4.

Oxens­tier­na fand den fran­zö­si­schen Ge­sand­ten Feu­quières töl­pel­haft und das iro­ni­sche Lä­cheln in sei­nem stei­fen Ge­sicht un­aus­steh­lich, wes­halb er sein Be­neh­men zwar höf­lich und ent­ge­gen­kom­mend ge­stal­te­te, aber Wen­dun­gen per­sön­li­cher Ver­trau­lich­keit einst­wei­len un­ter­ließ. In­des­sen ver­an­lass­te ihn das stör­ri­sche Ver­hal­ten der in Heil­bronn an­we­sen­den Fürs­ten, Her­ren und De­pu­tier­ten und die wüh­len­de Tä­tig­keit kur­säch­si­scher und kai­ser­li­cher Agen­ten, Feu­quières zu ei­ner be­son­de­ren An­stren­gung auf­zu­for­dern, da­mit der Bund nach ih­rem bei­der­sei­ti­gen Wunsch zum Ab­schluss käme. Feu­quières sag­te, er habe im Sinn, an die ver­sam­mel­ten Stän­de eine An­spra­che zu hal­ten über die wohl­wol­len­de Ge­sin­nung sei­nes Kö­nigs, über die Vor­tei­le, die sie durch be­reit­wil­li­ge An­nah­me der­sel­ben er­lan­gen, und den Scha­den, den sie durch Zau­dern oder gänz­li­chen Wi­der­stand auf sich zie­hen wür­den; ob Oxens­tier­na da­mit ein­ver­stan­den sei?

Durchaus, er­wi­der­te die­ser; er set­ze großes Zu­trau­en in Feu­quières’ Elo­quenz. Feu­quières ver­beug­te sich mit erns­ter Mie­ne. Ob Oxens­tier­na in­zwi­schen be­dacht habe, wie er des Kö­nigs Wunsch we­gen Be­set­zung ei­ni­ger fes­ter Plät­ze an der Rhein­gren­ze be­ant­wor­ten wol­le?

So schnell kön­ne er nicht den­ken, sag­te Oxens­tier­na, im nörd­li­chen Kli­ma brü­te­ten die Vö­gel län­ger über ih­ren Ei­ern als im Sü­den.

Und ein Schwan, setz­te Feu­quières hin­zu, brü­te län­ger als eine ge­mei­ne Tau­be oder Schwal­be; er zweifle nicht, dass Oxens­tier­na frucht­ba­re und se­gens­rei­che Ent­schlüs­se aus­rei­fen wer­de.

Feu­quières wis­se wohl, sag­te der Kanz­ler, dass sei­nes Kö­nigs Wün­sche ge­wis­se ei­gen­sin­ni­ge Mei­nun­gen oder Vor­ur­tei­le der deut­schen Reichs­stän­de ge­gen sich hät­ten, und noch sei sei­ne, Oxens­tier­nas, Stel­lung im Bun­de nicht so be­fes­tigt, dass er sie be­ein­flus­sen, ge­schwei­ge denn zu ei­nem Op­fer über­re­den könn­te, dem sie ab­ge­neigt wä­ren.

Es hand­le sich ja um kein Op­fer, sag­te Feu­quières; denn wenn der Kö­nig Ben­feld, Brei­sach, Schlett­stadt und etwa Phil­ipps­burg be­set­ze, so tue er es, um sei­nen Ver­bün­de­ten bes­ser bei­ste­hen zu kön­nen, also ein­zig zu ih­rem Woh­le. Zum Be­wei­se sei­ner Unei­gen­nüt­zig­keit die­ne sei­ne Ab­sicht, die Plät­ze nach Ab­schluss des zu er­hof­fen­den Frie­dens zu­rück­zu­ge­ben. Er kön­ne nicht ge­nug ver­si­chern, dass der Kö­nig sich in die­se Ver­hält­nis­se nur ein­lie­ße, um dem Hei­li­gen Rö­mi­schen Reich zur Er­neue­rung sei­ner vor­ma­li­gen Blü­te zu ver­hel­fen. Dies na­ment­lich wol­le er den Stän­den in ei­ner aus­führ­li­chen Rede aus­ein­an­der­set­zen.

Am Tage, nach­dem Feu­quières die An­spra­che ge­hal­ten hat­te, be­such­te ihn zu­erst der Mark­graf Fried­rich von Ba­den, um ihm zu sa­gen, was für einen tie­fen Ein­druck die Rede auf ihn ge­macht habe und wel­che Dank­bar­keit die Zu­nei­gung des Kö­nigs für die Pro­tes­tan­ten ihm ein­flö­ße. Nach sei­nem Da­für­hal­ten lie­ge die Sa­che so, dass nur die Hil­fe des fran­zö­si­schen Kö­nigs einen gu­ten Frie­den her­bei­füh­ren kön­ne.

Feu­quières sag­te, dass es sei­nes Kö­nigs Wunsch sei, den Platz des glor­reich ge­fal­le­nen Kö­nigs von Schwe­den ein­zu­neh­men. Huld­voll und un­ei­gen­nüt­zig bie­te er den ver­sam­mel­ten Reichs­stän­den die Hand, sie brauch­ten sie nur an­zu­neh­men.

Er habe schon durch sei­nen Ab­ge­ord­ne­ten ver­nom­men, sag­te der Mark­graf, dass der Kö­nig ihm eine ge­wis­se Sum­me zur Ver­fü­gung stel­len wol­le, falls die krie­ge­ri­sche Zeit sei­ne Hilfs­mit­tel ver­schlun­gen habe. Das sei lei­der an dem, ohne Geld las­se sich ja nicht Krieg füh­ren, na­ment­lich heut­zu­ta­ge. Wenn der Kö­nig ihn zu sei­nem Schuld­ner ma­chen wol­le, so ma­che er ihn da­durch zu­gleich zu sei­nem er­ge­be­nen Die­ner und Freun­de, der jede Ge­le­gen­heit su­chen wer­de, die­se Ge­sin­nung zu be­tä­ti­gen.

Nichts wer­de dem Kö­nig lie­ber sein, sag­te Feu­quières. Des Kö­nigs groß­mü­ti­ges Herz bren­ne vor Un­ge­duld, dem Mark­gra­fen ge­fäl­lig zu sein, des­sen Ver­diens­te er hoch­schät­ze.

Der Kö­nig habe im Sinn, sag­te der Mark­graf, ihm eine jähr­li­che Pen­si­on von 2000 Reichs­ta­lern aus­zu­set­zen. Ob der Kö­nig ihm viel­leicht au­ßer­dem noch eine An­lei­he ge­wäh­ren wol­le?

Feu­quières sag­te, er wol­le es dem Kö­nig mel­den und hof­fe, dem Mark­gra­fen bald eine er­wünsch­te Ant­wort ge­ben zu kön­nen.

Nach­dem der Mark­graf von Ba­den sich ent­fernt hat­te, kam Pfalz­graf Jo­hann von Zwei­brücken, den Feu­quières mit Dank­sa­gun­gen für sein der fran­zö­si­schen Sa­che ge­wid­me­tes Wohl­wol­len und Ver­trau­en emp­fing. Die Zu­nei­gung zu Frank­reich, sag­te der Pfalz­graf, sei in sei­nem Hau­se erb­lich. Je­der­mann wis­se, wie sei­ne Vor­fah­ren für Kö­nig Hein­rich IV. Blut und Le­ben ge­wagt hät­ten. Frei­lich habe sich seit­dem vie­les ver­än­dert.

Der Pfalz­graf war noch nicht fünf­zig Jah­re alt, aber sein Ge­sicht war ver­fal­len, er hielt sich nur mit Mühe stramm und fiel leicht in einen Zu­stand von Mü­dig­keit und Zer­streut­heit.

Dem großen Ge­mü­te des Kö­nigs, er­wi­der­te Feu­quières, sei Glau­bens­hass fremd. Er, Feu­quières, sei zwar für sei­ne Per­son in den Schoß der Kir­che zu­rück­ge­kehrt, aber sei­ne Frau sei Hu­ge­not­tin und er­zie­he auch ihre und sei­ne Kin­der in ih­rem Glau­ben; trotz­dem ge­nie­ße er die be­son­de­re Gna­de des Kö­nigs. Er habe zwar kaum nö­tig, das an­zu­füh­ren, da ja die Zu­nei­gung sei­nes Kö­nigs für den glor­reich ge­fal­le­nen Schwe­den­kö­nig, die er jetzt auf die evan­ge­li­schen Reichs­stän­de über­tra­gen habe, ge­nug­sam be­wei­se, dass er kein Fa­na­ti­ker sei.

Der Pfalz­graf sprach von dem Be­stre­ben des Kö­nigs, die aus Frank­furt und Spey­er aus­ge­wie­se­nen Ka­pu­zi­ner zu­rück­zu­füh­ren. Der Nach­druck, mit dem Feu­quières das Ge­schäft be­trei­be, ma­che bö­ses Blut na­ment­lich bei den Städ­ten, die Ein­mi­schung in ihre An­ge­le­gen­hei­ten über­haupt nicht lieb­ten. Auch er kön­ne Feu­quières des­we­gen nicht so un­ter­stüt­zen, wie er sonst gern täte.

Die Of­fen­heit des Pfalz­gra­fen, sag­te Feu­quières, sei hoch zu schät­zen; aber er sol­le sich in die Lage des Kö­nigs ver­set­zen, dem das Los sei­ner Glau­bens­ge­nos­sen am Her­zen lie­ge und der durch ur­al­te Ti­tel zum Schut­ze des ka­tho­li­schen Glau­bens ver­pflich­tet sei. Da er so viel für sei­ne Freun­de im Reich täte, wäre es un­pas­send, wenn sie ih­rer­seits ihm, wenn auch nicht durch Un­ter­stüt­zung, so doch we­nigs­tens durch Zu­rück­hal­tung, nicht ge­fäl­lig wä­ren, wo es sei­ne per­sön­li­chen Wün­sche an­gin­ge.

Er habe nicht un­ter­las­sen wol­len, sei­ne An­sicht aus­zu­spre­chen, sag­te der Pfalz­graf; üb­ri­gens kön­ne er dem Kö­ni­ge nichts vor­schrei­ben, des­sen Bei­stand er ja in An­spruch neh­men müs­se.

Ob er dem Kö­nig mit­tei­len dür­fe, frag­te Feu­quières, dass der Pfalz­graf ihm die Freu­de ma­che, die als Zei­chen be­son­de­rer Zu­nei­gung ihm an­ge­bo­te­ne Pen­si­on an­zu­neh­men?

Er neh­me sie dan­kend an, sag­te der Pfalz­graf, wis­se sich lei­der an­ders nicht zu hel­fen. Das Haus Ös­ter­reich habe sein Haus von je­her mit Hass und Neid ver­folgt; seit er sich dem Schwe­den­kö­nig an­ge­schlos­sen habe, sei das Band vollends zer­ris­sen. Ver­söh­nung mit dem Kai­ser sei un­mög­lich, so müs­se er den Waf­fen und Gott ver­trau­en.

Und dem Kö­nig von Frank­reich! setz­te Feu­quières hin­zu; der wer­de einen so al­ten Freund und Bun­des­ge­nos­sen nie ver­las­sen. Wenn die Reichs­stän­de nur nicht selbst den Kö­nig der Mit­tel be­raub­ten, sie zu schüt­zen! Es sei un­glaub­lich, wie vie­le Schwie­rig­kei­ten sie mach­ten, ihm ein paar Plät­ze, wie Brei­sach und Phil­ipps­burg, ab­zu­tre­ten.

Der Pfalz­graf schwieg und sah starr vor sich nie­der. Der Kö­nig wol­le sich ja zum of­fe­nen Krieg ge­gen den ge­mei­nen Feind nicht ent­schlie­ßen, sag­te er end­lich. Also kom­me es dem Bun­de zu, sei­ne Fes­tun­gen selbst zu be­haup­ten.

Es sei nur zu be­fürch­ten, dass der Bund bei der Grö­ße des Kriegs­thea­ters es nicht ver­möch­te, ent­geg­ne­te Feu­quières; aber er be­harr­te für den Au­gen­blick nicht bei dem Ge­gen­stan­de.

Es er­schi­en nun ein Ab­ge­ord­ne­ter der Stadt Nürn­berg, ein großer, be­leib­ter Mann, dem das Her­auf­stei­gen der eng­ge­wun­de­nen Trep­pe ein we­nig den Atem ver­setzt hat­te. Er hat­te ein aus­ge­dehn­tes flei­schi­ges Ge­sicht und eine ge­bie­te­ri­sche Nase und ließ den Blick mit ver­hal­te­nem Miss­trau­en und feind­se­li­gem Spott auf dem schma­len Fran­zo­sen ru­hen. Feu­quières habe eine ver­stän­di­ge Rede ge­hal­ten, sag­te er, in­dem er sich lang­sam in den an­ge­bo­te­nen Ses­sel nie­der­ließ. Die Her­ren Nach­barn wä­ren Mus­ter von Be­red­sam­keit, das wis­se man ja. Er bil­li­ge, was Feu­quières ge­sagt habe. Ent­schlos­sen das ge­setz­te Ziel zu ver­fol­gen, das sei auch im­mer der Grund­satz der nürn­ber­gi­schen Re­gie­rung ge­we­sen; je­der­mann sei ja be­kannt, wie die ver­stor­be­ne Ma­je­stät von Schwe­den sich haupt­säch­lich auf sie ge­stützt habe.

Ja, sag­te Feu­quières lä­chelnd, das wis­se man. Die Stadt Nürn­berg sei eine viel­um­wor­be­ne Schö­ne, un­ter de­ren Fens­tern die Her­ren Ständ­chen bräch­ten.

Der Ab­ge­ord­ne­te lach­te, dass die gol­de­nen Trod­deln an sei­ner Wes­te zit­ter­ten. Feu­quières zweifle hof­fent­lich nicht, sag­te er, dass die Schö­ne tu­gend­haft sei. Tu­gend­haft und sehr wäh­le­risch, be­stä­tig­te Feu­quières. Sein Kö­nig selbst ach­te sich nicht zu hoch, ihr sei­ne Ver­eh­rung zu be­zei­gen.

Er ver­neh­me es gern und mit ge­büh­ren­dem Dank, sag­te der Nürn­ber­ger Ge­sand­te. Er wol­le nun mit ur­al­ter deut­scher Auf­rich­tig­keit frei her­aus­sa­gen, dass er ein Ge­schäft mit Feu­quières zu ma­chen ge­son­nen sei. Die Ge­schäf­te der Stadt Nürn­berg be­deu­te­ten seit al­ters, dass sie den Po­ten­ta­ten das lie­be Geld aus­lie­he; aber seit der Krieg im Schwan­ge sei, wä­ren vie­le säu­mi­ge Zah­ler dar­un­ter, und das Blätt­lein müs­se sich ein­mal wen­den, so­dass sie aus Gläu­bi­gern zu Schuld­nern wür­den. Da nun der Kö­nig von Frank­reich sein Füll­horn dar­bie­te, so wä­ren sie ent­schlos­sen, die Gna­de auf­zu­fan­gen; eine er­kleck­li­che Sum­me müs­se es aber sein, da­mit der lee­re Kas­ten voll wür­de.

Den Her­ren von Nürn­berg Geld an­zu­ver­trau­en, sag­te Feu­quières, sei fast mehr Weis­heit als Gna­de; bes­ser kön­ne man es auf der gan­zen Welt nicht an­le­gen. Der Kö­nig wer­de sich freu­en, zum Glan­ze der gol­de­nen Säu­le des Reichs und der gu­ten Sa­che et­was bei­tra­gen zu kön­nen.

Feu­quières wis­se es lieb­lich zu wen­den, sag­te der Nürn­ber­ger. Das ver­stän­den sie im Reich nicht so gut, sie könn­ten den al­ten Bä­ren­pelz noch nicht ab­le­gen; woll­ten es auch nicht, schäm­ten sich ih­rer alt­deut­schen Rau­heit nicht, weil sie mit Red­lich­keit ge­paart sei. Er wis­se nichts an­de­res, als dem Kö­ni­ge un­ter­tä­ni­gen Dank zu sa­gen.

Feu­quières ver­sprach es aus­zu­rich­ten und hob die Weis­heit her­vor, mit der die Her­ren von Nürn­berg das Staats­schiff­lein bis­her so si­cher durch den Sturm ge­steu­ert hät­ten. Sie hät­ten in dem letz­ten, großen Jah­re viel er­lei­den müs­sen.

Ja, und noch mehr ste­he be­vor, sag­te der Ge­sand­te mit ei­nem Seuf­zer. Sie soll­ten Kas­sie­rer für das gan­ze Reich sein, und da­bei wür­den die Ein­nah­men im­mer ge­rin­ger.

Wenn die Deut­schen, sag­te Feu­quières, nur mehr Zu­trau­en zu sei­nem Kö­nig ha­ben woll­ten! Sie be­sän­nen sich so lan­ge, des Kö­nigs bil­li­gen Wün­schen ent­ge­gen­zu­kom­men. Sie hät­ten ja kei­nen un­ei­gen­nüt­zi­ge­ren, treue­ren Freund! Woll­ten sie sich ihm auch nur recht eng und fest an­schlie­ßen!

»Wir Nürn­ber­ger«, sag­te der Ge­sand­te, »sind ge­wöhnt, auf ei­ge­nen Fü­ßen zu ste­hen, und da­bei stets gut ge­fah­ren. Die Frei­heit ist eine Jung­frau, lo­ckert sie den Gür­tel nur ein we­nig, so büßt sie ihre Kraft ein.«

Ach, sag­te Feu­quières, sol­che Grund­sät­ze wä­ren in die­sem Fal­le nicht an­ge­bracht. Der Kö­nig von Frank­reich gehe auf ein recht­mä­ßi­ges, gott­ge­fäl­li­ges Ehe­bünd­nis aus. Er freue sich nur, dass ihre Stren­ge die Her­ren nicht ver­hin­de­re, die Sym­pa­thie des Kö­nigs und ihre äu­ße­ren Zei­chen an­zu­neh­men, und er sei über­zeugt, die ge­gen­sei­ti­ge Freund­schaft wer­de da­durch be­fes­tigt, nicht ge­löst wer­den. Er, Feu­quières, be­dür­fe der Freun­de in der Ver­samm­lung sehr. Er habe nicht ge­glaubt, dass die Stän­de es dem Kö­nig so schwer ma­chen wür­den, ih­nen bei­zu­ste­hen.

Man müs­se sich doch erst ken­nen­ler­nen und ver­stän­di­gen, sag­te der Nürn­ber­ger mit Zu­rück­hal­tung. Übe­rei­lung bei po­li­ti­schen Ge­schäf­ten sei vom Übel; nur die Bünd­nis­se wä­ren von Dau­er, bei de­nen je­der Teil­neh­mer sei­nen Vor­teil fin­de.

Graf Phil­ipp Rein­hard Solms, der den Nürn­ber­ger ab­lös­te, trat mit der Mie­ne ei­nes ver­trau­ten Freun­des ein. Nun, sag­te er, Feu­quières die Hand bie­tend, er kom­me, ihn we­gen sei­ner Rede zu be­glück­wün­schen. Es sei ein großer Er­folg ge­we­sen. Da­mit habe er das ent­schei­den­de Ge­wicht in die schwe­ben­de Waa­ge ge­wor­fen.

Er habe ge­glaubt, ein­mal die Spo­ren ge­brau­chen zu müs­sen, da­mit sie vom Fle­cke kämen, sag­te Feu­quières.

Die deut­sche Lang­sam­keit, sag­te Solms, sei ein großer Jam­mer und kön­ne einen schier an der gan­zen Na­ti­on ver­zwei­feln las­sen. Feu­quières sol­le aber nicht glau­ben, dass alle so wä­ren. Es gebe auch sol­che, die rasch mit der Hand am Schwer­te wä­ren.

So ken­ne er ihn, den Gra­fen Solms, sag­te Feu­quières, und eben­so großes Zu­trau­en habe er zu dem jun­gen Her­zog von Wei­mar. Es habe ihn aber stut­zig ge­macht, dass der Her­zog die Pen­si­on zu­rück­ge­wie­sen habe, die der Kö­nig ihm habe be­wil­li­gen wol­len. Er habe ge­glaubt, mehr Ent­ge­gen­kom­men bei dem Her­zog zu fin­den.

Graf Phil­ipp Rein­hard mach­te ein nach­denk­li­ches Ge­sicht. Wie viel denn Feu­quières ihm an­ge­bo­ten habe? frag­te er.

6000 Reichs­ta­ler, ant­wor­te­te Feu­quières; der Kö­nig habe dem Her­zog durch eine so große Sum­me sei­ne Sym­pa­thie und Aner­ken­nung aus­drücken wol­len.

Nun ja, sag­te der Graf, er, Solms, wür­de sie mit Dank und Freu­den an­ge­nom­men ha­ben. Aber dem Her­zog Bern­hard habe es wohl zu­we­nig ge­schie­nen. Er sei au­ßer­or­dent­lich stolz. Feu­quières möge ver­zei­hen, dass er sei­ne Mei­nung so of­fen her­aus­sa­ge, er tue es im In­ter­es­se des Kö­nigs. Nach sei­ner Mei­nung sei die Ur­sa­che die­ses Re­füs nur dar­in zu su­chen, dass die Sum­me zu ge­ring ge­we­sen sei.

Feu­quières be­dank­te sich für den Wink; er schöp­fe nun Hoff­nung, den Her­zog doch noch zu ge­win­nen. Dem Kö­nig lie­ge viel dar­an, da des Her­zogs Kriegs­tüch­tig­keit und gute Ge­sin­nung all­ge­mein ge­rühmt wer­de.

Er sei tüch­tig, sag­te Solms, und der Kö­nig tue wohl, ihn an sich zu fes­seln. Doch müs­se er sa­gen, dass Her­zog Wil­helm, sein äl­te­rer Bru­der, und Land­graf Wil­helm von Hes­sen fast eben­so wich­tig wä­ren. Be­son­ders der letz­te­re sei un­über­treff­lich, stand­haft und zu­ver­läs­sig und op­fe­re al­les dem Glau­ben und der Frei­heit.

Aber ob er auch glück­lich im Krie­ge sei? frag­te Feu­quières.

Er sei un­er­müd­lich, er­wi­der­te Solms, und habe in Me­lan­der einen er­fah­re­nen Ge­ne­ral, der sich schon Anno 1620 beim Wei­ßen Ber­ge her­vor­ge­tan habe; auch wä­ren die Hes­sen gute Sol­da­ten. Her­zog Bern­hard wer­de von vie­len für hitz­köp­fig und un­be­dacht ge­hal­ten.

Ob Solms denn glau­be, frag­te Feu­quières, dass der Land­graf fran­zö­si­sche Be­stal­lung an­neh­men wer­de? Der Kö­nig habe ihm einen Ti­tel in der fran­zö­si­schen Ar­mee und 1200 Gul­den Pen­si­on zu­ge­dacht.

Der Land­graf sei hoch­ver­stän­dig, ant­wor­te­te Solms, und sein Land sei durch das räu­be­ri­sche Hau­sen der Kai­ser­li­chen ganz ver­armt; es sei ein gu­tes Werk, ihm bei­zu­sprin­gen. Wenn er, Solms, ra­ten dür­fe, so sol­le Feu­quières haupt­säch­lich Kur­sach­sen ge­gen­über nicht spa­ren. Nur durch Geld kön­ne der Kur­fürst aus sei­ner Un­schlüs­sig­keit ge­ris­sen wer­den. Wenn ihn über­haupt et­was in Be­we­gung setz­te, so wäre es das Geld. Feu­quières sol­le nur tap­fer bie­ten.

Ja, wenn Kur­sach­sen ein an­de­res Haupt hät­te! sag­te Feu­quières. Jetzt kön­ne man fast sa­gen, es sei nur ein Rumpf und wa­cke­le hin und her wie eine ge­köpf­te We­s­pe.

Da­von kön­ne er er­zäh­len, seufz­te Solms. Feu­quières wer­de aber schon selbst sei­ne Er­fah­run­gen in Dres­den ma­chen. Er, Solms, schlü­ge sich noch lie­ber durch Dor­nen, als dass er sich auf dem Mis­te wälz­te. Da­rum sei er auch fest ent­schlos­sen, sich an Frank­reich zu hal­ten.

Feu­quières sag­te, es sei ihm eine wah­re Er­qui­ckung, in Solms einen Deut­schen nach der gu­ten al­ten Art ken­nen­ge­lernt zu ha­ben. Solms habe vor­hin er­wähnt, dass er ein gut­ge­mein­tes Ge­schenk sei­nes Kö­nigs nicht aus­schla­gen wür­de. Ob er ihn beim Wort neh­men dür­fe?

Er ste­he zu al­len sei­nen Wor­ten, sag­te Solms, ins­be­son­de­re aber zu dem, dass er sich mit gan­zem Her­zen an Frank­reich schlie­ßen wol­le.

Als Feu­quières am Abend dem Herrn de l’Is­le, den er nach Straß­burg und Würt­tem­berg schick­te, ei­ni­ge In­struk­tio­nen gab, sag­te er zu ihm, er habe jetzt ein Trom­pe­ten­si­gnal her­aus­ge­fun­den, das die deut­schen Pfer­de un­fehl­bar in die blu­tigs­te Schlacht bräch­te.

»Ich habe Sie im­mer für ein großes Ge­nie ge­hal­ten«, sag­te de l’Is­le, in­dem er sich ge­gen Feu­quières ver­neig­te; »was ist es?«

Feu­quières griff in eine Sei­ten­ta­sche sei­nes Über­rocks und warf eine Hand­voll Gold­stücke über den Tisch, dass es klirr­te.

De l’Is­le brach in hel­les Ge­läch­ter aus. »Die­se Tie­re schei­nen sehr mu­si­ka­lisch zu sein!« sag­te er.

»Das ist eine deut­sche Ei­gen­schaft«, sag­te Feu­quières ernst­haft, »ver­mit­telst wel­cher es mir hof­fent­lich ge­lin­gen wird, die Be­dürf­nis­se der Deut­schen in Ein­klang mit den Wün­schen un­se­res Kö­nigs zu brin­gen.«