9.

Da Frank­reich es mit Bay­ern nicht ver­der­ben woll­te, hat­te Feu­quières Auf­trag, sich in Sa­chen der ver­trie­be­nen pfalz­gräf­li­chen Fa­mi­lie, na­ment­lich im Hin­blick auf die Wie­der­er­lan­gung der Kur, vor­sich­tig zu äu­ßern, aber die Zu­nei­gung des Kö­nigs für Fried­richs Er­ben nach­drück­lich zu be­to­nen. Die­ser Auf­ga­be sich ge­schickt zu un­ter­zie­hen, hat­te Feu­quières in Ber­lin häu­fig Ge­le­gen­heit, wo die kur­fürst­li­chen Da­men sich sehr für die Zu­kunft der pfäl­zi­schen Ver­wand­ten in­ter­es­sier­ten. Na­ment­lich die Pfalz­grä­fin­wit­we Ju­lia­ne von Ora­ni­en, die sich zu ih­rer Toch­ter, der Kur­fürs­tin von Bran­den­burg, zu­rück­ge­zo­gen hat­te, zog den fran­zö­si­schen Ge­sand­ten oft in ihre Ge­sell­schaft und sprach von ih­rer Lie­be für Frank­reich, ja, dass sie ei­gent­lich Fran­zö­sin sei. Sie ver­ste­he ja auch die fran­zö­si­sche Spra­che bes­ser als die deut­sche, und wenn sie von den Er­fol­gen des Kö­nigs von Frank­reich ver­neh­me, so be­rüh­re das ihr Herz, als be­tref­fe es sie selbst.

In glei­cher Wei­se, sag­te Feu­quières, zie­he sein Kö­nig sich das Schick­sal ih­res Hau­ses zu Her­zen. Der An­teil, den er am Krie­ge neh­me, gehe von dem Wun­sche aus, die al­ten Be­sitz­ver­hält­nis­se und die Frei­heit im Rei­che wie­der her­zu­stel­len.

Sie kön­ne für ihre un­glück­li­chen En­kel nichts mehr tun, sag­te Ju­lia­ne; aber sie ver­er­be ih­nen ihre Ver­wandt­schaft mit der Fa­mi­lie des fran­zö­si­schen Kö­nigs, und das sei mehr wert als Gold. Der Kö­nig möge sei­ner­seits nicht ver­ges­sen, dass in den Adern der ver­trie­be­nen Wai­sen Bour­bo­nen­blut flie­ße.

Feu­quières ver­si­cher­te, dass sie stets in Frank­reich eine Zuf­lucht fin­den wür­den und dass sein Kö­nig sich mit Stolz der Ver­wandt­schaft mit ei­ner so er­ha­be­nen Fürs­tin wie der Kur­fürs­tin Ju­lia­ne be­wusst sei. Sich der Ver­gan­gen­heit er­in­nernd, er­zähl­te Ju­lia­ne, wie Hein­rich IV., der Va­ter des re­gie­ren­den Kö­nigs, ihr be­son­de­re Gunst zu­ge­wen­det und ihr bei ih­rer Ver­mäh­lung 100.000 Gul­den als Mit­gift ge­schenkt hät­te, wo­von ihr 50.000 so­fort aus­ge­zahlt wor­den wä­ren. Auf mehr­fa­ches An­hal­ten wä­ren spä­ter noch 25 000 nach­ge­lie­fert wor­den.

Der Kö­nig, sag­te Feu­quières, wer­de es ihm ohne Zwei­fel Dank wis­sen, wenn er ihn dar­an er­in­ner­te, dass die­se Ehren­schuld noch nicht gänz­lich ge­tilgt sei.

Nein, nein, fiel ihm Ju­lia­ne ins Wort, von ei­ner Schuld sol­le nicht die Rede sein. Sie sei dem Kö­ni­ge für sei­ne groß­mü­ti­ge hilf­rei­che Ge­sin­nung zu dank­bar, als dass sie ihn an eine Schuld mah­nen möch­te. Wol­le der Kö­nig ihr aber die 25 000 Gul­den als Ge­schenk ge­ben, so wer­de sie nie auf­hö­ren, ihm da­für er­kennt­lich zu sein. Dass sie des Gel­des für ihre ar­men ver­trie­be­nen En­kel be­dür­fe, kön­ne Feu­quières sich vor­stel­len.

Er wer­de nicht un­ter­las­sen, dem Kö­ni­ge da­von zu schrei­ben, er­wi­der­te Feu­quières; denn er ken­ne des Kö­nigs Herz gut ge­nug, um zu wis­sen, dass ihn nichts mehr be­glücken könn­te als eine Ge­le­gen­heit, ihr zu die­nen.