Kapitel 83
Die drei Musketiere

Twitter, 26.–30. Oktober 2022

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Mit James Musk, Dhaval Shroff und Andrew Musk über Entscheidungen zu Codes gebeugt (oben ); Ross Nordeen analysiert Twitters Software-Architektur (unten links ); James und Andrew Musk (unten rechts )

James, Andrew und Ross

Unter den jungen Techies, die sich an jenem Donnerstag im Konferenzraum im zweiten Stock versammelt hatten, war ein 29-Jähriger, der Musk unheimlich ähnlich sah. James Musk , der Sohn von Errols jüngerem Bruder, besaß das gleiche Haar, das gleiche schelmische Grinsen, die gleiche Eigenart, sich mit der Hand den Nacken zu reiben und den gleichen immer noch leicht durchklingenden südafrikanischen Akzent wie sein Cousin ersten Grades. Sein scharfer Verstand und stechender Blick werden gemildert von einem breiten Lächeln, emotionaler Aufgewecktheit und dem Drang, gefallen zu wollen – Eigenschaften, die nicht zu Elons Repertoire gehören. Als hart arbeitender Softwareingenieur in Teslas Autopilot-Team war James zur Keimzelle einer kleinen Gruppe getreuer Musketiere geworden, die die etwa drei Dutzend Ingenieure und Programmierer von Tesla und SpaceX koordinierten, die in besagter Woche wie ein Expeditionskorps in die Twitter -Zentrale eindrangen.

Seit seinem zwölften Lebensjahr verfolgte James begierig die Abenteuer von Elon, dem er regelmäßig Briefe schrieb. Wie Elon hatte auch er Südafrika auf eigene Faust verlassen, als er gerade 18 Jahre alt war. Er verbrachte ein Jahr an der Riviera, jobbte auf Jachten und wohnte in Jugendherbergen. Danach ging er nach Berkeley und kam dann gerade rechtzeitig zu Tesla, um 2017 bei der irren Fieberphase in der Batteriefabrik in Nevada dabei gewesen zu sein. Danach wechselte er zum Autopilot-Team, das an der Entwicklung der neuronalen Netzwerkarchitektur arbeitete und Videodaten menschlicher Fahrer analysierte, um herauszufinden, wie sich ein autonom fahrendes Auto verhalten sollte.

Als Elon ihn Ende Oktober angerufen und aufgefordert hatte, ihm »freiwillig« bei der bevorstehenden Twitter-Übernahme zu helfen, hatte James zunächst gezögert. An dem betreffenden Wochenende feierte seine Freundin Geburtstag, und sie hatten vor, zur Hochzeit ihrer besten Freundin zu reisen. Tatsächlich zeigte sie Verständnis, dass er seinem Cousin helfen musste. »Du musst da hin«, sagte sie zu James .

Bei dieser Mission mit von der Partie war Andrew , sein jüngerer Bruder, rothaarig und schüchterner als James. Andrew arbeitete als Softwareingenieur bei Neuralink. In Südafrika hatten die Brüder auf nationaler Ebene Kricket gespielt und waren überragende Studenten im Bereich Ingenieurwesen gewesen. Eine halbe Generation jünger als Elon und Kimbal gehörten sie nicht zu der Jugendgang mit den Rive-Brüdern, Elons Cousins mütterlicherseits. Als James und Andrew Südafrika verließen, nahm Elon die beiden unter seine Fittiche, bezahlte ihre Studiengebühren und kam für den Lebensunterhalt auf. Andrew ging auf die University of California (UCLA ), wo er mit Len Kleinrock , dem Pionier des Packet Switching, einem Verfahren zur Datenübertragung in Rechnernetzen, zur Blockchain-Technologie forschte. Als wäre es ein genetisches Merkmal der Familie (was es womöglich auch ist), waren auch James und Andrew süchtig nach dem Strategiespiel Polytopia . »Meine Ex-Freundin hasste mich deshalb«, erklärt Andrew. »Vielleicht ist sie deshalb auch meine Ex.«

Während seiner Zeit an der Riviera wurde James in einer Jugendherberge in Genua einmal von jemandem dabei beobachtet, wie er Erdnussbutter mit zwei Fingern direkt aus dem Glas schaufelte. »Alter, das ist ekelhaft«, sagte der Typ lachend. So lernte James Ross Nordeen kennen, damals ein junger, schlaksiger Herumtreiber und Computerfreak aus Wisconsin. Nach seinem Abschluss an der Michigan Tech tingelte Ross als Code-Jockey durch die Welt, arbeitete von überall aus und frönte gleichzeitig seiner Reiselust. »Ich traf immer wieder Leute und fragte, wo soll ich als Nächstes hin? So bin ich in Genua gelandet«, erinnert er sich.

Es ist ein Beispiel für jene glücklichen Fügungen, die herumreisenden Menschen widerfahren, vor allem an ungewöhnlichen Orten, dass Ross James an diesem Tag erzählte, er bewerbe sich gerade für einen Job bei SpaceX. »Oh, das ist der Laden von meinem Cousin«, entgegnete James. Ross war das Geld ausgegangen, also lud James ihn ein, mit ihm und einem Freund in einem Haus zu wohnen, das sie in der Nähe von Antibes gemietet hatten. Ross schlief auf einer Matratze im Freien.

Eines Abends gingen sie in einen Nachtclub im schicken Örtchen Juan-les-Pins. James unterhielt sich gerade mit einer jungen Frau, als ein Mann auftauchte und erklärte, die Frau sei seine Freundin. Sie gingen nach draußen, es kam zu einer Schlägerei, und James, Ross und ihr Freund suchten irgendwann das Weite. Weil sie aber in der Hektik ihre Jacken im Club gelassen hatten, wurde Ross zurückgeschickt, um sie zu holen. »Sie wählten mich, weil ich der Kleinste war und am harmlosesten wirkte«, sagt Ross. Auf dem Heimweg wurden die drei dann auch noch überfallen, mit einer abgebrochenen Flasche bedroht und gejagt, bis sie über einen Zaun sprangen und sich in einem Gebüsch versteckten.

Diese und andere Eskapaden schweißten Ross und James zusammen. Ein Jahr nach der Geschichte in dem Nachtclub lernte Ross auf einer Konferenz einen Manager kennen, der ihm einen Job bei Palantir verschaffte, dem etwas geheimnisvollen Datenanalyse- und Nachrichtendienstunternehmen, das Peter Thiel mitgegründet hatte. Ross wiederum verhalf James zu einem Praktikum dort, bis sie schließlich beide gemeinsam im Autopilot-Team von Tesla landeten.

James , Andrew und Ross wurden so etwas wie die drei Musketiere von Musks Twitter-Übernahme, der Mittelpunkt jener Tesla - und SpaceX -Söldnertruppe, die sich in den Twitter -Konferenzräumen im zweiten Stock einfanden, um die Transformation des Unternehmens durchzuführen. Die erste – so waghalsige wie, gemessen an ihrem Alter von nicht einmal dreißig Jahren, irgendwie auch peinliche – Aufgabe der drei Musketiere bestand darin, ein Exekutionskommando zu bilden. Es sollte die Programmierfähigkeiten, die Produktivität und sogar die Gesinnungen der mehr als 2000 Twitter-IT ler bewerten und auf dieser Grundlage entscheiden, wer, wenn überhaupt, als Mitarbeitender überleben sollte.

Code-Zeugnisse

James und Andrew saßen mit ihren Laptops an einem kleinen runden Tisch in einem Open Space in der Nähe des Konferenzraums im zweiten Stock, den Musk als seinen Gefechtsstand requiriert hatte. X spielte in der Nähe auf dem Boden mit vier großen Rubikwürfeln. (Nein, er konnte sie noch nicht lösen, er war erst zweieinhalb.) Es war Donnerstag, 27. Oktober, der Tag also, an dem Musk auf die überraschende Blitzübernahme zusteuerte, aber er nahm sich eine Stunde Zeit, seine Besprechungen zu unterbrechen und mit seinen Cousins abzustimmen, wie man die Reihen der Twitter-Programmierer lichten konnte. Zu ihnen gesellte sich ein weiterer junger IT ler aus dem Autopilot-Team, Dhaval Shroff , einer der Moderatoren von Teslas AI Day 2 im Jahr 2022.

James , Andrew und Dhaval hatten mit ihren Laptops Zugang zur vollständigen Schatztruhe aller Codes, die in den vergangenen drei Jahren für Twitter geschrieben worden waren. »Sucht mal danach, wer in den letzten Monaten hundert Zeilen oder mehr Code geschrieben hat«, forderte Musk sie auf. »Ich will, dass ihr das Directory durchgeht und schaut, wer hier Codes commitet.«

Musks Plan lautete, die meisten Programmierer zu entlassen und nur die wirklich guten zu behalten. »Lasst uns herausfinden, wer einen nicht unerheblichen Teil der Codes ausgeführt hat, und dann innerhalb dieser Gruppe überprüfen, wer das beste Coding geleistet hat«, sagte er. Eine Mammutaufgabe, zusätzlich dadurch erschwert, dass der Code nicht in einem Format vorlag, das einfach so erkennen ließ, wer die einzelnen Einfügungen oder Streichungen vorgenommen hatte.

James kam eine Idee. Vor ein paar Tagen hatten er und Dhaval einen jungen IT ler von Twitter auf einer Konferenz in San Francisco kennengelernt. Er hieß Ben. James rief ihn an, stellte ihn auf laut und bombardierte ihn sofort mit Fragen.

»Ja, ich habe die Liste mit Einfügungen und Streichungen von allen«, sagte Ben.

»Kannst du sie schicken?«, fragte James , worauf sich eine längere Diskussion darüber entspann, wie man mit Python-Script und Pruning eine schnellere Übertragung erreichen konnte. Schließlich mischte sich Musk ein. »Danke für deine Hilfe, Mann«, sagte er. Es folgte eine lange Pause. »Elon?«, fragte Ben. Er schien ein wenig verwundert, dass sein neuer Chef am Tag des Börsenschlusses Zeit dafür aufbrachte, sich durch den Quellcode zu wühlen.

Als ich den französischen Akzent hörte, begriff ich, das war Ben – Ben San Souci – der Musk in der Espressobar eine Idee für die Content-Moderation von Hatespeech unterbreitet hatte. Typisch IT -Crack, war er kein geborener Netzwerker, doch nun fand er sich unversehens im inneren Kreis wieder. Einmal mehr ein Beweis für die Bedeutung des Zufalls und dafür, zur rechten Zeit am rechten Ort zu sein.

Am darauffolgenden Morgen, Twitter gehörte nun offiziell Musk, begaben sich die drei Musketiere in den neunten Stock, wo es im Café kostenlos Frühstück gab. Ben war ebenfalls da, und zusammen mit ein paar Tesla-Söldnern gingen sie hinaus auf die sonnige Terrasse mit Blick aufs Rathaus. Rundherum standen etliche Tische und bunte Möbel, aber außer Ben war von Twitter niemand zu sehen.

Als James, Andrew und Ross beschrieben, wie sie mit ihren Entlassungslisten vorankamen, hatte Ben keine Scheu, seine Meinung offen zu sagen. »Meiner Erfahrung nach sind Einzelpersonen wichtig, aber auch die Teams«, sagte er. »Anstatt nur die guten Programmierer herauszufiltern, wäre es meiner Ansicht nach sinnvoller, die Teams zu finden, die wirklich gut zusammenarbeiten.«

Dhaval ließ sich das kurz durch den Kopf gehen. »James, ich und die Leute aus unserem Autopilot-Team sitzen immer zusammen, und die Ideen fließen dann sehr schnell. Und das, was wir als Team erreichen, ist besser als das, was jeder Einzelne von uns schaffen könnte«, stimmte er Bens Überlegungen schließlich zu. Andrew ergänzte, dies sei auch der Grund für Musks Aversion gegenüber dem Arbeiten im Homeoffice.

Erneut nahm Ben kein Blatt vor den Mund. »Ich finde es wichtig, zum Arbeiten hierherzukommen, und deshalb tue ich das auch«, sagte er. »Aber ich bin Programmierer, und es kann nicht gut sein, wenn ich andauernd gestört werde. Also arbeite ich manchmal von zu Hause. Vielleicht ist ja eine hybride Form am besten.«

Verantwortung

Innerhalb der Mauern von Twitter wurde – genauso wie bei Tesla, SpaceX und an der Wall Street – spekuliert, ob Musk jemanden engagieren würde, der gemeinsam mit ihm das Unternehmen leitete. Am ersten Tag als Besitzer von Twitter traf er sich heimlich mit einem möglichen Kandidaten, Kayvon Beykpour , Mitgründer der Videostreaming-App Periscope , die einst von Twitter übernommen und dann gekillt worden war. Beykpour war damals Chef der Produktentwicklung, doch Anfang 2022 von Agrawal ohne weitere Erklärung gefeuert worden.

Das Gespräch fand in Anwesenheit des Tech-Investors Scott Belsky in Musks Konferenzraum statt und war Ausdruck wahrer Gedankenübereinstimmung. »Ich habe eine Idee für die Werbung«, meinte Beykpour. »Fragen Sie die Abonnenten nach ihren Interessen und bieten Sie an, das Ganze zu personalisieren. Das könnte ein Vorteil des Abonnements werden.«

»Yeah, und die Werbekunden würden es lieben«, sagte Musk.

»Genauso wie einen Down-Vote-Button, mit dem man Tweets herunterstufen könnte«, fuhr Beykpour fort. »Sie brauchen ein negatives User-Zeichen, das in die Rankings einfließen könnte.«

»Nur zahlenden und verifizierten Usern sollte erlaubt sein, down zu voten«, sagte Musk, »denn andernfalls würde man zum Ziel von Bot-Attacken.«

Am Ende des Gesprächs machte Musk Beykpour ein unverbindliches Angebot. »Warum kommen Sie nicht zurück, um hier zu arbeiten?«, fragte er. »Es scheint, es gefällt Ihnen hier.« Dann stellte er ihm seine gesamte Vision vor, aus Twitter eine Finanz- und Content-Plattform zu machen, mit Bestandteilen, die er sich schon für X.com ausgemalt hatte.

»Tja, ich bin hin- und hergerissen«, antwortete Beykpour. »Ich bewundere Sie. Ich habe jedes Produkt gekauft, das Sie je geschaffen haben. Geben Sie mir etwas Zeit.«

Es war klar, dass Musk – genau wie bei seinen anderen Unternehmen –, nicht bereit sein würde, viel Kontrolle abzugeben. Einen Monat später fragte ich Beykpour , wie er sich entschieden hatte. »Ich sehe da keine Rolle für mich«, sagte er. »Musk ist ein leidenschaftlicher Entwickler, der das Produkt unmittelbar und selbst vorantreibt.«

Selbst nachdem er eine Onlineumfrage durchgeführt hatte, die sich eindeutig dafür aussprach, jemanden für die Leitung von Twitter zu engagieren, beabsichtigte Musk nicht, dies sofort umzusetzen. Er stellte sogar den Finanzchef frei und verzichtete auf einen neuen. Er wollte, dass Twitter sein Schulhof war. Bei SpaceX hatte er mindestens 15 Direct Reports, Mitarbeiter, die direkt an ihn berichten. Bei Tesla waren es etwa 20. Bei Twitter, sagte er seinem Team, sei er zu mehr als 20 Direct Reports bereit. Und er ordnete an, dass sie und die motiviertesten Programmierer gemeinsam in einem riesigen offenen Arbeitsbereich im zehnten Stock arbeiten sollten, wo er Tag und Nacht unmittelbar mit ihnen zu tun haben würde.

Runde eins

Musk hatte seine jungen Musketiere damit beauftragt, eine Strategie für tiefe Einschnitte in den aufgeblähten IT -Bereich zu entwickeln. Also hatten die drei die Code Base durchforstet, um beurteilen zu können, wer exzellent und damit weiterhin dabei war. Am Freitag, dem 28. Oktober, um 18 Uhr, 24 Stunden nach Abschluss des Deals, versammelte Musk seine Musketiere sowie drei Dutzend vertrauenswürdiger Söldner von Tesla und SpaceX , um das Vorhaben in die Tat umzusetzen.

»Twitter beschäftigt momentan 2500 Programmierer«, erklärte Musk. »Wenn jeder nur drei Zeilen Code am Tag schreibt, eine lächerlich niedrige Messlatte, wären das drei Millionen Zeilen im Jahr, was genug wäre für ein ganzes Betriebssystem. Aber das geschieht hier ja nicht. Hier stimmt irgendetwas ganz und gar nicht. Ich habe das Gefühl, in einer Comedyshow zu sein.«

»Produktmanager, die keine Ahnung vom Programmieren haben, bestellen ständig Funktionen, von denen sie nicht wissen, wie sie sie erstellen sollen«, sagte James . »Wie Kavalleriegeneräle, die nicht wissen, wie man reitet.« Ein Spruch, den Musk häufig verwendete.

»Ich werde eine Regel festlegen«, beschied Musk. »Wir haben nur 150 Leute im Autopilot-Team. Ich will, dass wir bei Twitter auf diese Zahl runterkommen.«

Selbst wenn man Musks Meinung hinsichtlich der geringen Produktivität bei Twitter teilte, die Entlassung von mehr als 90 Prozent der Angestellten ließ die meisten am Konferenztisch vor Schreck zusammenzucken. Milan Kovac , mittlerweile weniger eingeschüchtert von Musk als in den frühen Optimus-Zeiten, erklärte, warum es mehr Leute brauchte. Anwalt Alex Spiro mahnte ebenfalls zur Vorsicht. Er war der Ansicht, dass einige Stellen bei Twitter keine genialen Computerkenntnisse erforderten. »Ich verstehe nicht, warum jeder Einzelne, der bei einer Social-Media-Company arbeitet, einen IQ von 160 haben und 20 Stunden am Tag arbeiten muss«, argumentierte er. Manche müssten gut verkaufen können, andere bräuchten die emotionalen Fähigkeiten eines guten Managers, und wieder andere würden lediglich Nutzervideos hochladen und müssten keine Superstars sein. Außerdem bedeutete dieser radikale Verschlankungskurs, dass das ganze System scheitern könnte, wenn jemand krank würde oder die Nase voll hätte.

Musk war anderer Meinung. Er wollte tiefe Einschnitte nicht nur aus finanziellen Gründen, sondern auch, weil er eine »hardcore«-Arbeitskultur schaffen wollte. Er war bereit, ja, geradezu versessen darauf, Risiken einzugehen und ohne Netz und doppelten Boden zu arbeiten.

Also trafen sich James , Andrew , Ross und Dhaval mit dem Twitter-Management und forderten, Musks Zielvorgabe umzusetzen. Sie müssten bis zu 90 Prozent ihrer Mitarbeiter entlassen. »Darüber waren sie ziemlich unglücklich«, sagt Dhaval. »Sie erklärten, dass das Unternehmen schlicht zusammenbrechen würde.« Er und die anderen Musketiere hatten darauf eine Standardantwort: »Elon will das so, so arbeitet er, also müssen wir ihm einen Plan vorstellen, wie wir dieses Ziel erreichen können.«

Am Abend des 30. Oktober, ein Sonntag, schickte James die offizielle Liste der besten und zu übernehmenden Programmierer an Musk, die er und die anderen Musketiere erstellt hatten. Wer nicht auf der Liste stand, konnte entlassen werden. Musk war bereit, sofort zu handeln. Würden die Entlassungen vor dem 1. November durchgeführt, müsste das Unternehmen die fälligen Boni und zustehenden Optionszuteilungen nicht zahlen. Doch die Personalverantwortlichen lehnten das ab. Sie wollten die Liste auf Diversität überprüfen, ein Ansinnen, das wiederum Musk ablehnte. Eine weitere Warnung der Personalabteilung ließ ihn allerdings innehalten. Die Entlassungen würden, wenn sie fristlos erfolgten, Geldstrafen wegen Vertragsbruchs und Verstößen gegen die kalifornischen Arbeitsgesetze nach sich ziehen. Das würde Millionen Dollar mehr kosten, als mit den Kündigungen einfach bis nach den vertraglich vereinbarten Prämienzahlungen zu warten.

Widerstrebend stimmte Musk zu, die Massenentlassungen auf den 3. November zu verschieben. Sie wurden an jenem Abend in einer nicht unterzeichneten E-Mail angekündigt: »In dem Bemühen, Twitter auf einen gesunden Weg zu bringen, werden wir den schwierigen Prozess des Abbaus unserer weltweiten Belegschaft durchlaufen.« Etwa die Hälfte der Mitarbeitenden von Twitter weltweit und fast 90 Prozent einiger Infrastrukturteams wurden entlassen, ihr Zugang zu Firmenrechnern und E-Mails wurde sofort gekappt. Außerdem entließ Musk die meisten Angestellten der Personalabteilung.

Und das war nur Runde eins eines Blutbades, das sich über drei Runden hinziehen sollte.