Ihre Hände gleiten über seinen knorrigen Körper, trockene Haut wie polierte Rinde, sie fährt über die hervorspringenden Schulterblätter, ihre beiden Körper formen sich gemeinsam, suchen Gleichschritt und Vollendung, sie kneift ihn zärtlich in den Rücken, streicht an seinen Rippen entlang, über seine Unebenheiten, seinen muskulösen Hintern, drückt ihn fester an sich, beschleunigt den Rhythmus, als ob nichts wäre, ein Impuls, der Liebhaber lässt es sich gefallen, ein professioneller Redner im Stehen, doch bei der Liebe ist Leo stumm zurückhaltend, religiös, mit einem Schwung dreht Frida das Spiel um, gewinnt die Oberhand, ohne den Rhythmus zu stören, ihre nackten Brüste schraffiert von ihren schwarzen Haaren, die wieder da sind, und ein paar Bändern, die sich mit dem Herzanfall ihrer warmen Körper verheddert haben, einen Moment beherrscht sie ihn, ihre Geschlechtsteile flüstern, wilde Schweißausbrüche; mit der Hand ergreift sie sein schönes, strenges Gesicht und dreht es auf die Seite, um ihn zu zwingen, nicht nur zu schauen, sondern mit seinen eigenen Bildern ihren gemeinsamen reglosen Aufstieg zu zweit vorwegzunehmen und bis zur Unendlichkeit zu spüren, mehr, mehr, härtere Hüften, spitz, epileptisches Becken, angespannte Gelenke, doppeltes Verlangen lebender Materie, die Gesichter suchen einander mit geschlossenen Augen, letzte Atemzüge weiten sich aus, »Frida!«, röchelt Trotzki auf Russisch, Französisch und Spanisch, dieser Mann ist polyglott, er kommt, ein Sturz, sie atmet tief, Hauch eingehaucht, vorbei.

Leo kleidet sich wieder an, Frida zieht ihm die Kleider zurecht, er muss weiterarbeiten. »Ich habe dir ein Buch mitgebracht«, sagt er und legt mit einer Spur Feierlichkeit einen Band auf den Tisch. Er bringt ihr ein Buch mit wie jedes Mal, sorgt sich um die Erhebung ihrer Seele, vielleicht, und möchte ihr den richtigen Weg des Geistes weisen, wer weiß, oder es ist nur die traditionelle Geste eines Austauschs, ich nehme von dir und ich gebe dir. »Ich habe das letzte noch nicht ausgelesen, mein Alter. Du hast es mir erst gestern geschenkt.« Während sie dies sagt, zündet sie sich eine Zigarette an, er hasst das, er bedeutet ihr, dass Frauen nicht rauchen sollen, und ärgert sich wahrscheinlich, dass er es mag, wenn Frida gegen seine Verbote verstößt.

»Ich sollte dir beibringen, zapateado zu tanzen.«

»Ich bin kein großer Tänzer, Frida. Zapateado, was ist das überhaupt?«

»Das ist ein Tanz für stolze Männer. Man tanzt ihn allein. Dein Sekretär Jean ist ein sehr guter Tänzer.«

»Tatsächlich?«

»Ja, er begleitet Cristi und mich oft in den Salón México.«

Frida gibt sich unbekümmert, vitale Ironie. Als sei sie eine Verkörperung des Tragischen, die jegliche Tragödie hasst. Trotzki betrachtet die noch ganz benommene Frau mit den entblößten Brüsten, absolute Herrscherin über ihre Sinne, schamlose Verführerin, von unergründlichen Schmerzen wie gelähmt. Wie soll man sich Mexiko vorstellen, bevor man dort gelandet ist, wie soll man sich Frida Kahlo vorstellen, wenn man nie für eine Stunde des Vergessens vor ihr auf die Knie gesunken ist?

Ein solches Paar ist ihm noch nie begegnet. Ein geschlossener Kreis von zweien, ein wildes, stürmisches Duo, freigiebig bis zum Äußersten. Pilger und Lügner. Ohne Grenzen, ohne Scham, ohne Anstand. Sie: eine gefährliche Katze, die auf Liebkosungen aus ist und die Welt lenkt. Er: Hochmut, Hybris und Genie. Diego y Frida. Unzertrennlich.

Als Trotzki endlich Norwegen verlassen konnte und an Bord des Tankers Ruth in den Hafen von Tampico einfuhr, wartete sie am Landesteg auf ihn, Frida Kahlo in einem wunderschönen, gerade geschnittenen und geschlitzten Kleid, und schien ihm zu sagen, willkommen in Mexiko, willkommen bei mir. Du bist gerettet. Du bist verloren.

Eine Vision wie im Opiumrausch.

Frida nimmt sich Liebhaber, die ganz anders sind als Diego. Zuerst wurde sie von Männern angezogen, die eine gewisse Ähnlichkeit mit ihrem elefantenhaften Liebsten hatten, Maler, Vielredner oder Genießer, aber bald tötete der grausame Vergleich das Spiel und alle Illusionen. Sie bemüht sich nun um große Unterschiede, wenn sie Diego betrügt, doch um ihn wiederzufinden, über sich hinausgewachsen durch Gegner, die nie auf seiner Augenhöhe sein werden.

Körperliche Liebe ist nicht viel wert, geht sie nicht mit einem schwindelerregenden Seufzen einher, auch wenn es nur gefälscht ist.

Sie hat schöne Gesichter und Freundlichkeit gesammelt, hat sich von ein paar Bravourakten und jungen Wildheiten betäuben lassen. In den Armen dieser Männer hat Frida sich nicht geliebt gefühlt, jedoch unentbehrlich, für ein paar Sekunden.

Diego verlangt von ihr, allein zu leben, sie gibt sich Mühe dabei. Eine letzte Gefälligkeit. Für dich werde ich mit anderen leben, du lässt mir ja keine Wahl.

Trotzki? Einen schärferen Kontrast zu Diego hätte sie nicht finden können. Asketisch, ruhig, maßvoll. Ist diese Wahl nicht ein wenig pervers? Sie überlegt. Ist das ihre Antwort auf Cristinas nicht wiedergutzumachenden Verrat? Diego hat sich bei Präsident Cárdenas persönlich dafür eingesetzt, dass Trotzki und seine Frau in Mexiko Asyl finden. Diego hat Frida gebeten, ihnen im blauen Haus Unterschlupf zu gewähren, Diego hat sie dazu gedrängt, das Paar am Hafen in Tampico zu empfangen.

Diego Rivera, ihr trotzkistischer Ehemann.

An ihren Liebhabern schätzt sie, dass diese, wenn sie in ihr graben, mit der Spitzhacke oder dem Rüssel, dort immer nur Diego finden.

Neulich bei einem Abendessen in der Casa azul, es stand allen offen und es mischten sich dort enge Freunde, Neugierige und Intellektuelle jeglicher Couleur – Natalia und Leo Trotzki waren dabei –, sprach ihr betrunkener Mann einen unvergesslichen Satz aus. Wie immer gab er ein Schauspiel zum Besten, unterhielt sein Publikum mit amüsanten erfundenen Anekdoten, pikanten Geschichten; beiläufig sagte er während seines Auftritts zu seinem Tischnachbarn:

»Wenn ich eine Frau liebe, tue ich ihr weh. Ja, ich glaube, je mehr ich eine Frau liebe, desto mehr tue ich ihr weh.«

Er brach in wildes Lachen aus.

Frida wurde es kalt. Innerlich. Unter den Rippen. Diego hat die Besonderheit, es zu genießen wie einen köstlichen Saft, wenn er seinem Gesprächspartner einen kalten Schauer über den Rücken jagt, wenn er zum Beispiel genussvoll seine Rezepte mit Menschenfleisch erläutert. Was er wirklich denkt, ist unergründlich. Wahrscheinlich sogar für ihn. Diego achtet nicht darauf, was in Diego vorgeht. Diego lebt einfach und erzählt seine großartigen Leben, und die Geschichten, die er erzählt, müssen weder wahr sein noch mit etwas in Zusammenhang stehen. Seine Grausamkeit ist eine Maske, denkt Frida.

Ein Kunstwerk.

Ein paar Tage zuvor war Leo Trotzki allein in Diegos Atelier. Sie hatten sich verabredet, um über einen Text zu sprechen, den sie gemeinsam veröffentlichen wollten. Ein Manifest. Diego kam zu spät, Leo setzte sich also hin und wartete, er ließ seinen intelligenten Blick über die wilde Vielfalt in der Werkstatt des Künstlers schweifen, das Durcheinander von Ton, Onyx und polierten Glasgefäßen, präkolumbianischen Figuren, Skizzen, Malutensilien, diversen Fläschchen, riesigen Puppen aus Pappmaschee, von den Mexikanern Judaspuppen genannt, die sie zu Ostern in den Straßen in die Luft jagen. Auch ein paar begonnene Gemälde, nebeneinander an einer Wand der erste Entwurf zu einem Fresko und ein kleines Bild von Frida.

Erstaunt nimmt Leo die nah zusammenstehenden gegensätzlichen Universen wahr. Auf der einen Seite Diegos Welt, gigantisch, eine Flut von Figuren jeglicher Gesellschaftsklassen und Epochen, in einem wimmelnden Ballett voller Symbole. Politiker, Zapata und Pancho Villa, großartige Arbeiter mit kräftigen, vitalen Körpern, Bourgeois, Kapitalisten mit verzerrten Gesichtern, Mütter, Väter, Indianer, Amerikaner, Europäer, Kinder, Quellen, Maschinen, Böden, Bäume, Jahreszeiten, Wurzeln, die Welt, alle Welten: Die Wände aller Gebäude Mexikos würden nicht ausreichen, um die unermesslichen Visionen Riveras aufzunehmen.

Auf der anderen Seite ein Selbstporträt von Frida. Die flüchtige Zerbrechlichkeit der Anmut, ein einziges Gesicht, wie ein Kind, das immer wieder dasselbe malt und dem es Erleichterung verschafft, wenn es endlos das immer gleiche Thema darstellt. Ein Gesicht und ein Körper ohne Bewegung, ohne Perspektive, erstarrt, an einem Dekor festgemacht, eine versteinerte Frau wie eine Puppe, die nicht gehen kann. Ein verborgener Schmerz, der jegliches Weiterkommen verhindert. Keine Geste zur Welt hin, nur dieses Gesicht wie ein Exorzismus.

Wie können sich zwei so absolut unterschiedliche Maler mit solcher Raserei lieben?

Riveras Welt: marxistisch, glorreiche Revolution mit künftigem Sieg, das Voranschreiten der Geschichte, auch der Geist des Systems, der Mensch als Teil eines Ganzen verschiedener Klassen, eher Figuren als Menschen, ohne eigenes Gesicht, Soldaten, die für eine Sache kämpfen, ewig junge Körper.

Fridas Welt wehrt sich gegen jegliches Systemdenken, eine Frau, die Frau, ihr Leid, Einsamkeit in der Wüste, der unversehrbare Teil des Menschen, ein existenzieller Schmerz.

Der soziale Mensch gegenüber dem Einzigartigen, für Trotzki eine politische Irritation. Er, der Anführer der Massen, ein politisches Geschöpf, ein marxistischer Theoretiker. Es überkommt ihn etwas wie Zweifel. Niemals würde der Staat das Gesicht, das er auf Fridas Bild sieht, formen können.

Und doch, je mehr er Fridas Porträt und das Fresko von Diego miteinander vergleicht, desto mehr spricht ihn das einsame Gesicht an, das Gesicht, das nicht das von Frida Kahlo ist, sondern das des Anderen schlechthin, das unbeugsame Andere, das Andere als Spiegel, aber auch als fundamentales Gegenüber, das fordert, wahrgenommen zu werden, das Mitleid verlangt, das buchstäblich dazu auffordert, mit ihm zu leiden.

Frida, unverzeihlicher Eigensinn.

Frida, das Andere.

Die gemalten Augen der winzigen Puppe ohne Bewegung und Perspektive scheinen für einen Moment das Wissen der Menschheit zu sein.

Fridas Augen.