Kapitel 34

Schröder betrat das Fitnessstudio. Er kam an einen Empfang, der eher an ein Hotel gehobener Klasse erinnerte. Ein kräftiger Mann im weißen Oberhemd begrüßte Schröder.

»Guten Tag! Wie kann ich Ihnen helfen?«

»Ich suche Dr. Petri!«, sagte Schröder ungeduldig.

»Dr. Petri ist im Kraftraum. Den Gang runter und die letzte Tür auf der rechten Seite. Sind sie Mitglied?«

»Ja, bin ich.«, sagte Schröder und zeigte seine Polizeimarke. Er ging den Flur entlang und öffnete die Tür zum Kraftraum. Der Raum war fast leer. Ein Mann wickelte sich gerade sein Handtuch um den Nacken und ging an Schröder vorbei nach draußen. Weiter hinten, etwas verdeckt von den Geräten, sah Schröder Petri auf der Drückerbank vor einem großen Spiegel liegen. Er stemmte eine Hantel in die Luft und legte sie auf der Halterung ab. Petri bemerkte Schröder erst, als er bereits neben ihm stand und ihn wortlos anstarrte.

»Ah, Herr Kommissar! Was schleichst du dich so an?«, sagte Petri. »Würde deinem Rücken auch ganz gut tun!«, fuhr er fort und wischte sich den Schweiß von der Stirn.

Schröder stand nur da und versuchte, in seinem Freund das zu sehen, was er in ihm vermutete. Er versuchte, hinter die Maske zu schauen.

»Was ist mit dir? Susanne sagte, du seist so komisch gewesen! Sie hat sich Sorgen gemacht!«

»Hat sie Grund, sich Sorgen zu machen?«, fragte Schröder.

»Was meinst du?«

»Deine Frau! Hat sie Grund, sich Sorgen zu machen?«

»Wovon redest du?«, fragte Petri irritiert.

»Rate mal, wen ich getroffen habe!«, sagte Schröder.

»Sag mir einfach, was du willst! Ich hab keine Zeit für solche Spielchen!« Petri legte sich wieder hin und nahm die Hantel hoch.

»Ich hab Veronika getroffen.«

Petri hielt inne. Das Gewicht balancierte auf seinen ausgestreckten Armen. Dann legte er es wieder ab.

»Was hat sie dir erzählt?«

»Sie hat mir erzählt, was du mir nicht sagen wolltest!«

»Mein Gott, was willst du von mir hören? Soll ich dir vielleicht beichten? Ich bin nicht einer deiner dämlichen Kriminellen!«, fuhr Petri ihn an.

»Wer bist du dann?«, fragte Schröder ruhig.

Petri fixierte Schröder, als hätte er den Verstand verloren.

»Wer bist du wirklich?« Schröder ging ans Kopfende der Bank.

»Mach dich nicht lächerlich! Lass mich trainieren!«, sagte Petri und hob die Hantel erneut aus der Gabel.

»Wie war’s in Berlin?«

»Hau ab, Schröder!«, rief Petri.

Schröder legte beide Hände auf die Hantelstange und drückte sie herunter. Petri war überrascht und in dieser Situation sogar entsetzt über Schröder. So kannte er ihn nicht. Mit aller Kraft musste er gegen das Gewicht und den Druck, den Schröder ausübte, ankämpfen. Sein Gesicht rötete sich, die Adern an seinem Hals traten hervor. Er bleckte seine Zähne.

»Bist du es?«, fragte Schröder und beugte sich über ihn.

Die Hantel näherte sich immer weiter Petris Brustkorb. Seine Arme zitterten.

»Bist du es?«, schrie Schröder, und seine Stimme füllte den gesamten Raum an.

Schröder griff um, umfasste die Hantel von unten und warf sie zur Seite. Laut krachend prallte sie auf den Boden. Schröder zog seine Waffe und drückte sie Petri direkt auf die Stirn.

»Winkler wusste von meinem Rücken! Er wusste es von dir! Du hast es ihm erzählt! Du warst es!«

Petri rollte sich zur Seite und presste sich mit dem Rücken gegen die Wand. Die nackte Angst hatte ihn nun gepackt. Von seiner selbstsicheren, überheblichen Art war nichts mehr übrig geblieben.

»Bist du völlig wahnsinnig?«, jammerte er.

»Bist du es?«, schrie Schröder.

»Nein! Nein! Was denkst du denn?« Petri brach in Tränen aus. Er hatte Todesangst vor seinem Freund. Schröder war irre geworden, er hatte den Verstand verloren.

Schröder zielte noch auf ihn. Petri kauerte wie ein Häufchen Elend am Boden. Schröder spürte plötzlich nichts mehr. Dieser Anblick schien alle seine Gefühle ausradiert zu haben. Er war völlig leer. Keine Wut, kein Hass, nichts mehr. Er ließ die Waffe sinken und entfernte sich langsam von Petri. Er ließ ihn nicht aus den Augen, bis er die Tür erreicht hatte. Erst jetzt drehte er sich um und ging.