Heute Abend ist Frida Königin. Alle und jeder schwirren um sie herum, die Stadt gehört ihr, Niuyork, mi amor, du hast auf mich gewartet, da bin ich. Sie schaut sich den Katalog ihrer ersten eigenen Ausstellung an. Ausstellung Frida Kahlo, fünfundzwanzig Bilder, unübersehbar. Auch Frida Rivera steht da in kleinen Buchstaben und in Klammern. Seit einem Jahr hat sie so viel gemalt wie nie. Sie arbeitet nicht mehr im Kleid, sondern im blauen Kittel und in Bluejeans. Früher hatte sie sich nie gestattet, ihre Malerei als richtige Arbeit anzusehen wie Diego. Malen ist eine Facette von ihr neben anderen, ein Teil ihrer Persönlichkeit wie das ständige Fluchen, das Sammeln von Puppen oder das Misstrauen gegenüber Leuten, die sich ernst nehmen. Die Malerei ist ein Ort auf der Weltkarte ihres Charakters. Heilig, denn sie kann sich dort hineinflüchten und Worte finden. Mittlerweile sind ihre Bilder eine notwendige Betätigung, jeden Tag. Weil sie dadurch, dass sie sich von Diego entfernt hat, Raum gewonnen hat? Oder ist es eine neue Verbindung zwischen ihnen? Je mehr sie malt, desto mehr sucht und bewundert Diego sie. »Spuck in deine kleinen Hände und mach etwas, das alle anderen in den Schatten stellt, so wirst du mein großer Drache«, schreibt ihr Mann ihr. Es ist nicht Fridas Traum, ein großer Drache zu sein, aber je mehr sie malt, desto präziser wird ihre Technik, sie spürt in ihren Fingern die Kraft, einen Schatten unter einen müden Blick zu setzen, und wie ein Komma in einem Gedicht, das aufschreit, trifft eine Spur von Farbe sofort ihr Ziel.
Frida malt in einem Zug, so wie man eine kleine weiße Wand mit einem Trompe-l’Œil-Fenster bedeckt. Sie fängt oben an und entrollt ihren Stoff wellenartig, als wollte sie im Blick der anderen erzeugen, was sie in ihrem Kopf sieht. Die Konturen sind rasch gezogen, sie ist eine Malerin der Farben und des Flusses, als kleidete sie ihr Bild an, drapierte es, schnitte daran, zöge es zurecht, um die Bewohner ihres Geistes gut anzuziehen. Sie liebt das Detail, das Mikroskopische, vergisst das Ganze und die Komposition, wenn ihre Finger vorsichtig mit dem feinen Pinsel die Farbe einer Blume, einen winzigen verdrehten Fuß, die schwarzen Knopfaugen eines Papageis zeichnen. Sie bekleckst sich kaum, zerzaust nicht ihr Haar, sie ist mitten in einer Autopsie, bei einer Miniatur, einem chirurgischen Schnitt. Wenn die Leute in ihren Bildern einen verborgenen Sinn entdecken, muss sie lachen, kann nicht umhin, sie zu enttäuschen, sie malt nur, was sie sieht. Und was man sieht, reißt aus und bewegt sich, so muss sie oft malen, um mitzuhalten. Sie malt ihr Gesicht immer und immer und immer wieder, weil ihr das Paradox keine Ruhe lässt: Sie betrachtet im Spiegel das Gesicht, das sie nie wirklich gesehen hat, weil sie es ja überallhin trägt, um zu sehen. Ist sie die Einzige, die darunter leidet, dass sie ihr eigenes Gesicht nicht direkt sehen kann, und weiß, dass es immer so sein wird? Dass sie immer nur eine Spiegelung von sich selbst, das heißt ein Bild von sich sieht? Frida ist fasziniert von dem großen Unterschied zwischen dem ersten Mal, dass man jemanden sieht, und der Wahrnehmung von ihm, wenn er einem vertraut ist. Die Abweichung ist erstaunlich. Man sieht diese Menschen nie wieder so wie am Anfang, vorbei, verschwunden. Ein Gesicht zu zeichnen bedeutet, vergangene Zeit zu zeichnen. Sie würde gern Diego so malen können, wie sie ihn zum ersten Mal gesehen hat. Um ihn aufzubewahren, den unmöglichen gegenwärtigen Moment. Die Leute halten sie manchmal für etwas dumm oder ungebildet. Das ist ihr nur recht. Sie hat wahrscheinlich mehr Bücher gelesen als die meisten Spötter, doch zum Malen braucht sie keine Bücher, sie helfen ihr nicht, wenn sie einen Pinsel in den Emailbecher taucht und mit einem neuen Gesicht anfängt. Sie hat nicht das Bedürfnis, ihnen zu sagen, dass sie die Malerei von Hieronymus Bosch, Piero della Francesca oder Paul Klee mag, dass sie Paul Gauguin oder den Zöllner Rousseau bewundert. Wenn sie zwei Vögel malt, von denen der eine schwarz und der andere weiß ist, will sie damit nichts zum Ausdruck bringen, verfolgt keines der ehrgeizigen Ziele, welche die Kunsttheoretiker mit ihren allzu gespreizten Worten beschreiben. Sie hat in diesem Augenblick zwei Vögel gesehen, durchs Fenster oder in ihrem Kopf, und sie setzten sich auf das, was sie gerade malte. Und sie waren schwarz und weiß, güey.
Wenn sie ihr Bild mit dem Titel Was mir das Wasser gab zeigt (man sieht darauf Beine in einer Badewanne mit rotlackierten Zehen auf der weißen Keramik), fragen sich die Leute nach der Bedeutung dieser unvorstellbaren Ansammlung von Symbolen im Wasser auf ihrem Bild: ein schwimmendes Kleid, ein ausbrechender Vulkan, ein Hochhaus, zwei nackte Frauen, eine Muschel voller Löcher, ein toter Vogel, ein liegender Mann mit antiker Maske, eine Spinne, ein Wurm, eine Tänzerin, Fäden, eine erwürgte Frau, Blumen, ein Schiff … Was soll ich sagen? Ich bin in meiner Badewanne, schaue mir die Beine an, die mich verraten, ich sehe auf meine Füße voller Narben, den Nagellack, den ich selbst auf die armen Füße aufgetragen habe, um sie schöner zu machen, und im Wasser kommt all der Zirkus in Dämpfen zum Ausdruck, was ich im Wasser sehe, ist die fliehende Zeit, mein Leben, so wie jeder seins sehen kann, wenn er in einer Badewanne ertrinkt!
Sie malt nicht, um geliebt zu werden. Sie ist durchsichtig, das heißt, sie öffnet weit das Fenster zu ihrem Inneren.
Als ihr der amerikanische Galerist Julien Levy anbot, ihre Bilder auszustellen, verstand sie es erst nicht. Sie glaubte, es sei ein Scherz. Ihre Bilder zeigen wollen? Nur sie? Sie hat schon an ein paar Sammelausstellungen in Mexiko teilgenommen, doch eine eigene Frida-Kahlo-Ausstellung, noch dazu in den Vereinigten Staaten, das erschien ihr undenkbar. Ja, vollkommen verrückt. Gringolandia sinkt vor ihr auf die Knie. In ihrem Land war das nie passiert.
Glänzendes schwarzes Haar bringt eine breite strenge Stirn zur Geltung, die schöne schwarze Augen schützen soll, ein geschlitzter, ferner Blick, ein anspruchsvoll verzogener Mund, starke Worte, unterstrichen durch ein breites jugendliches Grübchen, der Galerist Julien Levy ist ganz reizend. Wie aus Versehen. Er beeindruckt Frida durch seine Intelligenz, seine Willenskraft und seine Schönheit. Dieser Mann kann stundenlang über Fotografie reden, er hat seine Galerie eröffnet, um diese Leidenschaft zu stillen, bevor er auch Malerei dazunahm. 1931 eine Fotogalerie zu eröffnen ist unüberlegt. Oder sehr mutig, caballero. Er hat Frida Abzüge von Man Ray, Atget und Henri Cartier-Bresson gezeigt. Julien hat ein paar Jahre in Paris gelebt, dort hat er alle Werke des Franzosen Eugène Atget gesammelt. Frida ist berührt von diesem Fotografen, der sie an ihren Vater erinnert: Er ist akribisch, lehnt jegliche Unschärfe ab, sieht sich eher als Handwerker und Zeitzeugen denn als Künstler. Sie hat Julien von ihrem Vater Guillermo erzählt: Berufsfotograf von an Wahnsinn grenzender Akribie, er hat Frida die Technik beigebracht, als sie noch ein Kind war. Levy würde gern die Fotos des Vaters sehen: »Vielleicht ist er ein großer Künstler und weiß bloß nichts davon, Frida. Ein mexikanischer Atget!«
Julien kann auch selber fotografieren, das hat er bei einer improvisierten Sitzung bewiesen, auf der er sie mit entblößter Brust, Zigarette im Mund und halb aufgelösten Zöpfen eingefangen hat. Schwitzen und Kavalkaden.
Diego hat sie niemals nackt gemalt. Er hat Frida lediglich im roten Hemd der Kommunistin und im Tehuanakleid porträtiert. Seine Ex-Frau Lupe und Cristina hingegen hat er ganz nackt dargestellt, die Myriade anderer flüchtiger Bekanntschaften nicht mitgezählt. Frida hat sich immer gefragt, warum. Liegt es an ihrem Körper? Sind ihre Brüste nicht allegorisch genug? Julien Levy hatte dieses Problem nicht.
Die Vernissage findet heute Abend statt, und allein das ist ein Ereignis. Julien hat Begrüßungscocktails vorbereitet. Die Amerikaner und ihre cocktelitos, immer das Gleiche. Ganz New York redet von der Mexikanerin mit dem ausgerissenen Herzen und ihrem Kauderwelsch knalliger Farben. Eine echte Sensation. Sie ist unwiderstehlich, geht zu allen Festen, aber nie lange. Wenn man sie sucht, ist sie schon verschwunden. Die verborgene Wahrheit ist, dass sie sich den Reiz großer Auftritte nicht entgehen lassen will, das Vergnügen, wie ein Blitz auf der Netzhaut der schönen Mondänen aufzutauchen, aber ihr Körper gibt schnell nach, sie hat immer weniger Widerstandskräfte. Sie glänzt für einen kurzen Augenblick und geht, um ihren schwachen Körper auszuruhen und vor allem Gerede zu bewahren.
In den nächsten Monaten ist eine Ausstellung von Fridas Bildern in Paris geplant, unter Leitung von André Breton, und eine weitere in London! Sie ist einunddreißig – offiziell achtundzwanzig –, sie ist allein in den USA, aber diesmal nicht auf der Flucht vor ihrem riverischen Kummer, sondern als Objekt der Begierde der kleinen Kunstwelt. Im wörtlichen wie übertragenen Sinn. Sie flirtet mit allen, verführt drei Männer zugleich, fünf oder acht. Ihre Lenden sind erregt von den Gesprächen mit zündenden Andeutungen, sie führt sich auf wie ein Freudenmädchen, redet lauter als alle anderen, betont ihren Akzent, damit ihr ungeschliffenes Englisch sexy klingt, schockiert die Leute, wo es nur geht, Sirene in verführerischen Posen, sie streichelt im Vorübergehen Arme, Wangen und Lippen, als ob nichts wäre, verspricht alles, und ihre Nächte enden mit dem einen oder anderen je nach Laune. Sie webt an ihrer Legende und ihrem schlechten Ruf. Was für ein Vergnügen war doch jener Abend in Fallingwater, wohin Julien Levy sie mitgenommen hat, um sie einem seiner wichtigsten Kunden vorzustellen, Mister Edgar Kaufmann. Beim Abendessen hat Frida mit Levy, seinem Gast und dessen Sohn reihum geflirtet, mitten in der Nacht treffen alle drei Männer auf der Treppe zusammen, die zum Zimmer der Verführerin hinaufgeht. Ein peinlicher Augenblick für die Gentlemen. Julien macht das Rennen.
Sie trägt ihre schönsten Kleider, die amerikanischen Kinder auf den Straßen glauben, sie sei einem Zirkus entlaufen, in gewisser Weise haben sie recht, sie ist das Sahnehäubchen auf dem Kuchen bei jeder Party, betörend und lächerlich.
Sie fühlt sich wie Diego.
Endlich.
Zehn Jahre hatte sie sich in den riesigen Schatten ihres Mannes geflüchtet, ein fast komisches Missverständnis. Eine Merkwürdigkeit. Ist es das, so zu sein wie du, mein beleibter Gott? Der zu sein, auf den man hofft, den man bewundert, liebt, umwirbt, den man strahlen sehen möchte. Der, der erobert, der sich ausbreitet. Wenn ich du bin, kann ich dich noch lieben, alles verstehen, wir können dieselbe Luft atmen.
Wenn Diego in einer Menge nach ihr Ausschau hält, pfeift er laut den Anfang der Internationalen, so lange, bis sie sich irgendwo aus der Masse erhebt und sich den Weg zu seiner Musiknote, seinem Violinschlüssel bahnt.
André Breton, der mit seiner Frau Jacqueline ein paar Monate in Mexiko verbracht und bei ihr und Diego in San Ángel gewohnt hatte, hat das Vorwort für den Katalog ihrer New Yorker Ausstellung geschrieben. Julien Levy, der die Arbeit der Pariser Künstler bestens kennt, war sehr geschmeichelt. Ein Vorwort des gran poeta del surrealismo kann man nicht ablehnen, Frida. Doch Breton ist anstrengend. Frida findet ihn völlig daneben und zu sehr von sich überzeugt. Sie hat den Eindruck, er sitze oben auf seinem von ihm selbst erbauten surrealistischen Tempel und verteile allen Plus- und Minuspunkte. Breton spricht von ihr als einem um eine Bombe gelegten Band, darüber hat Frida gelacht, diese Formel hat eingeschlagen, sie wird in allen Artikeln wiederholt, warum auch nicht, aber was sie stört, ist das Formelhafte daran. Wenn man ihn reden hört, könnte man meinen, er habe als Erster Mexiko entdeckt! Er liebt das Land, weil es ein surrealistisches Land ist! Vielen Dank, Mexiko ging es sehr gut, bevor André Cortés Breton auftauchte und auf alles mit seinem surrealistischen Zauberstab deutete.
Er hat nichts begriffen, er sieht alles falsch. Frida malt weder ihre Träume noch ihr Unterbewusstes, sie malt eine innere Notwendigkeit. Die Wahrheit ihrer Verzweiflung. Sie braucht kein Etikett und keine Deutungen. Was sie an ihm mag, ist seine Frau. Das muss man ihm lassen. Jacqueline Lamba. Jacqueline mit ihrem unvergleichlichen Sinn für Humor, die jeden Tag rettet, der Bach Jacqueline, in dem man sich angenehm tummeln kann. Plätschern souveräner Haut.
Julien Levy Gallery, 30. Oktober 1938. Großer Menschenandrang. Ein tintenblauer Himmel, von den letzten orangen Blitzen einer hinter den Wolkenkratzern verschwundenen Sonne gesprenkelt, fällt auf die 15 East 57th Street. Die schicke und halbseidene High Society ist hergekommen, Charade im Smoking und tief ausgeschnittenem Kleid. Es sind Journalisten, Kunstkritiker, Maler und Berühmtheiten da. Und ein paar Freunde. Man schiebt und drückt sich an den weißen Wänden entlang, an denen die hell erleuchteten Bilder der pintora hängen. Der schwarze Fußboden mutet dagegen an wie ein Meer in der Nacht, das sie alle verschlingen könnte. Man trinkt Manhattans aus Kristallgläsern, Cocktails, feinsten Whisky mit Wermut und einem Tropfen Bitter.
Nach einer Weile flüstert Julien Frida mit schelmischer Erregung ins Ohr, die Hälfte der Bilder sei bereits verkauft. Ihre Bilder verkaufen? Ihr Brot verdienen? Der Gedanke versetzt sie in einen Taumel. Das bedeutet, sie kann ohne Diego leben und die schon lange verteilten Karten werden neu gemischt.
Hat Ehre etwas Berauschendes?
Sie schwirrt durch die Räume, genießt es, Diva zu sein, sieht nicht ihre Bilder an, sondern die vielen Leute, die ihre Bilder ansehen. Die Armada von Voyeuren, die sie nackt unter allen Kleidern mustern würden. Sie springt von einer Unterhaltung zur nächsten, beginnt Sätze, die sie nie zu Ende bringt, Wörter, die in der durch die animalische Versammlung der zu zahlreichen Gäste aufgeheizten Luft hängen bleiben, sie raubt Zärtlichkeiten, schickt Küsse an flüchtige Bekannte. Sie sieht, wie sich eine Geschichte schreibt, die weder falsch noch wahr und dessen Heldin sie ist.
Nickolas Muray möchte gern ein Bild erwerben. Nickolas, der ihr von den Liebhabern der liebste ist.
Auch er fängt Frida gern mit seinem Objektiv ein. Aus allen möglichen Blickwinkeln. Er ist ein angesehener Fotograf und arbeitet für Vanity Fair und Harper’s Bazaar, er hat das Charisma eines Dompteurs und zugleich den vieldeutigen Charme einer früheren Schüchternheit. Sein Lächeln könnte die Trennung der Kontinente rückgängig machen, Frida liebt die Zärtlichkeit in seinen Armen, seine hohe Stirn und seine klugen Augen. Er ist brillant, amüsant, ihm fehlt der hurenhafte Zynismus, der sie bei den New Yorker Intellektuellen so sehr stört. Frida hat ihn vor ein paar Jahren in Mexiko kennengelernt, danach trafen sie sich immer wieder zufällig. Sie wollte diesen gutaussehenden ungarischen Juden, der dreimal geschieden war. Er hat ihr bei der Vorbereitung der New Yorker Ausstellung geholfen, ihre Bilder für den Katalog fotografiert und für ihren Transport in die USA gesorgt. Nach und nach ist er zu ihrer wichtigsten Liaison geworden. Sie schaffen sich gemeinsame Rituale: schlafen auf demselben bestickten Kopfkissen, berühren gleichzeitig das Feueralarmsignal am Ausgang seines Apartments, was Glück bringen soll, geben den Bäumen im Central Park Namen, küssen sich und lesen dabei die Straßenschilder. Er sieht in ihr nicht Frida, sondern Xochitl, eine Göttin. Er möchte sie heiraten. Er wird besitzergreifend. Heute Abend scheint er verärgert, weil Frida mit ihren Verführungsnummern allen den Kopf verdreht, keinem gehört und sich an die Männer ranschmeißt. Der reizende Nick, so sanft, dass er es mit Diego aufnehmen und das riesige Loch in ihrer Brust ausfüllen könnte. In einem anderen Leben.
Mit einer anderen Frida.
Vor ihrer Abreise hat Diego ihr eine Liste von wichtigen Leuten aufgeschrieben, die sie umgarnen soll, um den Einfluss des Rivera-Paars zu mehren. Ihnen immer glänzendere Horizonte zu öffnen. Sogar an die Rockefellers hat er gedacht. Im Krieg sind alle Mittel recht. Er hat von Mexiko aus jede Menge Empfehlungsschreiben verschickt. Es gefällt ihm, dass seine Frau bewundert wird. Er hat über sie geschrieben: »Ich möchte sie Ihnen empfehlen, nicht, weil ich ihr Mann bin, sondern als großer Bewunderer ihrer Arbeiten, die zugleich beißend und zärtlich sind, kalt wie Stahl, fein und zerbrechlich wie ein Schmetterlingsflügel, bezaubernd wie ein schönes Lächeln, tiefsinnig und grausam wie das Leben selbst.« Sie weinte, als sie das las, ein wenig, weil sie überwältigt war, dass er so von ihr denken konnte, ein wenig, weil er über alles, was er will, gut schreiben kann, der Koloss Rivera, und doch ist er nicht gekommen, um Frida Kahlos sehr, sehr großen Erfolg mitzuerleben.