FAZ.NET, 13.03.2017
In der Medizin wird schon »gekrispert«, was die Gentechnik hergibt. Kann mit dem neuen Verfahren Blukrebs kontrolliert werden? Forscher haben in die Trickkiste gegriffen.
Im Kampf gegen Leukämien könnte die Gentechnik eine entscheidende Rolle spielen. Im Mittelpunkt dabei sogenannte CAR‐T‐Zellen. Das sind Immunzellen des Patienten, die im Labor mit einem sehr potenten gegen Leukämie gerichteten »CAR‐Rezeptor« ausgestattet werden. Bis jetzt wurde der genetische Bauplan für den CAR‐Rezeptor mit modifizierten Viren an einer zufälligen Stelle im Erbgut der Immunzelle eingebaut. Die Sequenz für den auf den Zellen natürlich vorkommenden Rezeptor (den sogenannten TCR) blieb dabei unverändert.
Nun konnten Forscher vom Memorial Sloan Kettering Cancer Center in New York die TCR‐Sequenz gezielt durch den CAR‐Bauplan ersetzen. Sie machten sich dafür das Genom‐Editing‐Werkzeug namens CRISPR‐Cas9 zunutze, das es ermöglicht, ein Gen an jeder beliebigen Stelle des Genoms einzubauen. In erkrankten Mäusen blieben die neuen CAR‐T‐Zellen viel länger aktiv als ihre Vorgänger und konnten eine tödliche Form von Leukämie fünfmal länger unter Kontrolle halten als mit herkömmlichen Ansätzen. Wie die Forscher um Justin Eyquem in »Nature« berichten, liege das daran, dass das eingeführte CAR‐Gen nicht wie sonst üblich mit zusätzlichen Sequenzteilen zur ständigen Aktivierung gezwungen wird, sondern ausschließlich der wohldosierten Regulierung des natürlichen Rezeptors unterliegt. Dadurch vermeidet man, dass die CAR‐T‐Zelle sich in andauernder Angriffsbereitschaft befindet und eine Art Lethargie übergeht.
Die neuen CAR‐T‐Zellen haben den Vorteil, dass man sie aus einem beliebigen Stammzellspender erzeugen könnte. Denn die natürlichen TCRs, die fremde Merkmale des Patienten erkennen und lebensbedrohliche Abstoßungsreaktionen hervorrufen könnten, werden ausgeschaltet.
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