Christian IV. warf sich mit den Seinigen ins Lüneburgische und ließ dort sengen und brennen; denn, sagte er, Herzog Christian von Celle sei an seinem Unglück schuld, da er anstatt zu ihm zum Kaiser gehalten habe; nun solle jeder sehen, wohin solche Treulosigkeit führe. Der Herzog von Celle wandte sich hilfeflehend an Tilly, er solle doch kommen, die Dänen aus dem Lande zu jagen und seine armen Untertanen zu schützen, die kaum noch Brot hätten, um das nackte Leben zu fristen; worauf Tilly antwortete, er sei bereit, dem Herzog, den er als treuen Anhänger des Kaisers verehre, zu helfen, bitte ihn aber, die Obrigkeit überall anzuweisen, dass sie zu einer guten Ordnung, wie es mit den Truppen gehalten werden solle, mitwirkte, da er sonst nicht für Schaden einstehen könne.
An einem Septembernachmittage ritt Tilly durch die Heide nach Winsen an der Luhe, wo er Quartier nehmen wollte. Er saß auf einem Schimmel, einige Adjutanten folgten ihm, dann kamen Wagen, die langsam durch den Sand rollten. Seine Gedanken trugen sich damit, dass es mit dem Frieden doch noch lange Wege haben werde, obwohl er den Dänenkönig niedergeworfen hatte; derselbe führte doch noch hohe Worte und hatte erst kürzlich wieder Geld von England und den Staaten erhalten. Ehe der Kaiser nicht die Staaten angriffe, den Born, aus dem der Krieg fließe, werde es kein Ende nehmen, dachte er; aber weder der Herzog von Bayern noch die geistlichen Fürsten wollten daran, nichts und niemand konnte ihnen die Augen öffnen. So würde er denn die Last weiterschleppen müssen ohne Ehre, ohne Lohn, ohne Dank. Er dachte, wie satt er sich manchmal seines mühseligen Lebens fühlte, wie gern er an einem Ort, der ihm zu eigen gehörte, ausruhen würde. Warum anderen alles in den Schoß fiel, bevor sie noch angefangen hatten etwas zu leisten, und er, der so viel gedient und gearbeitet hatte, noch immer kein Land hatte, wo er der Herr war, das konnte er nicht begreifen; er müsse es Gott anheimstellen. Indem er aufsah, fiel sein Blick auf einen Schafhirten, der, auf einen Stock gestützt, den kriegerischen Zug betrachtete, während die Schafe, in einen Haufen gedrängt, zwischen dem purpurnen Heidekraut standen. Der Himmel war grau und still, die Luft warm, nichts bewegte sich als die langsam wie ein fernes Segelschiff vorrückende Herde. Tilly dachte, wie wohl dem Manne sein müsse, der nun bald zu seiner Hütte zurückkehrte; immer begleitete ihn diese treue Ebene, harrte und hütete seiner eine hohe Föhre oder ein immergrüner Wacholderbaum oder ein breites Haus mit samtschimmerndem Moosdach. Auch die ernsthaften, schweigsamen Menschen gefielen ihm besser als die vom Rheine; es hätte ihn gefreut, wenn Gott sich seiner als Werkzeug bedienen wollte, um ihnen den rechten Glauben zu bringen.
Einige Tage später kam der Amtmann mit rotem Kopf und brachte unter vielen Entschuldigungen vor, es hätten ein paar Soldaten einen Schafhirten erschossen, der seine Schafe gegen sie hätte verteidigen wollen. Tilly solle die Gnade haben und dazusehen, dass die Schuldigen bestraft würden, es sei großes Geschrei und Jammer im Dorfe, er wisse der wütenden Bauern nicht mehr Herr zu werden. Tilly sagte, er habe die Obrigkeit oft und oft ermächtigt, schuldige Soldaten festzunehmen und nach Gebühr zu bestrafen; ob man denn die Schuldigen kenne und ihrer habhaft geworden sei? Ja, sagte der Amtmann, sie hätten auch gestanden, und der Profos wolle sie henken; da seien andere Soldaten in Haufen gekommen, murrten und wollten es nicht leiden.
Er wolle sofort selbst kommen, sagte Tilly, stieg zu Pferd und ritt dem Amtmann so schnell voran, dass der kaum nachkommen konnte. Vor der nächsten Ansiedelung traf er auf die zusammengerotteten Soldaten, die aber Platz machten, als sie den General kommen sahen, ritt mitten hindurch, hielt an und fragte, wo die Leute seien, die den Schäfer erschossen hätten, sie sollten sich melden. Nach einer Pause traten zwei hervor, der eine mit gesenktem Kopf, der andere dreist und böse Tilly ins Gesicht blickend; von den Stricken hatten die Kameraden sie inzwischen frei gemacht. Der Alte fuhr sie rau an: ob sie die Gesetze nicht kennten? Wie sie dazu gekommen wären, einen friedlichen Hirten, der seine Schafe weidete, zu töten? Ob das eine Tat, eines christlichen Soldaten würdig, sei? Ob sie nicht selbst einsähen, dass sie den Tod verdient hätten? Womit sie sich entschuldigen wollten? – Der eine von beiden antwortete trotzig: sie hätten Hunger und nichts zu essen. Tilly zögerte einen Augenblick; er wusste, dass trotz seiner Mahnungen der Sold seit langem ausgeblieben war und dass die Bauern mit ihren Lieferungen im Rückstand zu bleiben anfingen; der Amtmann hatte erst kürzlich geklagt, sogar die Mäuse stürben Hungers, weil sie weder im Hause noch im Felde mehr etwas fänden. Andererseits bedachte er, dass Nachsicht ein böses Exempel geben und der Sache schaden könne, zumal er nicht in Feindesland sei; darum sagte er kurz, die Gesetze müssten gehalten werden, die Schuldigen sollten sich zum Tode bereiten, Hunger entschuldige Raub und Mord nicht. Die übrigen sollten sich durch die Exekution warnen lassen und sich nie wieder der heiligen Justiz in den Arm zu fallen anmaßen. Vor seinem strengen Blick wagte keiner sich zu rühren, die Schuldigen ließen sich stillschweigend ergreifen und hingen in wenigen Minuten leblos von den Zweigen einer in der Sonne flimmernden Birke herunter.
Traurig ritt Tilly heim, von Sorge gequält, wie es mit der Disziplin und dem Soldatenwesen werden sollte, wenn der Krieg noch immer kein Ende nähme und die Unlust der Fürsten, den Beutel zu ziehen, größer statt geringer würde. Die geistlichen Fürsten, die Schatzkammer und Speicher voll hatten, speisten ihn mit Ausreden und Entschuldigungen ab, indes er nicht mehr wusste, wie er mit gutem Gewissen die Ordnung zwischen dem armen gequälten Bauersmann und dem hungernden Soldaten aufrechterhalten sollte. Wie das Vieh wurden die Soldaten geachtet, das zum Abschlachten gekauft wird, und schlechter, da man ihnen nicht einmal das Futter oder den bedungenen Lohn reichte. Er hatte stets seine Ehre darin gesucht, den Krieg so zu führen, dass dem Soldaten und dem Landmann sein Recht werde, soweit es möglich sei, und er wunderte sich, ob der Herzog von Bayern, sein Herr, ihn nicht besser darin unterstützen und die Ligafürsten zu ihrer Pflicht anhalten könne. Dann dachte er an Wallenstein, wie der seine Soldaten hausen ließ, wie der Kaiser ihn hochhielt, wie Offiziere und Soldaten ihm zuliefen, wie Freund und Feind vor ihm zitterte und wie die Welt von seinem Ruhme voll war. Mühsam überwand er solche Gedanken, indem er bei sich ein Gebet zu Gott und der Heiligen Jungfrau sprach; diesen, dachte er, solle das Gericht überlassen sein.