Kapitel 29

»Lass uns kurz zu Hugo fahren und dann unsere Kids aus der Obhut des wunderbaren Monsieur Aubry auslösen, was meinst du?«

Sie verließen das Restaurant und traten aus der Tür, sofort waren sie umtost vom Sturm, der so laut war, dass Anouk sich nur noch schreiend verständlich machen konnte.

»Das sollten wir … Ich glaube, hier gären die Dinge ganz von alleine.«

Luc schloss das Auto auf und setzte Aurélie in ihren Kindersitz, der Wind riss heftig an der Tür, und erst als sie drinnen saßen und sich den Regen aus dem Gesicht wischen konnten, wurde es wieder ruhiger. Nein, doch nicht, denn nun erhob sich vom Rücksitz ein Geschrei. Angeschnallt zu sein schien der Kleinen nun auch nicht so gut zu gefallen. Und dazu der Regen, der an die Fenster donnerte.

»Ich geh nach hinten«, sagte Anouk und quetschte sich auf die Rückbank, sie brauchte einige Minuten, dann war ihre Tochter zumindest ein wenig beruhigt und stieß nur noch leise Quietschlaute aus. Luc fuhr los, und es dauerte einige Kilometer, bis Anouk wieder zu sprechen begann.

»Wenn ich das Gesicht von Roland le Correc richtig deute, muss der nach der Ankündigung, dass er einen neuen Chef hat, erst mal sein Mütchen kühlen.«

»Madame Silva sah auch nicht besser aus.«

»Eine ehrenwerte Gesellschaft ist das.«

Luc fuhr durch den Wald in Richtung Saint-Girons. Sein Blick hatte die umstehenden Bäume fest im Griff. Die Seekiefern waren Flachwurzler, und in diesem Sturm fiel so mancher schon schiefe Baum gern mal quer über die Straße. Das war nichts, was er mit Anouk und Aurélie erleben wollte.

Die Wolken waren mittlerweile nicht mehr grau, sondern so schwarz, dass der Himmel komplett verdüstert war. Wenn sich in der Wetterküche über den Azoren etwas zusammenbraute, waren die Menschen in den Landes die ersten, die die Ausläufer davon abbekamen. Und heute schien sich ganz schön was zusammengebraut zu haben. Nicht ungewöhnlich für den Frühling in der Aquitaine, dass sich das Wetter von friedlich-sonnig auf stürmisch-wild änderte.

So war es, als sie in dem kleinen Dorfzentrum von Saint-Girons ankamen, nicht mehr ganz so ruhig in Hugos Ausweichpolizeirevier. Die beiden Portale der Feuerwache standen offen, beide Wagen vor der Tür, der eine hatte schon das Blaulicht eingeschaltet. Als Luc bremste, sprangen gerade drei Pompiers in das Feuerwehrauto und rasten gleich darauf mit quietschenden Reifen einem Einsatz entgegen.

Sie betraten die Feuerwache und sahen, wie sechs andere Feuerwehrleute dabei waren, sich ihre Uniformen anzuziehen. Das Funkgerät in der Ecke rauschte und spuckte permanent unverständliche Befehle aus.

»So schlimm?« Luc hatte den Blick des Ranghöchsten aufgefangen. Der nickte und setzte sich gerade seinen glänzenden Helm auf. »Höchste Unwetterwarnstufe. Auf der Landstraße nach Léon sind die Bäume wie Streichhölzer umgeknickt. Gott sei Dank liegt niemand drunter.«

»Viel Glück. Wenn wir hier stören, dann sagen Sie es.«

»Bei dem Wetter schmeiß ich Sie bestimmt nicht raus. Ich bete nur, dass wir heute Nacht keine Kriminalpolizei brauchen.«

»Da bete ich mit Ihnen«, erwiderte Luc. Dann ging er zu Hugos Schreibtisch, wo Anouk den Kollegen schon auf den neuesten Stand bringen wollte. Aber erst mal war es Aurélie, die, als sie den Brigadier sah, die Arme ausbreitete und in ein lautes Lachen ausbrach.

»Mensch, da freut sich aber jemand, dich zu sehen«, sagte Anouk.

»Wenn sich meine Frau so freuen würde wie die Kleine, das wäre schön …«

»Hat deine Recherche zu den finanziellen Verhältnissen etwas ergeben?«

»Alles unauffällig«, antwortete Hugo. »Sonst hätte ich mich schon gemeldet. Auguste Fontaine steht als einziger Besitzer der Villa im Kataster, auch seine Söhne haben laut den Behörden keine Probleme. Vorstrafen: Fehlanzeige.«

»Nicht mal Drogenbesitz bei Rémy Fontaine?«

»Nichts. Die Akte ist blütenweiß.«

»War er nicht so blöd, sich erwischen zu lassen?«

»Uns gegenüber hat er es ja offenherzig zugegeben.«

»Weil er wusste, dass es uns nicht interessiert.« Luc runzelte die Stirn. »Okay, da kommen wir also auch nicht weiter.«

»Und wenn es doch um Ugo Gennevilliers als Person ging?« Hugo blickte zwischen Anouk und Luc hin und her.

Der Commissaire zuckte die Schultern. »Wir lösen jetzt erst mal die Geiseln unseres Einsatzleiters aus. Könntest du noch einmal auf Aurélie aufpassen? Der Sturm tobt, und ich habe kein gutes Gefühl, wenn wir sie mitnähmen.«

»Mit dem größten Vergnügen. Kommst du zu mir, chérie

Es war jedes Mal aufs Neue faszinierend, wie die Stimme des starken Hugo Pannetier ganz weich wurde, wenn er das Baby auf den Arm nahm. Da war es plötzlich egal, wie viele Einsatzjahre bei der Festnahmeeinheit CRS er auf dem Buckel hatte – hier war er einfach der perfekte Papaersatz.

»Aber ich nehm sie nicht mit auf den Einsatz, wenn die Feuerwehr mich zwangsverpflichtet, okay?«

»Hmm … Was?« Luc stutzte. »Ach so«, sagte er, als er in Hugos lachendes Gesicht sah. Er war im Kopf schon unterwegs – irgendwie ging ihm dieser Fall, auch ohne dass es ein Opfer gab, mächtig an die Nieren. Irgendwas rumorte in seinem Bauch, und das war nie ein gutes Gefühl. Hatte er etwas übersehen?

»Los geht’s, fahren wir.« Sie verabschiedeten sich wieder von Aurélie, Minuten später waren sie schon auf der Landstraße nach Magesq, die sie auf die vierspurige Nationale nach Mont-de-Marsan bringen würde.

Sie redeten nicht viel auf ihrer Fahrt, auch Anouk schien in Gedanken versunken zu sein. Das sonore Prasseln des Regens, das permanente Kratzen des Scheibenwischers, die leisen Stimmen der Ansager im Radio, auf die sie beide nicht hörten, all das ließ die Kilometer vorüberziehen. Luc kam erst wieder aus seiner Gedankenwelt, als sie die Schnellstraße verließen und die Einfallstraße in die Hauptstadt des Département nahmen.

Mont-de-Marsan war kein Kleinod alter Architektur, eher eine Verwaltungs- und Beamtenstadt, die aber sehr hübsch am Zusammenfluss von Midou und Douze lag, die sich mitten im Zentrum zur Midouze vereinigten. Anouk und Luc fuhren über die Brücke, um dann in die kleinen Gässchen der Altstadt einzubiegen. Der Regen war auf den letzten zehn Kilometern weniger geworden, und jetzt schob sich sogar wieder die Sonne durch die dunklen Wolken.

Das Commissariat befand sich an einem kleinen Platz unweit des Flusses. Luc fand einen Parkplatz vor der Bar genau daneben, draußen auf dem Trottoir saßen einige Männer und tranken Bier oder einen Espresso nach dem Déjeuner, und als Luc genauer hinsah, entdeckte er an einem Tisch weiter hinten auch einen Mann im Anzug.

»Sieh mal«, sagte Anouk, »Aubry scheint genervt.«

Es stimmte. Ihr Chef rührte unruhig in seiner Tasse herum und sah gedankenverloren über die Straße.

Sie stiegen aus und gingen direkt zu dem jungen Karrierebeamten, der unwirsch aufsah, als sich Luc in die Sonne stellte.

»Was … oh, Commissaire. Und … Mademoiselle Filipetti … Sind Sie privat … Ich meine, ich hatte Sie doch klar angewiesen, nicht an dem Fall zu arbeiten.«

»Tut uns leid. Es war Ausnahmezustand an der Küste, Anouk konnte nicht den Zug nehmen, die Bahnlinie war durch den Sturm gesperrt. Deshalb arbeiten wir noch zusammen.«

»Ah … ähm …«, Aubry wusste nicht, wie er nun weitermachen sollte, deshalb übernahm Luc.

»Und, Monsieur Aubry? Haben Sie unseren Fall gelöst?«

Der Mann verdrehte die Augen. »Ich habe sie die letzten Stunden verhört. Und ihnen wahrhaft viele Brücken gebaut. Aber sie wollen nicht gestehen.«

»So ein Wunder. Kann ich dann jetzt weitermachen? Wir sind uns mittlerweile sicher, dass die jungen Leute nichts damit zu tun haben.«

»Ah, aber … Ich weiß natürlich von dem Liquid Ecstasy. Es kann doch gut sein, dass es über die beiden in den Wein gelangt ist.«

»Hören Sie, Monsieur Aubry, der Weinkeller von Auguste Fontaine ist so erlesen, da lagern solche Schätze, dass er geschützt ist wie die Banque de France. Niemand kommt da rein außer den Angestellten – und Monsieur Fontaine selbst. Niemals sind die dort hineingelangt.«

Wieder rührte Aubry in seiner Tasse, die, wie Luc jetzt sah, leer war.

»Gut …«, sagte er leise stöhnend, aber selbst das klang noch nicht wie eine Kapitulation, eher so, als wäre er genervt davon, welche neue Bürde ihm der Commissaire auferlegte. »Was schlagen Sie vor?«

»Ich möchte den jungen Mann noch mal befragen, allein, wenn Sie erlauben. Und dann glaube ich, dass wir ihn frei lassen sollten. Mit dem Mädchen allerdings haben wir etwas anderes vor.«

Überraschend für Luc widersprach Aubry nicht, sondern wies mit der Hand hinüber zum Polizeigebäude.

»Na dann, ich habe die letzten Stunden wirklich hart daran gearbeitet. Wenn Sie meinen, dass Sie mehr erreichen …«

Anouk und Luc verabschiedeten sich von ihm und gingen in das Commissariat, das in einem funktionalen Gebäude aus den Achtzigern untergebracht war. Vor dem Haus standen mehrere Einsatzfahrzeuge. Luc zeigte am Empfang seinen Ausweis, schon ging die Tür surrend auf. Es war geradezu skurril, dass sich die Polizeireviere der Republik von außen sehr unterschieden, je nach Architektur der Stadt, nach der Lage im Land, nach dem Baujahr. Manchmal waren es altehrwürdige Gemäuer wie der Quai des Orfèvres in Paris, mitten auf der Île de la Cité, manchmal waren es hochmoderne Gebäude wie der Neubau in Bordeaux, manchmal standen Palmen davor, und der Blick fiel aus einem Albtraum von Hochhaus auf das Mittelmeer wie in Nizza, wo Anouk früher lange Dienst getan hatte. Innen aber, innen sahen all diese Behörden gleich aus: lange gerade Flure, in denen der Staub wirbelte, in schrecklichen Pastelltönen getünchte Wände und stets die gleichen Türen und Sitzbänke aus Sperrholz. Nein, Luc war tatsächlich nicht angetan von diesen Räumen, weder hier noch in Bordeaux – deshalb hatte er sich irgendwann entschieden, seine Verhöre, so oft es möglich war, dort vorzunehmen, wo die Menschen sich befanden, wo sie wohnten, arbeiteten, wo sie sich sicher wähnten. Das brachte neben dem meist schöneren Ambiente einen weiteren Vorteil mit sich: Wo man zu Hause war, machte man Fehler, verzettelte sich in Lügen, fiel in alte Gewohnheiten. Im Zentrum der Exekutive hingegen waren die Menschen so angespannt und furchtsam, dass das Adrenalin sie vor allzu dummen Aussagen schützte.

Die schwarze Polizistin am Empfang war aus ihrem gläsernen Büro getreten und lehnte sich locker an die Tür.

»Sie sind die aus Bordeaux, oder?« Der Commissaire nickte. »Ihre Kunden sitzen in der ersten Etage. Wer war denn der komische Vogel, der die die halbe Nacht verhört hat?«

»Paris«, murmelte Luc, und die junge Uniformierte nickte wissend. »Dachte ich mir schon. Wird Zeit, dass unser Verhörraum wieder frei wird.«

»Wird nicht mehr lange dauern«, erwiderte Luc. »Können Sie die junge Frau runterholen und noch bei sich parken? Ich muss nur kurz mit dem Jungen sprechen.«

»Klar, mach ich.«

Und schon stiefelte sie die Treppe hoch, die Pistole an ihrem Gürtelholster schaukelte bei jedem Schritt.

Mit einigem Abstand folgten Anouk und Luc ihr, um sich dann, als sie mit Mademoiselle Lafargue aus der Tür trat, hinter einer anderen Tür zu verstecken. Die unruhigen Augen der jungen Frau konnte Luc aber sogar aus seinem Versteck erkennen.

Sie öffneten die Tür, auf der Salle d’interrogatoire stand, Verhörraum. Noch bevor sie etwas sagen konnten, fragte der junge Mann auf Englisch:

»Wo ist Joselyne?«

»Sie wird nicht wiederkommen«, antwortete Luc. Dann schob er Anouk den Stuhl zurück und setzte sich anschließend neben sie und gegenüber dem Deutschen. Der junge Mann sah sie aus müden Augen an, er saß im Stuhl wie ein nasser Sack, offenbar fehlte ihm sogar die Kraft, um angemessen Angst zu haben.

»Wie geht es Ihnen, Monsieur?«

»Beschissen. Was meinen Sie denn? Der Typ hat immer dieselben Fragen gestellt.«

»Der Typ ist unser Vorgesetzter«, sagte Anouk klar und deutlich, »und wenn Sie meinen, dass Sie hierzulande Polizisten so abfällig behandeln können wie daheim in Deutschland, dann sind Sie hier falsch. Lehrer und Ordnungskräfte sind hier Respektspersonen. Verstanden?«

Der junge Mann nickte.

»Gut. Dann reden wir. Wir werden nicht alle Fragen zehnmal stellen. Sondern nur einmal. Wenn Sie sie zufriedenstellend beantworten, werden wir Sie rauslassen. Natürlich werden Sie einen Strafbefehl für Ihre Taten erhalten, irgendeine Geldstrafe in dreistelliger Höhe, aber ich kann mir vorstellen, dass die bei der lahmen juristischen Zusammenarbeit unserer beiden Länder irgendwo auf dem Postweg verloren geht. Also, machen Sie mit, dann spazieren Sie hier raus und können gleich wieder Gitarre am Lagerfeuer spielen …«

Der junge Mann wechselte ins Französische, sein Gesicht zeigte absolute Überraschung, offenbar traute er dem Frieden noch nicht. »Aber ich …«

»Hören Sie«, Luc stand auf, die Luft in dem Raum roch so abgestanden, dass er das Fenster öffnen musste, »ich habe keine Zeit für weitere Ausflüchte. Wir müssen nämlich einen anderen, einen echten Fall lösen. Also?«

Luc hatte es nicht für möglich gehalten, dass der junge Mann noch weiter in sich zusammenfiel. Monsieur Hoeller rutschte tatsächlich halb vom Stuhl, dann legte er die Hände mit den Handflächen nach oben auf den Tisch, als ergebe er sich.

»Ja. Ich habe die Wände vollgeschmiert.«

»Mit der roten Farbe aus Ihrem Wohnwagen?«

Der junge Mann nickte.

»Die Rechtschreibfehler sind also Ihre.«

Wieder ein Nicken.

»Sie haben Monsieur Fontaine einen Mörder und einen Folterer genannt.«

»Na ja, weil er es ist. Ich habe Ihnen doch schon gesagt, wie schrecklich das ist, wie die Tiere gequält werden. Sie finden das nicht, weil Sie sich auf Ihre Traditionen berufen. Aber wie kann ein Parlament Tierqual denn gutheißen im Namen der Tradition?«

»Vielleicht haben Sie recht, Monsieur Hoeller. Aber nicht Monsieur Fontaine hat sich einer Straftat schuldig gemacht, sondern Sie.«

»Aber dann ist Ihr Rechtssystem scheiße.«

»Auch das ist möglich. Haben Sie die Foie gras mit Buttersäure versetzt, oder war es Mademoiselle Lafargue?«

Sein Blick verhärtete sich, als würden die Dinge jetzt schwieriger. Er antwortete nicht.

»Ist sie Ihre Freundin?«

Nun verschränkte Adam Hoeller die Arme vor der Brust.

»Oder ist es vielmehr so, dass Sie das gerne hätten?« Anouk legte alle Boshaftigkeit in ihre Stimme, zu der sie imstande war.

»Woher hatten Sie die Buttersäure?«

Wieder antwortete er nicht.

»Sie werden nicht rauskommen, wenn Sie nicht mitmachen, Monsieur Hoeller.«

Er antwortete ganz leise: »Ich hab die ganze Nacht darüber nachgedacht, während uns Ihr Chef all diese Fragen gestellt hat. Wie konnte mir das passieren, dass mich ein Mädchen so einwickelt? Ich hab das echt erst gestern gemerkt. Wenn Joselyne mir gesagt hätte, dass ich ’ne Bombe im Stall deponieren soll, hätte ich das wohl auch gemacht.«

»Das Detail können Sie bei der offiziellen Aussage gerne weglassen«, sagte Luc lächelnd. »Wie haben Sie sie getroffen?«

»Sie kam zu uns auf den Zeltplatz, und mir sind fast die Augen rausgefallen. Die ist ja so hübsch, dass … Ach, na ja. Sie ist zu uns gekommen an einem Abend, wir haben Bier getrunken, und sie hat gesagt, sie habe gehört, dass wir was gegen die Entenstopfleber-Bauern unternehmen wollen. Das hatten wir auch bis dahin: Plakataktionen, Flugblätter, eine internationale Petition. Sie hat gesagt: Das bringt doch alles nichts. Wir müssten viel härter vorgehen.«

»Es war Joselyne Lafargue, die euch die Zielperson vorgeschlagen hat?«

Der Mann nickte. »Ja, sie hat gesagt, er sei der Reichste und der Schlimmste von allen. Wenn wir ihn angreifen, dann kommt das auch in die Medien.«

»Woher hatte sie die Buttersäure?«

»Ihre Mama arbeitet in einem Labor irgendwo in der Nähe. Joselyne hat sie besucht und dabei was abgezweigt.«

»Und Sie haben es dann in die Foie gras gespritzt?«

»Meine Freunde wollten nicht mitmachen. Joselyne hat sie richtig gehänselt. Sie seien Angsthasen. Ich habe es dann mit ihr gemacht, weil ich … Na ja, Sie verstehen schon, oder? Zwingen Sie mich nicht, es zu sagen …«

»Sie haben es getan, weil Sie dachten, Sie könnten sie damit rumkriegen?«

Der junge Mann sah zu Boden.

»Haben Sie nie vorgeschlagen, das Gleiche auch bei anderen Bauern zu machen? Es gibt hier so viele, die, wie Sie sagen, Tiere quälen.«

»Joselyne wollte nur ihn. Sie wollte ein Exempel statuieren. Das hat sie immer gesagt. Kann ich jetzt gehen?«

»Ja, das können Sie«, sagte Luc, nachdem er sich mit Anouk mit Blicken verständigt hatte.

»Aber sagen Sie, nur aus Interesse: Hat es denn geklappt?« Anouks Neugier war nicht zu überhören. »Haben Sie sie rumgekriegt?«

Doch Adam Hoeller schüttelte den Kopf. »Sie hat nur mit mir gespielt. Jetzt weiß ich das ganz sicher. Und ich Trottel musste erst verhaftet werden, um’s zu kapieren.«

»Nun ja, französische Frauen können einem eine echte Lehre sein. Wir lassen Sie gleich abholen«, sagte Luc, bevor er mit Anouk den Raum verließ. Auf der Treppe nach unten flüsterte er ihr leise zu: »Ruf Guillaume Fontaine an. Sag ihm, wir kommen in einer halben Stunde. Er soll seine Frau wegschicken, die Arme muss das ja nicht mit anhören.«

Anouk nickte still und suchte sich eine ruhige Ecke zum Telefonieren.