21. Kapitel

„Ihr habt uns etwas Neues zum Anziehen mitgebracht?“, fragte Neona, als sie die schwarze Weste betrachtete, die sie aus einer der Taschen gezogen hatte.

„Das sind Kevlar-Westen“, erklärte Emma. „Sie sind kugelsicher und schützen auch vor Messerstichen.“

„Wie wundervoll.“ Lydia nahm sich eine, um sie sich genauer anzusehen. „Dann ist das eine Art moderne Rüstung?“

„Ja.“ Emma nickte. „Es ist uns eine Ehre, an Eurer Seite in der Schlacht gegen Lord Liao und Master Han kämpfen zu dürfen. Bitte nehmt diese Westen als Zeichen unserer Freundschaft an.“

Nima, die die Taschen zuerst ignoriert hatte, zog eine Weste heraus und bewunderte sie. „Wir werden euer Geschenk annehmen. Vielen Dank.“

„Gern geschehen.“ Emma und Lady Pamela lächelten sich an.

Nachdem Zoltan sich und Neona zurück in ihr Haus teleportiert hatte, hatte Neona die anderen Frauen an der Feuerstelle versammelt, um ihnen zu sagen, dass eine Vampirkriegerin bald bei ihnen eintreffen würde. Dann hatte er Emma angerufen, damit sie seine Stimme benutzen konnte, um sich zu ihm zu teleportieren. Alle waren überrascht festzustellen, dass sie nicht allein gekommen war. Mikhails Frau, Lady Pamela, hatte sie begleitet, und beide waren beladen mit Stofftaschen gewesen.

Alles Misstrauen war verflogen, als die Frauen von Beyul-La einen Blick auf ihre Geschenke geworfen hatten. Luxuriöse Badezusätze, Töpfe und Geschirr – Zoltan fand, es war wie Weihnachten. Aber die beliebtesten Beutel waren die mit den Kevlar-Westen.

Emma neigte den Kopf vor Nima. „Wenn Ihr bereit seid, Majestät, können wir mit der Besprechung beginnen.“

„Ich bin bereit.“ Nima nahm ihren üblichen Sitz an der Feuerstelle ein. Zoltan setzte sich neben Neona und nahm ihre Hand in seine.

„Liao ist mit zweihundert Soldaten auf dem Weg hierher“, fing Emma an, wurde aber sofort von entsetztem Aufkeuchen unterbrochen.

„Wie viele Krieger könnt ihr uns stellen?“, verlangte Nima zu wissen.

„Ungefähr fünfzig“, antwortete Emma und hob die Hände, als die Frauen anfingen zu protestieren. „Ich weiß, das klingt schlimm, aber obwohl wir in der Unterzahl sind, haben wir in unserem Kampf gegen Master Han gute Fortschritte gemacht. Mithilfe der Krieger Gottes haben wir den Dämon Darafer zurück in die Hölle gewiesen, und wir konnten einhundert ihrer Supersoldaten wieder zurück in normale Menschen verwandeln.“

„Stimmt es, was Zoltan gesagt hat?“, fragte Freddie. „Hat Master Han neunhundert Soldaten?“

Emma nickte. „Ja. Aber jetzt, wo Darafer fort ist, kann Master Han keine weiteren erschaffen.“

Die Königin schnaubte. „Und wie sollen wir Lord Liao mit seinen zweihundert Soldaten besiegen können?“

„Zermürbungskrieg“, entgegnete Emma. „Liao weiß nicht, wo genau sich dieses Tal befindet. Um ganz Tibet abzusuchen, muss er seine Männer in Sucheinheiten aufteilen. Unser Freund Russell ist ihnen auf den Fersen. Immer, wenn wir den Standort eines solchen Suchtrupps erfahren, teleportieren wir uns und greifen an. Wenn Liao dieses Tal findet, wird seine Armee eine sehr viel überschaubarere Größe haben.“

Die Frauen nickten anerkennend.

„Eure Strategie ist gut“, verkündete Nima. „Wir werden euch bei den Angriffen zur Seite stehen.“

„Ausgezeichnet.“ Emma lächelte. „Dann habt ihr keine Einwände dagegen, dass unsere Männer im Nachbartal ein Lager aufschlagen?“

„Sie dürfen kommen“, willigte Nima ein. „Aber sie müssen begreifen, dass sie im Nachbartal zu bleiben haben. Männer sind hier in Beyul-La nicht gestattet.“ Sie warf Zoltan einen vernichtenden Blick zu. „Für Dohnas Sohn machen wir eine Ausnahme.“

„Und das weiß ich zu schätzen.“ Als er sie anlächelte, sah die Königin ihn noch düsterer an. Er stöhnte innerlich auf. Soweit er es feststellen konnte, wollte seine zukünftige Schwiegermutter ihn immer noch umbringen. Vielleicht würde die Besitzurkunde für das Tal und das umliegende Land ihre Meinung ändern.

„Entschuldigt mich.“ Er eilte zurück in Neonas Haus, um den Ordner aus seiner Reisetasche zu holen. Als er an die Feuerstelle zurückkehrte, hatte Tashi sich der Aufgabe angenommen, Lady Pamela ins Nachbartal zu führen, damit Pamela die Truppen zusammenrufen konnte.

Er setzte sich zwischen Neona und ihre Mutter. „Euer Majestät, ich habe ein Geschenk für Euch.“ Er reichte ihr den Ordner. „Das ist die Besitzurkunde für das Tal von Beyul-La und das umliegende Gebiet. Der legale Beweis, dass dieses Land Euch gehört.“

Die Königin riss die Augen auf und öffnete den Ordner.

„Danke.“ Neona drückte ihm den Arm und lächelte ihn an.

„Wer ist das?“ Nima deutete auf Rajivs Namen.

„Das ist ein Freund und chinesischer Staatsbürger. Ich musste das Land durch ihn kaufen.“

Die Königin schloss stirnrunzelnd den Ordner. „Wie können wir ihm vertrauen? Er könnte uns das Tal stehlen.“

„Wird er nicht“, versicherte Zoltan ihr. „Er ist der Anführer der Tiger in Tiger Town. Er ist auf unserer Seite.“

„Das stimmt“, fügte Emma hinzu. „Die Wer-Tiger sind unsere stärksten Verbündeten gegen Master Han.“

„Wer-Tiger?“ Freyas Augen leuchteten auf. „Du meinst, es gibt Männer, die sich in Tiger verwandeln?“

Emma lächelte. „Ja. Wir haben eine Gruppe Gestaltwandler auf unserer Seite. Wegen des Wassers des Lebens müsst ihr euch keine Gedanken machen, was sie angeht. Sie können fünfhundert Jahre und länger leben.“

Zoltan bemerkte, wie die Frauen sich untereinander ansahen. Hatten sie vor, ihre Wer-Drachen weiter geheim zu halten?

Nima warf ihm einen wütenden Blick zu. „Du hast ihr vom Wasser des Lebens erzählt?“

„Sie werden alle ihr Leben für Euch riskieren.“ Zoltan sah sie eindringlich an. „Sie haben ein Recht darauf, alle Geheimnisse zu erfahren, die hier gewahrt werden.“

Sie kniff die Augen zusammen.

„Wir verstehen, dass Ihr das Wasser des Lebens geheim halten wollt“, sagte Emma. „Wir dürfen nicht zulassen, dass Liao oder Han es findet. Sie würden es benutzen, um den ganzen Planeten in ihre Gewalt zu bringen.“

Nima nickte steif. „Das ist richtig.“

„Ich muss Euch noch diese zeigen.“ Emma öffnete den Reißverschluss an ihrem Rucksack und nahm eine Pistole heraus. „Ich habe jeder von euch eine mitgebracht.“

„Wir haben noch nie Schusswaffen benutzt“, sagte Freddie.

„Keine Sorge. Wir bilden euch aus.“ Emma nahm eine Schachtel mit Pfeilen aus ihrem Rucksack. „Das sind Betäubungswaffen. Und Übungs-Pfeile. Wenn wir einen Suchtrupp angreifen, benutzen wir die echten Pfeile, um so viele Soldaten wie möglich zu treffen. Die Pfeile setzen sie außer Gefecht.“

Die Königin verschränkte die Arme. „Wir sind an Pfeil und Bogen gewöhnt. Oder Schwerter.“

Emma nickte. „Ihr werdet auch eure gewohnten Waffen dabeihaben, für den Fall, dass ihr sie braucht. Aber denkt daran, Hans Soldaten sind unglaublich schnell und stark. Sobald man mit ihnen in den Zweikampf tritt, hat man den Nachteil.“

„Wissen wir“, murmelte Freddie. „Erst vor drei Wochen haben sie fünf von uns getötet.“

„Wir sind entschlossen, keine von euch zu verlieren“, versicherte Emma ihr. „Die beste Art, mit diesen Soldaten fertigzuwerden, ist der Überraschungsangriff, bei dem wir sie mit dem Pfeil bewusstlos machen, ehe sie merken, dass wir da sind.“

„Und dann bringen wir sie um?“, fragte die Königin.

Emma schüttelte den Kopf. „Erinnert Ihr Euch, wie ich gesagt habe, dass wir schon hundert Soldaten wieder zurückverwandelt haben? Das ist unser Ziel. Wir teleportieren die bewusstlosen Soldaten in unsere Klinik in Japan oder die neue, die wir gerade in Tiger Town errichten, und dort können wir ihnen helfen.“

„Warum machen wir uns die Mühe, sie zu retten?“, fragte Lydia.

„Sie sind sterblich“, erklärte Emma. „Und es ist schon immer unsere Mission als Vampire gewesen, die Sterblichen zu beschützen. Die Soldaten stehen unter Master Hans Gedankenkontrolle. Und sie sind von Darafer, dem Dämon, transformiert worden. Sobald wir sie zurückverwandelt und Master Hans Bann über sie gebrochen haben, freuen sie sich, wieder frei zu sein.“

„Wenn sie in der Schlacht sterben, gehören ihre Seelen Darafer“, fügte Zoltan hinzu. „Dann kommen sie direkt in die Hölle.“

Die Frauen zuckten zusammen.

„Deswegen versuchen wir, so viele zu retten, wie wir können. Am Ende zahlt es sich aus, weil die geretteten Soldaten sich normalerweise bereit erklären, uns dabei zu helfen, Han zu vernichten. Da wir so sehr in der Unterzahl sind, werden wir sie eines Tages brauchen.“ Emma zog ein Tablet aus ihrem Rucksack. „Ehe wir ins Nachbartal gehen, würde ich euch gerne noch eine Sache zeigen. Na ja, Winifred und Freya, genaugenommen.“

„Ja?“ Freddie und Freya setzten sich auf.

„Vor ein paar Nächten hat Zoltan meinen Mann, Angus, gebeten, nach eurem Vater zu suchen“, erklärte Emma. Als die Gesichter der Mädchen aufleuchteten, fügte sie schnell hinzu: „Ich fürchte, ich habe traurige Nachrichten. Frederic ist vor ungefähr sechzig Jahren bei einem Bombenangriff im Zweiten Weltkrieg ums Leben gekommen.“

„Oh“, flüsterte Freya. „Armer Papa.“

Freddie seufzte. „Ich habe mich immer gefragt, was passiert ist. Er hat gesagt, er würde zurückkommen.“

„Es tut mir leid.“ Emma schaltete ihr Tablet an und berührte einige Buttons. „Angus ist es jedoch gelungen, euren jüngeren Bruder, Franklin, aufzuspüren …“

„Frankie?“ Freya keuchte auf. „Er ist noch am Leben?“

Freddie strahlte. „Wie geht es ihm?“

„Das könnt ihr selbst sehen.“ Emma reichte Freya das Tablet. „Angus hat das für euch aufgezeichnet.“

Freddie und Freya quietschten, als die Stimme eines Mannes aus dem Tablet kam.

„Oh mein Gott!“ Freya ließ das Tablet fallen.

Freddie stupste mit dem Finger dagegen. „Was ist das für ein Ding? Ist das Frankie?“

„Ich will ihn auch sehen!“ Neona huschte um die Feuerstelle herum und hockte sich hinter die beiden Frauen, um ihnen über die Schulter zu sehen.

Freddie beugte sich näher heran. „Er sieht so alt aus!“

Freya wirkte fassungslos. „Wenn wir das Wasser des Lebens nicht hätten, würden wir sogar noch älter aussehen!“

„Ich habe dabei geholfen, ihn auf die Welt zu bringen. Und ich habe ihm früher auch die Windeln gewechselt“, erzählte Neona.

„Hast du?“ Freya drehte sich zu ihr um.

Neona schnaubte. „Deine Windeln habe ich auch gewechselt.“

„Wahrscheinlich kannst du dich besser an ihn erinnern als wir“, murmelte Freddie. „Wir waren noch so jung.“

„Ich erinnere mich an ihn.“ Lydia rutschte näher, damit sie auch etwas sehen konnte.

„Er sagt etwas!“ Freya hob das Tablet auf. „Und wir verpassen es.“

„Ich lasse es noch einmal von vorne laufen.“ Emma streckte die Hand aus und berührte einige Tasten.

Die vier Frauen beugten sich dicht über das Tablet, um sich das Video anzusehen. Zoltan lächelte über die Freude auf ihren Gesichtern. Zu schade, dass die Königin noch immer wie eine schlecht gelaunte Kröte dahockte.

„Hi, Freddie! Hallo, Freya!“, fing Frankies Stimme an.

„Hallo?“, flüsterte Freya zögernd.

„Das ist eine Aufnahme“, erklärte Emma. „Er kann euch nicht hören.“

„Pst.“ Freddie gab ihrer Schwester einen Stoß.

„Angus hat mir versichert, dass ihr diese Aufnahme sehen werdet“, fuhr Frankie fort. „Was für eine Freude es war, zu hören, dass ihr noch immer in Beyul-La lebt und guter Dinge seid. Es hat mir sehr leidgetan, das von Mum zu hören. Wahrscheinlich habt ihr schon von Papa erfahren. Er ist vor sechzig Jahren bei einem Bombenangriff ums Leben gekommen. Ich weiß, er hat versprochen, zu euch zurückzukommen, und das hatte er auch immer vor, aber als der Krieg ausgebrochen ist, war Reisen auf einmal unmöglich, und dann hat er den Krieg nicht überlebt.“

„Er hatte nie vor, uns zu verlassen“, flüsterte Freya.

„Ich war erst sechs, als wir gegangen sind“, sagte Frankie, „aber Papa hat immer von Beyul-La erzählt, ich habe also all seine Erinnerungen daran. Ich weiß noch, dass Freddie an zwei Fingern gesaugt hat und dass Freya erst spät gelernt hat zu laufen, weil es ihr so gefallen hat, von Papa überallhin getragen zu werden.“

„Das stimmt“, murmelte Freddie. „Du warst so ein riesiges Baby.“

„Pst.“ Freya stupste ihre Schwester an, um sie zum Schweigen zu bringen.

„Papa und ich haben andauernd über euch geredet. Es war unser kleines Geheimnis.“ Frankie seufzte. „Ich vermisse ihn immer noch. Ich wollte immer zurückkommen, um euch zu besuchen, aber ich wusste nicht genau, wo ihr seid. Und ich wollte auch niemanden anheuern, der euch findet, weil ihr im Geheimen bleiben müsst. Und dann hatte ich auch immer zu tun. Ich bin der Gärtner in einem riesigen Anwesen hier in England. Ich konnte schon immer gut mit Pflanzen umgehen.“

Freya keuchte auf. „Er hat die gleiche Gabe wie ich!“

Noch ein Sohn, der eine Gabe geerbt hatte. Zoltan sah zur Königin hinüber, die das Gesicht verzogen hatte. Wurde ihr klar, dass die Welt, die sie seit Jahrtausenden kontrollierte, sich langsam veränderte? Hoffentlich würde sie eines Tages lernen, ihm zu vertrauen. Er hatte vor, alles in seiner Macht Stehende zu tun, um das Tal zu beschützen.

„Und meine Familie hält mich auf Trab“, fuhr Frank fort. „Ich habe eine Frau, drei Kinder und fünf Enkelkinder.“

Freddie strahlte. „Wir haben eine Familie dort.“

„Sieh mal!“ Freya deutete mit dem Finger aufs Tablet. „Er zeigt Bilder von ihnen!“

„Angus hat gesagt, er könnte mich zurück zu Papas Hütte teleportieren, wenn ihr einverstanden seid. Vampire, glaubt man so etwas?“ Frankie lachte. „Jetzt habe ich noch ein Geheimnis zu bewahren.“

„Oh ja!“ Freya verschlang ihre Hände ineinander.

„Das wäre wunderbar!“ Freddie sah Emma bittend an. „Wann könnt ihr ihn herbringen?“

Lächelnd nahm Emma das Tablet wieder an sich. „Sobald es hier wieder ungefährlich ist.“

„Danke! Danke!“ Freddie und Freya sprangen beide auf. Grinsend umarmte Neona sie beide.

Zoltan bemerkte, dass die Königin ihre Hände in stummer Wut zu Fäusten ballte. Niemand hatte sie wegen Frankies Besuch um Erlaubnis gebeten.

Emmas Telefon klingelte, und sie nahm ab. „In Ordnung.“ Sie steckte das Telefon in die Tasche, stand auf und schwang sich ihren Rucksack über die Schulter. „Angus sagt, sie sind so weit.“

Nima erhob sich steif. „Ich zeige euch den Weg.“ Sie warf Winifred einen düsteren Blick zu. „Sieh noch einmal in der Höhle nach dem Rechten, ehe du nachkommst.“

„Ja, Majestät!“ Freddie rannte auf die Höhle zu.

Emma sah ihr nach und dann Zoltan fragend an. Er nickte, um sie wissen zu lassen, dass er es ihr bald erklären würde.

Sie folgten der Königin bis zur Felswand. Als sie alle an ihrem Abhang angekommen waren, bemerkte er, dass es im Tal darunter jetzt vor Menschen wimmelte.

Freya betrachtete die Menge. „Sind auch Wer-Tiger hier?“

Emma deutete auf drei Männer, die sich gerade die Kisten mit den Vorräten ansahen. „Der Große Tiger und zwei seiner Anhänger.“

„Wie interessant.“ Freya ließ die Strickleiter die Wand herunter.

Winifred kam gerannt, um sie einzuholen. „Alles in Ordnung“, flüsterte sie der Königin zu. „Wenn sie Euch brauchen, schicken sie die Eule. Zhan bewacht den Eingang. Wenn jemand kommt, lässt er es uns wissen.“

Nima nickte. „Gut.“

„Euer Majestät“, sprach Zoltan sie an. „Ihr und die anderen Frauen werden sich daran gewöhnen müssen, teleportiert zu werden, deswegen zeige ich Euch, wie einfach es ist.“ Er packte Neona und tauchte mit ihr zusammen im Tal unten wieder auf.

Neona winkte den anderen Frauen, um sie wissen zu lassen, dass es ihr gut ging. Sie winkten zurück und fingen dann eine nach der anderen an, die Strickleiter hinabzuklettern. Tashi, die bereits im Tal war, rannte an den Fuß der Felswand, um die Leiter festzuhalten.

Emma tauchte neben ihm auf. „Okay. Was ist in der verdammten Höhle?“

„Der Grund, aus dem sie das Wasser des Lebens trinken“, flüsterte Zoltan. „Sie bleiben über Jahrtausende am Leben, damit sie beschützen können, was wahrscheinlich die letzte Gruppe Wer-Drachen auf dem Planeten ist.“

Emma keuchte auf. „Willst du mich veralbern? Drachen?“

„Ja. Feuerspeiende Drachen.“ Er drehte sich zu Neona um. „Ich nehme an, sie können auch fliegen? Habt ihr es deshalb geschafft, so schnell in Transsilvanien zu sein, als meine Mutter in Gefahr war?“

„Ja.“ Neona trat dichter an sie heran. „Sobald die Dorfbewohner deine Mutter gefangen genommen hatten, hat sie uns per Adler eine Nachricht geschickt. Dann sind wir auf den Drachen zu ihr geritten.“

„Dann waren es die Drachen, die das Dorf niedergebrannt haben?“, fragte Zoltan.

„Ja.“ Neona seufzte. „Sie sind unglaublich schnell und wild, wenn sie erwachsen sind, aber jetzt befinden wir uns am Anfang eines Zyklus, sie sind also vollkommen schutzlos. Wir haben drei Kinder und drei verbleibende Nester mit Eiern darin. Wir müssen sie beschützen.“

Emma sah immer noch fassungslos aus. „Schnell und wild, sagst du?“

„Sie haben mein Dorf zerstört“, murmelte Zoltan.

„Und sie können unglaublich schnell fliegen“, fügte Neona hinzu. „Ich nehme an, das ist einer der Gründe, warum wir immer gern ihre Hüterinnen gewesen sind. Du kannst dir nicht vorstellen, was für ein Hochgefühl es ist, hoch oben im Himmel auf dem Rücken eines Drachen dahinzusausen.“

„Es klingt wirklich aufregend.“ Emma nickte langsam. „Könnten es die Drachen sein, hinter denen Liao her ist? Gibt es Gerüchte, die er gehört haben könnte?“

Neona zuckte zusammen. „Das wäre möglich. Die Drachen sind von Natur aus Jäger. Wir drängen sie immer dazu, in der Wildnis zu jagen, aber mit den Jahren ist es durchaus vorgekommen, dass sie eine Kuh oder ein Schaf von einem Bauern gestohlen haben. Zum Glück wissen sie, dass sie das nur tun dürfen, wenn sie Hunderte von Meilen von zu Hause entfernt sind, sodass es schwer wird, sie hierher zurückzuverfolgen.“

Emma kniff die Augen zusammen. „Stellt euch vor, wie Master Hans Supersoldaten Dörfer auf feuerspeienden Drachen angreifen. Ich muss Angus davon berichten.“ Sie rannte los, um ihren Mann zu finden.

Neona sah zu ihrer Mutter hinüber, die noch immer oben auf der Felswand stand und darauf wartete, die Strickleiter herunterzuklettern. „Ich werde ihr sagen müssen, dass das Geheimnis gelüftet ist. Sie wird nicht froh darüber sein.“

Zoltan legte ihr einen Arm um die Schultern. „Komm, ich stelle dich ein paar von den anderen vor.“

Er führte sie zu der Gruppe, die ihnen am nächsten stand.

„Nicht schlecht, Zoltan!“ Phineas winkte ihm zu. „Als ich gehört habe, du hättest einen Stamm Amazonen gefunden, dachte ich nicht, dass sie so heiß sein würden.“

Gregori streckte beide Daumen nach oben. „J. L. hat darauf gewettet, dass sie aussehen wie Yeti-Weibchen. Groß, gemein und behaart.“

„Aye.“ Dougal stieß J. L. in die Rippen. „Du schuldest mir zehn Pfund.“

J. L. Wang antwortete nicht. Ihm stand der Mund offen, und er starrte die Frauen an, die gerade die Strickleiter hinabkletterten.

„J. L.?“ Howard wedelte mit der Hand vor seinem Gesicht. „Wangster, bist du noch bei uns?“

Dougal schnaubte. „Ich glaube, der ist verschossen.“

„Oh, so was von“, stimmte Phineas zu. „Gefangen im Traktorstrahl einer heißen Braut. Schnell!“ Er wirbelte J. L. herum. „Wir müssen die Verbindung unterbrechen, ehe es zu spät für ihn ist.“

Dougal öffnete einen Flachmann mit Blissky und schwenkte ihn unter J. L.s Nase. „Komm zurück zu uns, Kumpel.“

J. L. blinzelte und flüsterte dann: „Sie ist eine Göttin.“

Zoltan sah sich nach den Kriegerinnen um, sich fragend, welche es J. L. angetan hatte. „Ich möchte euch Neona vorstellen, meine zukünftige Frau.“

Sie sah ihn schief an. „Wann habe ich dem denn zugestimmt?“

Die Männer lachten und schüttelten ihr die Hand.

Howard grinste Zoltan an. „Kein Wunder, dass du dich von ihr hast vermöbeln lassen.“

Zoltan lächelte ebenfalls und führte Neona dann ein Stück fort, damit sie sich in Ruhe unterhalten konnten. „Wir sollten lieber schnell zum Kloster gehen, ehe die Übungen anfangen.“

Sie nickte. „Sobald es sicher ist, will ich Minervas Sohn hierher mit zurückbringen, damit ich seine Mutter sein kann.“

Zoltan nahm sie in die Arme. „Dann bekommt er auch einen Vater.“

In ihren Augen glänzten Tränen. „Habe ich dir schon gesagt, dass ich dich liebe?“

„Ja. Beim fünften Höhepunkt, glaube ich.“

Sie knuffte ihn entrüstet in die Seite. „Du denkst immer nur an Sex.“

„Und an dich.“ Er küsste sie auf dir Stirn. „Gehen wir.“