5. Kapitel

Der Junge lag im Sterben, sein Körper blutend und geschunden, eine erschreckend rote Brandnarbe quer über seinem Rücken.

Neona fuhr mit den Händen über seine Schnitte und Prellungen, nahm so viel von seinem Schmerz in sich auf, wie sie ertragen konnte. In der Ferne, wo das Dorf und die Burg sich befanden, stieg Rauch in den Himmel empor. Der Gestank verbrannter Körper erstickte sie. All ihren Mut zusammennehmend, legte sie dem Jungen die Hand auf den verbrannten Rücken. Feuer loderte ihren Arm hinauf.

Schreiend richtete Neona sich in ihrem Bett auf. Nach Luft ringend sah sie sich im einzigen Zimmer in ihrem dunklen Haus um. Sie war zu Hause in Beyul-La. Weit, weit fort von dieser schrecklichen Erinnerung. Sie hatte viele Jahre nicht mehr davon geträumt.

Mondlicht fiel durch das offene Fenster, gerade ausreichend, um die Umrisse von zwei Stühlen und einem kleinen Tisch vor der Feuerstelle auszumachen. Eine Kiste mit ihrer Kleidung befand sich am Fußteil des Betts. Eine weitere Kiste stand vor Minervas Bett am anderen Ende des Raumes. Ihrem leeren Bett.

Bei seinem Anblick erfasste eine weitere Welle der Trauer sie und ließ sie kalt und taub zurück.

„Minerva“, flüsterte sie. „Wer hört mir jetzt zu in der Stille der Nacht? Wem kann ich meine Geheimnisse anvertrauen?“

Seit der Schlacht vor zwei Wochen fiel ihr das Schlafen schwer. Wenn Neona dann doch endlich einschlief, träumte sie von ihrer Zwillingsschwester. Erinnerungen an ihre Kindheit im Tal, wie sie über grüne Wiesen gelaufen waren, lachten und im Bach spielten. Aber der Traum nahm immer eine düstere Wendung, und dann sah sie, wie Lord Liaos Schwert in die Brust ihrer Schwester eindrang, sah, wie ihre Schwester zu Boden fiel. Dann wachte Neona mit tränenüberströmten Wangen auf, und ihr Herz schmerzte so sehr, dass sie glaubte, es müsste bersten.

Dieses Mal war es ganz anders gewesen. Warum sollte sie nach all den Jahren wieder von diesem Jungen träumen? Es war ein schrecklicher Tag gewesen, voller Tod und Zerstörung, ein Tag, den sie fest zu vergessen versucht hatte.

„Warum hatte ich diesen Traum?“ Sie sah zu Minervas Bett herüber und stellte sich vor, was ihre Schwester antworten würde.

Ist dir heute etwas anderes passiert als sonst?

„Ja“, flüsterte Neona. „Ich bin einem Mann begegnet. Einem Mann, der so besonders war, dass ich niemandem von ihm erzählen konnte. Aber dir hätte ich es erzählt.“

Stille.

Tränen stiegen ihr in die Augen. „Das muss eine Warnung gewesen sein, um mich und meine Gefühle zu schützen. Damit ich mich daran erinnere, was passiert, wenn eine von uns sich für einen Mann entscheidet und gegen unsere heilige Pflicht.“

Sich zusammennehmend wischte sie sich die Wangen ab. Es war gut, dass Zoltan verschwunden war. Sie war im Augenblick zu verletzlich, zu leicht beeinflussbar von einem falschen Gefühl der Zuneigung. Sie musste stark sein. Der Preis dafür, sein Herz an einen Mann zu verlieren, war immer der gleiche. Tod und Zerstörung.

Unschuldige oder Mörderin?

Die Frage hallte immer wieder in Zoltans Gedanken. Es war der nächste Abend, und er saß in seinem Büro in Budapest und las sich einen Bericht durch. Aber die Worte auf dem Papier verschwammen vor seinen Augen, während sein Gehirn immer wieder das Treffen von letzter Nacht abspielte.

Die Erinnerung begann immer mit dem besten Teil ihrer Begegnung. Dem Kuss. Er erinnerte sich daran, wie Neona geschmeckt hatte, wie stark und doch zerbrechlich sie sich in seinen Armen angefühlt hatte. Sie war die faszinierendste Kombination aus Kraft und Zärtlichkeit. Ihre Worte waren mutig gewesen, aber ihr Körper hatte unter seinen Berührungen gebebt. Unschuldig.

Dann aber fuhren die Worte des Leoparden wie ein Messer durch seine Erinnerung und zerfetzte sie in Stücke. Und dann erinnerte er sich daran, wie sie ihn zuerst angegriffen hatte. Er war unbewaffnet gewesen, aber sie hatte keine Gnade gezeigt. Nicht gezögert. Eine Mörderin.

Stöhnend warf er den Bericht auf seinen Schreibtisch. Unschuldige oder Mörderin? Was war sie? Wer waren die Frauen von Beyul-La? War es ein Kloster? Aber er hatte noch nie von Nonnen gehört, die Männer verführten und sie dann töteten. Vielleicht waren sie eine männerhassende Sekte? Warum benutzten sie Pfeile wie den, der seinen Vater getötet hatte? Waren sie Nachkommen jener, die ihn ermordet und das Dorf zerstört hatten? Es klang verrückt, aber er hatte vielleicht einen jahrhundertealten Kult weiblicher Kriegerinnen entdeckt, die an einem Ort namens Beyul-La lebten.

Hatte Neona ihn angegriffen, weil er ihrer Heimat zu nahe gekommen war? Der Leopard hatte gesagt, Männer wären dort nicht gestattet. Sie würden ihn umbringen, wenn sie ihn dort entdeckten.

Er suchte im Internet nach Beyul-La, aber genau wie er erwartet hatte, gab es keine Treffer. Das Wort „Beyul“ allerdings gab es, es bedeutete „verborgenes Tal im Himalaya“. Als Beispiel wurde das Barun-Tal gegeben, und das Foto glich dem Tal, das er gesehen hatte. Grün und üppig, umgeben von Bergen mit schneeweißen Gipfeln. Die Bewohner, die Sherpa, nannten diesen Ort heilig. Das Paradies auf Erden. Man berichtete Fantastisches von verborgenen Tälern wie Shangri-La, wo die Menschen nie älter wurden und die Ewigkeit in Frieden und Harmonie verbrachten.

Zoltan schnaubte. Neona hatte nichts Friedliches oder Harmonisches an sich. Er hatte ihr einmal den Rücken gekehrt, als er versucht hatte, sie zu beschützen, und sie hatte ihm prompt eins übergezogen. Wenigstens waren alle Verletzungen, die er sich zugezogen hatte, während seines Todesschlafes komplett verheilt.

Sollte er sie wiedersehen? Gott, er wollte es so sehr. Er hatte sich gerne mit ihr unterhalten. Wirklich gerne hatte er sie geküsst. Aber würde sie sich freuen, ihn zu sehen, oder würde sie versuchen, ihn umzubringen?

Er würde es nie erfahren, wenn er in Budapest blieb. Leider hatte er einen vollen Terminplan mit Meetings bis Mitternacht, und dann musste er zurück in sein Stadthaus, wo der Ballsaal zweimal im Monat als Gerichtshof für seinen Vampirzirkel diente.

Als Zirkelmeister von Osteuropa musste er den Prozessen vorstehen, richten und unter seinen Untergebenen Frieden stiften. Manchmal gerieten ein paar Malcontents außer Kontrolle, und er musste sich von Angus Vampire ausleihen, um mit ihnen fertigzuwerden. Jahrhundertelang hatte er für Recht und Ordnung gesorgt. Und er hatte eine erfolgreiche Firma aufgebaut. Ihm gehörten die alte Burg und das umliegende Gelände in Transsilvanien und dazu viele Immobilien in Budapest in Ungarn und Sofia in Rumänien.

Geschäfte bedeuteten Arbeit. Arbeit hielt ihn beschäftigt. So beschäftigt, dass er normalerweise vergaß, wie allein er war. Er löste die Probleme anderer Leute und beschützte sie vor den Malcontents, Kommunisten, Nazis, osmanischen Türken und Mongolen. Wieder und wieder, jahrhundertelang.

Er lehnte sich zurück und schloss die Augen. Er hatte es satt. Satt, ewig das Gleiche zu tun. In Zeiten wie diesen vermisste er seinen alten Freund Istvan am meisten.

Istvan war der ortsansässige Vampir und bereits alt und weise gewesen, als Zoltan ihn als Kind kennengelernt hatte. Und als Zoltan mit vierzehn Jahren plötzlich zum neuen Grafen von Czakvar geworden war, hatte Istvan ihm mit Rat und Vermögen zur Seite gestanden, damit er die Burg und das Dorf wiederaufbauen konnte. Im Alter von neunundzwanzig Jahren war Zoltan an dem Gedanken verzweifelt, alt zu werden und zu sterben, ohne die Wahrheit um den Tod seiner Eltern herauszufinden, und hatte Istvan deswegen angefleht, ihn zu verwandeln. Da Istvan ein Freund seines Vaters gewesen war und ebenfalls begierig darauf, das Geheimnis zu lösen, hatte er sich einverstanden erklärt, Zoltans Schöpfer zu werden.

Mit den Jahren war Istvan zu einem zweiten Vater für Zoltan geworden. Der alte Vampir hatte ihm eindringlich geraten, dass es für einen Vampir wichtig, sogar notwendig war, Reichtum anzuhäufen. Es bedeutete Sicherheit und Freiheit. Also hatte Zoltan ein kleines Vermögen verdient. Dieser Tage fühlte er sich sicher genug, trotz Howards Nörgelei, aber er fühlte sich nicht frei. Er war einfach nur … müde.

Istvan war im großen Vampirkrieg von 1710 gestorben, ermordet von dem bösen Casimir. Zoltan hatte sein Bestes getan, in die Fußstapfen seines Mentors zu treten, und sich freiwillig gemeldet, um dessen Posten als Zirkelmeister von Osteuropa zu übernehmen. 1750 hatte man Zoltan erneut gewählt, dann wieder 1850 und 1950. Anscheinend wollte niemand sonst diese Verantwortung übernehmen.

Istvan hatte Zoltan außerdem beigebracht, dass es seinem Leben einen Sinn geben konnte, die Sterblichen zu beschützen. Zoltan hatte das als seinen Daseinszweck akzeptiert. Doch je länger er lebte, desto mehr Sterbliche sah er alt werden und sterben. Vor dem Tod konnte er sie nicht beschützen. War sein Lebenszweck nichts weiter als Eitelkeit, um sich selbst besser zu fühlen?

Seufzend öffnete er die Augen, und sein Blick fiel auf den Computerbildschirm und das Foto des Barun-Tals. Das Paradies auf Erden. Ähnlich Beyul-La, nur dass die Gebirgskämme um Beyul-La herum unüberwindbar schienen, sodass das Tal komplett vom Rest der Welt abgeschnitten war. Wunderschön, aber so abgeschieden. Was brachte eine Handvoll Frauen dazu, allein an einem solchen Ort zu leben? Warum waren sie bereit zu töten, um sein Geheimnis zu bewahren?

Zoltan setzte sich auf. Genau das brauchte er. Eine neue Aufgabe. Er würde die Geheimnisse von Beyul-La lüften und das Herz von Neona gewinnen. Falls sie ihn nicht zuerst umbrachte. Und er könnte dabei auch das Geheimnis seiner ersten Aufgabe lüften und herausfinden, was an jenem schicksalsreichen Tag im Jahre 1241 geschehen war. Wegen des Pfeils hatte er das untrügliche Gefühl, dass alles miteinander verbunden war.

An der Tür klopfte es, und Milan spähte zu ihm herein. „Sir, es tut mir leid, Sie zu stören, aber Ihr Meeting in fünf Minuten muss verlegt werden. Sie haben gerade angerufen, weil es sich auf ihrer Seite verzögert. Sie können nicht vor einer halben Stunde hier sein …“

„Das ist schon in Ordnung.“ Aufregung machte sich in Zoltans Innerem breit. In dreißig Minuten konnte er sich nach Tibet und wieder zurück teleportieren. „Ach, und Milan“, sagte er, als sein Assistent die Tür schon wieder hinter sich schloss.

„Ja, Sir?“ Milan sah wieder zu ihm herein.

„Sorg dafür, dass ich morgen frei habe. Nein, die ganze Woche.“

Milan starrte ihn verblüfft an. „Sie wollen Urlaub nehmen?“

„Ja.“ Zoltan griff nach einem Stück Papier und einem Stift.

„Aber Sie nehmen sich niemals Urlaub. Nicht in den fünf Jahren, die ich jetzt für Sie arbeite.“

„Fünf Jahre arbeitest du schon für mich?“

„Ja, Sir.“ Milan wurde etwas rot und schob seine Brille zurecht. „Sie haben mich gleich nach dem College angestellt.“

„Oh.“ Zoltan erinnerte sich. Milans Großvater war jahrelang der Steward seiner Burg gewesen. Und Milans Vater, der Gärtner, hatte die Gärten zu einem der Highlights der Burgführung gemacht. Sie waren immer dort gewesen, jede Nacht, genau wie Milan. „Ich kann mich nicht erinnern, dass du jemals Urlaub genommen hättest.“

Milan errötete noch tiefer. „S-Sie haben mir nie welchen gegeben. Nicht, dass ich mich darüber beschweren würde. Sie kümmern sich seit mehr Generationen um meine Familie, als wir uns erinnern können. Es ist eine Ehre, für Sie zu arbeiten.“

Zoltan stöhnte innerlich auf. Er war so besessen von der Arbeit gewesen, dass er nicht gemerkt hatte, was mit den Sterblichen um ihn herum passierte. Und er rühmte sich damit, ihr Beschützer zu sein? „Meine Güte, Milan, du hättest mir sagen müssen, was für ein schrecklicher Boss ich bin.“

„Das ist für einen Angestellten normalerweise nicht ratsam, Sir.“

„Du nimmst dir Urlaub. Sofort.“

„Tue ich das? Aber sollten wir beide zur gleichen Zeit fort sein, Sir?“

„Ach ja, richtig. Du musst bleiben.“

Milan ließ die Schultern hängen. „Sehr wohl, Sir.“

„Aber du bist befördert. Du weißt alles, was hier vor sich geht, oder? Du weißt, wer die Gebäude managt und kennst alle Geschäftskontakte?“ Als Milan nickte, traf Zoltan eine Entscheidung. „Na gut. Dann hast du jetzt die Verantwortung. Verdopple, nein, verdreifache dein Gehalt. Und wenn ich wiederkomme, nimmst du dir Urlaub, okay?“

Milan starrte ihn mit weit aufgerissenen blauen Augen an.

Plötzlich fühlte Zoltan sich fünfzig Pfund leichter. Und voller Energie. Frei. „Wir sehen uns in dreißig Minuten, Herr Vizepräsident.“

Milan nickte. „Jawohl, Sir.“ Er schloss die Tür.

Dank seines übermenschlichen Gehörs hörte Zoltan den Jubelschrei auf der anderen Seite der Tür. Lächelnd verfasste er auf Englisch einen kurzen Brief.

Liebe Neona,

Ich würde dich gerne wiedersehen. Bitte, triff dich mit mir hier um Mitternacht.

Zoltan

Er nahm den Zettel und teleportierte sich zurück auf die Lichtung, wo er am Abend zuvor mit Neona gekämpft und sie geküsst hatte. Von der Spitze des Felsvorsprungs holte er den Pfeil zurück, den er Russell abgenommen hatte. Dann benutzte er seine Vampirkraft, um ihn in einen Baumstamm zu rammen und seinen Brief damit festzumachen.

Doch was, wenn eine der anderen Frauen ihn entdeckte? War Neona dann in Schwierigkeiten? Er zog den Pfeil wieder heraus und schwebte zu dem Ast empor, auf dem der Leopard in der Nacht zuvor gelegen hatte. Dort machte er den Brief wieder fest. Zu hoch, um von den meisten bemerkt zu werden, aber der Leopard würde ihn hoffentlich finden und Neona den Brief bringen. Es war ein hohes Risiko, aber was sollte er sonst machen? Er konnte nicht einfach in Beyul-La hereinplatzen, wo er nicht gestattet war. Es sei denn, es gelang ihm, ungesehen zu bleiben.

Er ging an den Bach hinab, Augen und Ohren weit aufgesperrt, aber es war niemand außer ihm dort. Er betrachtete die Felswand, aus der das Wasser strömte. Dieses Wasser musste aus Beyul-La kommen. Er teleportierte sich auf den Felskamm, dann von Baumspitze zu Baumspitze, bis er das Dorf gut im Blick hatte.

Nur noch Glut war in der Feuerstelle in der Mitte des Dorfes übrig. In den Häusern war es dunkel. Die Frauen hatten sich wahrscheinlich schon schlafen gelegt. Er entdeckte den Leoparden, der den Berg zu einer Reihe kleiner Hügel hinauftrottete. Grabhügel? Es waren fünf. Nein, sechs. Der sechste war mit Gras bewachsen und in der Dunkelheit schlechter zu erkennen. Die anderen fünf waren braun von frisch aufgeworfener Erde und mit großen Steinen belegt, die im Mondlicht silbern schimmerten.

Neben einem der Hügel bewegte sich etwas. Eine der Frauen? Er teleportierte sich näher heran. Ja, eine Frau, in grünes und braunes Leinen gekleidet, das sich der Hügellandschaft so gut anpasste, dass sie fast unsichtbar wurde.

Er teleportierte sich in einen Baum in ihrer Nähe. War es Neona? Es war schwer zu sagen, weil alle Frauen lange schwarze Haare und schlanke Körper hatten.

Sie saß ganz still, die Hand auf dem Grabhügel abgelegt, den Kopf geneigt. Mit der anderen Hand wischte sie sich die Wangen ab. Sie weinte.

Zoltan zuckte zusammen. Fünf der sechs Gräber waren frisch. Soweit er wusste, waren nur noch sechs Frauen übrig. Russell hatte gesagt, dass sie schwere Verluste erlitten hätten, als er sich der Schlacht angeschlossen hatte. Warum kämpfte Lord Liao gegen diese Frauen?

Der Leopard kam zu ihr und stieß mit dem Kopf gegen ihr Bein. Sie streichelte ihn kurz, legte sich dann auf den Rücken ins Gras und starrte in den Himmel hinauf. Neona.

Um wen weinte sie mitten in der Nacht? Ein Familienmitglied oder einen engen Freund? Zoltan konnte ihre Trauer nur allzu gut nachempfinden. Er wusste, wie es sich anfühlte, seine ganze Familie und seinen engsten Freund zu verlieren.

Er musste gut auf ihr Herz aufpassen. Es war schon wund vor Schmerzen. Und er musste dafür sorgen, dass Lord Liao nicht noch mehr von diesen Frauen umbrachte. Eine innere Stimme warnte ihn, dass er sich schon wieder die Verantwortung auflastete, Sterbliche zu beschützen, aber er ignorierte sie. Neona war etwas Besonderes. Er durfte nicht zulassen, dass ihr jemand etwas tat.

Wenn Russell das nächste Mal seine Vorräte abholte, würde er einige Fragen beantworten müssen. Wer waren die Frauen von Beyul-La? Und warum wurden sie von Lord Liao und den Soldaten von Master Han angegriffen?

Kater, rief er den Leoparden in Gedanken.

Zhan sah sich mit seinen glühend goldenen Augen um, bis er Zoltan im Baumwipfel entdeckte. Du Trottel. Wenn sie dich hier erwischen, bringen sie dich um.

Ich habe einen Brief auf dem Ast hinterlassen, wo du gesessen hast, als Neona und ich uns unterhalten haben.

Ihr habt viel mehr getan, als euch nur zu unterhalten. Der Kater funkelte ihn wütend an. Tu ihr weh, und ich beiße dir den Fuß ab.

Zoltan ignorierte die Drohung. Hilf ihr morgen, den Brief zu finden. Ich will sie wiedersehen.

Die Katze schlug mit dem Schwanz auf den Boden. Warum sollte ich dir helfen?

Weil sie traurig ist. Und weil ich sie glücklich machen will.

Die Katze blinzelte langsam. Vielleicht helfe ich dir. Vielleicht auch nicht.

Schön und gut, gab Zoltan sich zufrieden. Pass auf sie auf, in Ordnung?

Zhan antwortete nicht, legte aber eine Pfote auf Neonas Bein.

Zoltan warf noch einen letzten Blick auf sie, ehe er sich zurück in sein Büro teleportierte. Noch drei Minuten bis zu seinem Meeting. Er lächelte in sich hinein und rückte seine Krawatte gerade. Wenn alles gut ging, dann würde er Neona am nächsten Abend wiedersehen.