Schulumkleiden waren in keinem der fünfzig Staaten eine angenehme Angelegenheit. Nein, ich vermutete, sogar auf der ganzen Welt. Der Schweiß von Jahrzehnten schien sich in Umkleide vier der Amber Lake High festgesetzt zu haben und verbündete sich mit den herumwabernden Deowolken zu einer feuchten, stickigen Luft, in der tropische Farne fantastisch gedeihen würden. Abgesehen davon war es immer schön, seine neuen Mitschülerinnen halbnackt und den Rest der Stufe dann rotgesichtig und mit fetten Schweißflecken unter den Achseln kennenzulernen. Jap, genauso hatte ich mir den ersten Schultag immer gewünscht.
Es war mein Glück, dass wir uns heute nicht umziehen mussten, da sowieso niemand Sportsachen dabeihatte. Also luden wir alle nur Jacken und Rucksäcke ab, bevor wir im Gänsemarsch aus der Umkleide und eine Treppe hinaufliefen, die in eine überschaubare Turnhalle mit hölzernem Boden führte, die von Houstoner-Exemplaren nur belächelt und großspurig als putzig bezeichnet worden wäre. Doch der Kurs umfasste nur um die zwanzig Schüler und Schülerinnen, mindestens zehn weniger als jeder, den ich in Houston besucht hatte, es war also nicht weiter schlimm.
Die Jungs waren schon da. Hatten ihre Sweatshirts ausgezogen und standen in kleinen Grüppchen beisammen. Mein Blick fiel direkt auf Ash zu meiner Rechten. Nicht, weil ich ihn gesucht hätte, sondern schlichtweg, weil er einer der Größten hier war … und eben ins Auge fiel! Meine Sehstärke war sehr gut, ich konnte nichts dafür. Auch wenn er zurzeit den Kopf gesenkt hielt. Tatsächlich sah er äußerst unzufrieden aus. Er hatte die Augenbrauen zusammengezogen und die Lippen aufeinandergepresst, während der Kerl mit dem kurzen Afro, der auch schon draußen neben ihm gestanden hatte, hitzig und mit einer Menge Händegefuchtel auf ihn einredete. Neben den beiden stand der rothaarige Nico, der zu ein paar Mädchen hinübersah, die kichernd auf ihre Handys starrten und sich gegenseitig immer wieder den Bildschirm ins Gesicht hielten. Und dann waren da noch zwei bullige Typen, der eine hellblond, der andere mit dunklen Haaren. Irgendwo hatten sie Yoga-Bälle aufgetrieben, die sie schützend vor die Brust hielten – bevor sie aufeinander zurannten und bellend anfingen zu lachen, als sie gegeneinanderkrachten, von dem elastischen Ball zurückkatapultiert wurden und klatschend zu Boden fielen. Beide hatten ein recht breites Gesicht, sodass es ein wenig so wirkte, als würden sie sonst nur ohne schützenden Ball mit den Gesichtern voraus gegeneinanderrennen.
Meine Mundwinkel zuckten. Ja, wir befanden uns zweitausend Meilen von Houston entfernt, aber Highschool-Jungs waren Highschool-Jungs!
»Oh Mann, irgendwann tun Rhett und Derek sich noch weh«, murmelte Sam, deren Blick ebenfalls auf die beiden Kerle gerichtet war, die gerade eine neue Ballsportart erfanden.
»Ach was«, meinte Kala und winkte ab. »Ihre Schädel sind zu dick dafür. Aber sie werden ein paar wichtige Gehirnzellen einbüßen, so oft, wie sie auf den Kopf fallen.«
Diana lachte leise, bevor die drei wie selbstverständlich zu der Gruppe – ihrer Clique? – liefen. Ich war etwas unschlüssig, was ich tun sollte. Folgen oder stehen bleiben? Ich wollte nicht aufdringlich sein. Doch bevor ich eine Entscheidung fällen konnte, drehte Kala sich bereits zu mir um und winkte mich hinterher. »Komm, wir stellen dir die anderen vor!«
Mein Magen zog sich nervös zusammen, doch ich nickte und beschleunigte meinen Schritt. Aus den Augenwinkeln bemerkte ich, dass mich wie erwartet eine Menge Mitschüler und Mitschülerinnen anstarrten und hinter vorgehaltener Hand tuschelten. Überraschenderweise sahen aber mindestens genauso viele zu dem Jungs-Grüppchen, auf das wir jetzt zusteuerten. Als würden sie glitzern. Oder Shirts tragen, auf denen Zehn Sekunden Starren, ein kostenloser Donut stand.
Doch ihre T-Shirts waren recht unspektakulär. Das Einzige, das mir auffiel, war … dass sie besonders eng anlagen. Ah ja, jetzt verstand ich es. Ich hatte den Fehler gemacht, mich zuerst auf ihre Gesichter zu konzentrieren. Doch jetzt, da ich das Gesamtbild betrachtete, fiel mir auf, dass sie alle zwar absolut unterschiedlich aussahen, aber eine Gemeinsamkeit hatten: Sie waren absurd muskulös. Ich wusste nicht viel über Muskeln – abgesehen davon, dass ich nicht viele besaß – doch erkennen konnte ich sie trotzdem.
Beinahe hätte ich angefangen zu lachen. Denn es war lächerlich. Anscheinend hatte man in diesem kleinen Kaff nichts Besseres zu tun, als ins Fitnessstudio zu rennen … oder sich für Kunst zu interessieren. Denn einige dieser Muskeln mussten einfach aufgemalt sein. Je länger ich Derek und Rhetts Oberarme betrachtete, desto mehr kam ich mir neben ihnen vor, als wäre mein Körper ein Museum für Zahnstocher. Dabei war ich nicht mal unsportlich! Nico war eher kompakt gebaut, nicht so groß wie der Rest, aber ohne Frage eine sehr gute Hilfe bei jedem Umzug, während Ash und der Typ mit dem Afro schmal und sehnig, dafür um einiges größer waren. Doch die rüden und abrupten Handbewegungen, die sie gerade austauschten, wirkten sehr kraftvoll. Und ihre Worte auch.
»… krieg dich ein, Max!«, zischte Ash genervt, die Augen verengt. »Sie ist seit Jahren immer leer und es ist noch nie was passiert! Woher hätte ich wissen sollen, dass …« Sein Blick fiel auf mich und er brach ab.
Sein Gegenüber wandte ruckartig den Kopf, erkannte mich und lächelte sofort breit. »Hey, New Girl«, sagte er freundlich und trat auf uns zu. »Ich bin Max Roys. Aber nenn mich Max.«
»Hey«, erwiderte ich langsam, während mein Blick zu Ashs mittlerweile ausdruckslosem Gesicht und wieder zurück wanderte. »Ich bin offenbar New Girl. Aber nenn mich New.« Worüber hatten sie geredet?
Max Mundwinkel zuckten. »Sehr erfreut, New.«
»Nein, so fangen wir gar nicht erst an«, meinte Kala seufzend. »Das ist Billie, Max. Der blonde Hornochse ist Derek …« Sie deutete auf den rechten Yoga-Ball-Eroberer. »Der dunkelhaarige Rhett. Ash hab ich dir ja schon indirekt vorgestellt und Nico ebenso. Sagt Hallo, Jungs.«
»Hallo, Jungs«, meinte Rhett sofort und grinste.
Ich musste widerwillig lachen. »Hallo«, erwiderte ich dann.
»Kommst du wirklich aus Miami?«, wollte Nico wissen und kam näher. Er sah Sam so ähnlich, dass ich mich aktiv davon abhalten musste, nicht mit offenem Mund zu ihm, zu seiner Schwester und zurück zu starren.
»Nein. Also …« Moment. Ich blinzelte perplex. Hatte er uns vorhin hören können? Wir hatten nicht allzu nah beieinandergestanden. Nun, anscheinend schon. Ich räusperte mich. »Ja, ich hab schon einmal da gewohnt. Aber als Letztes war ich in Houston.«
»Ah, du bist also wegen all der Sonne so rot im Gesicht?«, fragte Ash.
Ich verdrehte die Augen. Sehr freundlich von ihm, mich darauf hinzuweisen.
»Ich mag Houston nicht. Es ist zu heiß da«, meinte Derek und schüttelte unzufrieden den Kopf.
»Nur für diejenigen, die nicht gern ihre knubbeligen Knie zeigen«, erwiderte ich unschuldig.
Der Geist eines spöttischen Lächelns huschte über Ashs Gesicht. Vielleicht bildete ich es mir aber auch nur ein, denn in diesem Moment wurde ich von dem Geräusch einer zufallenden Tür abgelenkt.
Ein Mann mit einer Menge Haaren am Kinn und sehr wenigen auf dem Kopf trat ein. Das musste unserer Lehrer Mr Lang sein und innerhalb der nächsten zehn Minuten wurden mir sehr schnell zwei Dinge klar. Erstens: Mr Lang mochte Ballsportarten. Fast der gesamte Lehrplan des Schuljahrs bestand aus Dingen, die mit Ball endeten. Und zweitens: Er stand seiner Trillerpfeife definitiv zu nah. Und das kam von mir, Miss Ich-habe-eine-spezielle-Verbindung-zu-meinem-Wecker. Doch Mr Lang benutzte sie innerhalb der ersten paar Minuten gleich viermal. Zweimal um Derek und Rhett zur Aufmerksamkeit zu mahnen, die ziemlich sicher ihren Bizeps verglichen, in dem sie einen Tennisball danebenhielten. (Meiner Meinung nach war der Ball der Gewinner – denn er war nicht auf diese dämliche Idee gekommen.) Einmal, um ein paar kichernden Mädchen ihre Handys zu entwenden. Und schließlich, zu meinem Entsetzen, um anzukündigen, dass die Klasse einen neuen Schüler hätte.
Oh Gott. Ich befürchtete, damit meinte er mich. Mein Vorname verwirrte manche älteren Menschen. Auch wenn es besser geworden war, seit es Billie Eilish gab.
»Also, meine Lieben«, fuhr er ernst fort. »Seid nett zu Billie Knox und fragt ihn doch heute ein paar persönliche Dinge, damit er sich willkommen fühlt. Es ist nicht einfach, der Neue zu sein. Junger Mann, warum zeigst du dich nicht und stellst dich kurz vor?«
Blut schoss in meinen Kopf. Das Einzige, was ich noch unangenehmer fand, als mit dem falschen Geschlecht vorgestellt zu werden, war, eine Menge persönliche Dinge erzählen und mich vor meinem Kurs vorstellen zu müssen!
»Mr Lang, es ist eine Sie und niemanden interessiert es, wer sie ist oder woher sie kommt«, sagte eine leise, gedehnte Stimme und überrascht wandte ich mich um.
Ein Junge mit dunklen langen Haaren hatte gesprochen. Der war mir vorhin gar nicht aufgefallen. Dabei saß er keinen Meter von mir entfernt auf dem Boden. Und sein spitzes Gesicht sowie seine platte Nase waren eigentlich recht auffällig. Ich wollte mich stumm bei ihm bedanken, doch er beachtete mich gar nicht. Stattdessen sah er gelangweilt auf seine Fingernägel.
Mr Lang lief basketballrot an, bevor er betreten »Schön, schön, danke für deine Einsichten, Ben – Volleyball?« sagte.
Letzteres traf auf einige Zustimmung und Max und Kala wurden dazu auserkoren, die Teams zu wählen. Max stand nicht einmal an der Linie, auf der sie sich aufstellen sollten, als er bereits »Ash« rief.
Derek, Nico und Rhett stöhnten unisono auf … und sie waren nicht die Einzigen. Der gesamte Kurs sah gequält aus der Wäsche.
»Oh, das ist unfair«, murrte ein asiatisch aussehendes Mädchen zu meiner Rechten. »Jeder, der Ash bekommt, hat doch ohnehin schon fast gewonnen – und zusammen mit Max kann die andere Mannschaft doch gleich aufgeben.«
Kala jedoch ließ sich nicht beirren, sie wählte Derek, Max rief Diana auf und so teilten sie erst einmal ihre Clique untereinander auf, bevor Kala überraschend meinen Namen nannte.
»Ich soll doch heute auf dich aufpassen und alles«, murmelte sie grinsend.
Ich musste lachen. »Danke, bis jetzt machst du einen sehr guten Job.«
»Jaja, Kala ist eine Heilige«, meinte Derek harsch, bevor er mich mit verengten Augen fixierte und ernst fragte: »Wie stehst du Bällen gegenüber?«
»Die aus Märchenfilmen, bei denen alle dazu gezwungen werden, zu tanzen, finde ich sehr anstrengend«, meinte ich unschuldig. »Aber auf die runden haue ich gerne drauf.«
Kala, die fröhlich weitergewählt hatte, kicherte. »Das hört sich gut an – und führ dich nicht so auf, Derek. Wir wollen Spaß haben, nicht gewinnen.«
»Wir können nicht gewinnen«, wisperte er genervt. »Weil sie Ash, Max und Diana haben.«
»Sind sie die Heilige Dreifaltigkeit des Volleyballs und im Verein oder warum stellen sich alle so an?«, wollte ich verwirrt wissen, während Ben, der Typ mit den längeren Haaren, der noch immer auf dem Boden saß, als Letztes von Max gewählt wurde. Doch es schien ihn nicht sonderlich zu stören. Seine Nägel waren immer noch interessanter als alles andere, was um ihn herum passierte … auch wenn ich es ihm nicht abkaufte. Ich hatte das Wie sehen meine Nägel aus- Spiel innerhalb der letzten Jahre schließlich perfektioniert. Ich war an meinen ersten Schultagen bereits ignoriert, unfassbar freundlich aufgenommen, aber auch in einen Mülleimer geschubst worden. Ich wusste , wie man sich benahm, wenn man mit niemandem klarkam.
Derek, der nicht bemerkt zu haben schien, dass meine Aufmerksamkeit kurzzeitig woanders lag, kratzte sich den breiten Nacken und zuckte die Schulter. »Die drei sind nicht im Verein, aber …« Er stieß einen Schwall Luft aus. »Ist egal, du wirst schon sehen.«
Und das tat ich.
Innerhalb der nächsten halben Stunde wurde mir klar, warum Ash nicht datete. Er hatte keine Wahl. Denn sicherlich wollte niemand mit ihm ausgehen – weil er nun einmal ein arroganter Kotzbrocken war. Zumindest, wenn es um Volleyball ging. Und gerade ging es um Volleyball.
Es war nicht schlimm, dass er gut war. Es war nur schlimm, dass er es wusste. Nein, dass alle es wussten und ihm die ganze Zeit begeistert zujubelten, während er leichtfüßig übers Feld tänzelte und die Bälle verteilte, als wären sie Karamellbonbons und er eine alte Dame.
Dabei war ich sehr viel beeindruckter von Diana. Sie sah mit ihren runden Wangen und schüchternem Lächeln so unschuldig und lieb aus. Doch sie hatte einen unfassbar starken Schlag, der nur von Max getoppt wurde.
Man konnte guten Gewissens behaupten, dass unser Team abgeschlachtet wurde. Und ich war leider nicht ganz unschuldig an der Sache.
Ich war keine Riesensportskanone. Ich trainierte lieber meine Augen als meine Muskeln, indem ich bis spät in die Nacht las oder Netflix bingte. Aber ich war auch nicht mies. An neuen Orten war es leichter, Freunde zu finden, wenn man irgendwelchen Clubs beitrat oder sich ein Hobby suchte, weshalb ich in Houston Teil einer Basketballmannschaft gewesen war. Das kleinere Übel zu Cheerleading oder Debattierclub. Außerdem besaß ich Ausdauer, weil ich so oft spazieren und wandern ging. Mit meiner Kamera im Anschlag neue Orte erkundete. Doch tatsächlich waren weder meine mickrigen Muskeln noch die Ausdauer das Problem. Nein, es war meine Sehkraft, die mich im Stich ließ.
»Auf der Linie!«, rief Mr Lang und gab der gegnerischen Mannschaft einen Punkt, während ich noch immer mit großen Augen auf den Fleck neben mir starrte, an dem ich den von Ash gespielten Ball einfach hatte fallen lassen. Es hatte so ausgesehen, als würde er ins Aus gehen!
Wir rotierten auf dem Feld und ich beseufzte meine eigene Unfähigkeit, bevor Diana aufschlug. Kala nahm den Ball an, spielte zu Nico, Nico zu Derek, der ihn auf die andere Seite donnerte. Doch Max bekam ihn natürlich. Er baggerte ihn zu der Asiatin namens Pru, die zu Ash pritschte. Er sprang hoch, täuschte einen seichten Schlag an, hieb jedoch in letzter Sekunde mit aller Kraft darauf. Wieder in meine Richtung. Ich gab mir nicht einmal die Mühe hinzuhechten. Denn der Ball würde auf jeden Fall im Aus landen. Er hatte viel zu fest geschlagen und … der Ball landete genau auf der Linie.
»Punkt für Max’ Team«, kommentierte Mr Lang und nickte anerkennend.
Ungläubig starrte ich zum Ball und schüttelte den Kopf. Wer konnte solch ein Glück haben?
»Hör mal, New Girl«, meinte Derek genervt und sah mich düster an. »Nimm Ashs Bälle einfach an, okay? Sie sind immer drin. Verlass dich einfach darauf.«
Ich schnaubte. »Nein!«
»Doch«, beharrte er.
»Oh bitte«, meinte ich missmutig. »Der Kerl ist so arrogant, er wird sich früher oder später überschätzen. Niemand ist unfehlbar.«
»Doch, bin ich«, bemerkte eine dunkle Stimme. Ash, der direkt am Netz stand. Die Miene gespielt ernst, die Hand unschuldig auf die Brust gelegt. »Meine Zielsicherheit wird nur von meiner maßlosen Eleganz übertroffen.«
Ich verdrehte die Augen und verschränkte die Arme vor dem Körper. »Leute, die offenbar in ihre Gartenzäune rennen, sollten nicht so weit den Mund aufreißen, wenn es um ihre Eleganz und Zielsicherheit geht«, bemerkte ich trocken und gestikulierte zu seinem Knie.
»Sei kein Arsch, Ash«, meinte Diana seufzend. »Und du machst das schon, Billie.« Aufmunternd nickte sie mir zu – obwohl ich im gegnerischen Team war. Ash schnaubte amüsiert. Und ein wenig mitleidig, wenn ich das bemerken durfte.
Mein Mittelfinger juckte, doch ich riss mich zusammen. Gott, der Kerl regte mich auf! Mit zusammengepressten Lippen schnappte ich mir den Ball und wandte Ash den Rücken zu, bevor ich mich zum Aufschlag hinter die Linie stellte.
Ich brachte den Ball übers Netz, doch er eierte lustlos durch die Luft und war viel zu hoch … Ash sprang vom Boden, schlug ihn hart und schnell übers Netz und er besaß die Dreistigkeit noch nicht einmal in die Richtung zu sehen, in die er spielte. Nein. Stattdessen sah er unschuldig lächelnd zu mir.
Ich ballte die Hände zu Fäusten und schabte die Zähne übereinander, während das Blut in meinen Ohren rauschte. Oh, dieser blöde, eingebildete …
»New Girl! Dein Ball«, bellte Derek.
Ich riss den Blick von Ash los, sah zu dem sich drehenden Volleyball, der auf die Linie neben mir zusegelte … doch bewegte mich nicht. Der konnte unmöglich drin sein!
»New Girl! Nimm ihn einfach an!«, brüllte jetzt auch Nico.
Doch ich dachte nicht einmal daran. Stur blieb ich an Ort und Stelle stehen, erdolchte Ash mit meinen Blicken, während der Ball sich um sich selbst drehte, dem Boden näher kam und … im Aus landete.
»Seht ihr! Sag ich doch«, meinte ich zufrieden und blickte triumphierend zu Ash – der mit geweiteten Augen und offenem Mund auf den Ball starrte.
Ich schnaubte. Oh, bitte. Er sah aus, als hätte ich den Ball mithilfe eines Flammenwerfers von der Linie geblasen. Als hätte er noch nie im Leben einen Fehler gemacht. Ein wenig dramatisch, wenn man mich fragte.
Doch anscheinend war ich allein mit der Meinung, denn er war nicht der Einzige mit schockierter Miene. Neben ihm stand Max, der die Hand über den Mund gelegt hatte, als wäre er Zeuge eines tödlichen Unfalls geworden, und Dereks Augen quollen so weit aus ihren Höhlen, dass sie gleich zu Boden springen und hinter dem Volleyball herrollen würden. Anscheinend waren alle es hier gewöhnt, dass Ash immer brillierte.
»Guck nicht so, Mr Unfehlbar«, murmelte ich, lief auf dem Feld vor und hob einen Mundwinkel. »Dir bleiben doch immer noch deine Eleganz … und deine hübschen Knubbelknie.«