In der Hofburg besprachen Schlick und Trauttmansdorff mit dem Kaiser Wallensteins Ermordung und verschiedene damit verknüpfte Geschäfte, unter anderem, wie die Täter am füglichsten zu belohnen wären. Sie hätten ja, sagte Schlick, nicht nur die Person des Kaisers, sondern das gesamte Erzhaus aus höchster, dringendster Lebensgefahr befreit und müssten, um andere zur Nacheiferung anzufeuern, stattliche Auszeichnungen erhalten.
Es sei ihm wirklich jetzt um vieles leichter zumute, sagte der Kaiser. Die Dankgebete in allen Kirchen wären doch angeordnet? Und wie der unverhoffte Todesfall im Allgemeinen aufgenommen würde?
Schlick sagte, zunächst herrsche noch Konsternation und Perplexität vor. Man müsse nun dazu schreiten, den Grund der Sache öffentlich zu explizieren. Dann kam er auf die Belohnungen zurück: zunächst kämen die in Betracht, die selbst Hand angelegt hätten, damit dort keine Unzufriedenheit Platz griffe.
Ob nicht anzunehmen sei, schaltete Trauttmansdorff ein, dass die guten Leute sich schon selbst leidlich bezahlt gemacht hätten?
Buttler frage eben an, sagte Schlick, ob das bei dem justifizierten General gefundene Geld zur Befriedigung der gemeinen Soldaten gebraucht werden könne? Piccolomini, Gallas und Aldringen wären mit Gütern zu befriedigen, außerdem habe Gallas angedeutet, dass ihm das Illosche Silberzeug sehr wohl anstehen würde; Leslie begehre den Grafentitel, und für die erledigten Regimenter wären auch Liebhaber da.
Ja, da werde man zuletzt viertausend Mann mit sieben Broten speisen müssen, sagte der Kaiser.
Schlick beruhigte, es sei mehr als genug vorhanden. Von dem unermesslichen Reichtum Wallensteins abgesehen, wären ja Terzkas und Illos Güter da, und der alte Terzka sei auch hässlich in die Sache verwickelt gewesen. An des Schaffgotsch Schuld sei ebensowenig zu zweifeln; übrigens sei eine Klage von Schaffgotschs Verwalter eingelaufen, dass der Carretto sich Pferde und Gespann des Grafen angeeignet habe und auf offenem Markte damit paradiere.
Der Spitzbube! rief der Kaiser, das sei doch allzu vorlaut! Der Schaffgotsch sei noch gar nicht prozessiert; gar so täppisch dürfe man nicht zugreifen, sonst werde die kaiserliche Justiz schimpfiert. Dem Carretto wolle er fest auf die Finger klopfen.
Trauttmansdorff stimmte zu: es müsse alles seine Ordnung und seinen Grund haben.
Und Pferde anbelangend, fuhr der Kaiser fort, müsse vor allen Dingen sein Sohn, der König von Ungarn, berücksichtigt werden. Das friedländische Gestüt habe er ihm schon fest zugesagt. Es sollte aber den Kommissionen größte Genauigkeit und Redlichkeit eingeschärft werden, der Gerechtigkeit solle einmal kein Abbruch geschehen. Die Beweise könnten doch hoffentlich vorgebracht werden, dass es mit der Rebellion und Verschwörung wirklich an dem gewesen sei?
Leider, leider, sagte Schlick, sei der schelmische Friedländer zu schlau gewesen, etwas Schriftliches von sich zu geben, in Mies habe er noch alle gefährlichen Briefe verbrannt, dass der ganze Kamin voll Asche geworden sei. Aber von den vielen Gefangenen, die durch Gottes Gnade gemacht wären, würde man schon etwas herausbekommen.
Ja, man wisse schier nicht Käfige genug für die losen Vögel aufzubringen, sagte Trauttmansdorff scherzend. Den Eltz, den kalvinischen Erzketzer, habe man nun auch erwischt. Freilich beteuerten sie einstweilen alle ihre Unschuld.
Schlick lachte. In dem Punkte wären die ärgsten Malefikanten wie die Jungfrauen vor der Hochzeit, sagte er; aber es gebe gottlob Mittel, ihnen beizukommen.
Nachdem die Hauptpunkte erledigt waren, fragte der Kaiser, was denn eigentlich davon zu halten sei, dass aus des Friedländers Kehle bei seinem Verscheiden schwefliger Rauch ausgefahren wäre?
Einige von den Soldaten, berichtete Schlick, die bei der Tat zugegen gewesen wären, wollten allerdings vor dem Fenster den Teufel gesehen haben, der auf die entweichende Seele gelauert hätte und mit ihr davongefahren sei. Auch draußen vor dem Hause hätten ihn etliche im Sturme bellen gehört; aber er, Schlick, wolle es dahingestellt sein lassen.
Der Kaiser meinte, es sei nicht unglaublich, da der Friedländer ja von vielen längst für einen Ketzer ausgegeben sei, und Trauttmansdorff fügte hinzu, es pflege sich eben im Tode die Wahrheit zu offenbaren. So solle der König von Schweden im Sterben lästerliche Kalumnien und Injurien gegen Gott ausgestoßen haben.
Der Kaiser seufzte und sagte, Gott müsse wissen, wozu er dem Teufel so viel freie Hand auf Erden ließe. Der Herzog von Friedland sei anfangs gewiss ein treuer Diener gewesen.
Ihn habe der Satan beim Hochmut gegriffen, sagte Schlick. Den leidigen Ehrgeiz zu weiden, sei ihm seine Seele nicht zu kostbar gewesen.
In Anbetracht der früher geleisteten Dienste, sagte der Kaiser, möchte er wohl eine Anzahl Messen für seine Seele lesen lassen. Vielleicht wäre er mit der Zeit aus dem Höllenfeuer zu retten.
Trauttmansdorff und Schlick fanden, dass Wallenstein so viel Klemenz nicht um den Kaiser verdient habe, doch wollten sie das kaiserliche Gnadenbächlein nicht verstopfen und es Gott anheimstellen, wie er jenseits mit dem bestraften Sünder weiter prozedieren wolle.
Unterdessen warteten im kaiserlichen Vorgemach der bayrische Gesandte von Richel, Eggenberg, Werdenberg, Christian Wilhelm, der ehemalige Administrator von Magdeburg, und mehrere andere Herren, um die Glückwünsche wegen des vollzogenen Strafgerichts abzulegen.
Eggenberg drückte Richel wiederholt die Hand und bat ihn, dem Kurfürsten auszurichten, wie glücklich er sei, dass der Verräter den verdienten Lohn empfangen habe. Nächst Gott habe der Kaiser dem Kurfürsten und dessen rüstigem Vertreter Richel seine Rettung zu verdanken. Richel solle auch nicht vergessen, den Kurfürsten wissen zu lassen, wie eifrig er sich die Beförderung dieser Angelegenheit von allem Anfang an habe angelegen sein lassen.
Über Richels derbem Gesicht lag pfiffiges Behagen ausgebreitet. Sein Herr werde alles erfahren und alle belohnen, sagte er. Übrigens habe es jetzt fast das Ansehen, als hätte jeder mit gleichem Verlangen auf des gottlosen Rebellen Ende gewartet. Dabei stieß er den Administrator vertraulich mit dem Ellenbogen in die Seite und zwinkerte nach Werdenberg hin, der sich ihm unter verlegenen Reverenzen zu nähern suchte.
Zu Eggenberg sich wendend, sagte er, er habe mit Bedauern vernommen, dass Seine Gnaden bedenklich erkrankt sei, und bewundere seine Selbstüberwindung, dass er sich dennoch hervorgewagt habe, um der kaiserlichen Majestät bei dieser Gelegenheit aufzuwarten.
Es sei nur sein altes Podagra, sagte Eggenberg, das ihn so mörderisch angepackt habe und ihm wohl auch bald den letzten Stoß geben werde.
Im Gegenteil, sagte Richel, die gute Botschaft von Eger werde ihn völlig wiederherstellen.
Christian Wilhelm mischte sich ein und sagte, er habe allerdings nicht einmal bei der Geburt eines Sohnes solche Freude verspürt. Er habe fast den ganzen Tag mit Gebet am Altare zugebracht, und wenn er eben aus der Kirche gekommen sei, habe er geschwind wieder umkehren müssen, um von Neuem zu danken und zu loben. Es müsse einer ein zu Felsen verhärtetes Herz haben, wenn er jetzt nicht einsähe, dass das Erzhaus unter Gottes besonderem Schutz stände. Auch das könne man lernen, wie Gott noch täglich zum Schutze der Seinen Wunder tue; denn als ein Wunder sei es billigerweise anzusehen, wie der Tyrann, vor dem der Erdkreis gezittert habe, so geschwind und still hätte umgebracht werden können.
Gott müsse den mutigen Männern beigestanden haben, fiel Werdenberg ein, die das Werk unternommen hätten. Er könne aber als ein Kavalier von Ehre schwören, dass er ebenso gehandelt hätte, wenn er zur Stelle gewesen wäre.
Richel stieß den Administrator wieder mit dem Ellenbogen in die Seite und grinste.
Er könne nicht anders als Tränen vergießen, nahm Christian Wilhelm wieder das Wort, wenn er bedächte, in welcher Gefahr der Kaiser gestanden und wie wunderbar er errettet sei, und wie herrlich Gott überhaupt alles hinauszuführen pflege. Was hätte Gott nicht alles angestellt, die ganze Stadt Magdeburg in Feuer aufgehen und zu Asche werden lassen, einzig um ihn, Christian Wilhelm, der damals noch blind im Dunkeln getappt sei, aus der Finsternis in das Licht zu führen. Dass er nunmehr auch diesen Luzifer gestürzt habe, von dem er, Christian Wilhelm, freilich selbst nicht geglaubt hätte, dass er sich so heillose Abscheulichkeiten würde einfallen lassen, sei als ein schönes Vorzeichen anzusehen, dass Gott nunmehr alle Sektierer, Ketzer und Heiden teils bekehren, teils ausrotten wolle, und dann würde es auch mit dem lieben Frieden nicht lange mehr anstehen.