Als dem Kaiser die Nachricht gebracht wurde, an dem neu errichteten Jesuitenkollegium in Prag sei der Turm eingestürzt und habe, mitten aufs Dach schlagend, dasselbe eingedrückt, sagte er, nach einem so gräulichen Zeichen wolle er nicht länger zögern, sondern alles daransetzen, um Wallenstein wieder an die Spitze des Heeres zu bringen. Eggenberg habe von jeher am meisten über ihn vermocht, der solle ihn überreden.
Eggenbergs persönlichen Bitten nachgebend, ließ sich Wallenstein zu dem Versprechen herbei, dem Kaiser ein neues Heer zu schaffen; nach drei Monaten aber, wenn diese Arbeit vollendet sei, wolle er sich wieder in seinen Privatstand zurückziehen, der seiner Neigung und Gesundheit besser entspreche. Je näher das Ende der drei gewährten Monate rückte, desto dringender wurden die Bitten des Kaisers, des Königs von Ungarn und des Herzogs von Bayern, Wallenstein möge das Heer nicht verlassen; allein dieser schien wiederum nur Eggenbergs mündlichen Vorstellungen nachgeben zu wollen. Es war April, als Eggenberg, nachdem er einen Anfall von Podagra eben überstanden hatte, zum zweiten Male in Znaim eintraf. »Die Luft, die Euer Liebden umgibt«, sagte er, »tut einem Kranken wohl. Um Euer Liebden herrscht Tätigkeit und Ordnung, quillt überflüssiges Leben. Gott hat Euer Liebden etwas von seinem schaffenden Odem eingeblasen.« Da, woher er komme, sei es anders; da sei Verwirrung, fruchtlose Geschäftigkeit und Ohnmacht.
Wallenstein sagte, er tue nichts Sonderliches, hänge seinen Namen aus wie ein Wirtshausschild, da kämen sie gelaufen. Er hänge seinen Namen aus wie der Himmel seine Sonne, entgegnete Eggenberg, da lasse die Erde Korn sprießen und trage der Baum Frucht. Er sei einmal ein Zauberer, und sie dürften Gott danken, dass er nicht die Schwarze Kunst übe, sondern Segen stifte.
Dass er nicht rachsüchtig sei, wie seine Feinde wollten, habe er nun wohl bewiesen, sagte Wallenstein. Er habe dem Kaiser ein Heer geschaffen; nun solle der Kaiser weiter sehen. Er habe ja Kriegsräte und Offiziere, der römische König dürste nach Lorbeeren, er neide sie ihm nicht. Sie sollten sich einrichten und ihn verschonen.
Eggenberg, der zwischen Kissen auf seinem Ruhebett lag, fing an beweglich zu bitten. Es könne Wallensteins Ernst nicht sein, dass er den Kaiser hilflos lassen wolle. Wallenstein müsse wissen, dass das Heer, in seiner Hand eine unfehlbare Waffe, für eine ungeübte Hand zu scharf und schwer sei. Wallensteins edles und heroisches Gemüt werde trotz aller erlittenen Kränkung das Opfer bringen. Von dem römischen König sei heute keine Rede mehr; er vereinige vielmehr seine Bitten mit denen seines Vaters, dass Wallenstein sich bereit finden lasse.
Wallenstein sagte, die Stirne finster zusammenziehend, er wolle kein zweites Regensburg erleben.
Eggenberg errötete und versuchte sich zu verteidigen; er würde nicht nachgegeben haben, sagte er, wenn er nicht vorausgesehen hätte, wie bald man ihn, Wallenstein, zurückverlangen würde. Für ihn, und auch für den Kaiser, sei er niemals abgetreten, habe sich nur auf eine Weile zurückgezogen. Der Kaiser sei zu jeder Bürgschaft bereit, lege alles vertrauend in Wallensteins Hand, Wallenstein solle selbst bestimmen, wie es künftig gehalten werden solle. Mit ihm, Eggenberg, sei es seither bergab gegangen; aber was er noch an Leben habe, gehöre Wallenstein. Der Kaiser sei sein Herr und ihm fast wie ein jüngerer Bruder, aber Wallenstein sei sein Freund. Wenn er in des Kaisers Ungnade fiele, so könne er doch stehen bleiben; aber wenn Wallenstein ihn verließe, so würde das sein, als wenn ein Baum stürzte, an dem er sich gehalten hätte.
Wenn er es tue, sagte Wallenstein, so tue er es auf Eggenbergs Fürwort und Bürgschaft. Er tue es nicht als des Kaisers Diener, sondern als ein Fürst des Reichs, um des Reiches willen. Es komme ihm nicht darauf an, Schlachten zu gewinnen oder die Feinde des Kaisers oder gar die des Herzogs von Bayern zu bestrafen; er wolle eine solche Ordnung schaffen, bei der das Reich in Frieden bleiben könne.
Das eben, sagte Eggenberg, habe er stets so sehr an Wallenstein bewundert, dass sein Geist nicht am einzelnen und nächsten hängen bleibe. Es sei kein Kopf im Reich außer Wallenstein, der solche Gedanken fassen könne. Sie alle wären von Vorurteilen verwirrt und von Eigennutz geblendet; Wallenstein sehe mit dem Blick des Adlers von oben auf die Erde, und was ihnen Berge und Täler scheine, fließe vor ihm wie biegsame Wellen.
Allmählich kam Wallenstein auf seine Forderungen. Vor allem müsse er allein das Kommando über alle Truppen im Reich haben; es dürften keinerlei Truppen im Reich aufziehn, die seinem Kommando nicht unterstellt wären. Er müsse als Ersatz für Mecklenburg ein österreichisches Erbland und das höchste Regal im Reich haben; es solle niemand auf ihn herabzusehen sich unterstehen dürfen. Über seine Offiziere dürfe der Kaiser kein Begnadigungsrecht haben; er kenne des Kaisers Schwäche, alle zu pardonieren, die sich persönlich an die kaiserliche Klemenz wendeten; aber es sei keine Disziplin möglich, wenn das Heer von einem anderen außer von ihm abhänge. Nur er müsse Gnade verleihen sowie Strafe austeilen dürfen. Auch müsse er das Recht der Konfiskationen im Reich haben und über dieselben zu verfügen; denn sonst könne er die, welche es verdienten, nicht geziemend belohnen.
Das sei wohl verständlich, sagte Eggenberg, zumal der König von Schweden gegen die Seinigen sich so verschwenderisch zeige. Auf dem Tandelmarkt zu Mainz wären ja jetzt die Fürstentümer fast umsonst feil. Das Zutrauen des Königs zu den evangelischen Fürsten müsse nicht gar groß sein; denn er setze einem jeden allemal ein paar schwedische Offiziere vor die Tür.
Ja, er sei ein großer König, sagte Wallenstein, während er gedankenvoll im Zimmer auf und ab schritt, ein großer König. Plötzlich blieb er stehen und rief, mit dem Fuße hart auftretend: »Er muss fort! Ich kann ihn hier nicht leiden!«, worüber Eggenberg sich aufstützte und mit beifälligem Blick sagte: das sei der Zorn des Achilles; nun zweifle er nicht, dass das neue Troja bald fallen und die entführte Helena, nämlich die abgespannte Reichshälfte, wieder heimgeführt werde. Wallensteins Forderungen betreffend, könne er im Voraus sagen, dass der Kaiser in alles willigen werde, denn dazu habe er ihm Vollmacht gegeben. Schwere Krankheiten wollten schwere Mittel; Wallenstein sei der Arzt, dessen der Kaiser bedürfe und von dem er annehmen müsse, was er verordne, weil er wisse, dass es zu seinem Besten sei.
Er zwinge den Kaiser nicht, sagte Wallenstein kühl, sei noch immer bereit, zurückzutreten ohne Empfindlichkeit. »Jedoch versehe ich mich zu Euer Liebden«, setzte er hinzu, »dass Sie meine wohlmeinende Ergebenheit kennen und bei dem Kaiser dafür einstehen werden.«
Ja, das werde er tun, versetzte Eggenberg, er habe kein anderes Geschäft mehr auf Erden, als dies glücklich hinauszuführen. Ihrer aller Rolle, sagte er, laufe ja nun allmählich ab, sie würden bald abtreten und sich vor dem Herrn dieser irdischen Bühne wegen ihrer Aufführung verantworten müssen. Der Kaiser halte sich noch wacker, unterbreche seine Gewohnheiten nicht; »aber wer das Haus gut kennt und aufmerksam hinhorcht«, sagte er, »der hört zuweilen den Mörtel in den Mauern heruntersickern und die Balken leise ächzen und schüttern.« Was ihn betreffe, so nehme er jeden Tag dankbar als eine Dreingabe, es liege ihm nichts mehr an, als seine eigenen Sachen und die seines kaiserlichen Herrn gut zu verwahren und abzuschließen, damit die Nachkommen alles in Ordnung fänden.
Wallenstein betrachtete nicht ohne Widerwillen Eggenbergs verkrümmte Hand, die schwach auf der seidenen Decke lag. Es würde wohl große Veränderungen im Reich geben, sagte er langsam, wenn der Kaiser seinem Sohne Platz machte. Derselbe scheine ein passioniertes Gemüt zu haben, arte wohl seinem Oheim Leopold oder seinem bayrischen Oheim nach.
Eggenberg zuckte die Achseln; er werde die neue Zeit nicht erleben, sagte er, der Kaiser sei um zehn Jahre jünger als er, halte schon noch eine Zeit lang aus. Bis dahin werde Wallenstein längst das Reich gesäubert haben und könne von sicherer Höhe und gewünschter Einsamkeit aus zusehn.
Er habe gehört, sagte Wallenstein, die Ärzte hätten des Königs von Ungarn spanischer Heirat wegen der vielfachen Verwandtschaft widerraten, und es sei auch noch keine Schwangerschaft eingetreten.
Das stehe noch dahin, sagte Eggenberg; der Kaiser habe in mehreren Kirchen Gebete für das ersehnte Ereignis angeordnet, man müsse das allerdings wohl Gott anheimstellen.