Digital Detox

Wir finden Sylvie auf der Wiese vor dem Waldstück oberhalb des Plateaus wieder, wo sie Selfies von sich und den Pferden macht. Unsere Reittiere zupfen entspannt an Heidekräutern, die hier neben Findlingen aus Granit wachsen. Meine Stute wirkt nicht sehr begeistert, als Sylvie den Sattelgurt, den sie für die Pause gelockert hatte, wieder anzieht. »Nimm den Stein da drüben als Trittbrett«, rät sie mir. »Das ist einfacher beim Aufsteigen.«

Diesem Vorschlag folge ich nur zu gerne, denn die Schimmelstute erscheint mir nun noch größer als vorhin und meine Beine sind immer noch kraftlos von dem langen Ritt. Mein Pferd schnaubt ergeben, als Sylvie es zu einem kniehohen Findling führt. Schritt für Schritt dirigiert sie die Stute, bis diese parallel zum Granitfelsen steht. Tomé hält die anderen beiden Pferde am Zügel und wartet darauf, dass ich aufsteige. Mein Pferd legt zwar die Ohren an, doch es hält brav still, während ich zum Sattel greife und mit dem Fuß nach dem Steigbügel hangle. Doch gerade als ich mich hochziehen will, durchschneidet ein tiefes, lautes Bellen die Luft. Die Stute zuckt am ganzen Körper zusammen. »He!«, ruft Tomé, als die Pferde, die er hält, erschrocken die Köpfe hochwerfen. Der Braune macht einen Riesensatz zur Seite und ruckt so fest am Zügel, dass Tomé fast das Gleichgewicht verliert. Dann geht alles so schnell, dass ich kaum reagieren kann. Aus dem Augenwinkel sehe ich einen großen Hund heranstürmen. Meine Stute macht einen Satz zur Seite und quiekt erschrocken auf, Hufe trappeln, ein Mann brüllt und meine Finger schrappen über den Sattel, der sich mir mit einem Ruck entzieht. Reflexartig versuche ich noch meinen Fuß aus dem Bügel zu ziehen, doch mein Stiefel verkantet sich. Ich spüre nur noch ein Reißen am Fuß, dann zieht es mir auch schon den Boden weg. Der Aufprall auf dem Rand des Felsens raubt mir die Luft. Für einen Moment sehe ich nur noch Blitze im Blickfeld. Nach Luft ringend, finde ich mich im Gras wieder. Schmerzen pochen an meiner Schulter und meinem rechten Oberarm. Der Hund springt zwischen uns herum und bellt ohrenbetäubend laut. Und während ich vergeblich versuche, Luft zu holen, sehe ich meine Schimmelstute um Sylvie herumtänzeln. Ihr braunes Pferd steigt so abrupt auf die Hinterbeine, dass es Tomé die Zügel aus der Hand reißt, und jagt mit pendelnden Steigbügeln davon in Richtung Wald.

»Merde! «, entfährt es Sylvie. Ich schließe die Augen und krümme mich. Eine fremde Männerstimme schreit einen Namen – vermutlich ruft das Herrchen seinen Hund zurück. Hufgetrappel ist zu hören, ein Galoppschlag. Und dann spüre ich eine Hand auf meiner linken Schulter. »Flór!« Es ist Tomés atemlose Stimme. Als ich die Augen öffne, blicke ich in sein besorgtes Gesicht.

»Nichts passiert«, presse ich mühsam hervor.

»Bist du sicher?«, sagt er sanft. »Kannst du aufstehen?«

»Ja, geht schon, alles gut!«, entfährt es mir nicht gerade freundlich. Denn nichts ist gut, mein Helm liegt auf dem Boden und alles, woran ich sogar jetzt noch denken kann, ist die Frage, ob mein Stirnband verrutscht ist und Tomé gerade die weißen Hautinseln auf meiner Stirn betrachtet. Bevor er mir aufhelfen kann, rapple ich mich allein hoch. Der zweite Schimmel, den Tomé vorhin wohl hastig an einem Strauch angebunden hat, zuckt nervös mit den Ohren. Ich schaue mich nach Sylvie um – und sehe sie auf meiner Stute bergauf reiten – dorthin, wo ihr Brauner inzwischen aus dem Sichtfeld verschwunden ist.

»Entschuldigung«, ruft der Mann, der seinen Hund inzwischen eingefangen hat. »Hätte ich gewusst, dass hier oben Pferde sind, hätte ich ihn an die Leine genommen.«

Tomé richtet sich auf und geht mit großen Schritten auf ihn zu. »Hunde dürfen im Wald überhaupt nicht von der Leine«, herrscht er ihn an. Und dann erlebe ich eine wirklich einschüchternde Seite von Antoine Oulier. Den Polizisten, der keinen Spaß versteht. Er faltet den Hundemenschen verbal so zusammen, dass der locker in ein Portemonnaie gepasst hätte.

Mit zitternden Knien lasse ich mich auf dem Stein nieder. Langsam bekomme ich wieder genug Luft, aber die Schulter, mit der ich bei meinem Sturz über den Felsbrocken geschrappt bin, brennt immer noch höllisch. Als Tomé zu mir tritt, ringe ich mir dennoch ein schiefes Lächeln ab. »So viel zum Thema Rodeo«, bringe ich heraus.

Doch Tomé überhört den ironischen Kommentar, er zieht nur besorgt die Stirn kraus. »Bist du sicher, dass du nicht verletzt bist?«

»Mach dir keine Sorgen, es war nur ein Schreck.«

Zweige knacken wie Schüsse in der Nähe, als würden sie unter einem großen Gewicht brechen. Tomé und ich wenden uns beide dem Waldrand zu, wo Sylvie gleich hoffentlich mit beiden Pferden zurückkommen wird. Stattdessen taucht im schrägen Nachmittagslicht eine Art Fata Morgana auf. Habe ich mir doch den Kopf angeschlagen und fantasiere?, denke ich. Aber hinter einer kleinen zerzausten Tanne erscheint tatsächlich Easy Rider, in der Hand die Zügel von Sylvies Pferd, das nun friedlich neben ihm hertrottet. » , Oulier!«, ruft er Tomé schon von Weitem zu. »Habt ihr unterwegs ein Pferd verloren?«

In diesem Moment taucht auch Sylvie auf dem Schimmel wieder auf. »Oh, Gott sei Dank!«, ruft sie schon von Weitem. Sie trabt heran und springt ab, bevor die Stute ganz zum Stehen gekommen ist. Ohne Umschweife drückt sie Tomé ihre Zügel in die Hand und rennt zu dem Motorradfahrer. »Danke dir, Pierre!«, ruft sie aus vollem Herzen.

Pierre?, wiederhole ich in Gedanken. Das ist Ricdin-Ricdon?

»Kein Problem«, antwortet er ruhig. »Das Pferd ist mir direkt vor die Füße gelaufen.«

»Magali hätte mir den Kopf abgerissen, wenn Loba alleine nach Hause gekommen wäre«, sprudelt Sylvie weiter. Noch während sie redet, schweift sein Blick zu mir. Er scheint nicht überrascht zu sein, mich hier wiederzutreffen. Ich dagegen versuche immer noch, zwei Bilder aus verschiedenen Welten zusammenzubringen. Und dieser Pierre scheint mir die Verwirrung anzusehen, denn er grinst, während er dem Pferd noch mal freundschaftlich auf den Hals klopft und die Zügel Sylvie übergibt. Tomé hat eine sachliche, undurchdringliche Miene aufgesetzt. »Danke fürs Zurückbringen«, sagt er nur knapp.

»Es tut mir so leid, Fleur!«, ruft Sylvie mir zu. »Das war mein Fehler. Ich hätte besser aufpassen müssen. Dein Pferd kann nichts dafür, es ist nur erschrocken und hat deshalb einen Satz zur Seite gemacht.«

»Es ist nicht dein Fehler, wenn Leute ihre Hunde nicht im Griff haben, Sylvie«, sagt Tomé. Und als er sich an mich wendet, ist er nicht mehr der kühle Polizist. Er schenkt mir ein besorgtes Lächeln. »Sollen wir erst ein Stück gehen, bevor du wieder aufsteigst?«

Keine zehn Pferde bringen mich heute noch einmal in den Sattel, hätte ich am liebsten geantwortet. Aber die Alternative wäre, fünf Kilometer in fremden Reitstiefeln den Berg hinunterzustapfen. »Nein«, sage ich mit fester Stimme. »Es ist alles in Ordnung, wirklich.«

Über Pierres Miene huscht ein verräterisches kleines Lächeln. Merkt er, dass ich lüge? , denke ich. Sylvie und Tomé dagegen glauben mir jedes Wort. Tomé führt meine Stute zu dem Trittstein und hält sie dabei am kurzen Zügel. Los, zurück in den Sattel! , befehle ich mir. Immerhin schaffe ich es, mit weichen Knien aufzustehen, aber alles in mir lehnt sich dagegen auf, den Helm aufzuheben und wieder nach dem Steigbügel zu greifen.

Und plötzlich sagt Ricdin-Ricdon: »Wenn du willst, kann ich dich auch rasch mit dem Motorrad zum Les Gabales runterfahren.«

»Lass mal, Pierre«, meldet sich Tomé kühl zu Wort. »Ich schicke meinen Gast ganz bestimmt nicht auf eine Gelände-Rallye.«

»Ich habe sie gefragt, nicht dich«, erwidert Pierre und tatsächlich klingt er dabei nicht einmal unfreundlich. Er schaut mich auffordernd an und deutet mit dem Daumen über die Schulter. »Mein Motorrad steht oben am Bauplatz. Ich hol’s und wir fahren hinten an den Weiden runter. Geht schnell, da wir nicht um den ganzen Berg herum müssen.«

Er lächelt mir zu. Ich weiß nicht, was mich reitet. Vielleicht ist es nur der zornige Blick von Tomé und sein besitzergreifendes »mein Gast« von eben, das mir noch im Ohr klingt. Aber ich antworte: »Danke, gerne!« und hebe meinen staubigen Reithelm auf.

*

Ich wusste, dass es Prinzen auf weißen Pferden gibt, aber mir war nicht klar, dass manche von diesen Retterfiguren aus den Märchen auch staubige Motorräder fahren. Tomé blickt mehr als finster drein, als ich wenig später hinter Pierre auf die kleine Geländemaschine steige. »Es wird ein bisschen steil«, sagt er über die Schulter zu mir. »Also halt dich gut an mir fest.«

»Ich fahre nicht das erste Mal auf einem Motorrad mit«, entgegne ich.

An seinen Augen sehe ich, dass er lacht. »Umso besser«, sagt er über die Schulter. Und bevor er das Visier seines Helms herunterklappt, blitzt er Tomé eindeutig noch ein kurzes triumphierendes Rumpelstilzchen-Grinsen zu.

Ich hatte mich auf eine holprige Fahrt über Stock und Stein eingestellt, aber wir kommen erstaunlich leicht voran. Meine Schulter schmerzt und so halte ich mich vor allem mit dem linken Arm fest, den ich um Pierres Mitte geschlungen habe. Er kurvt an einer Lichtung vorbei und biegt dann auf einen ausgefahrenen Pfad zwischen den Bäumen ab. Schon bald stoßen wir auf ein Hangstück, das auf der anderen Seite des Hügels steil bergab führt. Die Schwerkraft drückt mich nach vorne gegen Pierres Rücken. Irgendwann holpern wir auf einem Trampelpfad an einem Weidezaun entlang, der schließlich hinter dem Nebengebäude am Le Gabales endet. Der gelbe Retriever rast quer über den Hof auf uns zu und springt an uns hoch, noch bevor wir absteigen können. Pierre bockt seine Maschine auf und zieht den Helm vom Kopf. Heute Morgen war sein Haar unter einer schwarzen Mütze verborgen, jetzt stehen struppige braune Locken in alle Richtungen ab. »Na, Couette ?« Er beugt sich zu dem Hund herunter und krault ihn am Nacken.

»Er heißt Bettdecke ?«, frage ich.

Pierre lacht. »Lass Magali nicht hören, dass ich ihren Hund so nenne. Er heißt Napoléon. Dabei ist er eine Couette . Wenn man nicht aufpasst, wird man morgens wach und er liegt bei einem im Bett, obwohl er das nicht darf. Stimmt’s, du Fellteppich?«

Der Retriever gerät völlig außer sich von so viel Aufmerksamkeit. Er winselt und wedelt vor Freude und sein Hecheln sieht aus wie ein breites Clownslächeln, was ihm etwas Unterbelichtetes, aber auch etwas unglaublich Nettes gibt. Das ist alles so anders als die Mimik von Tomés Wölfen, dass er eine ganz andere Tierart zu sein scheint.

»Danke fürs Herbringen, Pierre«, sage ich aus vollem Herzen.

»Jederzeit wieder.« Er zwinkert mir zu. Seine Augen haben dasselbe Braun wie sein Haar. Er wäre kein Tinder-Match für mich, aber mir fällt auf, dass er überhaupt nicht so gewöhnlich und austauschbar wirkt, wie ich heute Morgen gedacht hatte. Er hat Spieleraugen , denke ich. No risk, no fun. Jedenfalls werde ich den Verdacht nicht los, dass es ihm diebischen Spaß gemacht hat, Tomé seinen Gast vom Sattel weg zu entführen.

Er zückt einen Schlüsselbund und öffnet das Nebengebäude, in dem meine Schuhe stehen. In der Tür stehend wartet er, bis ich meine Reitstiefel gegen meine eigenen Schuhe ausgetauscht habe, und räumt die Stiefel dann weg. »Du arbeitest also für Magali?«, frage ich. »Sylvie hat erzählt, du baust ein Baumhaus-Hotel auf der Kuppe.«

»Hotel ist zu viel gesagt. Es sind nur fünf Hütten für Outdoor-Übernachtungen. Ich bin Schreiner und habe die Lodges für Magali entworfen. Sie lässt mir freie Hand bei der Umsetzung.«

»Dann ist das hier ein Saisonprojekt für dich? Deinem Nummernschild nach zu urteilen lebst du ja in Paris, oder?«

Er schüttelt den Kopf. »Nicht mehr. Ich habe nur mein Motorrad immer noch nicht umgemeldet. Und du? Bist du Ouliers Freundin-to-be

»Was? Nein!«

»Gut für dich.« Seine Augen blitzen und ich merke, dass er mich nur aufzieht. Trotzdem spüre ich eine ganz andere Schwingung als zwischen Tomé und mir. Da ist kein Funkenschlag, kein Feuer und auch kein Kräftemessen. Es ist nur ein lockeres, freundliches Gespräch, aber ehrlich gesagt tut es gut und lässt mich freier atmen.

»Kann es sein, dass ihr beide euch nicht besonders mögt?«, bemerke ich dennoch.

Pierre winkt lässig ab. »Das mag so rüberkommen, aber im Grunde wollen wir nur unterschiedliche Dinge. Hast du alles?«

Ich will schon nicken, aber da fällt mir siedend heiß ein, dass ich an das Wichtigste gar nicht gedacht habe. »Verdammt!«, entfährt es mir. »Sylvie hat meine Laptoptasche irgendwo in einen Spind eingeschlossen. Ich habe vergessen, sie nach dem Schlüssel zu fragen.«

»Ist doch kein Problem«, sagt Pierre ruhig. »Ich muss sowieso noch was im Lager holen. Komm mit!«

Der Retriever begleitet uns in das Gästehaus. Kein Gast weit und breit, nur eine Uhr tickt überlaut im Frühstücksraum. Die Rezeption ist verwaist und auch Magali ist nirgendwo zu sehen. Willkommen im Overlook Hotel , denke ich. Aber ich bin froh darum, zumindest Magali nicht über den Weg zu laufen. Ungern hätte ich ihr erklärt, wo ich ihr kostbares Ross gelassen habe. Und sie wird sicher nicht begeistert sein, dass ich hinter den Kulissen des Hotelbetriebs herumspuke. Pierre führt mich durch lange Gänge zu einem Lagerraum, auf dessen Tür das Schild Entrée interdite prangt. Hier stapeln sich Getränkekisten, Servietten und andere Vorräte für den Frühstücksraum, dazu Türme von Klopapier, Putzmittel und Plastikeimer. Hinter dem Label des urwüchsigen Wohnens in der Natur verbirgt sich also auch nur ein völlig normaler Hotelbetrieb. Potemkinsche Wildnis , denke ich. Alles nur Fassade. Aber ehrlich gesagt, finde ich die Normalität beruhigend.

Hinter dem Putzschrank reihen sich Spinde für Hotelangestellte. Nur in einem steckt kein Schlüssel. Aber Pierre zückt einfach seinen eigenen Schlüsselbund und überreicht mir Sekunden später meine Laptoptasche. Ein Schreiner mit Universalschlüssel also. Vielleicht ist er auch so etwas wie ein Hausmeister. Trotzdem stört es mich, dass Magali und er mühelos an meine Sachen gekommen wären. Pierre kramt aus einem Werkzeugschrank einen Koffer mit einer Bohrmaschine. Eigentlich könnte ich mich verabschieden, aber so ganz lässt mich meine Neugier nicht los.

»Fährst du immer mit dem Motorrad auf den Berg?«

Pierre schließt den Schrank ab. »Nein, nur wenn ich viel Zeug nach oben bringen muss, sonst laufe ich durch den Wald. Von der anderen Seite des Berges sollte man demnächst auch mit dem Auto zu den Lodges kommen, aber die Behörden lassen sich Zeit mit der Genehmigung. Es war schon ein Kunststück, meinen Trailer und das größere Werkzeug oben am Bauplatz hinzustellen.« Er mustert mich wieder aufmerksam, aber auch das Schweigen zwischen uns ist nicht unangenehm. »Tja dann«, sagt er. »Zurück an die Arbeit.«

Ganz von selbst gleichen sich unsere Schritte an, als wir zur Lobby zurückgehen. Dort stellt Pierre die Bohrmaschine ab und holt hinter der Rezeptionstheke einen Kugelschreiber und eine Hotelvisitenkarte, auf deren Rückseite er eine Handynummer schreibt. »Hier. Falls du mal in der Gegend bist und die Baumhäuser sehen willst, ruf mich an. Ich bin während der Woche jeden Tag oben.«

»Danke«, sage ich überrascht. Es ist schon ziemlich lange her, dass ich für eine Verabredung eine Nummer auf Papier bekommen habe statt eines Instagram-Handles. »Hier steht nur Pierre. Hast du auch einen Nachnamen?«

»Belassen wir es bei Pierre. Sonst googelst du mich womöglich noch.«

»Wäre das so schlimm?«

»Nein, aber mir ist das Jetzt auf Augenhöhe einfach lieber. Eine Begegnung ist ja schließlich kein Vorstellungsgespräch.«

»Hast du deshalb kein Smartphone, sondern nur ein antikes Nokia?«

Kurz stutzt Pierre, als würde er sich wundern, wie ich darauf komme. »Natürlich habe ich auch ein Smartphone«, antwortet er dann. »Aber hier brauche ich den ganzen Kram ja nicht. Und ein bisschen Digital Detox ist manchmal ja gar nicht so schlecht.«

»Detox wovon? Paris?«

Er lacht. »Du stellst ja ganz schön viele Fragen, Fleur!«

Und du hast dir meinen Namen gemerkt , denke ich. Und du wolltest wissen, ob ich Tomés neue Freundin bin.

»Bis bald mal vielleicht«, sagt er leichthin. »Würde mich freuen.« Damit nimmt er sein Werkzeug und geht nach draußen. Durch das Fenster der Lobby schaue ich ihm nach, wie er mit lockerem Gang über den Hof zu seinem Bike geht, begleitet von Magalis Hund. Und ein wenig von seiner Lockerheit und Ausgeglichenheit hat sich auch auf mich übertragen. Ich lächle noch, als ich in den Lada steige. Und bemerke erst beim Blick in den Rückspiegel siedend heiß, dass mein Stirnband während der Motorradfahrt ein Stück nach oben gerutscht ist und Pierre bei unserem Gespräch freie Sicht auf die hellen Narbenflecken über meinen Augenbrauen hatte.