Als sie wieder im Cottage waren, packten sie ihre Einkäufe aus und trockneten ihre Schuhe vor dem Feuer, während sie Tee tranken und sich durch eine halbe Packung Kekse futterten.
Sam hängte die Lichterkette über dem Kaminsims auf und umwickelte sie mit Lametta. Als er sie anschaltete, schimmerten die bunten Lämpchen in schönem Glanz.
„Na also“, sagte er. „So ist es besser. Jetzt fühlt es sich wie Weihnachten an.“
Es sah hübsch aus, das musste Ryan zugeben. Er verspürte ein widerstrebendes Flattern von Weihnachtsstimmung in der Brust, wie von einem frisch geschlüpften Schmetterling, der seine Flügel auszubreiten versuchte.
Sam setzte sich wieder zu ihm aufs Sofa, und dann starrten sie beide ins Feuer, das jetzt von der Lichterkette und glitzerndem Lametta umrahmt war.
„Es ist schon komisch, keinen Fernseher zu haben.“
„Oder eine Xbox.“
Da sie nichts weiter hatten, worauf sie sich konzentrieren konnten, klang ihre Unterhaltung gelegentlich etwas gekünstelt, aber das Schweigen zwischen den Worten war nicht unbehaglich. In den Gesprächspausen jedoch merkte Ryan, dass seine Gedanken zu letzter Nacht abschweiften. Er erinnerte sich daran, wie gut es sich angefühlt hatte, Sam in den Armen zu halten, und es überraschte ihn, dass ihm das heute nicht peinlicher war. Er fragte sich, ob Sam sich heute Nacht wieder ein Bett mit ihm teilen wollen würde. Er hoffte darauf.
Sie legten mehr Holz aufs Feuer, und Sam machte es sich mit einem ramponierten alten Agatha-Christie-Krimi gemütlich, den er auf der Kommode gefunden hatte, während Ryan auf seinem Smartphone ein Spiel spielte. Nach ungefähr einer Stunde bekamen sie wieder Hunger – Ryan gab der Kälte die Schuld an seinem ständigen Bedürfnis nach Essen – also machten sie sich zum Mittagessen eine Suppe warm und aßen reichlich Brot und Butter dazu.
Nach dem Essen fand Ryan nicht zur Ruhe. Normalerweise war er ein sehr aktiver Mensch, und die Enge im Cottage machte ihn allmählich hibbelig. Sam schien damit zufrieden zu sein, sich auf dem Sofa einzuigeln und zu lesen, aber Ryan brauchte eine Beschäftigung.
„Ich geh‘ mal noch Feuerholz holen.“
Die Scheite im Korb wurden ein bisschen knapp. Falls die im Schuppen nass waren, wäre es gut, sie hereinzuholen, damit sie trocknen konnten
Sam blickte auf, und das Haar fiel ihm über die Augen. „Brauchst du Hilfe?“
„Nein, ist schon okay. Ich brauch‘ nur was zu tun.“
Sam lächelte. „Du bist wie ein Hund, der seinen Spaziergang braucht.“
Ryan versuchte es nicht abzustreiten. „Ja, von mir aus. Du bist ein fauler Sack. Manche Leute haben gern was zu tun.“
„Dann geh los und tu was. Ich bleibe hier und entspanne mich. Aber ich will später nochmal raus in den Schnee.“
* * *
Zu seiner Freude fand Ryan einen großzügigen Vorrat von guten Holzscheiten aufgestapelt im Schuppen. Sie waren zu groß, um sie direkt zu verbrennen. Aber er hatte auch eine Axt gefunden, und so verbrachte er eine unbeschwerte halbe Stunde damit, sie in handlichere Stücke zu hacken. Als er fertig war, schmerzten seine Schultern, und ihm war so warm, dass er schwitzte. Er hatte sich bis aufs T-Shirt ausgezogen und sein Fleece um die Taille gebunden.
Ryan lud den Korb voll und brachte ihn wieder ins Haus, wo er Sam dösend auf dem Sofa vorfand. Er hing zusammengesunken in der Sofaecke, und das Buch, das offen auf seiner Brust lag, hob und senkte sich kaum merklich, wenn er atmete. Ryan nutzte die Gelegenheit, ihn für einen Moment zu betrachten. Eine wirre Haarsträhne hing Sam ins Gesicht. Ryan juckte es in den Fingern, sie beiseite zu streifen und die feinen Bartstoppeln auf Sams Wangen zu ertasten.
Stattdessen stieß er ihm seine bestrumpften Zehen in die Rippen und wackelte damit, bis Sam sich krümmte.
„Uff. Du Blödmann.“ Sam packte Ryan am Knöchel und zog, bis Ryan das Gleichgewicht verlor und auf ihn drauf fiel. Für einen Moment balgten sie sich lachend.
„Du drückst mein Buch platt!“, rief Sam. Er gab ihm einen kräftigen Schubs, und Ryan kullerte vom Sofa und landete zwischen Couch und Kaffeetisch. „Autsch!“
„Geschieht dir recht, du Grobian.“ Sam grinste triumphierend auf ihn hinab. Dann wanderte sein Blick ein Stück weiter nach unten, und Ryan merkte, dass sein T-Shirt hochgerutscht war und sein Bauch frei lag. Er war ziemlich stolz auf seine Bauchmuskeln, daher hatte er normalerweise nichts dagegen, sie herzuzeigen. Aber bei der Art, wie Sam sie anstarrte, wurde Ryan unbehaglich heiß. Schnell stand er auf, und dabei wurde ihm bewusst, dass er schon von diesem hungrigen Blick, mit dem Sam ihn angesehen hatte, einen Ständer bekam. Verdammte Scheiße. Er würde die nächsten Tage niemals durchstehen, ohne dass Sam etwas bemerkte. Ein Teil von Ryan wollte, dass Sam es bemerkte, aber er war hin- und hergerissen. Was würde das für ihre Freundschaft bedeuten?
* * *
Am Nachmittag brachen sie zu einem Spaziergang über die Wiesen hinter dem Cottage auf, wo ein Wanderweg ausgeschildert war. Der Schnee war nahezu unberührt. Stellenweise hatten Schafe ihre Spuren hinterlassen, doch ein Großteil der Herde hatte sich in der Nähe eines Unterstands an der Talsohle zusammengedrängt, wo sie aus Trögen fraßen, statt unter dem Schnee nach Gras zu suchen.
Hinterher würde Sam abstreiten, dass er angefangen hatte.
Er habe auf einen Baum hinter Ryan gezielt, nicht auf Ryan selbst, behauptete er beharrlich. Doch was auch immer sein eigentliches Ziel gewesen war, Sams Schneeball traf Ryan genau mitten ins Genick, explodierte beim Aufprall und ließ Pulverschnee in den Spalt zwischen Wollmütze und Jacke rieseln.
Danach brach Chaos aus. Schneebälle flogen hin und her, sie rannten und wichen aus, lachten und blödelten herum. Sie waren in einem kleinen Wäldchen mit ein paar Bäumen und Büschen als Deckung, doch sobald sich einer von ihnen auf der Suche nach einem Fleckchen Schnee für neue Munition herauswagte, nutzte der andere die Gelegenheit und feuerte die nächste Salve Schneebälle ab.
Schließlich, frustriert, weil Sam erstaunlich gut zielen konnte, griff Ryan auf seine Rugbykenntnisse zurück. Er packte Sam und riss ihn um, dass er mit einem „Umpf!“ der Länge nach im Schnee landete. Natürlich ging Ryan mit zu Boden. Aber inzwischen war er so nass und durchgefroren, dass ihm das egal war.
Sie waren auf einem Abhang, und durch den Zusammenstoß gerieten sie ins Rollen und kullerten hinunter, bis Ryan sich fragte, ob sie zu einem Riesen-Schneeball werden würden, wie Figuren in einem Zeichentrickfilm. Doch schließlich wurde das Gelände flacher, und sie kamen lachend und keuchend zum Halten.
Am Ende steckte Sam unter Ryan fest und lachte laut los. Er hatte irgendwo unterwegs seine Mütze verloren, und das Haar hing ihm in die Augen. Schneekristalle hatten sich darin verfangen und glitzerten im Sonnenschein. Sein Lächeln war breit und ansteckend, und Ryan lachte ebenfalls, für einen Moment völlig geblendet. Dann wanderte Sams Blick über Ryans Schulter und heftete sich auf etwas hinter ihm.
„Sind das Misteln?“, fragte er.
Ryan stemmte sich hoch und reichte Sam die Hand, um ihm auf die Füße zu helfen. Dann legte er den Kopf in den Nacken und spähte mit zusammengekniffenen Augen nach dem kugelförmigen, belaubten Gebilde in den Ästen des kahlen Baums über ihnen. „Ich glaube schon.“
Er schaute wieder zu Sam, und dann wurde ihm bewusst, dass er immer noch seine Hand hielt. Sie trugen beide Handschuhe, und Ryan wünschte, es wäre nicht so. Er wollte Sams Haut fühlen. Für einen Moment starrten sie einander an, und Sam leckte sich die Lippen. Sie waren rosig, ein bisschen aufgesprungen von der Kälte, und Ryans Blick blieb an ihnen hängen. Sein Herz pochte, und eine panische Hitze überschwemmte ihn.
Er ließ Sams Hand los, als hätte er sich daran verbrannt, und trat hastig zurück. Für einen Moment glaubte er Enttäuschung in Sams Augen aufblitzen zu sehen.
„Meine Zehen sind schon ganz taub, und ich habe eine halbe Tonne Schnee unter dem Hemd“, sagte Ryan. „Wollen wir nicht mal langsam wieder zurück?“
„Okay.“
Sie stapften den Hügel hinauf, beide tief in Gedanken. Keiner von ihnen sagte ein Wort, bis sie wieder im Cottage waren.
* * *
„Verdammte Scheiße, ist mir kalt.“ Ryan bibberte, als er seine schneenassen Sachen auszog. Bei ihrer Rückkehr hatten sie gleich als erstes das Feuer wieder angefacht, und jetzt breiteten sie ihre nassen Sachen über dem Kamingitter zum Trocknen aus.
Sie hatten sich beide bis auf die Boxershorts ausgezogen – die einzigen Kleidungsstücke, die nach der Schneeballschlacht und dem Herumrollen im Schnee noch trocken waren. Ryan konnte sich nicht davon abhalten, die schlanke Anmut von Sams halbnacktem Körper zu bewundern. Seine Haut war unglaublich blass, und seine Nippel waren dunkelrosa, klein und hart vor Kälte. Als er die Hand hob, um sich die nassen Haare aus der Stirn zu streichen, erhaschte Ryan ein kurzes Aufblitzen von rötlichbraunen Achselhaaren. Ein ebensolcher Haarstreifen führte von seinem Bauchnabel bis zu der Beule in seinen buntgemusterten Boxershorts. Dort blieb Ryans Blick hängen. Er konnte einfach nicht anders.
„Meine Glöckchen gefallen dir, was?“
Ryans Aufmerksamkeit war schlagartig wieder auf Sams amüsiertes Gesicht gerichtet.
„Hm?“ Sein Mund war trocken, und er war sich sicher, dass er einen feuerroten Kopf bekommen hatte, nachdem er seinem Kumpel auf die Weichteile gestarrt hatte und dabei erwischt worden war.
„Meine Weihnachtsunterhose.“ Sam deutete mit einer Handbewegung auf seine Leistengegend, also ließ Ryan den Blick wieder nach unten wandern. Verspätet registrierte er, dass Sams leuchtend rote Boxershorts mit kleinen, paarweise mit grünem Band zusammengebundenen gelben Glöckchen bedruckt war.
„Oh ja.“ Ryan versuchte, mit normaler Stimme zu sprechen, aber es klang ein bisschen piepsig. „Sehr festlich, Mann“, brachte er heraus.
„Daran ist meine Schwester schuld. Sie hat sie mir letztes Jahr aus Jux gekauft, aber ich finde sie ganz niedlich.“
Sam wandte sich ab und bückte sich, um das Feuer zu schüren. Die Rundung seines Hinterteils und seine langen, blassen Beine waren verwirrend.
Viel zu niedlich, verdammt nochmal, dachte Ryan.
Er musste sich zwingen, sich umzudrehen und Sam nicht länger anzustarren. „Okay. Ich geh‘ dann mal duschen.“ Wahrscheinlich musste er eine kalte Dusche daraus machen.
„Ich komm‘ mit rauf und hole mir was Trockenes zum Anziehen.“
Sam folgte Ryan, und während sie die Treppe hinauf gingen, fragte Ryan sich die ganze Zeit, ob Sam ihm jetzt genauso auf den Hintern starrte, wie er ihm vorhin auf den Hintern gestarrt hatte. Sam war schwul, da war es ja wohl selbstverständlich, dass er bei anderen Männern auf die Ärsche schaute, selbst wenn er nicht auf sie stand. Genauso, wie Hetero-Männer bei jeder Frau die Möpse abcheckten. Aber könnte Sam auf Ryan stehen?
Darüber grübelte Ryan nach, während er sich in der engen Duschkabine unter dem nicht-wirklich-heißen Wasser schnell abschrubbte. Die Art, wie Sam ihn in den letzten zwei Tagen ein paarmal angeschaut hatte, gab ihm zu denken. Und dieser sonderbare, erregende Moment vorhin unter dem Mistelbusch… Ein paar berauschende Sekunden lang hatte er gedacht, Sam könnte tatsächlich versuchen, ihn zu küssen. Aber natürlich hielt Sam ihn für hetero, also würde er so etwas nie tun. Wenn Ryan wollte, dass zwischen ihnen etwas passierte – und er glaubte allmählich, dass er das tatsächlich wollte – würde er von sich aus etwas sagen… oder etwas tun müssen.
Als Ryan aus der Dusche kam, fand er Sam im Schlafzimmer vor, wieder voll bekleidet und gerade dabei, sich die Socken anzuziehen. Das Feuer unten hatte die Luft hier oben nicht wärmer gemacht. Ryan erschauerte, als ihm ein Wassertropfen über den Hals rann.
„Gott, es ist scheißkalt hier drin.“
Sam hob den Kopf. Ryan spürte, wie ihm die Hitze in die Wangen stieg, als Sams Blick an seinem Bauch und Oberkörper hängen blieb, ehe er ihm schließlich in die Augen sah.
Da war es wieder. Das Feuer in Sams Augen, das er nie zuvor bemerkt hatte.
„Wäre es im anderen Schlafzimmer vielleicht wärmer?“ Sam widmete sich wieder seinen Socken. „Es liegt über dem Wohnzimmer statt über der Küche.“
Ryan wandte sich ab und ging in die Hocke, um in seiner Tasche nach sauberer Unterwäsche zu kramen. „Ja, das kann gut sein. Der Kamin führt durch das andere Zimmer nach oben, also kriegt es wahrscheinlich ein bisschen mehr Wärme von unten ab.“ Er richtete sich auf und versuchte – vergebens – sich nicht befangen zu fühlen, als er sein Handtuch fallen ließ und rasch in seine Unterwäsche stieg, wobei er sich fragte, ob Sam ihn gerade wieder so anschaute.
„Vielleicht sollten wir heute Nacht dort schlafen“, schlug Sam vor. „Falls es dir nichts ausmacht, dass wir uns wieder ein Bett teilen müssen?“
„Kein Problem.“ Ryan zog sich weiter an und verbarg sein Lächeln mit dem T-Shirt, das er sich über den Kopf zog.
„Es macht Sinn.“ Sam hörte sich an, als glaubte er, Ryan überreden zu müssen. „Warum sollen wir frieren? Wie bei den Pinguinen – die stehen auch alle auf einem Haufen und wärmen sich gegenseitig, nicht?“
„Sam, ich habe nichts dagegen, wenn wir uns ein Bett teilen. Du schnarchst nicht, und du stinkst auch nicht oder so. Es ist okay. Es ist eine gute Idee.“
Als er Sam anschaute, zupfte der gerade seine Socke zurecht und wich seinem Blick aus. Doch seine Wangen waren rosa, und ein angedeutetes Grinsen spielte um seine Mundwinkel.
* * *
Letztendlich betranken sie sich an diesem Abend ein bisschen mit dem billigen Wein. Satt vom Abendessen – wieder Dosenfraß – igelten sie sich im Wohnzimmer vor dem Feuer ein und arbeitete sich durch anderthalb Flaschen Rotwein, während sie Backgammon spielten.
Diesmal kämpften sie nicht so erbittert um den Sieg. Schließlich kam es beim Backgammon mehr auf Glück als auf Können an. Aber sie kabbelten sich, während sie spielten, und empfanden tiefe Genugtuung dabei, die Spielsteine des anderen zu schlagen oder zu blockieren, wenn er sie wieder ins Spiel bringen wollte.
Als sie von dem Spiel genug hatten, setzten sie sich an die gegenüberliegenden Enden des Sofas. Doch da es ein winziger Zweisitzer war, hatten sie kaum Platz, um die Beine auszustrecken. Sams Zehen drückten sich gegen Ryans Hüften und umgekehrt. Nachdem sie ihren Wein ausgetrunken hatten, war Ryan angenehm beduselt. Warme Zufriedenheit erfüllte ihn, als er sich in dem kleinen Zimmer umblickte. Schwach erhellt von einer einzelnen Lampe in der Ecke war es richtig gemütlich. Das Feuer prasselte, und als er einatmete, nahm er den leichten Duft nach Holzrauch wahr, der das Cottage durchdrang.
Sam wackelte mit den Zehen und Ryan packte seinen Fuß.
„Hör auf zu zappeln.“ Er hielt Sams Zehen still.
„Die sind kalt“, klagte Sam. „Ich wollte nur die Durchblutung wieder in Gang bringen.“
„Obwohl du zwei Paar Socken anhast?“
Sam zuckte die Achseln. „Sie sind immer noch kalt, nachdem sie vorhin im Schnee nass geworden sind. Das ist gut. Mach weiter.“
Ryan hatte nicht einmal gemerkt, dass er angefangen hatte, Sam die Füße zu massieren. Doch er machte weiter und versuchte, sie mit seinen Händen zu wärmen. Er spürte selbst durch die Socken, wie kalt sie waren. Sam seufzte und lehnte sich mit einem seligen Lächeln auf den Lippen zurück.
* * *
Später machten sie es sich zusammen in dem Doppelbett gemütlich. Es war viel bequemer als das Einzelbett – und natürlich nicht so beengt. Doch obwohl sie mehr Platz hatten, hielten sie einander eng umschlungen.
„Uns gegenseitig warmzuhalten ist doch der Sinn des Ganzen, nicht?“, sagte Sam, als er sich um Ryan herum zusammenrollte – großer Löffel und kleiner Löffel.
Ryan antwortete nicht, aber er fasste nach Sams Arm und schlang ihn sich um die Taille. Sam schlängelte sich näher heran, und sein Atem fing sich in den kurzen Härchen in Ryans Nacken und ließ ihn erschauern.
„Ist dir immer noch kalt?“, fragte Sam.
„Wird langsam wärmer.“
Sam so dicht bei sich zu haben wärmte Ryan nicht nur körperlich. Der Alkohol und ein Aufwallen von Zuneigung machten ihn mutig, und die Worte waren heraus, ehe er darüber nachdenken konnte, was er sagte und ob es eine dumme Idee war. „Vorhin, unter dem Mistelbusch… da wollte ich dich küssen, weißt du.“
Ryans Herz pochte, während er auf Sams Antwort wartete. Eine Zeitlang blieb alles still, und Ryan fragte sich, ob Sam eingeschlafen war. Er wusste nicht, ob er erleichtert oder enttäuscht sein sollte.
Doch dann flüsterte Sam schließlich: „Ich dich auch.“
Wieder herrschte Stille, abgesehen von ihren Atemzügen und dem Schrei einer Eule draußen. Ryans Herz raste. Konnte er es wagen, sich umzudrehen und Sam jetzt zu küssen? Was würde passieren, wenn er das tat? Doch dazu fehlte ihm der Mut, und je länger er wartete, desto mehr fürchtete er die Konsequenzen. Und so verstrich der Moment.
Am Ende siegten der Rotwein und die Müdigkeit über Angst und Verliebtheit, und Ryans Pulsschlag verlangsamte sich wieder. Doch noch beim Einschlafen verfluchte er sich dafür, die perfekte Gelegenheit für einen Vorstoß verpasst zu haben.