Zwei Wochen nach Holks Tode langte Arnim bei Wallenstein an und erzählte ihm, dass er die beiden Kurfürsten von Sachsen und Brandenburg dahin gebracht habe, zu der Konjunktion der Armeen ihre Zustimmung zu geben.
Ja, von Arnim komme ihm nur Gutes, sagte Wallenstein, nicht umsonst habe er seine Angelegenheiten stets gern Arnim anvertraut.
Er habe es sich Mühe kosten lassen, fuhr Arnim fort; den Kurfürsten gehe es mit ihren Entschlüssen wie manchen Leuten mit ihren Gänsen, mästeten sie so lange, dass sie verreckten, bevor es zum Schlachten käme. Er habe aber einen nachdrücklichen Ernst gezeigt und sich auch gewissermaßen für Wallenstein verbürgt.
So könnten sie also unverweilt miteinander auf den gemeinsamen Feind losgehen, sagte Wallenstein.
Arnim stutzte. Allerdings, sagte er nach einer Pause, wer sich dem Frieden widersetzte, dem wollten sie ihre Meinung mit den Waffen demonstrieren.
Den Schweden, sagte Wallenstein, gönne er die Überraschung, die ihnen bevorstehe. Die hätten sich eingebildet, in Deutschland regieren zu können. Er könne es nicht erwarten, sie ins Meer zu jagen.
Das werde nicht nötig sein, entgegnete Arnim. Er komme jetzt von Oxenstierna, der wünsche sich nichts Lieberes als eine aufrichtige Konjunktion mit Wallenstein, um den Frieden herbeizuführen. Wegen der Satisfaktion werde man sich einigen, schließlich müsse Brandenburg Pommern zedieren, der Verlust könne durch die schwedische Heirat ausgeglichen werden.
Wallenstein lachte. Ob Arnim ernstlich glaube, es sei seine Meinung, mit den Schweden zu akkordieren? Hätte er sie gerufen? Er sei der Tölpel nicht, ihnen einen Lohn auszuhändigen dafür, dass sie den Ruhestand Deutschlands perturbiert hätten. Hinauswerfen wolle er sie und hoffe, dass ihm Arnim dabei behilflich sein werde.
Das könne er nur für eine scherzhafte Rede halten, sagte Arnim aufstehend. Er sei jetzt wochenlang hin und her gereist und habe die Kurfürsten bearbeitet, um die Kombination zustande zu bringen; seine Ehre sei verpfändet. Es sei doch nicht möglich, dass Wallenstein jetzt alles verkehre und ihn Lügen strafe.
Ihm scheine es vielmehr, als rede Arnim irre, sagte Wallenstein, indem er eine hochmütige Miene annahm. Er wisse es nicht anders, als dass sie miteinander eins geworden wären, über die Schweden herzufallen und dann den allgemeinen Reichsfrieden herzustellen. Ob Arnim etwas anderes schriftlich von seiner Hand habe?
Arnim wurde dunkelrot und stampfte mit dem Fuße auf. »Der Donner soll mich treffen«, fluchte er, »dass ich noch einmal getraut habe!«
»Der Herr weiß nicht, was er redet«, sagte Wallenstein mit harter Stimme. »Der Herr verdreht mir die Worte im Munde, um mich in seine fuchsschwänzigen Judasprojekte zu verflechten. Er hat mir eine Falle gestellt.«
Als Arnim auf dem Rückwege von dieser Zusammenkunft den Herzog von Sachsen-Lauenburg aufsuchte, sagte dieser lachend, er habe nicht für möglich gehalten, dass Arnim sich so erhitzen könne; er sehe aus, als müsse ihm im nächsten Augenblick ein Äderlein platzen. Arnim gab die gehabte Unterredung wieder; der Teufel habe nun seine Klaue gezeigt, sagte er, man könne sich eben doch mit dem katholischen Schlangengezücht nicht einlassen.
Franz Albrecht hörte nachdenklich zu und meinte endlich, da walte gewiss ein Missverständnis vor; vielleicht sei Wallenstein durch irgendetwas disgustiert gewesen, launisch sei er ja und verwöhnt wie eine schöne Buhldirne.
Gerade darum, sagte Arnim, wolle er nichts mehr mit ihm zu tun haben. Er stecke so voll Lug und Trug, dass er selbst nicht mehr wisse, was er wolle. Wenn er jetzt auch noch einmal glatte Worte brauchte, er, Arnim, lasse sich nicht wieder fangen.
Man müsse mit Wallenstein auf besondere Art umgehen, sagte der Lauenburger, ihm die Worte gewissermaßen selbst in den Mund legen.
Der Herzog möge es immerhin versuchen, sagte Arnim, er sei gegen so viel Falschheit nicht gewappnet.
Franz Albrecht dachte nach: ja, Wallenstein war launisch, und er war furchtsam; er hatte im Grunde Angst vor der kaiserlichen Macht, und der Umstand, dass er soeben seinen ergebensten Offizier, nämlich Holk, verloren hatte, mochte ihn unsicher gemacht haben. Gleichzeitig war dem Thronfolger, von dem er geglaubt hatte, er werde ohne Erben verkümmern, ein Söhnlein geboren worden; das mochte ihm so vorkommen, als nehme das Schicksal sich seiner Gegner an. Es komme also darauf an, dachte er, ihm Mut einzuflößen, was Arnim immer so gut verstanden habe. Wie, wenn es nun aber nicht gelingen wollte?
Übrigens, sagte er, sich plötzlich aus seinem Sinnen gegen Arnim wendend, könne man ja auch wirklich mit Wallenstein vereint die Schweden hinauswerfen.
Arnim warf einen ärgerlichen Blick auf Franz Albrecht. Auf die Art, sagte er, dass man sie jetzt, das Bündnis brechend, überfalle, gehe es einmal gewiss nicht, das müsse anders vorbereitet werden. Franz Albrecht solle sich nur mit seinen Reden vorsehen, er wisse ja gut genug, was für ein Geschwätz unter den Schweden über ihn im Schwange sei.
Das tue ihm nicht weh, lachte der Herzog auf, könne ihn höchstens bewegen, ihnen das Lügenmaul zu stopfen. Die Franzosen wären auch da, denen das schwedische Bündnis im Grunde verhasst wäre. Mit ihrer Hilfe hätten sie gewonnenes Spiel, sie könnten Wallenstein auch in Böhmen einsetzen.
»Von den zwei Spitzbuben«, sagte Arnim böse, »ist mir der schwedische noch lieber als der französische.« Außerdem wolle ja Wallenstein von der böhmischen Krone gar nichts mehr wissen.
Nein, das könne er doch nicht glauben, erwiderte Franz Albrecht, er habe sich zu tief in die böhmische Sache eingelassen. Vielleicht wolle er sich nur nicht klar darüber äußern, wolle, ohne zu sprechen, verstanden sein; aufgeben könne man ihn noch nicht.
Wallenstein fühlte nach Arnims Abreise eine große Befriedigung. Gott sei Dank, dachte er, dass er den selbstsüchtigen, eigenmächtigen Brandenburger ein- für allemal losgeworden sei, der ihm immer seinen Einfluss aufgedrängt habe, um ihn für fremde Zwecke auszunützen. Nun könne er sich wieder frei entschließen. Er ließ Seni kommen und erzählte ihm, dass er mit den Sachsen und Schweden gänzlich brechen wolle. Er habe schon vorausgesehen, sagte dieser, dass ein Umschwung eintreten werde; denn er habe nachts eine bedeutsame neue Konstellation am Himmel beobachtet. Wallensteins Stern schwinge sich wieder mächtig empor, er werde allen seinen Feinden obsiegen.
Den Herzog von Lauenburg empfing der Herzog mit einer Klage über Arnims Arglist: er könne es nicht fassen, sagte er, dass Arnim, der den Frommen herauskehre, solchen Betrug ausübe, ihn mit Worten binden zu wollen, die er niemals gesprochen habe.
Franz Albrecht entgegnete munter, den pfäffischen Arnim wollten sie einmal beiseite lassen. Von ihm, Franz Albrecht, wisse ja Wallenstein, wie widerwärtig ihm die Schweden wären und dass er gewiss nicht daran denke, ein ewiges Bündnis mit ihnen zu halten. Jetzt frage es sich aber, ob man es ohne ihren Beistand mit dem Kaiser aufnehmen könne? Ob man es etwa lieber mit den Franzosen versuchen sollte?
»Habe ich jemals gesagt«, fragte Wallenstein scharf, »dass ich etwas gegen den Kaiser tentieren würde? Das wäre eine Spitzbüberei!«
Nun, erwiderte Franz Albrecht lachend, er habe die Möglichkeit erwogen, dass der Kaiser etwas gegen ihn tentierte, wenn er sich der böhmischen Emigranten annähme.
Böhmen! Böhmen! rief Wallenstein sich ereifernd. Ja, es möchte manchem Leckermaul passen, wenn er ihm die Kastanien aus dem Feuer holte. Franz Albrecht habe jawohl auch Geschmack an böhmischen Schürzen und Geldsäcken bekommen, täusche sich aber, wenn er glaube, er, Wallenstein, setzte seine Reputation aufs Spiel, um Weiberjägern und Huren den Beutel zu füllen.
Allmählich fing der Lauenburger die Fassung zu verlieren an. Jetzt würde es ihn nicht wundern, sagte er, wenn die Elbe sich umdrehte und ins Mittelmeer würfe. Er möchte aber lieber glauben, dass Wallenstein das Gedächtnis als seine Inklination und Freundschaft für ihn verloren hätte.
»Das sieht euch Schelmen gleich«, sagte Wallenstein trocken, »dass ihr mich zum Narren machen möchtet, um nicht als Lügner dastehen zu müssen.«
Eine nochmalige Unterredung, die der Herzog von Sachsen-Lauenburg und der alte Graf Thurn mit Wallenstein hatten, führte zu keinem anderen Ergebnis. Thurn behauptete, es müsse sich des Generals eine Gemütsverwirrung bemächtigt haben, sonst könne doch nicht aus einem so großen Fürsten und Feldherrn ein so meineidiger, abgefeimter zweizüngiger Jesuit werden. Franz Albrecht dagegen meinte, man müsse die Hoffnung noch nicht aufgeben: ein unsteter Wind könne unversehens wieder umspringen; hüten müsse man sich freilich vor einem zweiten plötzlichen Überfall. Trotz dieser augenscheinlich vorliegenden Gefahr war Thurn so sorglos, dass es Wallenstein gelang, ihn in seiner Stellung bei Steinau einzuschließen und mit sämtlichen Truppen gefangenzunehmen, wodurch fast ganz Schlesien in seine Hände fiel.