In Münster waren die schwebenden Hauptfragen geordnet bis auf die Abtretung des Elsaß an Frankreich, in welche der spanische Gesandte durchaus nicht willigen wollte. Der bayrische Gesandte begab sich deshalb zum kaiserlichen Gesandten Volmar und sagte, es müsse einmal ein Ende gemacht werden; wenn man mit dem Verabreichen der Arznei noch lange zuwarte, werde das arme, kranke Deutschland vorher den Geist aufgeben. Die Herren Kaiserlichen sähen wohl ein, dass ein jeder etwas sakrifizieren müsse.
Volmar brachte geläufig vor, was für Opfer der Kaiser bereits aus purer Gnade gebracht hätte, dass er den Frieden gern mit seinem Blut erkaufen würde, dass die Herren jawohl wüssten und selbst gesehen hätten, wie furios der spanische Gesandte sich aufführe, und dass er, Volmar, bisher vergeblich versucht hätte, ihn zu besänftigen.
Ei, der spanische Gesandte, sagte der württembergische, möge Feuer spucken, wenn es ihm Vergnügen machte, sie wollten ihm nicht im Wege sein; es wäre ihm wohl zu Kopfe gestiegen, dass der Friede mit den Staaten zusammengebracht wäre. Sie brauchten nur die Einwilligung des Kaisers, und sie wüssten, dass der kaiserliche Kurier mit dem Antwortschreiben gestern angekommen wäre.
Der sei allerdings eingetroffen, sagte Volmar; aber ein verdammter, höllischer Zufall wolle, dass das Schreiben in neuen Ziffern abgefasst wäre, zu denen er den Schlüssel nicht hätte, er könne also trotz allen Eifers den Sinn nicht herausbringen. Er habe aber bereits eine eilende Post nach Wien abgeschickt, um sich den neuen Schlüssel auszubitten, der in einigen Tagen da sein werde.
Nachdem sie ihre Entrüstung nachdrücklich von sich gegeben hatten, traten die Herren den Heimweg an. Die steinernen Giebel und Türme der prächtigen Stadt starrten wie purpurne Klippen aus dem stillen Meere der Luft, das unersättlich saugend an dem späten Licht des Sommerabendhimmels hing.
Die neuen Ziffern kämen ihm seltsam vor, sagte der bayrische Gesandte, als sei es nur für eine Protraktion und Nasführung zu halten.
Dasselbe habe er auch gedacht, sagte der hessen-darmstädtische; Volmar sei bei Weitem so bissig und vorwitzig nicht wie sonst, vielmehr fast kleinlaut gewesen.
Zwei oder drei Tage wollten sie noch warten, sagte der bayrische, nachher wolle er sich nicht länger von den Spaniern ludifizieren lassen, die ja doch hinter allem steckten. Schließlich bestehe die Möglichkeit, ohne den Kaiser abzuschließen.
Man könne immerhin damit drohen, sagte der württembergische; so weit werde Volmar es nicht kommen lassen.
Der Herr Kurfürst von Bayern, sagte der württembergische Gesandte, als der bayrische sich verabschiedet hatte, sei sehr pressiert, sein Schäflein ins trockene zu bringen, sei erstaunlich friedliebend für einen so martialischen Herrn geworden.
Ja, erwiderte der hessische lachend, er halte es nicht aus in seiner Wasserburger Residenz, wo er sich doch schon heimisch fühlen könnte.
Die Schweden und Franzosen hätten ihm den Strick um den Hals geworfen, brauchten nur zuzuziehen, sagte der württembergische; nun pfiffe sein letzter Atem um Frieden.
Als am übernächsten Abend sich die Kunde verbreitete, es sei ein kaiserlicher Kurier in Volmars Herberge angekommen, eilten die Gesandten zu diesem, um den Erfolg zu vernehmen. Sie wurden indessen nicht vorgelassen, sondern ein Sekretär gab die Auskunft, der Volmarsche Brief müsse leider in Wien missverstanden worden sein; denn anstatt des verlangten Schlüssels oder eines neuen Schreibens sei nur eine Kopie des ersten eingetroffen. Der Herr Rat habe sich gleich darübergemacht, um es mit Gottes Hilfe doch zu entziffern, und dürfe dabei nicht gestört werden. Erst nach drei Tagen erschien Volmar siegreich, wenn auch etwas erschöpft, wieder und verkündete, der grundgütige Gott sei ihm zu Hilfe gekommen, dass er den Brief endlich entziffert habe, und es stehe darin, dass der Kaiser in die Abtretung des Elsaß willige, sodass dem Abschluss nichts mehr im Wege stehe.
In den allgemeinen Freudenausbruch stimmte einzig der spanische Gesandte nicht ein, der in vollem Zorne gelaufen kam und Volmar mit Vorwürfen überhäufte. Das sei wider die Abrede, sagte er, nun und nimmer werde sein König in die Cessio Alsatiae willigen, lieber wolle er bis zum Jüngsten Tage weiter kriegen, an Mitteln fehle es ihm nicht. Sein König bereue sehr, den Kaiser mit so ansehnlichen Geldern unterstützt zu haben, und aus der Hochzeit mit der kaiserlichen Prinzessin werde sicher nichts werden, wenn der Kaiser sich so unfügsam zeige.
Volmar entschuldigte sich mit der durch die Eroberung der Prager Kleinseite so unglücklich veränderten Lage. Die Kaiserliche Majestät habe keine Ruhe, solange die Schweden auf dem Hradschin säßen. Der Pfalzgraf Karl Gustav möchte etwa noch versuchen, ob seine Schuhe in die Fußtapfen seines Oheims, des weiland Winterkönigs Friedrich, passten; und das werde dem König von Spanien auch nicht lieb sein, wenn der nun schon dreißig Jahre währende Krieg wieder von vorn anfinge.
Der König von Spanien, sagte der Gesandte, zähle die Jahre nicht, die ein Krieg währe, sondern nur die Siege, die er gewänne.
Ja, das sei auch leichter, sagte Volmar bissig. Übrigens habe er den Abschluss so lange wie möglich hinausgezögert, es sei auch jetzt nicht aller Tage Abend, mit der Unterschrift werde er sich noch lange besinnen, inzwischen könne sich die Kriegsfortuna wieder wenden. Der päpstliche Gesandte wolle ohnehin nichts von dem Frieden hören, nach welchem die Katholiken so viel herausgeben müssten, verspreche hoch an den Kosten beizusteuern, wenn nur der Krieg fortgesetzt werde. Er wolle es nicht an Fleiß fehlen lassen, dass das Türlein offenbliebe.
Allerdings weigerten sich Volmar und die übrigen kaiserlichen Gesandten, den Friedenstraktat zu unterschreiben: der Kaiser habe ausdrücklich befohlen, in dieser Sache caute, circumspecte et secure vorzugehen, ihr Kopf sei ihnen so lieb wie anderen, sie würden sich hundertmal besinnen, bevor sie die Feder eintauchten und sich etwa dem Teufel verschrieben.
Da sich indessen auf dem Kriegsschauplatz nichts veränderte, gaben sie dem allgemeinen Drängen nach, und am Abend des 24. Oktober, einem Samstag, wurde der Frieden unterschrieben.