In Xanten predigte an einem der letzten Sonntage im August der kalvinische Pfarrer Ewichius über den Kampf wider die Macht des Teufels, zu dem ein jeder verbunden sei. Er erzählte, wie er Anno 1620 mit Weib und Kind aus der Unterpfalz habe auswandern müssen und zum Landgrafen Moritz gegangen sei; wie dieser nach Verlust der Hälfte seines Landes ihn nicht mehr habe behalten können und ihm nach Genf zu gehn geraten hätte; wie er mit den Seinen auf dem Wege dahin von streifenden Soldaten überfallen und so ausgeplündert worden wäre, dass sie nicht mehr als das Hemd am Leibe behalten hätten, und wie bald darauf seine beiden jüngsten Kinder infolge von Kälte und übler Nahrung gestorben wären. Da sie gerade im Vorderösterreichischen gewesen wären, wo sie die Kinder doch nicht in geweihter Erde hätten begraben dürfen, hätten sie die kleinen Leichen eine Weile mit sich geführt und dann bei der Nacht still und geschwind auf freiem Felde unter einem Eichbaum vergraben, in dessen Zweigen, wie er hoffe, die versammelten Vöglein ihnen täglich den Auferstehungschor absängen. Nach vielen Drangsalen wären sie endlich nach Xanten gekommen, wo aber ihres Bleibens vielleicht auch nicht lange sei, denn es wisse ja jeder, wie bedenklich es hierzulande zugehe. So sei vor einem Jahre der Pfarrer Lehmann in Oberkassel ins Gefängnis geworfen worden, weil er billigermaßen die Messe ein Werk des Teufels genannt haben solle, und sei dort so traktiert worden, dass er erst die Sprache, dann das Leben verloren habe. Ebenso sei der Doktor Sundermann, ein gelehrter, tugendhafter Pfarrer, unter dem Vorwande, dass er in seiner Kindheit katholisch gewesen sei, zu Kaiserswerth eingekerkert worden und habe dort kürzlich das Zeitliche gesegnet. Er wisse wohl, was ihm täglich drohe; aber wie seine Kindlein in ihrer Unschuld hatten sterben müssen, so gehe er auch, obwohl ein Sünder vor Gott, dem Tode furchtlos entgegen und wolle lieber vom Teufel zerrissen werden als mit ihm paktieren oder sich vor ihm bücken.
Während er so predigte, öffnete sich das Portal, und ein Mann trat ein und flüsterte einem anderen, der nah bei der Tür stand, zu, er komme zu Pferd von Wesel, wo er Geschäfte halber sich aufgehalten habe. In der verflossenen Nacht hätten drei Bürger, die sich dazu verschworen gehabt hätten, die Holländer über die Mauer gelassen, die hätten sich der Stadt bemächtigt und die Spanier ausgetrieben; es sei lautes Jubeln und Danken in Wesel. »Was gibt es?« fragte der Pfarrer, der ein Raunen und Rauschen in seiner Gemeinde bemerkte. »Wesel ist staatisch«, rief einer mit lauter Stimme, »die Spanier sind draußen.« Der Pfarrer schwieg einen Augenblick; dann sagte er mit fester Stimme: »Wohlan, so lasset uns Gott danken!« und stimmte an: ›Gott macht sich auf mit seiner Gewalt‹, worauf die Gemeinde so kräftig einfiel, als hoffe sie, dass es zu Wesel sollte vernommen werden.