von Tesla gaben sich größte Mühe, ihn dazu zu bringen, seine Behauptung zurückzunehmen, sich zu entschuldigen und für eine Weile die Finger von Twitter zu lassen. Nachdem Teller ihm eine E-Mail mit einem Vorschlag für ein Entschuldigungsstatement geschickt hatte, feuerte Musk zurück: »Ich bin mit der vorgeschlagenen Vorgehensweise nicht glücklich … Wir müssen aufhören, in Panik zu geraten.« Doch ein paar Stunden später hatten Teller und andere ihn zu einem Rückzieher auf Twitter überredet. »Meine Worte waren im Zorn gesprochen, nachdem Mr Unsworth einige Unwahrheiten verbreitet & mir eine sexuelle Handlung mit dem Mini-U-Boot vorgeschlagen hat, das als ein Akt der Hilfsbereitschaft & gemäß den Anforderungen des Leiters des Taucherteams gebaut worden ist … Nichtsdestotrotz rechtfertigt sein Vorgehen gegen mich nicht meines gegen ihn, und dafür entschuldige ich mich bei Mr Unsworth.«

Und wieder war es so, dass die Geschichte hier ihr Ende hätte finden können, wenn Musk es – so weit, so schlecht – dabei belassen hätte. Aber im August antwortete er einem Twitter-User, der ihn dafür tadelte, dass er Unsworth einen Pädo genannt hatte: »Findest du es nicht seltsam, dass er mich nicht verklagt hat? Man hat ihm schließlich einen Gratis-Rechtsbeistand angeboten.« Selbt Johanna Crider , einer seiner größten Fans auf Twitter, riet ihm nun: »Yo Elon, gib dem Drama nicht noch mehr Auftrieb, Bro, das wollen die doch nur.«

Zu diesem Zeitpunkt hatte Unsworth sich schon einen Anwalt genommen: Lin Wood (der später noch von sich reden machen sollte als Verschwörungstheoretiker, der versuchte, die Wahl von 2020 zu kippen). Er schickte einen Brief und warnte, er werde im Namen von Unsworth eine Klage wegen Rufmord einreichen. Als Ryan Mac von BuzzFeed Musk um einen Kommentar bat, leitete der seine E-Mail-Antwort mit den Worten ein, seine Äußerungen seien »off the record«, also nicht für die Öffentlichkeit bestimmt. Doch da BuzzFeed diesem Vorhalt nie zustimmte, wurde die Schimpftirade, die Musk diesen Worten folgen ließ, abgedruckt: »Ich schlage vor, dass du mal Leute in Thailand anrufst, die du kennst, finde raus, was wirklich Sache ist, und hör auf, einen Kinderschänder zu verteidigen, du verdammtes Arschloch. Er ist ein alter, alleinstehender weißer Typ aus England, der seit dreißig bis vierzig Jahren nach Thailand reist oder da wohnt, hauptsächlich in Pattaya Beach, bis er wegen einer Kinderbraut, die damals ungefähr zwölf war, nach Chiang Rai zog. Es gibt nur einen Grund, warum Leute nach Pattaya Beach kommen. Und zwar nicht wegen Höhlen, sondern wegen was anderem. Chiang Rai ist bekannt für Menschenhandel mit Kindern.« Die Behauptung über Unsworth s Frau war falsch, und Musks Tirade unterstützte auch nicht gerade seine Behauptung, der Ausdruck »pedo guy« sei eine zufällig gewählte Beleidigung und keine spezifische Anschuldigung gewesen. Der Rufmordprozess, in dem auch die BuzzFeed -Mail zur Sprache kam, wurde 2019 in Los Angeles verhandelt. Im Rahmen seiner Zeugenaussage entschuldigte Musk sich und sagte, er habe nie geglaubt, dass der Höhlenforscher pädophil sei. Die Geschworenen sprachen Musk vom Vorwurf der Verleumdung frei.

Die Großinvestoren von Tesla äußerten sich besorgt. »Er war irgendwie am Durchdrehen«, sagt Joe Fath von T. Rowe Price , der Musk nach den »Pedo Guy«-Tweet s anrief. »Das muss aufhören«, forderte er und verglich Musks Verhalten mit dem von Lindsay Lohan , einer um die gleiche Zeit offenbar außer Kontrolle geratenen Schauspielerin. »Sie fügen der Marke massiven Schaden zu«, warnte er. Ihr Gespräch dauerte 45 Minuten, und Musk schien zuzuhören. Trotzdem benahm er sich weiterhin destruktiv.

Kimbal glaubte, dass die Unruhe seines Bruders teilweise von seiner anhaltenden Wut über die fast ein Jahr zurückliegende Trennung von Amber Heard herrührte: »Ich bin mir ganz sicher, dass die Turbulenzen 2018 nicht nur mit Tesla zu tun hatten, sondern daraus resultierten, dass er wegen Amber einfach schrecklich traurig war.«

Musks Freunde benutzten inzwischen für seine Krisen den Begriff »Open-Loop« . Damit bezeichnet man eigentlich ein Objekt, das über keinen Feedback-Mechanismus zur Steuerung verfügt, beispielsweise eine Gewehrkugel im Unterschied zu einer gelenkten Rakete. »Immer wenn einer von uns open-loop war, also nicht über ein iteratives Feedback verfügte und sich nicht um die Folgen zu scheren schien, dann nahmen wir Freunde es auf uns, den Betreffenden darüber zu informieren«, erklärt Kimbal. Nachdem die »Pedo Guy«-Sache so eskaliert war, sagte er daher zu seinem Bruder: »Okay, Open-Loop-Warnung.« Denselben Begriff sollte er vier Jahre später wieder verwenden, als Musk sich mit dem Kauf von Twitter herumschlug.

Privatisieren

Ende Juli traf Musk im Jupiter-Konferenzraum in Fremont führende Vertreter des staatlichen saudi-arabischen Investmentfonds , die ihm erklärten, sie hätten im Stillen inzwischen knapp 5 Prozent der Tesla-Aktien erworben. Wie schon in früheren Meetings diskutierten Musk und der Leiter des Fonds, Yasir Al-Rumayyan , die Möglichkeit, Tesla zu privatisieren. Die Vorstellung gefiel Musk. Es war ihm verhasst, dass der Wert des Unternehmens von Spekulanten und Shortseller n bestimmt wurde. Und er ärgerte sich über die Vorschriften, die mit dem Handel an einer Börse verbunden waren. Al-Rumayyan überließ die Sache Musk und meinte, er würde »gerne mehr dazu hören« und einen »vernünftigen« Plan zur Privatisierung des Unternehmens unterstützen.

Zwei Tage danach schoss die Tesla-Aktie um 16 Prozent in die Höhe, als man die guten Ergebnisse des zweiten Quartals bekannt gab, die auch das Erreichen der Marke von 5000 Model S pro Woche umfassten. Musk machte sich Sorgen, dass eine Privatisierung durch eine weiter steigende Aktie zu teuer würde. Also schickte er seinem Board of Directors noch am Abend ein Memo: Er wolle die Firma so bald wie möglich privatisieren und biete dafür 420 Dollar pro Aktie an. In seiner ursprünglichen Kalkulation war er von 419 Dollar ausgegangen, aber die Zahl 420 gefiel ihm besser, weil sie ein Slangausdruck für das Rauchen von Marihuana war. »420 Dollar schienen mir karmamäßig besser zu sein als 419«, sagt er. »Aber ich war nicht bekifft, um das klarzustellen. Gras ist nicht gut für die Produktivität. Es gibt einen Grund für die Bezeichnung ›stoned‹.« Später räumte er gegenüber der US -Börsenaufsicht SEC ein, dass es kein weiser Schachzug gewesen sei, den Preis als »Dope-Joke« festzusetzen.

Das Board ließ öffentlich nichts verlauten, während es Musks Vorschlag prüfte. Doch als er am Morgen des 7. August zum Terminal für Privatflüge in Los Angeles fuhr, setzte er einen verhängnisvollen Tweet ab: »Überlege, Tesla für $ 420 zu privatisieren. Finanzierung gesichert.«

Die Aktie schoss um 7 Prozent in die Höhe, bevor die Geschäftsführung der Börse den Handel zeitweise aussetzte. Eine Regel für Aktiengesellschaften besagt, dass das Management die Börse zehn Minuten vor jeglicher Bekanntmachung warnen muss, die Kursausschläge verursachen könnte. Musk scherte sich nicht um Regeln. Prompt startete die SEC eine Untersuchung.

Board und Topmanagement von Tesla wurden kalt erwischt. Als der Leiter des Bereichs Investor Relations Musks Tweet sah, schrieb er eine SMS an Teller und fragte: »War diese Nachricht regelkonform?« Gracias rief Musk an, um offiziell die Besorgnis des Boards zum Ausdruck zu bringen und ihn aufzufordern, nichts mehr zu twittern, bis die Sache besprochen wäre.

Musk zeigte sich unbeeindruckt von dem Wirbel, den sein Tweet verursachte. Er flog zur Gigafactory in Nevada , wo er mit Managern darüber scherzte, dass »420« ein Hinweis auf Marihuana sei. Den restlichen Tag arbeitete er in der Batterieproduktion am Fließband. Abends flog er zur Tesla-Fabrik in Fremont , wo er bis weit in die Nacht Besprechungen abhielt.

Zu diesem Zeitpunkt äußerten die Saudis ihr Unbehagen darüber, dass ihre Diskussionen über die Privatisierung von Tesla zum Tweet »Finanzierung gesichert« aufgeblasen worden waren. Der Chef des Fonds, Al-Rumayyan , erklärte gegenüber Bloomberg News vage, man sei »in Gesprächen« mit Musk. Als Musk den Artikel sah, schrieb er eine SMS an Al-Rumayyan: »Das ist ein extrem schwaches Statement, und es spiegelt nicht das Gespräch wider, das wir geführt haben. Sie sagten, Sie wären definitiv daran interessiert, Tesla zu privatisieren, und hätten das schon seit 2016 gewollt. Jetzt lassen Sie mich auflaufen.« Er fügte noch hinzu, wenn Al-Rumayyan kein stärkeres Statement veröffentliche, »werden wir nie mehr miteinander reden. Nie mehr.«

»It takes two to tango«, antwortete Al-Rumayyan trocken. »Wir haben noch nichts bekommen … Wir können nichts gutheißen, worüber wir noch nicht genügend Information haben.«

Musk drohte, die Gespräche mit den Saudis abzubrechen. »Tut mir leid, aber wir können nicht zusammenarbeiten«, erklärte er Al-Rumayyan .

Angesichts des Widerstands institutioneller Anleger zog Musk seinen Vorschlag, das Unternehmen zu privatisieren , am 23. August zurück. »In Anbetracht des Feedbacks, das ich bekommen habe, ist offensichtlich, dass die meisten der gegenwärtigen Aktionäre von Tesla glauben, dass wir als Aktiengesellschaft besser dran sind«, sagte er in einem Statement.

Der Rückstoß war brutal. »Das ist klassische, extrem bipolare Risikobereitschaft«, sagte Jim Cramer von CNBC live auf Sendung. »Ich spreche von einem Verhalten, das sich offensichtlich viele Psychiater ansehen, die meinen, klassische Risikobereitschaft ist nichts, was ein CEO an den Tag legen sollte.« In der New York Times schrieb der Kolumnist James Stewart über den »Privatisieren«-Tweet : »[Er] war so impulsiv, potenziell inakkurat, armselig formuliert und durchdacht und mit so derart harschen möglichen Konsequenzen für sich selbst, Tesla und dessen Aktionäre verbunden, dass das Board nun eine heikle, aber lebenswichtige Frage stellen muss: In welcher geistigen Verfassung hat Mr Musk ihn geschrieben?«

Um einen Prozess wegen Täuschung von Investoren vor einem Bundesgericht zu vermeiden, arbeiteten Musks Anwälte an einem Deal mit der SEC , damit die Anklage fallen gelassen würde. Musk würde CEO von Tesla bleiben, aber vom Vorsitz des Boards zurücktreten, eine Strafe in Höhe von 40 Millionen Dollar bezahlen und zwei unabhängige Direktoren in das Board aufnehmen. Eine weitere Klausel war als Streitpunkt absehbar: Musk sollte es nicht gestattet sein, sich in öffentlichen Kommentaren oder Tweets zu jeglicher relevanten Information zu äußern, bevor er die Freigabe einer Aufsicht im Unternehmen dazu bekäme. Gracias und Teslas CFO Deepak Ahuja machten Musk massiv Druck, diese Bedingungen zu akzeptieren und die Kontroverse – sowie vielleicht auch die Monate seines Meltdowns – hinter sich zu lassen. Doch Musk überraschte sie, indem er den vorgeschlagenen Deal abrupt zurückwies. Am Abend des 26. September reichte die SEC Klage ein mit dem Ziel, ihm auf Lebenszeit die Leitung von Tesla oder jedweder anderen Aktiengesellschaft zu verbieten.

Als er am nächsten Tag in der Zentrale von Tesla in Fremont saß, umklammerte Musk eine Wasserflasche und starrte auf einen großen Bildschirm, auf dem CNBC lief. »SEC klagt Tesla-Gründer und -CEO Elon Musk des Betrugs an«, war auf dem Ticker zu lesen. Dann erschien ein Diagramm: »Tesla-Aktie stürzt ab.« Der Verlust betrug 17 Prozent. Den ganzen Tag über drängten Musks Anwälte zusammen mit Antonio, Kimbal und Deepak ihn, seine Meinung zu ändern und einer Einigung zuzustimmen. Widerstrebend willigte er schließlich ein, den pragmatischen Kurs einzuschlagen und den Deal der SEC zu akzeptieren. Da ging der Kurs wieder nach oben.

Musk glaubte, er habe nichts falsch gemacht. Er sagt, er sei gezwungen worden, den Deal einzugehen, weil Tesla sonst bankrott gewesen wäre. »Das ist, als würde man eine Waffe an den Kopf deines Kindes halten. Ich war unrechtmäßig gezwungen, der SEC nachzugeben. Diesen Bastarden.«

Musk wurde teilweise in seiner Meinung bestätigt, als er 2023 einen Prozess gegen eine Gruppe von Aktionären gewann, die behaupteten, aufgrund seines Tweets Geld verloren zu haben. Eine Geschworenenjury urteilte einstimmig, dass er für deren Verluste nicht haftbar wäre. Sein Spitzenanwalt Alex Spiro hatte vor den Geschworenen so argumentiert: »Elon Musk ist einfach ein impulsives Kind mit schrecklichen Twitter-Gewohnheiten.« Das war eine effektive Verteidigungsstrategie, die noch dazu den Vorzug hatte, wahr zu sein.