Im ersten Schrecken, den die Landung der Schweden hervorrief, hatte Torquato Conti, der kaiserliche Befehlshaber in Pommern, sich aus der Stadt Pasewalk zurückgezogen, worauf Gustav Adolf eine kleine Besatzung hineinverlegte. Wie nun der König nach einem vereitelten Einfall ins Mecklenburgische sich wieder nach Stralsund wendete, kehrte Conti um und überfiel Pasewalk, das sich der Übermacht nicht erwehren konnte. An dem treulosen Gesindel, sagte Conti, wolle er sich ausgiebig rächen; die Soldaten möchten sich einmal nach Herzenslust gütlich tun. Wenn der Ort samt seinen Bewohnern von der Erde verschwinde, sei es nicht schade.
So kam es, dass das kaiserliche Heer sich mit höllischem Geschrei in die wehrlose Stadt ergoss, plünderte und raubte, was irgend Wertvolles aufzutreiben war, und in die ausgeleerten Häuser den Brand warf.
Als ein Pfarrer, der versucht hatte, etwas Kirchengerät zu retten, in sein Haus zurückkam, fand er seine Frau in den Händen von Soldaten, von denen einige ihm sogleich Hände und Füße banden und ihm zuriefen, nachher würden sie ihn umbringen; aber zuvor solle er zusehen, wie sie sich mit seiner Frau lustig machten. »Teufel!« schrie der Unglückliche, der sich vergebens wehrte, »ihr seid keine Menschen, sondern Teufel aus der Hölle!« Sie wären Teufel aus Lothringen, antworteten die Soldaten hohnlachend, und würden ihn braten, bis seine Seele zum Himmel spritzte.
Conti war inzwischen im Stadthause, lief aus einem Zimmer ins andere und durchwühlte alle Schränke in der Hoffnung, Geld zu finden, als er zufällig ein gutgekleidetes blondes Mädchen bemerkte, die wie viele andere sich in das Stadthaus geflüchtet hatte und auf den Knien liegend betete. Conti, der sofort einen lebhaften Eindruck von ihrer Schönheit empfing, drängte sich dicht an sie und flüsterte ihr Liebesworte zu: »Ich bete dich an, Schönste von allen! Dich haben nicht Menschen, dich hat Gott gemacht! Deine Augen machen Tote lebendig! Dir gehört mein Leben, erhöre mich!« und was dergleichen mehr war. Das Mädchen, das die halb italienisch, halb deutsch geführten Reden nicht verstand, aber den leidenschaftlichen Atem des Mannes dicht an ihren Ohren spürte, strebte von ihm fort, während zugleich ihr Blut sich unter dem gefährlichen Feuer seines Werbens erhitzte.
Schon glaubte er, sich ihrer bemächtigt zu haben, als ein paar Offiziere mit einer Meldung dazwischenkamen; ob sie nicht dem Plündern und Morden Einhalt gebieten sollten, fragten sie, es werde schier niemand davonkommen, wenn es so weiterginge. Conti, der die Augen nicht von dem blonden Mädchen ließ, sagte ärgerlich, sie sollten doch nicht so viel Geschrei um eine Handvoll Menschen machen; das wäre, wie wenn Gott ein paar Ungeziefer zerknicke, die ihn im Schlafe gestört hätten; im nächsten Augenblick schnarche er schon wieder.
Er habe mit eigenen Augen gesehen, sagte der eine Offizier, wie trunkene Soldaten einer Pfarrersfrau Gewalt getan und ihren Mann zum Zusehn gezwungen hätten; das sei ihm doch unchristlich vorgekommen. Conti stampfte ungeduldig mit dem Fuße; die Soldaten verständen das Handwerk gewiss besser als solch ein Lutherpfaffe; der Frau sei die Abwechslung zu gönnen, sagte er. In einem Augenblick, wo er den Kopf weggekehrt hatte, war ihm das Mädchen entschlüpft; als er es bemerkte, stieß er einen Fluch aus und lief ihr nach. Unterwegs fielen ihm das Geld und die offenen Schränke ein, und wirklich waren dieselben schon von allerlei Volk umringt, die sie ausräumten. Wütend schrie Conti dazwischen, dass das alles ihm gehöre und von niemandem bei Todesstrafe dürfe angerührt werden; da kamen von draußen Leute herein und warnten, der ganze Platz stehe schon in Flammen, bald werde auch das Stadthaus brennen. Außer sich vor Zorn, gab Conti noch Befehl, dass der Inhalt der Schränke mitgenommen werden solle, und eilte dann auf die Straße, laut nach seinem Stallmeister und seinem Pferde rufend, wobei er sich unwillkürlich nach dem blonden Mädchen umsah. Im Begriff, sich aufs Pferd zu schwingen, sah er plötzlich ein junges Weib von einem Soldaten verfolgt aus einem brennenden Hause laufen. Das Haar flatterte ihr um das glühende Gesicht und den entblößten Busen, von dem ihr Verfolger das Obertuch abgerissen haben mochte, ein Anblick, der Contis Herz sofort in Flammen setzte. Seinem Stallmeister den Zügel zuwerfend, herrschte er den erschrockenen Soldaten drohend an, worauf der sich schnell aus dem Staube machte, und bot dann der jungen Frau seinen Arm, indem er um die Erlaubnis bat, sie schützen zu dürfen. Sie wusste nicht recht, ob dies Anerbieten eine neue Gefahr zu bedeuten habe, und sagte ausweichend, er tue ihr zu viel Ehre, sie sei nur eine schlichte Handwerkersfrau. »Du bist eine Königin der Schönheit«, sagte Conti, »und als solche will ich dich halten.«
»Dies verteufelte Pommernnest«, rief er in italienischer Sprache seinem Stallmeister zu, »ist das erlesenste Freudenhaus, das ich jemals gesehen habe, und ich Esel lasse es abbrennen!«