Die nächsten Wochen vergingen wie im Flug. Adam verbrachte jeden unbeobachteten Moment mit Claire, und seine Gefühle für sie wurden nur noch stärker. Es war die glücklichste Zeit, die er seit dem Tod seiner Eltern erlebt hatte. Doch tief in seinem Inneren wusste er, dass dieses Glück nicht für immer anhalten würde. Je näher die Silvesterfeier und damit das Zusammentreffen mit Claires Vater kam, desto mehr nagte die Gewissheit an Adam, dass seine Beziehung mit Claire keine Zukunft hatte.
Er half Jonathan dabei, mehr Selbstvertrauen zu schöpfen, und kurz vor Weihnachten schaffte dieser es, Xenia zu einem Date zu überreden.
Über Weihnachten fuhren die meisten Schüler des Internats nach Hause, doch Yasemin war eine der wenigen, die nicht die Heimreise antrat. Ihre Eltern waren zu Verwandten in die Türkei gefahren, und Weihnachten feierte ihre Familie sowieso nicht. Adam war etwas betrübt, denn Claire war schon auf den Landsitz ihrer Familie in Chamonix gereist. Er selbst wurde erst am Tag vor Silvester erwartet.
»Jetzt mach nicht so ein Gesicht«, sagte Yasemin eines Morgens beim Frühstück. »Du siehst deine Angebetete noch früh genug wieder.«
»Das ist es nicht«, sagte Adam.
»Deine Eltern?«, fragte Yasemin.
Adam nickte. »Weihnachten war immer sehr schön bei uns. Mein Papa hat den Braten gemacht und meine Mutter diese fantastische Crème Brûlée. Die Musik. Ein Feuer im Kamin. Der Baum.« Er spürte einen Kloß in seinem Hals.
Yasemin blickte ihn aufmunternd an. »Warum feiern wir nicht unser eigenes Weihnachten?«, fragte sie. »Komm, wir gehen ins Dorf und kaufen ein paar Zutaten und Weihnachtszeug, und dann machen wir Pide und Börek und schauen den ganzen Tag Filme, bis uns die Augen aus dem Kopf fallen. Hey, vielleicht kannst du eine Crème Brûlée hinbekommen?«
Adam musste lächeln. »Das klingt echt nicht schlecht.«
Diesen Plan setzten sie in die Tat um. An Heiligabend aßen sie Schokoladenweihnachtsmänner und tauschten kleine Geschenke aus. Den ersten Weihnachtstag verbrachten sie in der Küche, wo sie einen ganzen Haufen türkische Spezialitäten und französische Desserts kreierten. Abends schauten sie Actionfilme und romantische Komödien, bis sie vor dem Fernseher einschliefen. Ohne Yasemin wären diese Feiertage die Hölle gewesen, das wusste Adam. Er musste immer wieder an seine Eltern denken. Die Szene, die er in dem Hotelzimmer vorgefunden hatte, war für immer in sein Gedächtnis eingebrannt. Yasemin hatte es geschafft, ihn wenigsten für ein paar Tage auf andere Gedanken zu bringen. Sie war eine echte Freundin.