Das Armaturenbrett leuchtete einen kurzen Moment auf, nachdem der Motor verstummt war, und Jonatan sah sein Spiegelbild in der Frontscheibe aufblitzen. Seine Vergangenheit als politischer Berater in der schwedischen Regierungskanzlei brachte ihm in dieser Situation jedenfalls keinen Vorteil, genauso wenig wie das halbe Jahr Thaibox-Training, das hinter ihm lag. Sein einziger Vorteil bestand darin, dass keiner der Männer hier wusste, was er als Nächstes vorhatte.
Im Rückspiegel sah er, wie aus dem grünen Geländewagen zwei Männer ausstiegen und sich langsam auf Jonatans Auto zubewegten. Unter ihren Jacken zeichneten sich die Umrisse von Schusswaffen ab. Sofort startete Jonatan den Motor, drehte das Lenkrad ganz nach rechts und trat das Gaspedal durch.
Er war selbst davon überrascht, wie schnell alles ging. Mit dem linken Scheinwerfer schrammte er eine der Betonbarrieren – das Geräusch von splitterndem Glas erklang, bevor der Wagen laut dröhnend den Kai entlangraste und auf das eiskalte Meerwasser am Ende des Hafens zusteuerte. Er beschleunigte auf siebzig Stundenkilometer, einen Meter links von ihm die Kaimauer. Er richtete seinen Blick starr geradeaus. Als er die Ecke eines Palettenstapels streifte, schaute er nach rechts und sah, wie der grüne Jeep zurücksetzte. In einem geschmeidigen Manöver wendete der Fahrer das Auto, das größer und bulliger als Jonatans Mitsubishi war und diesen ohne Probleme ins Wasser schieben konnte, wenn sich die Möglichkeit dazu ergeben sollte.
Jonatan wurde klar, dass er sich vom Rand des Kais entfernen musste. Kurz bevor er die Containergebäude erreichte, ging er vom Gas und lenkte das Auto rechts an ihnen vorbei. Die Reifen quietschten auf dem kalten und feuchten Asphalt. Jetzt hatte er die Busse bei den Absperrgittern vor sich, Menschen stiegen ein. Gerade als er wieder nach rechts steuern wollte, blitzte ein Lichtstrahl in seinem Augenwinkel auf, und der grüne Jeep prallte in seinen Kofferraum, wobei sich die grinsende Frontpartie des Geländewagens durch das Blech fraß und Funken die Luft erfüllten. Mit einem fürchterlichen Krachen riss die hintere Stoßstange des Mitsubishis ab.
Jonatans Lenkrad entwickelte plötzlich ein Eigenleben, wurde aus seinen Händen gerissen und drehte sich wie wild. Durch den Regen, der auf die Windschutzscheibe prasselte, konnte er kaum etwas erkennen. Schließlich bekam er das Steuer wieder zu fassen und gab Gas.
Links flog das Terminalgebäude an ihm vorbei. Er schaltete die Scheibenwischer ein, presste seine Kiefer so fest aufeinander, dass sie schmerzten, und sah das nächste Problem bereits vor sich: Zwischen den Betonblöcken an der Ausfahrt wartete noch immer der zweite Geländewagen, glänzend schwarz stand er dort wie ein unheilvoller Schatten. Ein Frontalzusammenstoß wäre auf jeden Fall tödlich, schoss es Jonatan durch den Kopf, während sich von hinten bereits der grüne Geländewagen näherte.
Hektisch hantierte er an seinem Sicherheitsgurt herum, steckte die Schnalle mit einem Klicken ins Schloss und legte einen niedrigeren Gang ein. Dann drückte er das Gaspedal durch und ließ die Kupplung kommen.
«Was machst du denn da?», schrie Betty vom Rücksitz aus.
Das Auto schoss nach vorne, und Jonatan hielt auf die beiden Männer zu, die aus dem schwarzen Auto ausgestiegen waren. Drei der Betonbarrieren waren bei seinem vorherigen Manöver umgekippt, sodass die Absperrung jetzt nicht mehr viel höher als eine Bordsteinkante war.
Jonatan ließ seinen Fuß auf dem Gaspedal, und kurz bevor er mit voller Wucht auf die umgestürzten Betonblöcke traf, warfen sich die beiden Männer zur Seite. Der vordere Teil seines Autos wurde in die Luft gerissen, während der Motor weiterheulte. Sie schlugen auf der anderen Seite der Absperrung auf und hörten, wie der Unterboden über den Kies schleifte.
Das Auto ließ sich kaum noch steuern. Es schlitterte an einer weiteren Absperrung vorbei, wo zwei Polizisten standen, die klug genug waren, sich ihm nicht in den Weg zu stellen, sondern sofort zu ihrem Streifenwagen sprinteten.
«Was zur Hölle treibst du?», rief Betty und drehte sich nach hinten um. «Wir müssen mit der Polizei reden.»
Jonatans Kiefer schmerzten. Er fuhr über eine rote Ampel und trat wieder aufs Gas. Doch obwohl er das Pedal bis zum Anschlag durchdrückte, wurde der Wagen nicht schneller. Das Lenkrad zitterte in seinen Händen. Wahrscheinlich blockierte das eingedrückte Heck die Lenkung. Im Rückspiegel sah er, wie mehrere Fahrzeuge die Verfolgung aufnahmen.
Bis zum Valhallavägen war es weniger als ein Kilometer, und der Verkehr wurde immer dichter. Vor ihm tauchte ein weißer Kastenwagen auf, der ihm keine andere Wahl ließ, als das Tempo zu drosseln.
Verdammt.
Die Geländewagen kamen wieder näher. Sie überholten einige Autos, und sein Vorsprung schrumpfte weiter. Jonatan beschleunigte und lenkte sein Auto auf die Gegenfahrbahn, einer der beiden Jeeps folgte ihm.
Ein entgegenkommender Kleinbus konnte gerade noch ausweichen, ein Taxi fuhr auf den Gehweg, um einen Zusammenstoß zu vermeiden.
Jonatan lenkte den Wagen wieder zurück auf die rechte Spur, sodass der Jeep hinter ihm dem Taxi ausweichen musste und dabei auf der nassen Fahrbahn beinahe den Halt verlor.
Jonatan sah, wie die Ampel weiter vorne auf der Kreuzung auf Grün umsprang. Kurz überlegte er, einen weiteren Überholvorgang zu starten, als der Jeep zum zweiten Mal in seinen Kofferraum krachte und er für einen kurzen Moment die Kontrolle verlor. Die Wucht des Aufpralls schob ihn erneut über die Mittellinie. Der Fahrer eines entgegenkommenden Autos stieg so heftig in die Eisen, dass sein Fahrzeug zu schlingern begann und auf Jonatan zuschoss.
Er sah ein, dass es vorbei war.