Um zu verhindern, dass der Kurfürst von Trier den Franzosen Koblenz überliefere, die Gustav Adolf sich nicht am Rheine festsetzen lassen wollte, rückte Horn gegen diese Festung vor. Eine kleine Abteilung seines Heeres erhielt den Befehl, sich der Kartause zum heiligen Kreuz zu bemächtigen, die sich wie eine Burg auf einem steilen Felsen auftürmte und von merodischen Musketieren verteidigt wurde. Peter Junclas, der sie kommandierte, wies die Aufforderung der Schweden, das Kloster zu übergeben, lachend zurück. Sie möchten nur vollends heraufkommen, ließ er ihnen antworten, sie würden schneller wieder hinunterfliegen. Dann befahl er den beiden Klosterbrüdern, die nicht mit den übrigen geflohen waren, vom besten Wein aus dem Keller zu holen und mit ihm und ein paar Kameraden Karten zu spielen. Während sie den Wein heraufschafften, verteilte er die Besatzung an den Fenstern und blickte in das Tal hinunter, wo er den Feind wie in einem Puppenspiel durcheinanderwimmeln sah. Die Sonne war eben untergegangen, und der Himmel bog sich wie eine schimmernde Muschel über Wald und Fluss. »Brennt ihnen tüchtig auf den Pelz, wenn sie nah genug sind, dass ihr treffen könnt«, sagte Peter Junclas zu den Soldaten und setzte sich an einen schweren eichenen Tisch, auf dem bereits die gefüllten Becher standen. »Die gottlosen Ketzer werden unsere liebe Flötenbläserin vertreiben«, sagte der eine der Mönche, auf die Nachtigall anspielend, die zu schlagen begonnen hatte. »Sie werden vielmehr mit ihr um die Wette pfeifen«, antwortete Peter Junclas lustig. Als nach einer Weile ein Kanonenschuss fiel, rief er: »Da ist die erste, aber sie hat eine grobe Stimme!« Die Mönche fuhren vor Schrecken zusammen und vergaßen auszuspielen, worauf Peter Junclas auf den Tisch schlug und sie Schandbuben und Schlotterbeine schimpfte. Während des heftigen Feuers, das sich entspann, spielte er ungestört weiter, außer dass er dann und wann den Soldaten, ohne aufzusehen, ein Kommando zuschrie. Plötzlich jedoch, als die Kanonade stärker wurde, warf er die Karten auf den Tisch, rief, bei dem Lärm könne man nicht spielen, er müsse den Nachtigallen das Maul stopfen, und sprang auf, um das größte Geschütz, das er besaß, aufziehen zu lassen. Wie er sich aus dem Fenster bog, um einen Blick auf die feindliche Aufstellung zu werfen, riss ihm eine Kugel den Kopf ab, sodass sein Rumpf wie ein ausgestopfter Balg glatt auf die Fliesen des Saales schlug. Über diesem Unfall verloren die Soldaten die Besinnung, warfen die Waffen von sich und wollten kapitulieren; aber bevor sie noch ein weißes Tuch ausgehängt hatten, drangen die Schweden ein und stachen über den Haufen, was ihnen in den Weg kam, darunter einen der Mönche; der andere hatte sich im Keller hinter einem Weinfass versteckt. Als das Kloster geräumt war, rüsteten die Schweden in Eile einen vollen Tisch, um sich nach der Anstrengung zu erquicken, schleppten in Krügen und Eimern Wein herbei und was sie sonst an Schinken, Eiern, Brot und gedörrtem Fisch auftreiben konnten. Sie waren mitten im Zechen, als sie ein leises Rauschen und Knarren vernahmen, und wie es ihnen einfiel, dass sie die Zugänge nicht verwahrt hätten, stürmte unter Geschrei eine Horde bewaffneter Männer herein. Der schwedische Hauptmann sprang auf und fragte, wer sie wären; sie sähen nicht wie ehrliche Soldaten aus. Der Anführer der Bande, ein großer Mann mit Schlapphut und abenteuerlich umgeschlagenem braunem Mantel, sagte hochmütig, er sei wohl mehr als jener, da er ein selbstgeworbenes Heer kommandiere und keinen über sich habe. Ob er noch nicht vom Steinernen Johannes gehört habe? Der sei er. Er habe das Kloster erobert so gut wie die Schweden; sie sollten ihn mithalten lassen und ihm die Hälfte der Beute herausgeben, sonst würden sie es bereuen.
»Ihr seid Schnapphähne«, sagte der Schwede; er unterhandle nicht mit Räubern, sie sollten sich schnell davonmachen.
Sie wollten nicht umsonst da heraufgestiegen sein, sagte der Anführer, ergriff einen Becher, der auf dem Tische stand, und trank ihn aus. Ein Jude aus der Gegend, den die Schweden als Führer mitgenommen hatten, flüsterte den Soldaten zu, sie sollten doch mit dem Manne nicht anbinden, es sei der Werwolf von Gondramstein; er grübe die Leichen junger Weiber aus und fräße sie, sei mit dem Teufel im Bunde und gefroren, niemand könne ihm beikommen. Indessen hatte der schwedische Hauptmann schon das Zeichen zum Kampfe gegeben, der sich aber schlecht für die Soldaten anließ; denn die Schnapphähne fielen sie wie wilde Tiere an, packten und würgten sie, bevor sie ihre Waffen recht benützen konnten. An den Steinernen Johannes, der, die Arme im Mantel verschlungen an die Wand gelehnt stand und lächelte, dass man seine langen gelben Zähne flimmern sah, traute sich keiner; die Kugeln fielen an ihm herunter, sagten die Soldaten, es sei doch alles umsonst, und sie sähen Blut aus seinen Mundwinkeln sickern. »Habt ihr noch niemals einen Wolf gejagt?« rief der schwedische Hauptmann und ging, seine Muskete schwingend, gerade auf den Räuber los. Nun folgten ihm die Soldaten, und es gelang ihnen, obwohl der Mann mit einem Messer nach ihnen stach, ihn zu Boden zu werfen und zu binden. Sie könnten ihm doch nichts antun, höhnte der, er sei schon durch und durch gestoßen und geschossen und lebe doch noch; er verstehe die Schwarze Kunst und sei gefroren. »Stürzt ihn den Felsen hinunter!« befahl der Schwede seinen Leuten, worauf ihn diese zum Fenster schleiften. Er erbleichte und fing an, ihnen Versprechungen zu machen, wenn sie ihn losließen: er habe eine Höhle im Felsen, die sei voll Gold und Kleinodien, auch schöne Weiber habe er, das solle alles ihnen gehören. Der schwedische Hauptmann riss das Fenster auf, das gerade über dem Felsenabhang war: die Dunkelheit füllte den Abgrund aus, dass er bodenlos schien, und von der anderen Seite her, wo der Mond stand, quoll ein weicher, bläulicher Schein über den Himmel. Als der Räuber sich von der lauen Nacht angehaucht fühlte, schrie und flehte er laut, sie sollten ihn leben lassen, er wolle sich bekehren; aber die Soldaten hatten ihn schon losgelassen, und er stürzte mit einem gellenden Schrei in die Tiefe. Nun wurden die Schnapphähne rasch überwältigt, einige entflohen. Die Schweden verrammelten und besetzten die Türen; die Leichname und Verwundeten, die den Boden bedeckten, ließen sie einstweilen liegen und fuhren fort zu zechen.