„Ich sehe nichts!“, sagte Dominik.
„Ich auch nicht“, verkündete Lilo mutlos.
Poppi schwieg und ließ sich wieder auf den Baumstamm sinken.
Duarte legte Axel beruhigend eine Hand auf die Schulter. „Das war sicher nur ein Papagei“, sagte er und seufzte.
Axel wurde rot vor Wut. „Ich kann doch noch einen Papagei von einem Menschen unterscheiden. Und ich bin sicher, da war jemand. Der Typ hatte Federn auf dem Kopf. Sie haben wie eine Krone ausgesehen, nicht wie Indianerkopfschmuck. Der Kerl ist kurz zwischen den Büschen aufgetaucht, und als ich ihn angeschaut habe, ist er sofort in Deckung gegangen!“
Geduckt schlich Duarte zu der Stelle, an der Axel den Unbekannten gesehen hatte. Er hob einen dicken Ast vom Boden auf und schlug damit auf das Gebüsch ein. Kopfschüttelnd kam er zurück.
„Da ist keiner und da war auch keiner“, sagte er.
Axel wandte sich enttäuscht ab. Er hasste es, wenn man ihm nicht glaubte.
Eine halbe Stunde später loderte ein hohes Feuer auf der Lichtung. Die vier Freunde hatten die Feuerstelle mit großen Steinen abgeschirmt, damit sich die Flammen nicht ausbreiten konnten.
Gierig nahm jeder einen kräftigen Schluck aus der Wasserflasche.
„Mehr!“, bettelte Axel, aber Duarte blieb hart. „Wir müssen das Wasser einteilen.“
Die Hitze, der Schock und das anstrengende Holzsammeln hatten die vier Freunde durstig gemacht. Ein Schluck Wasser war wie ein Tropfen auf den heißen Stein. Hunger verspürten sie hingegen keinen.
„Wann wird es dunkel?“, erkundigte sich Axel.
„Gegen zwanzig Uhr, also in ungefähr vier Stunden“, antwortete der Pilot. Er sah sich immer wieder um und wirkte sehr unruhig.
„Ist was?“, wollte Lilo wissen. Sie warf dem Mann einen misstrauischen Blick zu.
Duarte grinste verlegen und schüttelte den Kopf. „Nein, nichts!“, stieß er hervor, erhob sich und schlenderte zum Flugzeug.
Lilo folgte ihm. „Duarte … was hast du denn? Dir ist etwas eingefallen, nicht wahr?“
Der Pilot beugte sich zu ihr und flüsterte: „Tu so, als würdest du mit mir im Flugzeug nach etwas suchen. Die anderen sollen nichts merken.“
Gehorsam öffnete Lilo die rechte Einstiegsluke. Duarte beugte sich durch die linke. Auf diese Weise konnten die beiden miteinander reden, ohne dass der Rest der Bande etwas davon mitbekam.
„Erst gestern hat mir jemand erzählt, dass in dieser Gegend bereits zwei Flugzeuge verschwunden sind. Spurlos. Es wurde nach ihnen gesucht, aber keines wurde gefunden. Und die Piloten hatten keinen Notruf gesendet. Sie sind samt ihren Fluggästen im Dschungel verschollen. Zwei andere Maschinen sind Tage nach ihrem Abflug weit von ihrem Ziel entfernt auf einem Flugplatz gelandet. Die Piloten standen unter Drogen, die sie nicht freiwillig genommen hatten. Ihre Passagiere waren verschwunden. Sie selbst konnten sich an nichts erinnern und waren eine Zeit lang sehr verwirrt.“
Lilo spürte, wie das Blut aus ihrem Kopf wich. „Wieso erzählst du mir das alles?“, fragte sie. „Ich … ich komme ohnehin schon um vor Angst. Duarte … was … was sollen wir machen?“
Der Mann legte ihr eine Hand auf den Arm. „Du hast mich gefragt und ich habe dir geantwortet“, sagte er entschuldigend. „Glaubst du, ich fürchte mich nicht? Das ist ein einziger Albtraum!“
„Lilo, ist was?“, rief Axel von der Feuerstelle. Lilo kroch aus dem Flugzeug und verneinte.
Duarte kramte eine Mehrzweckschaufel unter seinem Sitz hervor, die man auch als Säge und als Hammer verwenden konnte.
„Ich versuche, ein Stückchen in den Wald zu gehen … in die Richtung, in die der Pfeil zeigt“, sagte er. „Keine Sorge, ich bleibe in der Nähe.“
Mit diesen Worten entfernte sich der Pilot. Die Schaufel verwendete er wie ein Buschmesser. Er schwang sie vor sich hin und her und bahnte sich so einen Weg durch das Dickicht. Gleichzeitig sollten dadurch auch die Schlangen vertrieben werden.
Lilo ging zu ihren Freunden. Stumm starrten Poppi und Dominik ins Feuer. Axel fixierte die Stelle am Waldrand, an der er den rätselhaften Unbekannten gesehen hatte. Er wollte ihn nicht verpassen, falls er wieder erschien. Lilo lief unruhig auf und ab.
Schließlich kehrte Duarte zurück. „Da bin ich wieder!“, rief er.
„Und? Hast du etwas entdeckt?“ Gespannt blickten ihn die vier an.
Der Pilot nickte. „Aber ich weiß nicht, ob es etwas Gutes oder etwas Schlechtes bedeutet“, begann er. Langsam und möglichst schonend erzählte Duarte auch Axel, Poppi und Dominik von den verschwundenen Flugzeugen.
„Die Maschinen, die nicht mehr aufgetaucht sind, befinden sich hier im Wald“, berichtete er. „Sie wurden mit grünen Planen abgedeckt und sind deshalb so gut wie unsichtbar. Die beiden scheinen ebenfalls in dieser Schneise gelandet zu sein. Nur ein paar Meter von meinem Flugzeug entfernt sind sie in den Wald geschoben worden. Die Maschinen machen einen intakten Eindruck. Allerdings hat man die Funkgeräte ausgebaut. Die Piloten und ihre Fluggäste sind verschwunden und alle nur irgendwie brauchbaren Sachen müssen weggebracht worden sein.“
Die Frage war, von wem?
„Das ist aber noch nicht alles“, fuhr Duarte fort. „Ich weiß jetzt, wieso mir diese seltsame Lichtung noch nie aufgefallen ist.“
Die Knickerbocker horchten auf.
„Weil sie normalerweise abgedeckt wird. Mit grünen Tarnnetzen. Die Netze liegen bei den Flugzeugen, die ich gefunden habe.“
„Das hört sich alles nach Profis an, die Flugzeuge abfangen“, murmelte Lilo. „Aber warum haben sie uns runtergeholt?“
„Ich nehme an, wir werden diese Profis bald kennenlernen“, sagte Duarte trocken.
In den folgenden Stunden schreckten die vier Freunde bei jedem Vogelschrei, jedem Knacken eines Astes oder Rascheln eines Blattes auf. Ängstlich hielten sie nach denjenigen Ausschau, die sie in diese Falle gelockt hatten. Aber niemand ließ sich blicken.
Noch nicht.