18

Es war No­vem­ber, und der Ne­bel lag dick im Hofe der Wie­ner Burg, als dem Kai­ser, der mit sei­ner Frau und sei­nem Soh­ne beim Mit­ta­ges­sen saß, ein Bil­lett Eg­gen­bergs über­reicht wur­de. Er hielt es weit von sich und gab es dann der Kai­se­rin mit der Be­mer­kung, Eg­gen­bergs Schrift wer­de im­mer klei­ner und un­deut­li­cher, er wer­de sie zu­letzt mit dem Fern­rohr su­chen müs­sen.

Man brau­che nicht erst zu le­sen, sag­te der Kö­nig von Un­garn, er wis­se oh­ne­hin, dass Eg­gen­berg sich we­gen der heu­ti­gen Sit­zung ent­schul­di­ge. Wol­le nicht da­bei sein, wenn über den Fried­län­der be­schlos­sen wür­de.

Der Wal­len­stein sei ein­mal sein Freund, sag­te der Kai­ser be­gü­ti­gend; er wis­se aber ge­nau, dass Eg­gen­berg ihn, den Kai­ser, über al­les und auch mehr als den Wal­len­stein lie­be.

»Wozu er auch ver­pflich­tet ist«, sag­te der Kö­nig.

Nun, wen­de­te sich die Kai­se­rin lie­bens­wür­dig zu ih­rem Stief­sohn, sie woll­ten we­gen des Brie­fes mit­ein­an­der wet­ten. Er be­haup­te, dass Eg­gen­berg nicht zur Sit­zung kom­men wol­le, sie hal­te da­ge­gen. Ob es um ein Paar flo­ren­ti­ni­sche Hand­schuh ge­hen soll­te?

Er möch­te am liebs­ten et­was Ge­stick­tes von ih­rer Hand, sag­te der Kö­nig, wenn es auch nur ein schlech­tes Tuch wäre. Sie soll­te, wenn sie ge­wön­ne, wäh­len, ob sie Hand­schuh oder ein Klein­od oder etwa ein paar Jagd­hun­de wol­le; aber es wer­de nicht dazu kom­men.

»Sonst wür­dest du auch nicht so splen­did sein«, sag­te der Kai­ser la­chend.

Er habe ihr doch kürz­lich das hüb­sche Bild ge­schenkt, das von Ru­bens sein sol­le, sag­te die Kai­se­rin.

Das habe er ja den Pra­gern ab­ge­presst, sag­te der Kai­ser.

Er hät­te es doch auch für sich be­hal­ten kön­nen, sag­te sein Sohn ernst­haft. Nun sol­le aber die Kai­se­rin den Brief le­sen, da­mit er eher zu sei­nem Vor­teil käme.

Es zeig­te sich, dass Eg­gen­berg in der Tat mit­teil­te, er kön­ne we­gen ei­nes hef­ti­gen An­falls von Pod­agra an der heu­ti­gen Sit­zung nicht teil­neh­men. Er wür­de sein Vo­tum auf­ge­schrie­ben ha­ben, wenn es nicht miss­lich wäre, in ei­ner so wich­ti­gen Staats­sa­che sich dem plau­der­haf­ten Pa­pier an­zu­ver­trau­en. Nur so viel wol­le er sa­gen, dass er da­für hal­te, wenn die be­wuss­te hohe Per­son durch einen Ver­trau­ten, etwa den Ques­ten­berg, zum frei­wil­li­gen Rück­tritt ver­an­lasst wer­den könn­te, so schei­ne ihm das der bes­te Weg zum Zie­le zu sein, falls man nicht bei be­kann­ter großer Lei­bes­schwach­heit be­sag­ter Per­son eine wahr­schein­lich nahe be­vor­ste­hen­de Fun­da­men­tal­ver­än­de­rung er­war­ten wol­le.

Ob sie dem Kö­nig einen Lor­beer­kranz auf sei­ne Schär­pe sti­cken sol­le? schloss die Kai­se­rin; das wür­de dem künf­ti­gen Kriegs­hel­den wohl an­ste­hen.

Der jun­ge Kö­nig nahm eine ma­je­stä­ti­sche Hal­tung an und stemm­te den Arm in die Sei­te. Des­sen kön­ne sie ge­wiss sein, sag­te er, dass er ih­rem er­ha­be­nen Ge­schenk kei­ne Schan­de ma­chen wer­de. Gott lege den Kai­sern die Kraft in die Wie­ge, de­ren sie be­dürf­ten, um ihre Fein­de in den Staub zu wer­fen. Er hal­te sich für aus­er­ko­ren, der himm­li­schen Glo­rie, die sein Va­ter er­wor­ben, die krie­ge­ri­sche hin­zu­zu­fü­gen.

»Wenn du erst das Rö­mi­sche Reich auf dem Bu­ckel hast, wirst du nicht mehr sol­che Sprün­ge ma­chen«, scherz­te der Kai­ser be­hag­lich; aber sei­ne schon et­was ver­bli­che­nen Au­gen hin­gen doch mit ver­stoh­le­ner Be­wun­de­rung an sei­nem erns­ten Soh­ne.

Der Oberst­kanz­ler Sla­wa­ta, der Vi­ze­kanz­ler Strah­len­dorff und der Hof­kriegs­rats­prä­si­dent Schlick fan­den sich zu der Sit­zung ein und wur­den vom Kai­ser, der auf ei­nem er­höh­ten Ses­sel saß, mit Hand­rei­chung be­grüßt. Die Her­ren soll­ten ihm hel­fen, sei­nen Mit­kai­ser los­zu­wer­den, sag­te er ver­gnügt; für ein sol­ches Mon­strum sei kein Platz auf dem habs­bur­gi­schen Thro­ne.

Schlick räus­per­te sich und sag­te, die se­ra­phi­sche Gnä­dig­keit und Ar­g­lo­sig­keit des Kai­sers habe ei­nem ge­fähr­lich wu­chern­den Schwam­me Zeit und Ge­le­gen­heit ge­ge­ben, sich aus­zu­brei­ten und an­zu­kle­ben, wes­we­gen es nun großer Kraft und zu­gleich Be­hut­sam­keit be­dür­fe, ihn zu ent­fer­nen. Für not­wen­dig hal­te er es al­ler­dings, da sonst, was je­dem auf­rich­ti­gen Die­ner des Kai­sers zu Her­zen gehe, des­sen An­se­hen ver­klei­nert und Er­b­lan­de und Reich ver­derbt wür­den.

Von der hei­li­gen Re­li­gi­on nicht zu re­den, sag­te Sla­wa­ta, des­sen Rücken ein we­nig ge­krümmt war und der den Kopf stets mit kläg­li­cher Ge­bär­de auf die lin­ke Schul­ter ge­neigt trug. Wenn man die Gott­lo­sig­keit aus­rot­ten wol­le, die heut­zu­ta­ge flo­rie­re, müs­se man vor al­len Din­gen den Stamm um­hau­en, der ihr Halt ge­wäh­re. Nach sei­ner Er­fah­rung re­sul­tie­re al­les Übel aus der Gott­lo­sig­keit.

Ob denn der Her­zog von Fried­land von der hei­li­gen ka­tho­li­schen Re­li­gi­on ab­trün­nig ge­wor­den sei? frag­te der Kai­ser neu­gie­rig und ängst­lich.

Nein, in for­ma wohl nicht, sag­te Strah­len­dorff mit dröh­nen­der Stim­me, die er nicht mä­ßi­gen konn­te, er neh­me viel­mehr über­haupt Ab­stand von der Re­li­gi­on. Es sei of­fen­bar ein ge­wis­ses Ni­hil oder Va­ku­um beim Her­zog von Fried­land an Stel­le der Re­li­gi­on vor­han­den. Da­rum sei sei­ne Mei­nung, dass man sich zu­nächst ein­mal über die fac­ta her­ma­chen sol­le, zum Bei­spiel über den so höchst rui­nösen Fall von Re­gens­burg.

Das sei auch sei­ne An­sicht, sag­te der Kö­nig von Un­garn, wenn sein Va­ter ihm die Mei­nungs­äu­ße­rung ge­stat­te. Re­gens­burg hät­te nun und nim­mer fal­len dür­fen. Wenn ein Ge­ne­ra­lis­si­mus, der das gan­ze Reich, Fürs­ten, Adel und Un­ter­ta­nen, arm ge­macht hät­te, einen so wich­ti­gen Pass in die Hän­de der Fein­de ge­ra­ten lie­ße, so sei er ent­we­der un­taug­lich oder ein Schelm.

Sla­wa­ta bück­te und krümm­te sich in Be­wun­de­rung der Wor­te des Thron­fol­gers. Der Hei­li­ge Geist müs­se sie ihm ein­ge­ge­ben ha­ben, sag­te er. Auch Schlick fand, der Pfeil habe ins Schwar­ze ge­trof­fen; es sei über­flüs­sig, viel­mehr un­mög­lich, noch et­was hin­zu­zu­set­zen. Ohne Zwei­fel, brüll­te Strah­len­dorff, be­dür­fe die Weis­heit des Erz­hau­ses der Räte nicht, um in der Sa­che zu ent­schei­den. Da der Kai­ser sie aber her­be­schie­den hät­te, um ihm ihre Mei­nun­gen zu un­ter­brei­ten, so wol­le er noch hin­zu­fü­gen, dass der Her­zog von Fried­land al­ler­dings sich da­mit de­fen­diert habe, dass er die bay­ri­sche Gar­ni­son aus Re­gens­burg habe aus­schaf­fen wol­len, dass der Kur­fürst von Bay­ern es aber hin­ter­trie­ben und also die Verant­wor­tung auf sich be­hal­ten habe. Al­lein die kai­ser­li­che Ma­je­stät habe trotz­dem von ihm ver­lan­gen dür­fen, dass er eine so an­sehn­li­che kai­ser­li­che Stadt vor­sich­tig im Auge be­hiel­te und den Kur­fürs­ten von Bay­ern even­tua­li­ter se­kun­dier­te.

Der Kai­ser rück­te be­un­ru­higt in sei­nem Ses­sel. Es wäre wohl bes­ser ge­we­sen, sag­te er, man hät­te das viel­fäl­ti­ge Bit­ten der gu­ten Stadt, ihr die bay­ri­sche Be­sat­zung ab­zu­neh­men, er­hört; aber es sei ja all­be­kannt, was für ein wun­der­li­ches Kra­men mit sei­nem Vet­ter von Bay­ern sei.

Ja, die Furcht, bay­risch wer­den zu sol­len, habe das arme Re­gens­burg wohl et­was vom Kai­ser aba­lie­niert, sag­te Strah­len­dorff.

Bes­ser bay­risch als schwe­disch, sag­te Fer­di­nand von Un­garn. Er hal­te zwar die Stadt Re­gens­burg, wo so vie­le Reichs- und Kur­fürs­ten­ta­ge von je­her ab­ge­hal­ten wor­den wä­ren, für einen kost­ba­ren Aug­ap­fel des Reichs, wol­le sie sich auch nicht aus der Hand win­den las­sen; aber klar sei es, dass die Bür­ger­schaft durch Ket­ze­rei ver­derbt sei und ver­rä­te­rischer­wei­se mit dem Wei­ma­ra­ner und den Schwe­den un­ter ei­ner De­cke ge­spielt habe. Der Kur­fürst von Bay­ern, sein Oheim, habe es red­lich ge­meint; Wal­len­stein da­ge­gen, der es in der Hand ge­habt hät­te, Re­gens­burg zu ret­ten, habe es bös­wil­lig un­ter­las­sen, sei es aus Rach­sucht ge­gen den Kur­fürs­ten oder aus Be­güns­ti­gung des Fein­des oder aus bei­den Ur­sa­chen zu­gleich.

Ja, an­ders kön­ne das Pro­blem nicht ge­löst wer­den, stimm­te Strah­len­dorff bei.

Ach Gott, und wenn es nur um die Stadt Re­gens­burg gin­ge, sag­te Sla­wa­ta, so möch­te es leid­lich sein; wenn aber die gan­zen ös­ter­rei­chi­schen Er­b­lan­de dem Sa­tan in die Hän­de ge­spielt wür­den, so möch­te ei­nem bil­lig das Herz dar­über bre­chen.

So­lan­ge er lebe, wer­de das nicht ge­sche­hen, sag­te Fer­di­nand; er habe kei­ne Furcht, wis­se, dass Gott und die Hei­li­ge Jung­frau für ihn wä­ren.

Sla­wa­ta fal­te­te die Hän­de und sag­te zum Kai­ser ge­wen­det, er sei se­lig zu prei­sen, dass er der Kir­che und dem Reich einen sol­chen Be­keh­rer und Be­frei­er ge­schenkt habe.

Der Kai­ser, dem vor Schläf­rig­keit die Au­gen zu­fal­len woll­ten, fuhr in die Höhe und er­wi­der­te, ja, der Fer­di­nand und der Leo­pold Wil­helm wä­ren sein Trost in al­len Wi­der­wär­tig­kei­ten. Wenn nur die Sa­che mit dem Her­zog von Fried­land ein­mal ins rei­ne ge­bracht wäre, er wol­le wis­sen, wor­an er sei.

Im Au­gen­blick woll­ten sie die dor­ni­ge Sa­che an­fas­sen, rief Strah­len­dorff be­herzt und for­der­te die Her­ren auf, Vor­schlä­ge zu ma­chen.

Nach ei­ner lan­gen Pau­se zog Schlick einen Zet­tel aus der Ta­sche und sag­te, er habe sich da ei­ni­ge flüch­ti­ge und un­vor­greif­li­che No­ti­zen ge­macht und die hoch­wich­ti­ge Sa­che in drei Haupt- und ver­schie­de­ne Un­ter­pa­ra­gra­fen zer­legt, wel­che ein­zeln un­ter­sucht wer­den müss­ten. Die drei Haupt­pa­ra­gra­fen wä­ren fol­gen­de: Ers­tens, ob der Ge­ne­ral sei­nes Am­tes gänz­lich oder teil­wei­se zu ent­set­zen und, wenn teil­wei­se, in wel­cher Ge­gend des Rei­ches er zu be­las­sen sei. Zwei­tens, ob der gänz­li­che oder teil­wei­se Ent­satz güt­lich oder mit Ge­walt, gleich­sam per pro­ces­s­um poena­le zu voll­zie­hen sei, und end­lich drit­tens, ob we­der das eine noch das an­de­re, son­dern ein mehr ak­zi­den­ti­el­ler und op­por­tu­ner Metho­dus be­liebt wer­den wol­le.

Ein bei­fäl­li­ges Ni­cken be­grüß­te die Vor­la­ge, und Strah­len­dorff frag­te, ob sie die Punk­te nach­ein­an­der be­spre­chen oder ob ei­ner als vor­züg­lich in Be­tracht kom­mend her­aus­zu­grei­fen sei?

Es trat Still­schwei­gen ein, bis Sla­wa­ta das Wort nahm und sag­te, er wol­le vor­an­schi­cken, dass die wei­sen Schrift­stel­ler des Al­ter­tums, Ci­ce­ro, He­ro­dot, Sal­lust und an­de­re, die hal­b­en Mit­tel zu ver­ab­scheu­en lehr­ten, wie auch die Hei­li­ge Schrift bei je­der Ge­le­gen­heit ge­gen Lau­heit und Halb­heit zu Fel­de zie­he. Da­rum hal­te er für die bes­te Richt­schnur des Le­bens, dass man, wenn ein­mal ein Ein­griff als not­wen­dig er­kannt sei, den­sel­ben so­fort und gründ­lich an die Hand neh­me.

Die Her­ren ga­ben teils mur­melnd, teils brül­lend ihre Zu­stim­mung zu er­ken­nen, und der Kö­nig von Un­garn sag­te, die ers­te Fra­ge sei auch in­so­fern bald er­le­digt, als der Her­zog von Fried­land un­längst im Freun­des­krei­se habe ver­lau­ten las­sen, dass er sich das Kom­man­do nun und nim­mer­mehr wür­de ent­win­den las­sen. Sei­ne dies­be­züg­li­chen Aner­bie­tun­gen wä­ren als ganz und gar er­lo­gen zu be­trach­ten, habe er sich doch schon wie ein Ra­sen­der ge­bär­det, als Schlick ihm ei­ni­ge wohl­mei­nen­de Erin­ne­run­gen der kai­ser­li­chen Ma­je­stät habe in­si­nu­ie­ren wol­len. Also sei sei­ne Mei­nung, dass man gleich zu den fol­gen­den Punk­ten über­ge­hen kön­ne.

Wer die His­to­ri­en stu­diert und da­bei eine ge­wis­se Kennt­nis des mensch­li­chen Her­zens er­langt habe, sag­te Sla­wa­ta, den Kopf tiefer auf die Sei­te nei­gend, dem sei es be­kannt, dass die herrsch­be­gie­ri­gen Ty­ran­nen zu frei­wil­li­ger Ab­dan­kung der usur­pier­ten Macht nie­mals die ge­rings­te Inkli­na­ti­on ver­spü­ren lie­ßen.

Der Kai­ser klopf­te dem ne­ben ihm Sit­zen­den auf die Schul­ter und sag­te, das sei ganz wie sein ge­lehr­ter Sla­wa­ta ge­spro­chen und sehr tief­sin­nig. Das Pro­jekt der Ab­dan­kung kom­me ihm auch et­was schwer und un­ge­reimt vor.

Ja, un­ge­reimt, rief Strah­len­dorff un­ter don­nern­dem La­chen; denn wozu hät­te sich der Wal­len­stein ei­gent­lich so ge­wal­tig auf­ge­schwun­gen?

Ein greif­ba­rer Vor­schlag, sag­te Sla­wa­ta, sei, so viel er wis­se, noch nicht ge­macht wor­den. Der Kai­ser sei sei­ner Na­tur nach ein ewig flie­ßen­der Gna­den­strom, und ein je­der wünsch­te wohl, dass die lei­di­ge Sa­che ohne Dis­put und zu all­sei­ti­ger Sa­tis­fak­ti­on ge­ord­net wer­de. Die Fra­ge sei, ob das eben­so mög­lich wie wünsch­bar sei.

Hier­auf ent­stand un­ter den Rä­ten ein Zwin­kern und Tu­scheln, das sich im­mer leb­haf­ter fort­pflanz­te und end­lich die Auf­merk­sam­keit des Kai­sers er­reg­te. Auf Be­fra­gen er­klär­te Schlick, der Kai­ser wis­se ja­wohl, was für eine hit­zi­ge Per­son der spa­ni­sche Ge­sand­te sei. Die­ser habe sich ver­lau­ten las­sen, gor­di­sche Kno­ten pfle­ge ein Alex­an­der mit dem Mes­ser zu durch­hau­en, und er kön­ne nicht be­grei­fen, warum in der Wal­len­stei­ni­schen Sa­che nicht nach dem Exemplum und Re­zept vor­ge­gan­gen wer­de.

Der Kai­ser lach­te ver­gnügt und kopf­schüt­telnd in sich hin­ein: Ja, die Spa­nier wä­ren scharf, sag­te er. Was man ihm denn dar­auf geant­wor­tet hät­te?

Wenn er da­bei­ge­we­sen wäre, sag­te Sla­wa­ta, wür­de er geant­wor­tet ha­ben, möge je­ner ma­ze­do­ni­sche Alex­an­der im­mer­hin ein blu­ti­ger He­ro­des ge­we­sen sein – was er aber da­hin­ge­stellt sein las­sen wol­le –, so sei doch die kai­ser­li­che Ma­je­stät vom Geis­te des Hei­lands voll und wer­de sich durch kei­ne Bos­heit der Fein­de dar­in ir­ren las­sen. In­des­sen glau­be er, man dür­fe den Kur­fürs­ten von Bay­ern nicht aus dem Auge ver­lie­ren, der ein treu­er Erz­en­gel am kai­ser­li­chen Thro­ne sei, und müs­se sei­ne im­mer lau­te­ren Kla­gen über die Treu­lo­sig­keit des Her­zogs von Fried­land er­hö­ren. Nach der Be­haup­tung des Kur­fürs­ten pe­ri­k­li­tie­re sein ge­sam­tes Reich und wer­de lei­der gänz­lich ex­ter­mi­niert wer­den, wenn der Kai­ser nicht einen gründ­li­chen Mo­dum ge­gen den Ge­ne­ra­lis­si­mus ef­fek­tu­ie­ren woll­te.

In­zwi­schen war der Kai­ser ein­ge­schla­fen, und die Her­ren setz­ten die Un­ter­hal­tung halb­laut fort: dass die Pro­ze­dur mit großer Be­hut­sam­keit vor­ge­nom­men wer­den müs­se we­gen der Un­be­denk­lich­keit von Wal­len­steins Cha­rak­ter; dass auch Pic­co­lo­mi­ni und Gal­las der An­sicht wä­ren, sie setz­ten ihr Le­ben aufs Spiel, wenn nicht die strengs­te Heim­lich­keit ge­wahrt wür­de; dass des­halb zu­nächst al­les im glei­chen blei­ben und der ver­trau­li­che Ver­kehr mit dem Ver­rä­ter fort­ge­setzt wer­den müs­se, er viel­mehr durch be­son­de­re Be­güns­ti­gung in dem Glau­ben zu er­hal­ten sei, als ge­nie­ße er mehr Fa­vor als je bei Hofe.

Ja, sag­te Strah­len­dorff, Un­ge­tü­me durch ein lieb­li­ches Kar­men ein­zu­schlä­fern, die Po­li­tik habe man von dem Hel­den Her­ku­les ge­lernt, der in sol­cher Wei­se mit der gräu­li­chen Schlan­ge dis­si­mu­liert habe.

Die Stim­me sei­nes Vi­ze­kanz­lers weck­te den Kai­ser, und er öff­ne­te die Au­gen, in­dem er sag­te, von der Schär­fe wol­le er nun ein­mal nichts wis­sen, der Kur­fürst von Bay­ern müs­se noch ein we­nig ver­trös­tet wer­den. In­zwi­schen wol­le er noch­mals ver­su­chen, Wal­len­stein durch ernst­li­ches An­zie­hen der kai­ser­li­chen Ober­ge­walt auf den Weg des Gu­ten zu füh­ren, da­mit sei­ne Lang­mut und Ge­rech­tig­keit vor der gan­zen Welt sta­bi­liert wer­de.

Un­ter­ein­an­der Bli­cke wech­selnd, nah­men die Räte die­se Wil­lens­äu­ße­rung ih­res Herrn bei­fäl­lig und be­wun­dernd auf, und es wur­de ein Brief an Wal­len­stein auf­ge­setzt, in wel­chem der Kai­ser ihm nach­drück­lich be­fahl, Re­gens­burg zu­rück­zu­er­obern und Quar­tier im Fein­des­land zu neh­men.