Piccolomini, der wie Wallenstein in Pilsen am Marktplatze wohnte, stand mit dem Grafen Hatzfeld an einem der hohen Fenster seines Hauses und blickte auf das unten herrschende lustige Getümmel. Vor einem benachbarten Hause stand eine prächtige, an den Ecken mit vergoldeten Knäufen geschmückte Karosse, vor welche vier Pferde von ausgezeichneter Schönheit gespannt waren. So schöne Goldfüchse habe er in seinem Leben noch nicht gesehen, sagte Hatzfeld bewundernd, einer wie der andere sei wie aus Bronze gegossen, und dabei lebendig und zitternd, als ob das Metall noch im Flusse sei. Sie gehörten dem Schaffgotsch, sagte Piccolomini, der vor ein paar Tagen angekommen sei, von Wallenstein gerufen. Er habe noch mehr und ebenso schöne Pferde auf seinen Gütern, gewiss mehr als der Kaiser. Ja, der Schaffgotsch, sagte Hatzfeld, das hätte er sich denken können, er sei ja der reichste Mann in Schlesien. Ein großer Kriegsheld sei er wohl nicht.
Piccolomini zuckte die Achseln. Wäre er nicht der Schaffgotsch, hätte der General ihn längst springen lassen. Bei Steinau habe er übrigens den alten Thurn fangen helfen.
Das Maul aufzusperren, wenn die gebratene Taube hineinfliege, sei keine große Kunst, sagte Hatzfeld. Aber er sei beim Kaiser gut angeschrieben, so viel er wisse.
Wunderbar genug, sagte Piccolomini, es sei ja ganz bekannt, dass er mit den Evangelischen durchstecke. Er habe auch Anno 1620 offenkundig zum Pfälzer gehalten, erst im letzten Augenblick sei er übergelaufen. Der Kaiser habe ein Auge zugedrückt und getan, als wisse er nichts von seiner Untreue, und der Schaffgotsch lasse sich die Gnade wohl bekommen, bleibe aber im Herzen ein widerhaariger Ketzer wie zuvor.
Inzwischen war Schaffgotsch mit zwei Damen aus der Tür eines vornehmen Hauses getreten und öffnete den Kutschenschlag. Das wären die Kinsky und die Terzka, erklärte Piccolomini, mit denen sei Schaffgotsch viel zusammen. »Schöne Weiber«, sagte Hatzfeld, »besonders die Kinsky, wenn auch etwas zu üppig.« Die Damen standen plaudernd und lachend im knirschenden, in der Sonne blinkenden Schnee und stiegen dann ein, worauf Schaffgotsch sich auf ein Pferd schwang, um neben der Kutsche her zu reiten. Als er unter dem Fenster vorbeikam, an dem die beiden Offiziere standen, lüftete er den Federhut und begrüßte Piccolomini liebenswürdig in italienischer Sprache. Der antwortete ebenso und winkte kordial mit der Hand. Wieso der Schlesier Italienisch verstehe? fragte Hatzfeld. Und Polnisch und Französisch dazu, antwortete Piccolomini lächelnd; er sei überhaupt ein Kavalier und deutscher Adonis. Nur sei leider zu befürchten, dass diese blumenbestreute Laufbahn plötzlich gewaltsam abbreche, wenn er nicht beizeiten umkehre.
Zu welchem Zweck ihn denn Wallenstein habe kommen lassen? erkundigte sich Hatzfeld. Nun, sagte Piccolomini, darüber brauchten Einsichtige nicht zu reden. Wallenstein gäbe Schlesien ganz in des Schaffgotsch Hand, meinte, da wäre es gut aufgehoben. Er habe keine Ahnung, dass dessen Ordres schon nichts mehr gälten.
Da kämen wundervolle Güter zur Verteilung, sagte Hatzfeld nach längerem Stillschweigen nachdenklich, wenn der Schaffgotsch sich ernstlich kompromittierte.
Dahin könne es leicht kommen, sagte Piccolomini.
Es wären aber doch Kinder da, sagte Hatzfeld, deren Prätentionen würden wohl bestehen bleiben, besonders wenn der Kaiser so eingenommen für Schaffgotsch wäre.
Wenn er das schwarze Herz seiner falschen Diener erst erkennte, würde sich da manches ändern, sagte Piccolomini. Wenn Hatzfeld etwa Absichten hätte, solle er nur beizeiten beim Kaiser damit vorstellig werden; denn die Schaffgotschschen Güter würden viele Liebhaber finden.
Es sei sonderbar, sagte Hatzfeld träumerisch, er habe stets gedacht, der, welcher das Gut Trachenberg sein nennte, müsse sich schon auf Erden im Paradiese fühlen. Wenn er nun auf so unverhoffte Art dazu käme, könne das doch nur der göttlichen Vorsehung zugeschrieben werden.
Jedenfalls, sagte Piccolomini, habe Hatzfeld gute Aussichten. Er habe dem Kaiser rühmliche Kriegsdienste geleistet, und sein Bruder, der Fürstbischof von Würzburg, habe durch die schwedische Okkupation viel gelitten; demnach werde sein Gesuch gewiss vor allen berücksichtigt werden.