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DIE POPUP-MELDUNG über meine Gefahrenklasse jagte mir Angst ein. Es sah aus, als ob das System meinen Charakter nicht nur als größere Gefahr betrachtete, wenn sich mein Level erhöhte. Erhaltene Vorteile, die mich von anderen Spielern unterschieden, hatten offenbar den gleichen Effekt. Zugegeben, die Teleportationsfähigkeit – auch wenn sie mich an einen zufälligen Ort bringen würde – und die 100 Attributpunkte machten mich eindeutig stärker ... und unberechenbarer.

Gleichzeitig erschien überall in der Sandbox eine globale Benachrichtigung über einen unbekannten Helden, der ein wichtiges Achievement erhalten hatte. Ich drehte mich um, um die Reaktion der anderen Gruppenmitglieder zu beobachten, aber sie unterhielten sich über die Einzelheiten des Kampfes und die gedroppten epischen Gegenstände. Keine große Sache, sie würden es später herausfinden. Ich brauchte mir keine Sorgen zu machen, denn wir hatten den Dungeon zusammen geschafft, und sie wussten, dass ich zum ersten Mal hier gewesen war.

„Scyth, wir haben einen Bogen und eine Hellebarde für Level 25. Wir können sie nicht gebrauchen. Hast du dich schon für eine Charakterklasse entschieden? Ich weiß, dass du nicht in die Zukunft sehen kannst, aber deinem Stil nach zu urteilen, würde ich sagen, dass du ein Nahkämpfer sein wirst. Deshalb könnte dir eine Hellebarde sehr gelegen kommen. Das ist übrigens der Grund, warum ich mit dir reden wollte. Wir möchten gern wissen, welchen epischen Gegenstand du vom ersten Boss erhalten hast. Er gehört natürlich ganz allein dir, aber falls du ihn verkaufen willst, würden wir ihn kaufen.”

„Wenn es euch nichts ausmacht, lasst uns später darüber reden”, erwiderte ich. „Ich muss es mir überlegen.” Mit Seuchenenergie durchdrungene Pfeile abzuschießen würde sicher sehr effektiv sein, doch mein Gefühl sagte mir, dass ich eine Waffe aus Stahl vorziehen würde. Stahl schien mir zuverlässiger zu sein.

„Okay, kein Problem. Wenn alles klar ist, sollten wir von hier verschwinden, bevor die Mitglieder von Axiom aus der Schule kommen.”

Crawler steuerte auf den Gang zu, der sich geöffnet hatte, nachdem der Boss gestorben war, und wir folgten ihm.

„Gute Idee”, stimmte ich zu. „Oh ... einen Augenblick. ”

Ein blinkendes Benachrichtigungssymbol zog meine Aufmerksamkeit auf sich.

„Was ist los, Scyth?” Crawler hatte bemerkt, dass ich stehengeblieben hatte.

„Wartet einen Moment.”

Die Dementoren machten Halt und tauschten verwirrte Blicke aus. Sobald ich Mannys Anfrage akzeptiert hatte, schickte er mir eine Nachricht und gleich darauf eine weitere.

[14:56] [Persönlich] [Manny]: Hallo, Scyth. Tut mir leid, wenn ich dich störe. Zuerst möchte ich mich bedanken. Für den Krieger und die Donuts. Hank hat uns ein bisschen über dich erzählt. Er hat gesagt, du wärst nett.

[14:56] [Persönlich] [Manny]: Zweitens ... Ich weiß nicht, ob es wichtig für dich ist, aber im Steinbruch wimmelt es vor hochleveligen Spielern von Axiom. Sie fragen unsere Leute immer wieder, ob jemand den Dungeon betreten hat. Unsere Schicht hat heute Morgen um 8 Uhr angefangen, und wir haben ihnen gesagt, dass seitdem niemand hineingegangen ist. Das stimmt auch .

[14:57] [Persönlich] [Manny]: Spar dir das Theater, Scyth. Hank und ich haben keine Geheimnisse voreinander. Erst ist die Meldung über Erster Kill gekommen, dann haben diese Spieler deinen Namen erwähnt. Ich habe eins und eins zusammengezählt. Okay, es geht mich nichts an. Ich halte jetzt den Mund.

[14:57] [Persönlich] [Manny]: Und noch etwas. Sie haben einen fetten Kerl bei sich, der richtig wütend ist. Er sagt, dass er dich sucht, weil er mit dir reden will.

„Mit wem chattest du denn da, Alex?”, fragte Tissa leise.

Ich zuckte zusammen, denn sie hatte sich so leise genähert, dass ich sie nicht gehört hatte. Dann verkündete ich: „Okay, Leute. Wir müssen unseren Plan ändern. Es gibt ein Problem.”

„Was für ein Problem?”, fragte Crawler.

„Axiom. Einer der Bergarbeiter im Steinbruch ist mein Freund. Er hat mir gerade geschrieben, dass es dort vor Leuten nur so wimmelt. Sie suchen nach demjenigen, der in dieser Instanz war.”

„Und was ist mit ‚Der Ort ist wegen Wartungsarbeiten vorübergehend geschlossen‘?”, fragte Bomber.

„Denk nach, Hung!”, erwiderte Ed. Er war derart angespannt, dass er den Krieger bei seinem realen Namen nannte und damit gegen seine eigene Regel verstieß. „Eine globale Meldung ist rausgeschickt worden. Wir haben die Instanz nicht schnell genug verlassen, und jetzt sind Axioms Mitglieder wieder zurück.”

„Ich denke ja nach”, entgegnete Hung beleidigt, „und mir ist gerade etwas eingefallen. Können wir aus der Instanz teleportieren?”

Wir starrten ihn einen Augenblick verblüfft an. Dann mussten wir lachen.

„Das ist es!”, rief Crawler. „Bomber, du bist ein schlauer Kerl!”

„Wartet noch mit dem Feiern. Lasst es mich zuerst prüfen”, sagte Tissa.

Sie konzentrierte sich auf das Symbol, das nur sie sehen konnte, und ... verschwand! Ein paar Sekunden später erhielten wir eine Nachricht.

„Ausgezeichnet!”, lachte Crawler. „Wir sehen uns in Tristad, Jungs.”

Wir sahen einander an und aktivierten unsere neue Fähigkeit gleichzeitig. „Axiom kann ...” Hungs Stimme verstummte mitten im Satz. Dann flackerte die Welt ...

Ich stand bis zu den Knien im Sumpf. Mit jeder Sekunde sank ich tiefer und tiefer. Ich blickte mich fieberhaft um, doch so weit das Auge reichte, gab es nur unpassierbaren Sumpf. Ich geriet in Panik und strampelte mit den Beinen, doch dadurch sank ich nur noch tiefer. Nun reichte mir der Sumpf bereits bis zur Brust. Als ich mit dem Strampeln aufhörte, sank ich langsamer.

Ich öffnete die Karte und sah, dass ich mich im Morast befand. Um den nächsten bewohnten Ort zu erreichen, würde ich eine Woche durch den Sumpf gehen müssen. Falls ich die Orientierung verlieren würde, würde es noch länger dauern. Danach blickte ich konzentriert auf das Protokollfenster.

Ich befand mich an dem einzigen „bekannten” Zielort, an dem ich noch nie gewesen war, und es war der sumpfige Ort von Patricks Mission.

Je mehr ich gegen den zähen Schlamm ankämpfte, desto tiefer wurde ich hineingezogen. Es gab nichts, an dem ich mich hätte festhalten können. Dieses Mal setzte echte Panik ein. Ich wusste zwar, dass es nicht real war, aber das half mir ebenso wenig wie die Tatsache, dass ich bereits Hunderte von allen möglichen Toden überlebt hatte. Die Angst, in stinkendem Schlamm zu ersticken, war stärker als meine Vernunft.

Als ich bis zum Hals versunken war, hätte ich beinahe Notausstieg aktiviert, denn ich wollte nicht auf diese Weise sterben. Aber dann tat ich es doch nicht, denn letztendlich würde ich sowieso wieder hierher zurückkehren müssen.

Also schloss ich die Augen, kniff die Lippen zusammen, zuckte kurz und versank im Moor. Der Timer des Systems pochte in meinen Ohren wie ein Herzschlag.

Die Schadensmenge multiplizierte sich alle 30 Sekunden mit 2. Ich beherrschte mich, blieb vollkommen unbeweglich und wartete auf das unvermeidliche Ende. Ich hatte irgendwo gehört, dass der Sumpf sich wie ein Raubtier verhalten würde. Er reagierte in unterschiedlicher Weise auf lebende und tote Objekte, die hineinfielen. Tote Dinge rührte er nicht an. Sie blieben einfach an der Oberfläche stecken. Lebende Kreaturen hingegen zog er nach unten. Mit diesen Gedanken lenkte ich mich davon ab, was unweigerlich passieren würde: Wenn kein Sauerstoff in meine Lungen gelangen würde, würde ich verzweifelt den Mund öffnen und Schlamm einatmen.

Das Pochen in meinen Ohren wurde schneller und stärker, bis meine Brust vor Schmerzen explodierte.

Der erste Tick tötete mich erneut, aber ich hatte das Schlimmste hinter mir.

Ich sah die Worte „Du bist gestorben” noch weitere 24 Mal in den Protokollen. Danach starb ich nicht mehr. Wie hieß noch gleich das Zitat aus dem alten Buch? Was tot ist, kann niemals sterben? Ich hätte gelacht, wenn ich mich dadurch nicht am Schlamm verschluckt hätte.

Dann musste ich die Augen öffnen. Im schwarzen Schlamm leuchteten die Interface-Elemente hell. Ich schätzte die Richtung der Questmarkierung, und nach vielen erfolglosen Versuchen schaffte ich es schließlich, mich in die richtige Richtung zu drehen und meinen Körper senkrecht zu halten. Um nicht noch tiefer zu versinken, bewegte ich meine Beine äußerst vorsichtig.

Nachdem ich 2 Stunden lang verschiedene Bewegungen ausprobiert hatte, hatte ich den Dreh heraus. Ich steckte tief in zähem Schlamm, wurde trotzdem nicht erdrückt und konnte mich sogar bewegen. Im realen Leben würde es sicher nicht funktionieren, aber im Spiel war fast alles möglich.

Zu dem Zeitpunkt hatte ich das Interesse einer Reihe von schauerlichen Kreaturen erregt, von kleinen, 20 Zentimeter langen Blutsaugern, die sich überall an meinem Körper festgesaugt hatten, bis zu merkwürdigen, magischen Kugeln mit sehr großen Mäulern, die blau leuchteten und mich im Ganzen verschlingen wollten. Durch das Leuchten der Kugeln konnte ich im dunklen Schlamm nicht nur sie, sondern auch die anderen widerwärtigen Tiere sehen, die es um mich herum gab.

Wenn ich Hammerfaust nicht gehabt hätte, wäre ich vermutlich aufgefressen worden. Die Fähigkeit wurde in keiner Weise durch den zähen Schlamm oder den hohen Druck beeinträchtigt. Hammerfaust zerschmetterte die Feinde und richtete, verstärkt durch Seuchenenergie, unglaublich hohen Schaden an.

Meine Widerstandsfähigkeit erhöhte sich immer weiter, weil ich durch den Sumpf selbst Schaden erlitt und der Sumpf kein Level hatte. Es war das reinste Turbo-Leveln! Der DoT vom Sauerstoffmangel tickte und vervielfachte sich sprunghaft. Die Ticks von Ersticken waren in Millionenhöhe gestiegen und stiegen ständig weiter an.

Zusammen mit Steinhaut würde ich auch ohne Fluch der Untoten fast unverwundbar sein. Für 90 Sekunden hatte ich nun im Kampf gegen gleichstarke Gegner 99 % Widerstand gegen alle Schadensarten.

Unbewaffneter Kampf hatte Level 72 erreicht, Nachtsicht war auf Level 30 und sogar Schwimmen hatte sich schnell auf Level 40 erhöht. Doch jetzt hatte der Sumpf mir nichts mehr zu bieten. Ich hatte mein Zeitgefühl verloren, während ich gegen die Monster kämpfte und langsam auf die Insel zusteuerte, auf die die Questmarkierung zeigte.

Die Bestien um mich herum waren zwischen Level 20 und 25, sodass ich sehr viel Erfahrung erhielt, dreimal levelte und Level 11 erreichte.

Ich hob die Attributpunkte auf, um sie zu einer passenderen Zeit zu verteilen. Es hatte keinen Sinn, im Interface zu suchen, während ich in diesem scheußlichen Sumpf feststeckte.

Auf Level 10 war eine Meldung erschienen, die mir mitgeteilt hatte, dass ich jetzt eine Charakterklasse wählen könnte, aber auch das hob ich mir für später auf. Ich war nur an einem interessiert: so schnell wie möglich trockenes Land zu erreichen.

Irgendwann berührte meine Hand einen harten Gegenstand, der sich wie eine dicke Wurzel anfühlte, und ich zog mich zu ihr heran. Danach fand meine Hand eine weitere und dann die nächste. Ich ergriff eine nach der anderen und zog mich auf diese Weise weiter nach oben. Ich hatte das Gefühl, den Verstand zu verlieren, und dass die ganze Welt wie dieser Sumpf wäre: undurchdringlich, schlammig und voller gefährlicher, unsichtbarer Kreaturen. Nur die Protokolle über die Erhöhung meiner Fertigkeiten und die regelmäßigen Chatnachrichten der Dementoren verhinderten, dass ich wahnsinnig wurde. Ich war jedoch nicht in der Lage, ihre Nachrichten zu beantworten.

Ich wusste selbst nicht, warum ich in meiner Kapsel blieb. Vielleicht, weil ich auf der Karte sehen konnte, dass ich, wenn auch nur langsam, vorankam, weil mein Ziel nahe war oder weil ich aus dem Sumpf entkommen wollte, bevor ich Dis verlassen würde. Oder aber es war das seltsame, kalte Flüstern, das ich in meinem Kopf hörte und mir Mut machte. Ich hatte das Gefühl, das Richtige zu tun und an den Ort zu gehen, der für mich bestimmt war. Dieses Gefühl gab mir den nötigen Antrieb.

Zuerst ähnelte die Stimme in meinem Kopf unklaren Gedanken einer anderen Person. Satzfragmente, die sich wie ein Refrain durch diese Gedanken zogen.

„Ko-mm nää-her ... Hil-feee ... ist ... ein-ge-tro-fff-en ...”

Mit jedem Schritt, den ich in die richtige Richtung ging, wurde die Stimme lauter und sprach öfter.

„Ko-mm nää-her ... guuut ... Aus-ge-zeich-net ... Ko-mm ...”

Sie lobte mich jedes Mal, wenn ich ein Monster tötete.

„Groooß-ar-tig ... Mach weiii-ter ... Noch ein-mal ...”

Die toten Monster verwandelten sich in Schwaden tiefster Schwärze und bewegten sich in die gleiche Richtung wie ich. Zudem bemerkte ich, dass die Stimme jedes Mal, wenn ich einen Blutsauger tötete, lauter wurde.

Die Stimme war es auch, die mich begrüßte, als mein Kopf wieder an der Oberfläche erschien. Nur mühsam gelang es mir, mich aus dem Sumpf herauszuziehen.

„Du hassst es ge-schaffft ... End-lich ein geeig-ne-tes Ex-em-plar ... End-lich ...”

Alles um mich herum vibrierte und aus der Erde kam ein monotones Summen. Ich hob den Kopf und sah eine kleine Insel von der Größe meines Zimmers, die von kümmerlichem Gras bewachsen war. Das Gefühl, zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein, wurde immer stärker. Und zwar nicht nur wegen der Quest von Patrick dem Trunkenbold, der mich gebeten hatte, hierherzukommen und irgendeinem Geist zu helfen. Nein, es war mir bestimmt, hier einen Schlafenden Gott zu treffen, und dieser Gott hatte einen Namen.

„Du bist ge-kom-men, Scyth ...”, rauschte seine Stimme in meinem Kopf. „Bist du gekommen, um zu helfen?”

„Ja, Behemoth. Ich bin gekommen, um zu helfen.”

„Groooß-ar-tig ...” Plötzlich befand sich der Geist direkt neben mir. „Lass mich hinein ...”

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